Rock'n'Roll
MF Ehrenmitglied
- Beiträge
- 5.874
Moin,
eine wesentliche Erkenntnis zur Beurteilung der Zähigkeit von Stahl liefert die Kerbschlagzähigkeit. Es gibt mehrere Verfahren zu ihrer Ermittlung. Die verbreitetste ist wohl die nach Charpy. Näheres hier.
„Das Gegenteil der Zähigkeit ist die Sprödigkeit. Beispiele für spröde Werkstoffe sind Glas, Keramik, einige Kunststoffe und gehärteter Stahl. Diese Materialien sind nur sehr begrenzt in der Lage, sich plastisch zu verformen und können somit wesentlich weniger Energie aufnehmen als zähe Werkstoffe, bevor sie brechen.“
Der Zähigkeit von Stahl abträglich sind - neben falscher Wärmebehandlung und unangemessener Geometrie - eine große Zahl an Legierungsbestandteilen, grobe Karbide und große Härte. Diese wiederum macht den Stahl widerstandsfähig gegen Abtrag, was bei Messerklingen zur angenehmen Eigenschaft hoher Schnitthaltigkeit führt.
Nur, was nutzt das, wenn die sich bei nächster Gelegenheit einen Zacken aus der Krone brechen. Es geht also darum, eine ausgewogene - der Anwendung gemäße - Wahl zu treffen. Die Eigenschaft der Korrosionsbeständigkeit darf dabei nicht vernachlässigt werden.
Den eierlegenden Wollmilchstahl gibt es leider nicht, wie wir ja wissen. Aber es gibt die Möglichkeit sich grundsätzlich für hohe Schneidleistung oder hohe Zähigkeit zu entscheiden. Ist einem Rostanfälligkeit wurscht, ist man schon auf der Gewinnerseite. Denn die reinen Carbonstähle/niedrig legierten Stähle haben von Haus aus eine feine Kornstruktur. Die Auswahl an gut zähen oder toughen Stählen wird schön groß.
Will man rostträge und schnitthaltig, ist die Menge verfügbarer Klingenstähle schon deutlich begrenzter, besonders diejenige mit zähem Auftritt. Die Stahlindustrie hat ihr Möglichstes getan, hier zu helfen. Die Einführung der Pulvermetallurgie sorgte dafür, Stahl im Vergleich zu erschmolzenen Kalibern deutlich feinkörniger zu machen. Was der Zähigkeit zugute kommt.
Ich persönlich bevorzuge toughe Stähle. Standzeit ist mir nicht so wichtig. Und daher habe ich mich immer wieder um Daten bezüglich dieser Eigenschaft gekümmert. Leider gibt es nicht DEN generellen Überblick. Erstens. Zweitens sind die Daten zum Teil aus verschiedenen Quellen und/oder vermittels unterschiedlicher Verfahren ermittelt, haben daher also nicht die erwünschte verläßliche Aussagekraft.
Als ich gerade wieder diesbzüglich recherchemäßig unterwegs war, habe ich die Gelegenheit genutzt und eine Übersicht zusammengestellt, die einen einigermaßen belastbaren Datenpool bietet. Alle Zähigkeitswerte der Tabelle habe ich in üblichen Joule angegeben - die in Foot Pound verfügbaren vorher mit dem gerundeten Faktor 1,356 in Joule umgerechnet.
Ferner entstammen so gut wie alle Angaben aus einer Erhebungsquelle. Zu 90 Prozent habe ich sie aus den einzelnen Datenblättern von Crucible entnommen, einige wenige aus verläßlichen Quellen (Cliff Stamp, bladeforums, Spyderco Forum) quergecheckt und ergänzt.
Die Gesamtübersicht enthält leider keine durchgehende Vergleichbarkeit insofern, da die Härten der jeweiligen Proben differieren. Man kann also nicht einfach von oben nach unten steigende Zähigkeit annehmen. Aber es ist eine gute grobe Orientierungsmöglichkeit. In einer zweiten - kurzen - Übersicht habe ich per Auszug aus der Gesamtübersicht DIE Stähle aufgeführt, die bei einer Härte von 60 HRC getestet worden sind.
Was die Schnitthaltigkeit - edge retention - angeht, verweise ich auf die umfangreiche Übersicht von Ankerson: Edge Retention - cutting 5/8" manila rope
Anhand dieser beiden Datenpools kommt man schon mal ein Stück voran. Darf aber bei alledem nicht vergessen, daß es sich bei den Angaben zur Zähigkeit auch um ein fabelhaftes Marketinginstrument von Crucible handelt ...
