Universalmesser 1.2604 und Kamelknochen

Taperedtang

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Hallo,

heute stelle ich ein Universalmesser vor.



Folgende Aspekte waren mir wichtig:

Das Messer sollte vielseitig einsetzbar sein, Die Klinge sollte sehr zäh, schneidfreudig und sehr scharf ausschleifbar sein.

Zum Stahl:

Den 1.2604 verwende ich zum ersten Mal. Aufgrund seiner Zusammensetzung sollte er sehr zäh und durch den Wolfram Anteil auch schnitthaltig sein. Die Bearbeitung war weichgeglüht völlig unproblematisch. Gehärtet spürt man zwar den Wolframanteil im Stahl, trotzdem lässt er sich vergleichsweise gut finishen. Ein D2 ist da wesentlich schwieriger zu bearbeiten. Die Vorbereitung des Stahls war etwas aufwändig, da der Flachstahl 6,2 mm stark war und ich ihn auf 3 mm reduzieren musste. Zwischenzeitlich bietet Jürgen Schanz den 1.2604 in 3 mm Stärke an.



Zum Griff:

Giraffenknochen verwende ich auch zum ersten Mal. Die Bearbeitung ist nicht sehr schwierig, dennoch gibt es einige Punkte die man beachten sollte. Zum Bohren sollten scharfe Bohrer eingesetzt werden sonst kann es passieren, dass es zu Ausbrüchen an der Bohraustrittsseite kommt. Sollten die Löcher minimal zu klein sein, auf keinen Fall den Pin mit dem Hammer durchschlagen, sonst sind Ausbrüche garantiert. Dazu später mehr. Beim Schleifen unbedingt eine Staubschutzmaske tragen, der Knochenstaub ist stark gesundheitsgefährdend. Schleifpapier/-leinen sollte sauber sein und rechtzeitig gewechselt werden um keinen Schmutz in den Griff einzuarbeiten. Ansonsten ist die Bearbeitung unkompliziert, Giraffenknochen lässt sich auch sehr gut feilen und super polieren.



Zum Messerbau:

Die Klingenfertigung war zwar aufgrund der vorbereitenden Maßnahmen aufwändig, verlief aber unproblematisch. Anders war es bei der Griffmontage, die hat mich einige Nerven gekostet. Nach dem Bohren der Löcher für die Pins, waren diese minimal zu eng. Ich bin dann mit dem Bohrer nochmal durch die Bohrlöcher gefahren, dabei bin ich mit dem 4 mm Bohrer durch das mittlere, obere 3 mm Bohrloch gefahren und habe dieses somit auf 4 mm vergrößert. Ein 3 mm Pin hätte dort designtechnisch viel besser gepasst, das hatte sich mit der unkonzentrierten Aktion aber erledigt. Zusätzlich musste das 3 mm Loch in der bereits gehärteten Klinge auf 4 mm vergrößert werden. Wer glaubt, man kann ein 3 mm Loch in gehärtetem 1.2604 mit einem normalen Bohrer auf 4 mm aufbohren, der irrt! Nach zwei zerstörten Bohrern, kam Plan B dran. Da ich keinen Hartmetallbohrer zur Verfügung hatte, blieb mir nichts anderes übrig als mit einer kleinen Diamantrundfeile das Bohrloch auf 4 mm aufzufeilen. Das Unheil nahm aber noch weiter seinen Lauf. Das mittlere, obere Bohrloch der rechten Griffschale war minimal zu eng und wider besseren Wissens habe ich den Pin nur ganz leicht mit dem Hammer durch das Bohrloch getrieben, mit der Folge, dass kleine Knochenteile an der Bohreraustrittsseite abgeplatzt sind. Ich habe die Stelle zunächst mit eingefärbtem Epoxy repariert, habe mich aber dann entschlossen den Griff etwas dünner zu schleifen und so das Problem zu lösen. Ende gut alles gut (mit der kleinen optischen Einschränkung des größeren Pins).

Die beschädigte Griffschale:



Der Reparaturversuch:



Jetzt noch einige Bilder vom fertigen Messer:









Die technischen Daten:

Gesamtlänge: 22,2 cm

Klingenlänge: 10,3 cm davon 9,6 cm scharf (sehr scharf)

Klingenhöhe: max. 30 mm

Klingenstärke: max. 3,0 mm ballig auf Null geschliffen mit feiner Microfase (ca. 35°)

Schneidenstärke: 0,3 mm 1 mm hinter der Wate

Stahl: 1.2604 ca. 61° HRc durch Achim Wirtz wärmebehandelt

Griff: Kamelknochen mit 2 x 4 mm Messingpins und 1 x 8 mm Messinghülse befestigt

Griffstärke: max. 17 mm

Gewicht: 163 g



Viele Grüße

Matthias
 
Zuletzt bearbeitet:
Moin

Schick schick !
Ich hatte noch nie Kamelknochen in den Fingern . Ich denke das ist eher so'n optisches Ding , richtig ?
Den grünen finde ich persönlich noch " cooler "

Tolle Arbeit

Micha
 
Tolle Arbeit! Saubere Kanten und sehr schöner Griff vom Material und auch der Form - mit gefällt das schlanke ziemlich gut!

Und sehr scharf sicherlich ;)

Viele Grüße und danke fürs Zeigen,
Torsten
 
Hallo Matthias,

es macht jedesmal Freude und es ist ausgesprochen interessant, an der Entstehung Deiner Messer teilhaben zu können.
Deshalb Dank und vor allem Anerkennung, dass Du Dir die viele Arbeit machst, derartige Enstehungsberichte zu schreiben.
Das hier gezeigt Allroundmesser gefällt mir ausgesprochen gut. Der ballige Anschliff auf Null mit kleiner Microfase und die Form der Klinge
werden dafür sorgen, dass das Schneiden mit ihm ein wahrer Genuss wird.
Zum 1.2604 selbst habe ich noch nichts gelesen oder gehört. Da bin ich sehr gespannt, was Du über den Gebrauch im Alltag noch berichtest.

Schönes Wochenende, und nochmals Dank fürs Teilen!
carrot
 
Zuletzt bearbeitet:
carrot: editier doch mal den 'billigen Anschliff', bevor es zu spät ist :geek:

....bin auch gespannt, ob die 0,6 Wolfram so deutlich etwas ausmachen. Scharf sollte es wie Sau werden - tut der 1.2552 ja auch ;)
 
@scharfmann
Freut mich, dass Dir das Messer gefällt

@knifeaddict
Danke für dein Lob. Ich habe Kamelknochen hier auch zum ersten Mal verwendet, die Haptik ist in poliertem Zustand sehr angenehm. Man kann das schlecht beschreiben, man muss es einfach fühlen. ;) Und klar, natürlich ist das auch ein "optisches Ding" man mag es oder auch nicht. Die grünen "SureTouch" Griffschalen von meinem Sport- und Freizeitmesser kann man mit Kamelknochen nicht vergleichen, dazu ist das Material zu unterschiedlich.

@xtorsten
Danke Torsten, ja es ist höllisch scharf :teuflisch:, ich bekomme Gänsehaut wenn ich es in die Hand nehme. :D::
Eins ist sicher, der 1.2604 ist ein Stahl der zur Spitzengruppe bezüglich der erreichbaren Schärfe gehört. Bezüglich der Schnitthaltigkeit kann ich leider noch nichts sagen.

@carrot
Danke für deine Anerkennung und das Lob! Ich bin auch gespannt wie sich das Messer (der Stahl) in der Praxis schlägt. Da gibt es noch interessante Vergleiche die man durchführen könnte. Mein erster Eindruck ist auf jeden Fall ein sehr guter.

@Lokistorm
Vielen Dank!

Viele Grüße
Matthias
 
Hier mal noch das Datenblatt zum 1.2604.

Achim Wirtz beschreibt den Stahl wie folgt:
Wolframlegierter Werkzeugstahl, als zähharter, schnitthaltiger Stahl für große Klingen mit 0,7 % C / 0,5 % Cr / 0,3 % Mo / 0,6 % W / 0,2 % V
 
wieder einmal in gewohnt perfektionistischer Ausgestaltung ein tolles Messer mit einer mir inzwischen lieb gewordenen Klingenform.
Ich finde es gut, dass Du hier auch den Werdegang ausführlich beschreibst, mit allen Gefahren, die man einzuplanen hat. Die Reparatur ist Dir sehr gut gelungen, und das Messer ist eine wahre Pracht. Ich bin neugierig, wie sich das in der Praxis bewährt.
Mal wieder ein echter Teperedtang.
 
Danke Herbert, ich denke mir, dass diese Beschreibungen zum Werdegang eines Messers, zumindest teilweise, hilfreich sind. Ich freue mich immer, wenn hier ein Messer vorgestellt wird bei dem die Entstehungsgeschichte beschrieben wird. Leider werden hier nicht allzu viele Eigenbauten von Hobby Messermachern vorgestellt. Warum das so ist, kann ich mir nicht erklären. Ich würde mich freuen, wenn der Eine oder Andere den Mut aufbringen würde seine Werke zu zeigen. Bei so vielen Mitgliedern im Messerforum gibt es sicherlich mehr als eine handvoll talentierte Hobby Messermacher, die sich nicht scheuen müssten ihre Messer hier zu präsentieren.

Gruß
Matthias
 
Deine Messer haben meist eine klassisch-elegante Linie und dennoch "Gebrauchs-Charakter", ganz ohne martialisch zu wirken. Die Kombination aus Kamelknochen, schwarzen Linern und Messingpins gefällt mir hier insbesondere. Verarbeitung, Schliff und Finish wie üblich auf hohem Niveau.

Dein Output scheint wieder zu steigen!? Freut mich!
 
Zuletzt bearbeitet:
@natto
Ja, das Messer schneidet wirklich hervorragend. Ich muss jetzt nur noch testen, ob der Stahl diese Geometrie auch verkraftet. So wie er beschrieben wird, sollte das aber kein Problem sein.

@Bukowski
Ich habe jetzt noch 2 fertig wärmebehandelte Klingen, die noch mit einem Griff und eines auch mit Backen fertig gebaut werden müssen. Danach wird es wieder dauern bis neue Projekte umgestzt werden. Aber langweilig wird es mir nicht, ich habe noch jede Menge Ideen die ich umsetzen möchte. :D::

Grüße
Matthias
 
Ahoi Matthias,
danke für den aufschlussreichen W.I.P.
Das Resultat kann sich sehen lassen - voll mein Ding🤩

Encore une fois
Excalibur
 
Und jetzt kann ich richtig mitreden- Matthias hat mir zwei Messer zum Test geschickt- das 🐪 durfte gleich mit auf die Hunderunde am Grunewaldsee.
Ich bin ziemlich beeindruckt……Pardon beim letzten Bild fehlt ein Stückchen
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Ja, Kamelknochen ist ein tolles Material! Es sieht gut aus, ist dauerhaft und lässt sich auch noch prima bearbeiten.

Gruß
Matthias
 
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