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Bilder vorab
(Zweiter Teil der Bilder siehe nachfolgender Beitrag)
Ein Uniikkipuukot Tuohipää in der Kombination mit einer Mäkinen Klinge, Ersteindrücke
Zu der Rhomboid (wikipedia.de) Form und dem Schmied Antti Mäkinen bzw. der Schmiede YP Taonta (yp-taonta.fi) [aufrufen und begleitend den Musikstream hören ] existiert ein von lamnia.fi verlinkter Artikel: Yrjö Puronvarsi Blades / YP Taonta - The Puronvarsi Story.
Eine solche Klinge ist auf lamnia.fi einzeln erhältlich, mit der Bezeichnung Puuko Blade, mit ähnlichen Maßen.
Mich hat die eher starke Klinge in einer leichten Puuko Ausführung mit Birkenholzgriffen gereizt, meist finden sich in diesen Größen die schlanken Klingenstärken. Dazu ein schöne, interessante Scheide in traditioneller Form, siehe weitere Bilder anderer Messer auf einer der Bilderseiten von Uniikkipuukot, herausgreifen möchte ich dieses Bild mit Scheiden ohne Messingumgreifung und jenes Bild mit solchen. Dazu sehenswert noch die Herstellungsbebilderung für die Birkenrinde.
Vergleicht man jene Klingen mit deutlicher Rhomboid Form, dann tritt das Tuohipää doch sehr zurückhaltend auf, im o.g. Artikel finden sich Fotos vom Entstehungsprozeß in der Schmiede, zieht man diese zum Vergleich heran, ist die hier vorgestellte Klinge eher ein unauffälliger "Finne" mit dennoch außer der Norm fallenden Maßen in der Klingenstärke und einer erst bei näherer Betrachtung ungewöhnlichem Klingenrücken. Die polierten Klingenseiten überstrahlen regelrecht diese Besonderheiten, der erste Blick zeigt eine nahezu chromfarbene schmale Klinge, die bauchige Form ist gefällig, wie von mir erwartet überwiegt der Griff, die Klinge ist in der Seitenbetrachtung in Unterzahl, der bauchige Griff dominiert, läuft zur Unterseite keilförmig zu - wie es die Klinge auf gerader Linie "parallel" nachahmt. :encouragement:
In diesem Moment fängt meine Begeisterung an, das unscheinbare Puuko mit der durchdachten Griff Form kommt auf schmalem Fuß, gemeinst ist Gewicht und die geringe Klingenhöhe, die Brechung auf dem Klingenrücken verschleiert deren tatsächliche Stärke. Eine Art Understatement, die sich beim Begreifen erschließt. Bei der Kaufwahl hatte ich diesen Effekt vermutet, weil nackte Zahlen können richtige oder falsche Hinweise liefern, liegen sie richtig, dann kann das Zusammenspiel aufgehen. Dazu mehr im Fazit.
Aus Finnland kam das Päckchen mit vielen Styropor Knubbeln, jedoch ohne extra Umhüllung des Messers.
Herstellerangaben und eigenen Messungen
Exakte Herstellerbeschreibungen fehlen, der Händler macht einzelstückbezogene Angaben.
Handgefühl und Schneidtests
Das Tuohipää steckt sehr fest und nur bis zur Griffmitte in der Scheide, da greifen somit die Oberflächen der Scheide und des Griffes weit in- bzw. aufeinander. Das Messing am oberen Scheidenrand, welcher verdickt gestaltet wurde, gibt beim einhändigen Ziehen aus der Scheide einen guten Widerstands- resp. Hebelpunkt, dank der Verjüngung am Griffende hat man Haltepunkte für die kleinen Finger. Das Einstecken bei den schlanken, angepassten Scheiden empfinde ich stets weit schwieriger. Die Öffnung im Inneren, auf Höhe Scheidenmitte ist eng, von oben Hineinfallenlassen hat eine 50:50 Erfolgsquote. Die Spitze der Klinge ist ohnehin leicht noch oben gezogen, habe den Rücken extra auf planen Unterlage daraufhin untersucht. Weil Handarbeit hätte das sowieso keinerlei Aussagekraft für Kaufinteressierte. Jedenfalls ... leicht abfallende Klingenspitzen sind m.E. leichter wegzustecken.