Und die Unterschiede zwischen vielen Stählen zu gering sind, als das der Anwender es bei sachgemäßer Nutzung seiner Messer bemerken würde. Was insbesondere für kleine Klingen von Taschenmessern gelten dürfte. Ferner, daß Herkunft und Wärmebehandlung sowie die Geometrie der jeweiligen Messerklinge am Ende die Hauptrolle spielen …
Kleine „Marketing“-Anmerkung von Crucible noch …
“Although the longitudinal toughness of all four of these grades is about 25-28 ft. lbs., the Transverse toughness of the CPM grades is four or more times that of 440C and 154CM. The higher transverse toughness results indicate that CPM S35VN and CPM S30V are much more resistant to chipping and breaking in applications which may encounter side loading. In knifemaking, the higher transverse toughness makes CPM especially good for bigger blades.”
Toughness (Kerschlagzähigkeit) nach Charpy
M4 - 15J @ 64
440C - 22J @ 58, 35J @ 56
CPM S90V - 26J @ 58
D2 - 28J @ 60
M2 - 28J @ 61, 27 @ 62, 26 @ 63, 23 @ 64
1095 - 30J @ 58
M390 - 30J @ 60
CPM 10V - 35J @ 59, 19J @ 63
154CM - 38J @ 58
CPM S30V - 38J @ 58-60
CPM-154 - 41J @ 60
CPM S35VN - 45J @ 58-60 (etwa, nach Crucible 15 bis 20 % tougher als CPM S30V)
Elmax - 30J @ 63
O1 - 41J @ 60
A2 - 42J @ 61, 53J @ 60
4340 - 55J @ 57
420HC - 57J @ 58
Cru-Wear - 40J @ 62
CPM M4 - 43J @ 62, 38J @ 63.5
L6 - 58J @ 61, 93J @ 57
CPM 4V - 68J @ 60
CPM 3V - 95J @ 60, 53 @ 62, 113 @ 58
CPM Cru-Wear - 80J @ 60
S7 - 165J @ 57
INFI - 150J @ 60
S5 - 198J @ 58-59
Auszug bei 60 HRC:
D2 - 28J @ 60
M390 - 30J @ 60
CPM S30V - 38J @ 58-60
CPM-154 - 41J @ 60
O1 - 41J @ 60
CPM S35VN - 45J @ 58-60 (etwa, nach Crucible 15 bis 20 % tougher als CPM S30V)
A2 - 53J @ 60
CPM 4V - 68J @ 60
CPM Cru-Wear - 80J @ 60
CPM 3V - 95J @ 60
INFI - 150J @ 60
Das Schlußwort hat Phil Wilson
“Youzer,
Chipping and rolling are mechanical properties of the particular steel you are using. All tool steels have a stress limit before failure. Stress is the force applied divided by the area resisting the force. If you have a very high force and a very small area like on the edge of a knife that is cutting a hard material the stress limit can be exceeded very quickly and you have failure. The failure can be rolling, denting or chipping depending on how much force is applied. A blade at a fine edge will bend back and forth during cutting. If it bends without permanent deformation then it is in the elastic range. It is acting like a spring.
If the elastic limit is exceeded then it is “bent” or permanently deformed. You see that as rolling on an edge. If the force continues then it will finally break “chip”. This is all a function of the hardness or strength and varies with different materials. Mild steel for example can be bent back on itself without breaking. It is soft and is working in the plastic range. You can’t do that with a file. Very hard materials have an elastic range and a very narrow plastic range. They are said to be brittle. The more alloy that is put into a knife steel at a given hardness will tend to narrow the plastic range. This is also a function of the hardness. Very high hardness blades have a narrow plastic range and will flex some, bend just a little and then break.
You mentioned several knife blade steel grades. All have different mechanical characteristics and the challenge is to understand how the material acts, heat treat and grind to get the best balance of properties. A fine grain like you find in the particle steels will tend to be less brittle than a more course grain wrought base steel. If you want a blade that will fail by rolling at the edge then it will need a softer heat treat. If you want a very strong edge that will stand there, and hold the carbides in place for maximum wear then it has to be harder or stronger.
For example look at CPM S90V. A fine grain base so it is inherently strong but full of alloy, so that tends to offset the ductility. Heat treat it hard (RC 60 +) so it will not bend at the edge and hold the hard vanadium carbides in place to resist wear and you have a very wear resistant edge. Push it too hard during use and if the edge is too thin, not enough material to offset the stress and you have a breaking type failure (chipping). In addition to all this dynamic forces like chopping increase the felt force at the edge very quickly. So you have to choose the steel for the application, decide what qualities you want and heat treat and grind the edge to meet all those specifications. It’s all a fine balance and Spyderco does an hell of a job to meet all these requirement IMHO. Phil”
Aus warm and sunny Monte Gordo
R’n’R
eine wesentliche Erkenntnis zur Beurteilung der Zähigkeit von Stahl liefert die Kerbschlagzähigkeit. Es gibt mehrere Verfahren zu ihrer Ermittlung. Die verbreitetste ist wohl die nach Charpy. Näheres hier.
