Tiefkühlen auf -20°C sinnvoll?

baupi

Mitglied
Beiträge
28
Werte Forumiten,

ich habe hier im Forum u.a. folgendes zum Thema gefunden:

http://www.messerforum.net/showthre...d-Schwertern-sinnvoll&highlight=mf-temperatur

#47 Roman:
Dann kommt das Bauteil anschließend ins Tiefkühlmedium und da ist die Kurve etwas irreführend denn bis ca. -60°C geschieht erst mal garnix weltbewegendes, da die Induktion der Druckspannungen über die Tiefkühlung noch keine ausreichende Aktivierungsenergie erbringt, um den Vorgang zu starten.

Dann aber bricht die Umwandlung los und das je "Zelle" mit Schallgeschwindigkeit. Und natürlich glaubt man, dass, je kühler das gemacht wird, es umso besser geht. Da haben aber einige Forscher herausgefunden (Bitte Hierzu weiterführende Literaturverzeichnisse im Rapatz usw. nacharbeiten), dass sich ein Umwandlungsmaximum bei etwa -120°+-20 einstellt, darunter geht es scheinbar wieder langsamer.

http://www.messerforum.net/showthre...ehandlung-Restaustenit&highlight=tiefk%FChlen

#3 U. Gerfin:
Haufe schreibt dazu (S. 71 ) "Die Zersetzung geht bei Kältegraden bis zu etwa minus 20 Grad C nur langsam, dann bis zu minus 100 Grad C schnell zunehmend und bei weiterem Sinken der Temperatur wieder langsamer vor sich."


Für mich ist das irgendwie ein Widerspruch. Einerseits sollte die Umwandlung des Restaustenits in Martensit, wenn sie nur einmal angefangen hat mit Schallgeschwindigkeit laufen, andererseits sollte sie bei -20°C nur langsam gehen.

Zweitens noch die eigentliche Frage, nach der ich jetzt schon seit langem gurgle: Ist die Martensitfinishtemperatur für die Wahl der Tiefkühltemperatur erheblich? Irgendwie sind sich hier ja alle einig, dass eine Tiefkühlung sowieso erst ab -80 °C sinnvoll ist.

Ein Bekannter hat mir geraten, meine Teile (1.2842, 1.2101, 1.2210) nach dem Abschrecken in Öl für kurze Zeit auf -20°C (Tiefkühlschrank) zu bringen, um die Mf-Temperatur verlässlicher zu erreichen bzw. ihr näher zu kommen. Sobald die Temperatur erreicht sei, sei auch die Umwandlung des Restaustenits geschehen. Kann das stimmen? Beruht das vielleicht auf irgend einem anderen Effekt als die herkömmliche Tiefkühlung? Oder irrt er sich da?
Falls er sich irrt, hätte es vermutlich auch nur wenig Wirkung, lange Zeit bei -20°C zu kühlen, stimmts? Abgesehen davon, dass man bei diesen Stählen wohl ohnehin nicht sehr viel holen kann durch Tiefkühlen.

Würde mich sehr freuen, wenn jemand dazu eine Meinung hat!

Lie Grü,
Baupi
 
Zur ersten Frage:
Roman schreibt "Dann aber bricht die Umwandlung los und das je "Zelle" mit Schallgeschwindigkeit."
Heißt bei geringen Minusgraden finden nur wenige Umwandlungen pro Zeiteinheit statt, die aber bei Schallgeschwindigkeit. Bei tieferen Minusgraden steigt die Anzahl dieser Umwandlungen dann.
 
Aha,

danke. Jetzt wäre der erste Teil einmal geklärt. Da mir die "Zelle" bisher nur in Verbindung mit Biologie bzw. Gefängnissen ein Begriff war, hab ich das hier irgendwie überlesen. Dürfte wohl vereinfacht irgendwie dem Körnchen entsprechen, wenn wir von der Körnigkeit des Stahles sprechen, oder?

Danke jedenfalls für die Aufklärung des ersten Teiles. Ich hoffe, es findet sich auch jemand für den zweiten Teil!

Lie Grü,
Baupi
 
baupi, die Sache mit dem Tiefkühlen ist vielschichtig, es hat nicht nur mit dem Austenitzerfall zu tun, sondern auch mit der Ausscheidung von eta-Karbiden, was vor allem bei verschleißfesten Werkzeugstählen sinnvoll ist.