Ein genauer Blick auf die Einpassung der Klinge zeigt vorne am Messingstücke leichte Ungenauigkeiten, für eine Handarbeit in dieser Preislage i.O., die Klinge sitzt fest, ist sehr gut ausgerichtet beim Blick vom Griffende bis Klingenspitze. Der Griff ist hinreichend fest, d.h. nur mit Kraft verdrehbar, über die gesamte Länge. Mir fällt beim Greifen unmittelbar die für meinen Zeigefinger (zu) enge Fingermulde vorn auf. Haben die Finnen andere Fingerrelationen?
Beim schneidenen Zuggriff genügt mir dieser kleine Haltepunkt, nach vorn fehlt mir Platz. Hingegen hinten am Griff: wunderbar!
Der Endknauf aus Messing liegt fast deckungsgleich auf Höhe der eingpassten Klinge, soll heissen die verlängerte Linie des Klingenrückens endet am Knaufpunkt, greift man weit hinten mit Handkante liegt mein Daumen auf einem Niveau mit dem Beginn des Klingenrückens. So mag ich das. Hier ist Überlegung am Werk gewesen. In der Seitenbetrachtung mag man sich wundern über die "3D" Griffgestaltung, in der Hand passt es (mir). Zum Griffende wurde die Birkenrinde verjüngt, von der Mitte jeweils nach vorne wie hinten. Sowohl schön anzuschauen als wohlgefällig in der Hand. Wow, soviel Passform mit toller Klinge, handwerklich aus meiner Sicht mehr als gut gemacht. Und das für einen schmalen Geldbeutel. Ja, dem Fazit scheint vorausgegriffen.
Die Klinge ist scharf aus der Scheide heraus, der Klingenschliff verläuft wie erwartet sauber bis zum letzten Millimeter vor der Passung vorn. Das Loch mit dem YP Logo ist tiefer als erwartet, ein Schlund zum Fühlen tut sich auf.
Dieses Nebeneinander von schmaler Klingenbreite und dann die starken Konturen des Klingenrückes, das weckt in mir erneut das Feldmesser Gen, das Tuohipää ist kein dünnes Finnenmesserchen, es kommt schmal daher, ist real leicht in der Hand und zeigt doch eine starke Klinge, vom Anfang bis Ende ausgeformt von einem - meiner Meinung nach - Könner.
Ist die leichte Birkenrinde ein Widerspruch, der vom Hersteller Uniikkipuukot bewusst eingegangen wurde? Eher vermute ich pragmatische Beweggründen, die YP Schmiede produziert Fertigklingen, die Messermachen nehmen sie ab, die eingangs verlinkten Fotos zeigen andere, traditionelle Carbonstahl Klingen mit den bekannten Schmiedespuren. Diese hier verbaute Puuko Klinge ist fast hochglanzpoliert, das Schmiedezeichen irritiert, der Klingenrücken zeigt noch "Unfertigkeiten" der erwünschten Art. Auf einem Foto hatte ich den Klingenrücken mehrmals abgezogen über das Holz, es blieb noch etwas Dreck (Schleifstaub, Polierpaste) auf dem Holz hängen. Bringt das Daumenreiben im YP Logo Schmiedeglück? Solchen Aberglauben würde ich allzugern wahrwerden lassen.
Der Klingenrücken an der Passung ist ein Drittel der Gesamtbreite an dieser Stelle. Hinten fährt das Tuohipää wieder auf ein verkleinertes Maß der Passung vorne zusammen, ohne an Halt zu verlieren, durch die Griffmulden für die kleinen Finger.
Fazit
Für mich ein besonderes Messer, leichte Birkenrinde als Griffmaterial, 100 Gramm Gewicht [die Frage nach einem extrem leichten Messer trieb mich einmal bei einer Kaufberatung um, im Nachhinein realisierbar mit dünneren Klingen- wie Erlstärken als im vorliegenden Fall], für mich ein langer Griff, dazu die beachtliche Klingenstärke und knapp 10 cm Klingenlänge. Klein ist nur die Klingenhöhe, die übrigen Maße reichen an ein mittleres Outdoormesser heran, 22 cm Gesamtlänge, große Hände dürften sich dennoch schwer tun, wo die 9.3 cm Birkenrinde zwischen den eingearbeiteten Ringen vorn und hinten zum Greifen einlädt, wird sich nur eine mittlere Handbreite wohl fühlen.
Das Messing läuft an, die Gürtelaufhängung ist mit etwas dünnem Leder ausgeführt, die Passung der Klinge vorn am Griff ist unperfekt, insgesamt für einen noch zweistelligen Eurokaufpreis ein tolles Stück Handarbeit, die Klinge ist geschmiedet, die Scheide sitzt fest und ist stimmig, der Griff fehlerfrei, man erkennt bei visuellem Kontrollblick mit Gegenlicht Asymetrien am Griffbauch, aber nur mit aufgesetzter Brille im Mäkelmodus. Liegt gut in der linken wie der rechten Hand.
Ist die Klinge das Highlight? Für mich ist so eine eckige Gestaltung neu, zwar schon gesehen aber noch nie besessen und benutzt, in dieser Konsequenz bei 90% des Klingenrückens. Die Möglichkeit einer bequemen Daumenauflage bei mehr Druck beim Schneiden (ins Holz) gefällt mir, mein Daumen übergreift nur ~3 cm, die Fingermulde für den Zeigefinger hält die Hand unten am Griff, greife ich mit dem Zeigefinger auf die Passung, bin ich zu nah an der scharfen Klinge. Für den Rechtshänder und Fase nach links kann man mit dem Daumen in das Logo greifen und den Zeigefinger vorne 1-2 cm vor die Klingenspitze setzen, dafür ist noch viel Klingenstärke als Druckauflage vorhanden. In Summe, es sind verschiedene Haltegriffe möglich, der breite (Rhomboid) Klingenrücken unterstützt das, mit einem nur halb so starken Rücken kantet entweder der Stahl in die Finger oder man rutscht ab.
Die vielen Rundungen des Griffes können täuschen: die Messer Flucht von hinten nach vorne ist gerade, ausgezeichnet gefällt mir die gerade Linie vom Griffabschluß bis vorn über die Klingenober- und -unterseite. Die zulaufende Klingenspitze ab Klingenmitte wirkt edel, ist gefällig, beim Ablegen auf flachen Untergrund kein Kontakt der Klinge, verhindert Kratzer und versehentliche Schnitte.
Für mich passt fast alles. Die Scheide ... legt sich aufgrund der Aufhängung unten immer quer, abgelegt steht das gesteckte Messer steil und fällt ggf. ganz nach rechts. Draussen auf nassem Boden liegt somit nur eine Kante der Lederscheide auf (das ist gut), beim seitlich Wegrollen liegt der Griff unten (im Nassen, das ist schlecht). Ja, natürlich will dieses Messer an einen Gürtel, zumindest weg vom Boden. Am Gürtel kann man es locker einschieben ohne Druck, für das kurze Wegstecken, dann fällt das Ziehen leicht, fest gedrückt sitzt es zu bombig, mit einer Hand nur umständlich zu lösen. Der Messing Abschluß oben an der Scheide, wo man einen Gegenpunkt zum Ziehen benötigt, ist goldrichtig, so bleibt die Lederscheide an dieser Stelle in Form. Wäre nur ein rundes Band befestigt statt dem "Lederaufstand" unten, verlöre dieses Metallelement einiges an Festigkeit, so betrachtet eine positive Eigenschaft. Die Scheidenform unten verschenkt 4-5 cm, ist aber traditionell so gestaltet, kann man mögen, muss man mögen bei so einem Messer.
Übt man richtig Kraft von der Klingenspitze bis zum Griffende aus und erzeugt Beugung über die Länge, dann fehlt Festigkeit. Dies als Warnung an die hardcore/Mißbrauch Fraktion, trotz Klingenstärke ist diese Ausführung kein Hebelwunder, ins Holz gewuchtet dröselt man ggf. den Griff auf beim Versuch es mit Gewalt und kreisendem Druck. Das Tuohipää sucht Gewichtsvergleiche statt neue Drehmoment Rekorde. Einer von mir selbst eingeklebte Klinge mit Steckerl in Holz, ohne Stifte oder sonstige Metallbefestigungen, traue ich weit mehr als diesem Birkenrinden Schönling.
Ich mag es. Rundum. Eine effizientere Scheide würde ich begrüßen, als Zweitexemplar, kann man ja machen (lassen). In der original Ausführung ist das Tuohipää meiner Ansicht nach hoch sozial verträglich, ein Stahl gewordenes Stück Brauchtum, einfach aber ansehnliche Lederarbeiten mit etwas blitzendem Messing, ein warmer Griff, die kurze Klinge, die schönen Griffelemente. Die beim Schneiden dann unweigerlich spaltende Wirkung der schmalen, dicken Klinge fällt natürlich auf beim direkten Vergleich, doch an sich erfüllt es den zugedachten Zweck. Als Fahrten- bzw. Gürtelmesser, als Brotzeit- und Schnitzuniversalmesser, das auch tiefer ins Holz darf.
Tiefer ins Bewusstsein, so mag eine Botschaft an die Leser sein, es muss kein custom in der dreifachen Preisklasse sein, um Freude an Handarbeit zu entwickeln.
P.S. Meine Ersteindrücke hatte ich schon vor Wochen beim Erhalt geschrieben, heute mit etwas Abstand konnte das meiste stehen bleiben.
(Zweiter Teil der Bilder siehe nachfolgender Beitrag)
Ein Uniikkipuukot Tuohipää in der Kombination mit einer Mäkinen Klinge, Ersteindrücke
Zu der Rhomboid (wikipedia.de) Form und dem Schmied Antti Mäkinen bzw. der Schmiede YP Taonta (yp-taonta.fi) [aufrufen und begleitend den Musikstream hören ] existiert ein von lamnia.fi verlinkter Artikel: Yrjö Puronvarsi Blades / YP Taonta - The Puronvarsi Story.
Eine solche Klinge ist auf lamnia.fi einzeln erhältlich, mit der Bezeichnung Puuko Blade, mit ähnlichen Maßen.
Mich hat die eher starke Klinge in einer leichten Puuko Ausführung mit Birkenholzgriffen gereizt, meist finden sich in diesen Größen die schlanken Klingenstärken. Dazu ein schöne, interessante Scheide in traditioneller Form, siehe weitere Bilder anderer Messer auf einer der Bilderseiten von Uniikkipuukot, herausgreifen möchte ich dieses Bild mit Scheiden ohne Messingumgreifung und jenes Bild mit solchen. Dazu sehenswert noch die Herstellungsbebilderung für die Birkenrinde.
Vergleicht man jene Klingen mit deutlicher Rhomboid Form, dann tritt das Tuohipää doch sehr zurückhaltend auf, im o.g. Artikel finden sich Fotos vom Entstehungsprozeß in der Schmiede, zieht man diese zum Vergleich heran, ist die hier vorgestellte Klinge eher ein unauffälliger "Finne" mit dennoch außer der Norm fallenden Maßen in der Klingenstärke und einer erst bei näherer Betrachtung ungewöhnlichem Klingenrücken. Die polierten Klingenseiten überstrahlen regelrecht diese Besonderheiten, der erste Blick zeigt eine nahezu chromfarbene schmale Klinge, die bauchige Form ist gefällig, wie von mir erwartet überwiegt der Griff, die Klinge ist in der Seitenbetrachtung in Unterzahl, der bauchige Griff dominiert, läuft zur Unterseite keilförmig zu - wie es die Klinge auf gerader Linie "parallel" nachahmt. :encouragement:
In diesem Moment fängt meine Begeisterung an, das unscheinbare Puuko mit der durchdachten Griff Form kommt auf schmalem Fuß, gemeinst ist Gewicht und die geringe Klingenhöhe, die Brechung auf dem Klingenrücken verschleiert deren tatsächliche Stärke. Eine Art Understatement, die sich beim Begreifen erschließt. Bei der Kaufwahl hatte ich diesen Effekt vermutet, weil nackte Zahlen können richtige oder falsche Hinweise liefern, liegen sie richtig, dann kann das Zusammenspiel aufgehen. Dazu mehr im Fazit.
Aus Finnland kam das Päckchen mit vielen Styropor Knubbeln, jedoch ohne extra Umhüllung des Messers.
Herstellerangaben und eigenen Messungen
Exakte Herstellerbeschreibungen fehlen, der Händler macht einzelstückbezogene Angaben.
- Klingenstahl: Kohlenstoffstahl, handgeschmiedet, poliert, mit Schriftzug
- Griffmaterial: Birkenrinde
- Scheidenmaterial: Leder, innen ein Kunststoff Inlay für die rechte Klingenseite, max. Tiefe bei der Dangler Aufhängung: 4cm
- Gesamtlänge der Scheide: 28cm
- Schlaufe mit Gürtelbreite bis: 6 cm innen, unten 1,5 bis oben 2,3 cm Breite
- Passung vorn und Knaufende: Messing, vorne kantig, hinten gerundet
- Gewicht Messer: 98 g
- Gewicht Scheide: 54 g
- Gesamtlänge: 22,1 cm
- Klingenlänge: 9,5 cm, scharf von der Spitze bis zur Passung
- Klingenstärke: max. 5,75 mm, 1 / 2 / 3 cm vor Spitze 3 / 4 / 5 mm, in der Draufsicht eine harmonische Verjüngung
- Klingenhöhe: max. 1,9 cm (Bauch)
- Grifflänge: 12,6 cm
- Griffhöhe: max. 3cm (Bauch), vorn 2,5 cm, Griffende 2,7 cm
Handgefühl und Schneidtests
Das Tuohipää steckt sehr fest und nur bis zur Griffmitte in der Scheide, da greifen somit die Oberflächen der Scheide und des Griffes weit in- bzw. aufeinander. Das Messing am oberen Scheidenrand, welcher verdickt gestaltet wurde, gibt beim einhändigen Ziehen aus der Scheide einen guten Widerstands- resp. Hebelpunkt, dank der Verjüngung am Griffende hat man Haltepunkte für die kleinen Finger. Das Einstecken bei den schlanken, angepassten Scheiden empfinde ich stets weit schwieriger. Die Öffnung im Inneren, auf Höhe Scheidenmitte ist eng, von oben Hineinfallenlassen hat eine 50:50 Erfolgsquote. Die Spitze der Klinge ist ohnehin leicht noch oben gezogen, habe den Rücken extra auf planen Unterlage daraufhin untersucht. Weil Handarbeit hätte das sowieso keinerlei Aussagekraft für Kaufinteressierte. Jedenfalls ... leicht abfallende Klingenspitzen sind m.E. leichter wegzustecken.
Ein genauer Blick auf die Einpassung der Klinge zeigt vorne am Messingstücke leichte Ungenauigkeiten, für eine Handarbeit in dieser Preislage i.O., die Klinge sitzt fest, ist sehr gut ausgerichtet beim Blick vom Griffende bis Klingenspitze. Der Griff ist hinreichend fest, d.h. nur mit Kraft verdrehbar, über die gesamte Länge. Mir fällt beim Greifen unmittelbar die für meinen Zeigefinger (zu) enge Fingermulde vorn auf. Haben die Finnen andere Fingerrelationen?
Beim schneidenen Zuggriff genügt mir dieser kleine Haltepunkt, nach vorn fehlt mir Platz. Hingegen hinten am Griff: wunderbar!
Der Endknauf aus Messing liegt fast deckungsgleich auf Höhe der eingpassten Klinge, soll heissen die verlängerte Linie des Klingenrückens endet am Knaufpunkt, greift man weit hinten mit Handkante liegt mein Daumen auf einem Niveau mit dem Beginn des Klingenrückens. So mag ich das. Hier ist Überlegung am Werk gewesen. In der Seitenbetrachtung mag man sich wundern über die "3D" Griffgestaltung, in der Hand passt es (mir). Zum Griffende wurde die Birkenrinde verjüngt, von der Mitte jeweils nach vorne wie hinten. Sowohl schön anzuschauen als wohlgefällig in der Hand. Wow, soviel Passform mit toller Klinge, handwerklich aus meiner Sicht mehr als gut gemacht. Und das für einen schmalen Geldbeutel. Ja, dem Fazit scheint vorausgegriffen.
Die Klinge ist scharf aus der Scheide heraus, der Klingenschliff verläuft wie erwartet sauber bis zum letzten Millimeter vor der Passung vorn. Das Loch mit dem YP Logo ist tiefer als erwartet, ein Schlund zum Fühlen tut sich auf.
Dieses Nebeneinander von schmaler Klingenbreite und dann die starken Konturen des Klingenrückes, das weckt in mir erneut das Feldmesser Gen, das Tuohipää ist kein dünnes Finnenmesserchen, es kommt schmal daher, ist real leicht in der Hand und zeigt doch eine starke Klinge, vom Anfang bis Ende ausgeformt von einem - meiner Meinung nach - Könner.
Ist die leichte Birkenrinde ein Widerspruch, der vom Hersteller Uniikkipuukot bewusst eingegangen wurde? Eher vermute ich pragmatische Beweggründen, die YP Schmiede produziert Fertigklingen, die Messermachen nehmen sie ab, die eingangs verlinkten Fotos zeigen andere, traditionelle Carbonstahl Klingen mit den bekannten Schmiedespuren. Diese hier verbaute Puuko Klinge ist fast hochglanzpoliert, das Schmiedezeichen irritiert, der Klingenrücken zeigt noch "Unfertigkeiten" der erwünschten Art. Auf einem Foto hatte ich den Klingenrücken mehrmals abgezogen über das Holz, es blieb noch etwas Dreck (Schleifstaub, Polierpaste) auf dem Holz hängen. Bringt das Daumenreiben im YP Logo Schmiedeglück? Solchen Aberglauben würde ich allzugern wahrwerden lassen.
Der Klingenrücken an der Passung ist ein Drittel der Gesamtbreite an dieser Stelle. Hinten fährt das Tuohipää wieder auf ein verkleinertes Maß der Passung vorne zusammen, ohne an Halt zu verlieren, durch die Griffmulden für die kleinen Finger.
Fazit
Für mich ein besonderes Messer, leichte Birkenrinde als Griffmaterial, 100 Gramm Gewicht [die Frage nach einem extrem leichten Messer trieb mich einmal bei einer Kaufberatung um, im Nachhinein realisierbar mit dünneren Klingen- wie Erlstärken als im vorliegenden Fall], für mich ein langer Griff, dazu die beachtliche Klingenstärke und knapp 10 cm Klingenlänge. Klein ist nur die Klingenhöhe, die übrigen Maße reichen an ein mittleres Outdoormesser heran, 22 cm Gesamtlänge, große Hände dürften sich dennoch schwer tun, wo die 9.3 cm Birkenrinde zwischen den eingearbeiteten Ringen vorn und hinten zum Greifen einlädt, wird sich nur eine mittlere Handbreite wohl fühlen.
Das Messing läuft an, die Gürtelaufhängung ist mit etwas dünnem Leder ausgeführt, die Passung der Klinge vorn am Griff ist unperfekt, insgesamt für einen noch zweistelligen Eurokaufpreis ein tolles Stück Handarbeit, die Klinge ist geschmiedet, die Scheide sitzt fest und ist stimmig, der Griff fehlerfrei, man erkennt bei visuellem Kontrollblick mit Gegenlicht Asymetrien am Griffbauch, aber nur mit aufgesetzter Brille im Mäkelmodus. Liegt gut in der linken wie der rechten Hand.
Ist die Klinge das Highlight? Für mich ist so eine eckige Gestaltung neu, zwar schon gesehen aber noch nie besessen und benutzt, in dieser Konsequenz bei 90% des Klingenrückens. Die Möglichkeit einer bequemen Daumenauflage bei mehr Druck beim Schneiden (ins Holz) gefällt mir, mein Daumen übergreift nur ~3 cm, die Fingermulde für den Zeigefinger hält die Hand unten am Griff, greife ich mit dem Zeigefinger auf die Passung, bin ich zu nah an der scharfen Klinge. Für den Rechtshänder und Fase nach links kann man mit dem Daumen in das Logo greifen und den Zeigefinger vorne 1-2 cm vor die Klingenspitze setzen, dafür ist noch viel Klingenstärke als Druckauflage vorhanden. In Summe, es sind verschiedene Haltegriffe möglich, der breite (Rhomboid) Klingenrücken unterstützt das, mit einem nur halb so starken Rücken kantet entweder der Stahl in die Finger oder man rutscht ab.
Die vielen Rundungen des Griffes können täuschen: die Messer Flucht von hinten nach vorne ist gerade, ausgezeichnet gefällt mir die gerade Linie vom Griffabschluß bis vorn über die Klingenober- und -unterseite. Die zulaufende Klingenspitze ab Klingenmitte wirkt edel, ist gefällig, beim Ablegen auf flachen Untergrund kein Kontakt der Klinge, verhindert Kratzer und versehentliche Schnitte.
Für mich passt fast alles. Die Scheide ... legt sich aufgrund der Aufhängung unten immer quer, abgelegt steht das gesteckte Messer steil und fällt ggf. ganz nach rechts. Draussen auf nassem Boden liegt somit nur eine Kante der Lederscheide auf (das ist gut), beim seitlich Wegrollen liegt der Griff unten (im Nassen, das ist schlecht). Ja, natürlich will dieses Messer an einen Gürtel, zumindest weg vom Boden. Am Gürtel kann man es locker einschieben ohne Druck, für das kurze Wegstecken, dann fällt das Ziehen leicht, fest gedrückt sitzt es zu bombig, mit einer Hand nur umständlich zu lösen. Der Messing Abschluß oben an der Scheide, wo man einen Gegenpunkt zum Ziehen benötigt, ist goldrichtig, so bleibt die Lederscheide an dieser Stelle in Form. Wäre nur ein rundes Band befestigt statt dem "Lederaufstand" unten, verlöre dieses Metallelement einiges an Festigkeit, so betrachtet eine positive Eigenschaft. Die Scheidenform unten verschenkt 4-5 cm, ist aber traditionell so gestaltet, kann man mögen, muss man mögen bei so einem Messer.
Übt man richtig Kraft von der Klingenspitze bis zum Griffende aus und erzeugt Beugung über die Länge, dann fehlt Festigkeit. Dies als Warnung an die hardcore/Mißbrauch Fraktion, trotz Klingenstärke ist diese Ausführung kein Hebelwunder, ins Holz gewuchtet dröselt man ggf. den Griff auf beim Versuch es mit Gewalt und kreisendem Druck. Das Tuohipää sucht Gewichtsvergleiche statt neue Drehmoment Rekorde. Einer von mir selbst eingeklebte Klinge mit Steckerl in Holz, ohne Stifte oder sonstige Metallbefestigungen, traue ich weit mehr als diesem Birkenrinden Schönling.
Ich mag es. Rundum. Eine effizientere Scheide würde ich begrüßen, als Zweitexemplar, kann man ja machen (lassen). In der original Ausführung ist das Tuohipää meiner Ansicht nach hoch sozial verträglich, ein Stahl gewordenes Stück Brauchtum, einfach aber ansehnliche Lederarbeiten mit etwas blitzendem Messing, ein warmer Griff, die kurze Klinge, die schönen Griffelemente. Die beim Schneiden dann unweigerlich spaltende Wirkung der schmalen, dicken Klinge fällt natürlich auf beim direkten Vergleich, doch an sich erfüllt es den zugedachten Zweck. Als Fahrten- bzw. Gürtelmesser, als Brotzeit- und Schnitzuniversalmesser, das auch tiefer ins Holz darf.
Tiefer ins Bewusstsein, so mag eine Botschaft an die Leser sein, es muss kein custom in der dreifachen Preisklasse sein, um Freude an Handarbeit zu entwickeln.
P.S. Meine Ersteindrücke hatte ich schon vor Wochen beim Erhalt geschrieben, heute mit etwas Abstand konnte das meiste stehen bleiben.