„Das Gegenteil der Zähigkeit ist die Sprödigkeit. Beispiele für spröde Werkstoffe sind Glas, Keramik, einige Kunststoffe und gehärteter Stahl. Diese Materialien sind nur sehr begrenzt in der Lage, sich plastisch zu verformen und können somit wesentlich weniger Energie aufnehmen als zähe Werkstoffe, bevor sie brechen.“
Der Zähigkeit von Stahl abträglich sind - neben falscher Wärmebehandlung und unangemessener Geometrie - eine große Zahl an Legierungsbestandteilen, grobe Karbide und große Härte. Diese wiederum macht den Stahl widerstandsfähig gegen Abtrag, was bei Messerklingen zur angenehmen Eigenschaft hoher Schnitthaltigkeit führt.
Nur, was nutzt das, wenn die sich bei nächster Gelegenheit einen Zacken aus der Krone brechen. Es geht also darum, eine ausgewogene - der Anwendung gemäße - Wahl zu treffen. Die Eigenschaft der Korrosionsbeständigkeit darf dabei nicht vernachlässigt werden.
Den eierlegenden Wollmilchstahl gibt es leider nicht, wie wir ja wissen. Aber es gibt die Möglichkeit sich grundsätzlich für hohe Schneidleistung oder hohe Zähigkeit zu entscheiden. Ist einem Rostanfälligkeit wurscht, ist man schon auf der Gewinnerseite. Denn die reinen Carbonstähle/niedrig legierten Stähle haben von Haus aus eine feine Kornstruktur. Die Auswahl an gut zähen oder toughen Stählen wird schön groß.
Will man rostträge und schnitthaltig, ist die Menge verfügbarer Klingenstähle schon deutlich begrenzter, besonders diejenige mit zähem Auftritt. Die Stahlindustrie hat ihr Möglichstes getan, hier zu helfen. Die Einführung der Pulvermetallurgie sorgte dafür, Stahl im Vergleich zu erschmolzenen Kalibern deutlich feinkörniger zu machen. Was der Zähigkeit zugute kommt.
Ich persönlich bevorzuge toughe Stähle. Standzeit ist mir nicht so wichtig. Und daher habe ich mich immer wieder um Daten bezüglich dieser Eigenschaft gekümmert. Leider gibt es nicht DEN generellen Überblick. Erstens. Zweitens sind die Daten zum Teil aus verschiedenen Quellen und/oder vermittels unterschiedlicher Verfahren ermittelt, haben daher also nicht die erwünschte verläßliche Aussagekraft.
Als ich gerade wieder diesbzüglich recherchemäßig unterwegs war, habe ich die Gelegenheit genutzt und eine Übersicht zusammengestellt, die einen einigermaßen belastbaren Datenpool bietet. Alle Zähigkeitswerte der Tabelle habe ich in üblichen Joule angegeben - die in Foot Pound verfügbaren vorher mit dem gerundeten Faktor 1,356 in Joule umgerechnet.
Ferner entstammen so gut wie alle Angaben aus einer Erhebungsquelle. Zu 90 Prozent habe ich sie aus den einzelnen Datenblättern von Crucible entnommen, einige wenige aus verläßlichen Quellen (Cliff Stamp, bladeforums, Spyderco Forum) quergecheckt und ergänzt.
Die Gesamtübersicht enthält leider keine durchgehende Vergleichbarkeit insofern, da die Härten der jeweiligen Proben differieren. Man kann also nicht einfach von oben nach unten steigende Zähigkeit annehmen. Aber es ist eine gute grobe Orientierungsmöglichkeit. In einer zweiten - kurzen - Übersicht habe ich per Auszug aus der Gesamtübersicht DIE Stähle aufgeführt, die bei einer Härte von 60 HRC getestet worden sind.
Was die Schnitthaltigkeit - edge retention - angeht, verweise ich auf die umfangreiche Übersicht von Ankerson: Edge Retention - cutting 5/8" manila rope
Anhand dieser beiden Datenpools kommt man schon mal ein Stück voran. Darf aber bei alledem nicht vergessen, daß es sich bei den Angaben zur Zähigkeit auch um ein fabelhaftes Marketinginstrument von Crucible handelt ...
Und die Unterschiede zwischen vielen Stählen zu gering sind, als das der Anwender es bei sachgemäßer Nutzung seiner Messer bemerken würde. Was insbesondere für kleine Klingen von Taschenmessern gelten dürfte. Ferner, daß Herkunft und Wärmebehandlung sowie die Geometrie der jeweiligen Messerklinge am Ende die Hauptrolle spielen …
Kleine „Marketing“-Anmerkung von Crucible noch …
“Although the longitudinal toughness of all four of these grades is about 25-28 ft. lbs., the Transverse toughness of the CPM grades is four or more times that of 440C and 154CM. The higher transverse toughness results indicate that CPM S35VN and CPM S30V are much more resistant to chipping and breaking in applications which may encounter side loading. In knifemaking, the higher transverse toughness makes CPM especially good for bigger blades.”
Toughness (Kerschlagzähigkeit) nach Charpy
M4 - 15J @ 64
440C - 22J @ 58, 35J @ 56
CPM S90V - 26J @ 58
D2 - 28J @ 60
M2 - 28J @ 61, 27 @ 62, 26 @ 63, 23 @ 64
1095 - 30J @ 58
M390 - 30J @ 60
CPM 10V - 35J @ 59, 19J @ 63
154CM - 38J @ 58
CPM S30V - 38J @ 58-60
CPM-154 - 41J @ 60
CPM S35VN - 45J @ 58-60 (etwa, nach Crucible 15 bis 20 % tougher als CPM S30V)
Elmax - 30J @ 63
O1 - 41J @ 60
A2 - 42J @ 61, 53J @ 60
4340 - 55J @ 57
420HC - 57J @ 58
Cru-Wear - 40J @ 62
CPM M4 - 43J @ 62, 38J @ 63.5
L6 - 58J @ 61, 93J @ 57
CPM 4V - 68J @ 60
CPM 3V - 95J @ 60, 53 @ 62, 113 @ 58
CPM Cru-Wear - 80J @ 60
S7 - 165J @ 57
INFI - 150J @ 60
S5 - 198J @ 58-59
Auszug bei 60 HRC:
D2 - 28J @ 60
M390 - 30J @ 60
CPM S30V - 38J @ 58-60
CPM-154 - 41J @ 60
O1 - 41J @ 60
CPM S35VN - 45J @ 58-60 (etwa, nach Crucible 15 bis 20 % tougher als CPM S30V)
A2 - 53J @ 60
CPM 4V - 68J @ 60
CPM Cru-Wear - 80J @ 60
CPM 3V - 95J @ 60
INFI - 150J @ 60
Das Schlußwort hat Phil Wilson
“Youzer,
Chipping and rolling are mechanical properties of the particular steel you are using. All tool steels have a stress limit before failure. Stress is the force applied divided by the area resisting the force. If you have a very high force and a very small area like on the edge of a knife that is cutting a hard material the stress limit can be exceeded very quickly and you have failure. The failure can be rolling, denting or chipping depending on how much force is applied. A blade at a fine edge will bend back and forth during cutting. If it bends without permanent deformation then it is in the elastic range. It is acting like a spring.
If the elastic limit is exceeded then it is “bent” or permanently deformed. You see that as rolling on an edge. If the force continues then it will finally break “chip”. This is all a function of the hardness or strength and varies with different materials. Mild steel for example can be bent back on itself without breaking. It is soft and is working in the plastic range. You can’t do that with a file. Very hard materials have an elastic range and a very narrow plastic range. They are said to be brittle. The more alloy that is put into a knife steel at a given hardness will tend to narrow the plastic range. This is also a function of the hardness. Very high hardness blades have a narrow plastic range and will flex some, bend just a little and then break.
You mentioned several knife blade steel grades. All have different mechanical characteristics and the challenge is to understand how the material acts, heat treat and grind to get the best balance of properties. A fine grain like you find in the particle steels will tend to be less brittle than a more course grain wrought base steel. If you want a blade that will fail by rolling at the edge then it will need a softer heat treat. If you want a very strong edge that will stand there, and hold the carbides in place for maximum wear then it has to be harder or stronger.
For example look at CPM S90V. A fine grain base so it is inherently strong but full of alloy, so that tends to offset the ductility. Heat treat it hard (RC 60 +) so it will not bend at the edge and hold the hard vanadium carbides in place to resist wear and you have a very wear resistant edge. Push it too hard during use and if the edge is too thin, not enough material to offset the stress and you have a breaking type failure (chipping). In addition to all this dynamic forces like chopping increase the felt force at the edge very quickly. So you have to choose the steel for the application, decide what qualities you want and heat treat and grind the edge to meet all those specifications. It’s all a fine balance and Spyderco does an hell of a job to meet all these requirement IMHO. Phil”
Aus warm and sunny Monte Gordo
R’n’R
Zuletzt bearbeitet: