Hallo Klaus !
Ich schätze Deine sachlich und fachlich fundierten Beiträge sehr. Hier ist aber möglicherweise etwas durcheinander geraten. Die von Dir angesprochene Formel scheint mir eher die Schweißeignung, als die Schweißbarkeit zu betreffen. Sprachlich wird dies oft durcheinander gebracht, sachlich besteht eigentlich nicht mal ein wirklicher Zusammenhang. Als gut schweißbar gelten in der technischen Literatur die Stähle, die sich ohne Probleme oder die Notwendigkeit von Sonderbehandlungen schweißen und verwenden lassen. Deshalb werden Stähle mit höherem C-Gehalt im Ingenieurswesen als nicht schweißbar angesehen, weil sie beim Schweißen Härtezonen entwickeln, die dann zum Bruch führen.
Einer meiner ersten Fälle betraf ein solches Problem: An einer Stahlbetondecke sollte eine Heißwasserleitung- immerhin 90 cm Durchmesser- aufgehängt werden. Die ausführende Firma wollte die Sache besonders gut machen und ließ aus der Decke Spannbetonstahlstangen herausragen, die mit den Rohrmanschetten verschweißt wurden. Diese Spannbetonstähle haben aber ca. 0,7 % C und 1 % Mangan. Wenn sie beim Schweißen angeschmolzen werden, gibt es immer irgendwo eine Stelle, an der Härtegefüge auftritt. Ohne Normalglühbehandlung liegt also nicht angelassener Martensit vor. Was kommen mußte, kam- bei einer geringen Erschütterung brachen die Halterungen und die Leitung krachte herunter.
Der Schweißeignung in diesem Sinne abträglich sind alle Legierungselemente, die die Härtbarkeit erhöhen- also so gut wie alle, wenn auch in unterschiedlichem Maße.
Wir beschäftigen uns mit der Möglichkeit, unterschiedliche Stähle überhaupt "gesund" verschweißen zu können. Die Eigenschaften im Schmiedezustand interessieren daher nicht- es wird ja hinterher noch eine gezielte Wärmebehandlung vorgenommen.
Da wirken sich die einzelnen Legierungselemente aber völlig anders aus. Feuerschweißungen setzen bekanntlich voraus, daß die zu verschweißenden Materialien metallisch blank aufeinander liegen und Oxyde und Schlacke abfließen können. Der Schweißbarkeit am abträglichsten sind deshalb die Legierungselemente, deren Oxyde am schlechtesten zu lösen und aus der Schweißzone abzuführen sind.
Bei den gängigen Legierungselementen hat sich folgendes ergeben: Nickel, Mangan und Molybdän behindern die Schweißung nicht, Wolfram, Silizium und Chrom wirken sich in steigender Reihenfolge ungünstig aus. Wolfram ist dabei am wenigsten schädlich- die klassischen Schneidenstähle für Papier- oder Lederschneidmesser sind mit ca 1 % W legiert- etwa der Stahl 1.2515. Rapatz-wie immer- behandelt auch dieses Thema und ich habe seine Angaben in der Praxis bestätigt gefunden.
Kohlenstoff selbst behindert die Verschweißung eigentlich nicht. Mit steigendem C-Gehalt sinkt aber die Schmelztemperatur, sodaß das "Fenster" der Schweißtemperatur kleiner wird. Eine Feile zerbröselt schon, wo Baustahl noch viel Hitze vertragen würde.
Wenn man beim Schweißen den Zutritt von Sauerstoff verhindern kann und mit sauberem Material arbeitet, spielt die Legierung keine Rolle- dann lassen sich ja auch korrosionsbeständige Stähle verschweißen.
MfG U. Gerfin