Generell kann man sagen, dass die maßgebliche Größen folgende sind:

die Umwandlungstemperaturen, d.h. die Härtetemperatur, und die wird von Legierungselementen beinflußt
die Martensitstartemperatur, dh. wenn Du nicht drunter kommst (der schnell genug, was wieder von den Legierungselementen abhängt), wandelt sich kein Austenit in Martensit um
die Martensitendtemperatur, bzw. die Temperatur, bei der 99% Martensit aus dem Austenit entstanden sind. Diese Temperatur ist nicht einfach zu bestimmen, eine grobe Abschätzung sagt, sie liege ca. 215°C unter der Martensitstarttemperatur (K.W. Andrews, J. Iron Stell Inst. 1965, 203, 721.) Diese Literatur werde ich morgen bestellen. Mal sehen.

Es gibt eine Reihe von Formeln zur Berechnung der Martensitstarttemperatur, ich werde die mal vergleichen.
Für heute:

M(start) = 512-453xC-16.9xNi+15Cr-9,5Mo+217C^2-71,5xCxMn-67,6CrxC
dabei bedeuten die Elementsymbole deren Gehalt in %Gewicht. die Abhängigkeit von Cr und C bzw. C und Mn wird durch die Terme mit "CxMn" etc. in Rechnung gezogen.
Es gibt daneben noch weitere Formeln, aber da muß ich noch ein bisschen stöbern.
Du kannst also für jeden Stahl ausrechnen (gilt eigentlich nur bis ca. 0,5 C, aber erfahrungsgemäß auch für die anderen Stähle mit höherem C-Gehalt zur Abschätzung durchaus geeignet), und die Mstart und Mfinish abschätzen.
 
Interessant!
Ist die Formel korrekt, mit dem quadratischen C und den 71,5C*Mn?
der 1.2842 müsste dann eine tiefkühlbehandlung beinahe genauso notwendig haben wie der 1.4034, mit ms_s = 130,3 und ms_e = -84,6 und dementsprechen einen haufen Restaustenit.

Grüße, Eisenbrenner
 
Zuletzt bearbeitet:
Na ja, Eisenbrenner, korrekt ist so eine Sache. Es sind sehr häufig Näherungen, Meßwertfittings etc, und auch einige thermodynamische Berechnungen.
Eine "Konkurrenzformel" ist zum Beispiel:

Ms = 550-350C-40Mn-20Cr-17Ni-10Cu-10Mo-35V-8W+30Al+15Co
aus dem Buch "Werkstoffkunde Stahl" Band 1.

Ich werde das mal alles zusammenstellen, was ich da finde.
 
Zur Beantwortung der Frage, ob ein "Tiefkühlen " bei minus 20 Grad etwas bringt, werden uns die Formeln nur bedingt weiterhelfen.
Wie Herbert richtig schreibt, sind sie entwickelt worden, um die Martensit-Start-Temperatur festzulegen, also die Temperatur bei der erstmals Anteile von Martensit entstehen und gelten relativ genau nur für C-Gehalte bis 0,4 %.
Die Martensit-Finish-Temperatur soll etwa 215 Grad unter dieser Temperatur liegen.
Bei reinstem, also bis auf den Kohlenstoff legierungsfreien/armen Stählen sinkt die Martensitstarttemperatur bei etwa 1 % C schon auf etwa 100 Grad C, eine 100 % Martensitbildung wäre also erst bei minus 115 Grad C zu erwarten.
Durch die Legierungselemente wird der Ms-Punkt im Durchschnitt eher erhöht, sodaß eine Abkühlung auf Raumtemperatur bei hinreichend schneller Abschreckung ausreicht, um die übliche Martensithärte-die aber in der Praxis nie der Härte de s 100- % igen Martensits entspricht- zu erreichen.

Das ist aber hier gerade die Frage: Kommt man mit einer Tiefkühlung auf -20 Grad den 100 % näher ?.
Das muß man wohl leider verneinen. Restaustenit ist in der Praxis bei den gängigen Kaltarbeits- Werkzeugstählen nie ganz zu vermeiden und ist auch recht stabil.

Bei -20 Grad wird sich da in absehbarer Zeit wenig tun.

Die Frage, die sich baupi gestellt hat, ist aber an sich nachvollziehbar und verlockend:
Wenn man beim Härten nicht nur bis zur Raumtemperatur abschreckt, sondern gleich darunter geht, müßte der Restaustenitgehalt doch geringer und die Härte größer ausfallen.
Das hatte ich mir auch mal so gedacht und Klingen sofort nach dem Abschrecken auf Raumtemperatur ins Schnellfrosterfach des Gefrierschranks gelegt (-36 Grad) und dort Stunden bis Wochen liegen lassen.
Einen Unterschied zu normal gehärteten Klingen konnte ich nicht feststellen.
Es kann sein, daß man auf diese oder ähnliche Weise eine um 1-2 Rockwell-Einheiten höhere Ansprunghärte herauskitzeln kann. Die geht aber in den ersten beiden Anlaßstufen wieder weitgehend verloren.

Wichtiger scheint mir, vor der Härtung ein möglichst ideales-feinkörniges- Gefüge einzustellen, länger dauernde Überhitzung (führt zu höheren Restaustenitanteilen) zu vermeiden und schnell und zugleich mild genug abzuschrecken.
"Länger dauernde Überhitzung" habe ich bewußt geschrieben- meine Erfahrung geht dahin, daß eine sehr kurzfristige Überhitzung verbunden mit schneller Abschreckung besonders gute Ergebnisse liefert-vergl. etwa Induktionshärtung.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Ich glaube, die Arbeit mit der Zusammenstellung kann ich mir sparen, http://de.wikipedia.org/wiki/Martensit gibt eine Zusammenstellung aller bislang aufgetauchten Formeln zur Berechnung des Martensitstarpunktes und ein Diagramm (Herkunft leider nicht angegeben) für die Temperatur des Martensitfinish-Punktes. Das Delta ist natürlich temperaturabhängig, die Näherung mit den 215 °C aber gar nicht schlecht.

Ulrich, klar, die "Vorarbeit" zur Einstellung eines exzellenten Gefüges bringt mehr als solche Dinge.
Übrigens, das Überhitzen mit kurzer Zeit ist auch bei Verhoeven nachzulesen, ein Überhitzen um 100°C reduziert die Zeit zur Austenithomogenisierung auf ein Zehntel ohne die Gefahr des Kornwachstums. Ist schon eine feine Sache.
 
Vielen Dank für die Diskussion!

@ herbert: Dass ich damit nur den Martensitanteil beeinflussen könnte aber leider nicht den feinen Zementit kriegen würde habe ich schon der Zusammenfassung von Linde-Gas entnommen. Die Ms-Temperaturen hab ich in den Datenblättern der Stähle, nur die Mf-Temperaturen haben mir gefehlt. Aber 215°C unter Ms ist einmal ein Richtwert, dankeschön!

@ Eisenbrenner: Böhler gibt für den K720 (1.2842) eine Ms von 200°C an, minus 215 wäre Mf=-15°C.

@ U. Gerfin: Danke! Das wars, was ich im Kern nicht verstanden habe. Wie funktioniert das wirklich? Ist da wirklich ein Unterschied zwischen gleich auf -30°C abschrecken und einige Minuten bei Raumtemperatur halten und dann erst auf -30°C kühlen? Oder gehts bei -30°C immer langsam? Was mir so komisch vorkommt ist die Tatsache(?), dass die Umwandlung bis zur Raumtemperatur offenbar blitzartig geschieht, dann soll es bei -20°C äußerst langsam gehen, und ab -80°C geht es wieder mit vernünftiger Geschwindigkeit. Ist das tatsächlich so gemeint, oder hab ich da was falsch verstanden?

Die Wichtigkeit der Vorbereitung des Gefüges habe ich schon vor einiger Zeit hier im Messerforum entdeckt und versuche alles zu beherzigen. Ich achte beim Schmieden immer auf Temperatur und Umformung, weichglühen muss ich sowieso, weil ich feile, beim Härten werden die Werte dank Muffelofen genau eingehalten. Vielleicht werd ich mir auch einmal das scharfe Normalisieren angewöhnen.

Lie Grü,
Baupi
 
Ich versuche mal, die Vorgänge an Hand eines Bildes aus einer anderen Thematik zu verdeutlichen.

Reiner Austenit würde bei Unterschreitung der A 1 Temperatur zu Ferrit umwandeln.
Kohlenstoff verkompliziert die Sache etwas: Da er im Austenit bis etwa 2 % löslich ist, im Ferrit dagegen nicht, muß er irgendwo hin. Bei langsamerAabkühlung tritt er aus dem Austenit aus und bildet mit dem Eisen das Karbid Zementit. Bei schneller Abkühlung kann er den Gitterplatz im Austenit nicht verlassen und verkeilt sich quasi in dem Gitter der Elementarzelle.
Diesen Zustand in statu nascendi des Martensits kann man mit einer gespannten Armbrust vergleichen- oder besser- mit einer Vielzahl von gespannten Armbrüsten. Wird die Spannung durch den eingekeilten Kohlenstoff zu groß, so löst sich der Schuß-blitzartig. Reicht die Spannung nicht aus, den Widerstand des Triggers zu überwinden, geschieht erst mal nichts.

Um nun wieder auf den Stahl zurückzukommen: Durch die kräftige Unterkühlung wird in manchen Regionen der Umwandlungsdruck so groß, daß sich auch hier "der Schuß löst", sich also Martensit bildet. Der Widerstand des gedachten Triggers gegen die Umwandlung ist aber nicht überall gleich groß, sondern verschieden. Reicht der Umwandlungsdruck nicht aus, kommt es an dieser Stelle nicht zur Martensitbildung.
Warum sich der Restaustenit mit der Zeit auch noch stabilisiert, also immer schwerer in Martensit umzuwandeln ist, kann man bisher wohl nicht so genau sagen. Theoretisch müßte der Austenit ja bei idealen Bedingungen zu 100 % umwandelbar sein, was bei einem eutektoidischen Stahl Härtewerte von ca 72 HRC ergäbe. Leider tut er uns den Gefallen aber nicht.
Bei -20 Grad ist der Umwandlungsdruck nicht stark genug, bei -80 Grad ist er dann aber groß genug, um in den bisher noch unberührten Austenitbereichen zu einer fühlbaren Umwandlung zu führen.

Herbert hat eine weitere interessante Sache angesprochen: Bei Tiefstkühlung (ca.-200 Grad ) kann es zu einer speziellen Ausscheidung eines sonst nicht auftretenden Karbids-eta-Karbid- innerhalb der Elementarzelle kommen. Dem hat man teilweise Wunderwirkung nachgesagt.
Einstweilen bin ich skeptisch, glaube aber, daß solide Forschungsarbeit neue Ansätze zur Verbesserung der Werkstoffe bringen könnte. Denkbar wäre etwa, durch die Ausscheidung des eta-Karbids in einer an sich zähen Matrix Härtesteigerungen ähnlich wie bei den Schnellarbeitsstählen erzielen zu können.
Das ist aber für uns Normalsterbliche allenfalls Zukunftsmusik.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Prima erklärt und sehr anschaulich, Ulrich.
Der Sache mit den geheimnisvollen eta-Karbiden gehe ich nochmal nach, habe da irgendwo noch Literatur, und es gab hier im Forum auch mal eine Diskussion mit dem Mitglied cryo. Ich muß das mal raussuchen.
Die formeln, die so allmählich aus der Versenkung auftauchen, lassen sich in vielerlei Hinsicht auswerten, mal sehen, es regnet gerade, vielleicht habe ich gleich noch Lust dazu.
Jedenfalls:
die besten Ergebnisse erreicht man durch Einstellen eines optimalen Gefüges, durch angepaßte Härteparameter, und dann kann man ja immer noch durch rasches Anlassen nach dem Abschrecken Restaustenit durch Diffusionsgesteuerte Prozesse reduzieren.

Ein Bekannter von mir hat einmal versucht, mit C100 Härten von mehr als 70 HRC zu erreichen, und mit vielen Tricks ist er auch dahingekommen, mal sehen, ob ich seine Notizen noch finde.
Theoretisch steht einer Härte von ca. 74 Rockwell C nichts im Wege, nur die Praxis halt.
 
@ U. Gerfin: Oh, danke für die wirklich sehr bildhafte und anschauliche Erklärung. Eine gewisse Idee davon hatte ich schon nach vielen Stunden Suche im Internetz. Ich glaube Dir auch gerne, dass dieses Kühlen möglicherweise in der Praxis gar nichts bringt.

Ich möchte auch nicht den Eindruck erwecken, darauf jetzt herumreiten zu wollen, aber ich hab das Gefühl, ich habs noch nicht gecheckt. Auch wenns wohl eher nur theoretisch interessant ist: Geht die Umwandlung zu Martensit bis zur Raumtemperatur (bis zu dem der Raumtemperatur entsprechenden Martensitanteil) nicht blitzartig? Jedenfalls macht man doch üblicherweise vor dem ersten Anlassen keine Pause. Ist es tatsächlich so, dass die Umwandlungsgeschwindigkeit im nicht so tiefen Minusbereich plötzlich von blitzartig auf fast überhaupt nichts einbricht und bei tieferen Temperaturen wieder zunimmt? Oder geht die Stabilisierung des Restaustenits so schnell, dass die paar Minuten zwischen Härteofen und Gefrierschrank diesen Effekt auslösen?

Es kommt mir so merkwürdig vor, dass man sich von 850°C Härtetemperatur bis 20°C oder von mir aus von 200°C Ms bis 20 °C überhaupt keinen Kopf um die Umwandlungsgeschwindigkeit machen muss, und wenn mans dann nur 40 °C kälter macht geht plötzlich fast gar nichts mehr weiter. Wenn es wirklich so ist, kann ich durchaus damit leben. Ich hab aber eher den Eindruck, dass ich da irgendwas noch nicht verstanden habe.

@ herbert: Diese Karbide sind auch sehr spannend! Allerdings braucht man dafür glaub ich wirklich tiefe Temperaturen und das für lange Zeit.

Beim Erreichen eines guten Ausgangsgefüges versuche ich alles richtig zu machen. Ich überhitze meinen Stahl nie, bei wenig Umformung z.B. beim Geraderichten nach dem Schmieden erwärme ich nur auf Grauglut, weichgeglüht wird sowieso, gehärtet wird genau nach der Vorschrift von Böhler (wobei beim Härten vielleicht eine Abweichung wegen der Kleinheit und Feinheit der Werkstücke sinnvoll wäre, dazu fehlt mir aber Wissen und Erfahrung). Dieses Tiefkühlen wäre noch so ein Tüpfelchen auf dem i und kostet ja nix. Wenns allerdings wirklich nichts bringt, dann lass ich es bleiben.

Bei Deinem Hinweis zum raschen Anlassen fällt mir auf, dass ich überhaupt nicht (mehr?) weiß, was denn beim Anlassen eigentlich geschieht. Muss ich mir aber morgen (eigentlich heute) anschaun, jetzt ists schon zu spät zum Denken.

Dankeschön und liebe Grüße aus Wien,
baupi
 
@baupi, schau doch mal hier im Forum nach dem "Lehrgang Kleiner Stahlschlüssel", (Eigenwerbung, klar doch), da stehen viele Sachen zum Stahl und den Methoden der Wärmebehandlung einigermaßer Messeruserfreundlich aufgearbeitet drin. Manche Beiträge sind vielleicht etwas anspruchsvoll, aber alle sind einigermaßen lesbar.
 
@ herbert: Pfuh. Da hast Du mir was angetan! Aber ich hab mich wirklich durch das riesige Informationsbergwerk durchgelesen und dabei auch ein paar Edelsteine entdeckt. Nur die gesuchte Goldader war leider nicht zu finden. Ganz zum Schluss gabs zwar eine Diskussion über die Umwandlungsgeschwindigkeiten mit Dir und U. Gerfin, allerdings nur mit dem Fazit, dass man sich das nochmal anschauen muss.

Bezüglich rasches Anlassen: Bei mir geht das vermutlich nicht. Laut Haufe fängt die Umwandlung von Restaustenit zu Martensit erst bei 240-250°C an, ich bleibe eigentlich immer drunter.

Ich hab mir heute in der Bibliothek der TU Wien den Haufe ausheben lassen, um nochmal ganz genau nachzulesen, was der meint. Dabei hab ich eine mögliche Erklärung gefunden: Der Übernächste Satz nach dem von U. Gerfin zitierten lautet:
"Beim Tiefkühlen muß nach dem Härten zunächst angelassen werden, um Spannungen zu beseitigen und ein Reißen beim Tiefkühlen zu verhindern. Dann wird tiefgekühlt und anschließend der neugebildete tetragonale Martensit durch Anlassen in kubischen Martensit überführt. "

Er beschreibt damit eine Praxis, die heute nur noch in Sonderfällen angewendet wird. Möglicherweise reicht die Zeit, die beim ersten Anlassen vergeht, um den Austenit so weit zu stabilisieren, dass er sich dann von -20°C kaum noch beeindrucken lässt.

Wenn ich eimal Zeit habe (ha, ha!) härte ich einmal ein paar Plättchen 1.2842 ohne bzw. mit verschiedenen Tiefkühlungen (Gefrierschrank -20°C, Kältespray -50°C, Stickstoff -125°C) und messe die Härte jeweils nach dem Abschrecken, dann nach der Tiefkühlung und dann nach dem Anlassen. Bin jetzt schon gespannt, was rauskommt.

Lie Grü,
Baupi
 
baupi-jetzt mußt Du Dich noch ein bißchen weiter quälen.

Die Anlaßvorgänge sind zu kompliziert, als daß man sie mit einfachen Formeln beschreiben könnte- das ist eben kein linearer Vorgang, sondern viele Reaktionen überschneiden sich.

Am besten erklärt habe ich das bei Urs Wyss in: "Wärmebehandlung der Bau- und Werkzeugstähle", Herausgeber Hanns Benninghoff-gefunden. Hier werden 4 wesentliche Anlaßstufen unterschieden, die sich teilweise überschneiden und z.T gegenläufige Erscheinungen hervorbringen.

Man muß das Kapitel 8 schon vollständig lesen, besonders aber verweise ich auf Kap. 8. 5. 2 in Verbindung mit Kap. 5.2. 3 und insbesondere dort auf das Bild 5.4.
Dort ist der durchaus interessante Fall erörtert, daß bei hohem C-Gehalt a) relativ viel Restaustenit verblieben ist, b) aber aus dem Restaustenit beim Anlassen Kohlenstoff ausgeschieden wird, der sich blitzschnell mit dem Eisen zu Karbiden verbindet, was wiederum zu einer Verminderung des Kohlenstoffs im Restaustenit führt, sodaß der Martensitpunkt-oder besser beide : Ms wie Mf- erniedrigt wird und dadurch neuer Mertensit entstehen kann.
Mit Deiner Frage hat das nicht direkt zu tun, hilft aber beim Verständnis der Vorgänge- besser als mein Beispiel von den vielen gespannten Armbrüsten.

Beim Härten kleiner Plättchen wirst Du mit Sicherheit einige Überraschungen erleben. Wenn Du ganz dünne Plättchen nimmst, kann die Härte wohl nur noch nach der Vickers-Methode geprüft werden- Ich würde mich nicht wundern, wenn du dabei ohne besondere Tricks auf Härten von 70 HRC kommen würdest.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Vielen Dank für den neuen Literaturhinweis, v.a. dass Du mir die Stelle so genau herausgsucht hast. Über diese Anlassstufen bin ich auch im Internet schon gestolpert. Das Beispiel klingt cool! Wird gleich besorgt und gelesen.

Ich dachte an eine messerrelevante Stärke, vielleicht so 3x15x25mm. Ich muss sowieso mit Vickers prüfen, das hat mein Bruder an seinem Arbeitsplatz, genauso wie den Stickstoff. Aber das Ganze wird noch ein wenig dauern.

Lie Grü,
Baupi
 
Der Thread ist ja schon etwas älter, ich weiss. Die Frage passt aber trotzdem recht genau auf dieses Thema.

Im Zuge meiner suche nach 14C28N bin ich auf der Seite von Sandvik auf Härteangaben zu dem Stahl getroffen die eine TK bei -20°C beinhalten.

http://www.smt.sandvik.com/en/products/strip-steel/strip-products/knife-steel/hardening-guide/hardening-programs/sandvik-14c28n-piece-hardening-deep-freezing-20c-5f/

Die Sandvik jungs verstehen ja normalerweise Ihr Handwerk. Aus den Aussagen im Thread entnehme ich dass eine TK bei -20° eher nichts bringt :confused: Deshalb nehm ich ja auch Trockeneis/Aceton.

Vergleicht man mit dem Härteprogramm ohne TK gewinnt man dadurch 1 mageren RC bei gleicher Anlasstemperatur. Aber der Aufwand ne Klinge ma über Nacht in die Tiefkühltruhe zu legen ist ja nicht gross. Bisher dachte ich immer dass sowas nix bringt...?
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück