Verschiedene Fragen zum Härten

Windkind

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Die Suchfunktion habe ich schon benutzt und auch eine Menge gelesen. Für Links bin immer dankbar. Da erinnert sich mancher vielleicht an einen Thread, der mit der Sufu nicht so leicht zu entdecken ist.

Bevor ich mich in Unkosten stürze, will ich wissen, ob das überhaupt was taugt.
1. Kann man mit einer Hartlötlampe härten. Arbeitstemperatur bis 875°. Mit dem Schweißbrenner geht es anscheinend, aber hat so eine Butanpatronenlampe/Pistole genug Power, um ein Messer 800° heiß zu bekommen. Bis 10-12cm könnte ich mir vorstellen, dass es klappt. Aber klappt es auch daüber? Wie geht man vor? Flamme zeigt senkrecht nach oben in Richtung der aufsteigenden Wärme - man hält das hintere Ende der Schneide in die Flamme, sodaß die Schneide von beiden Seiten Wärme abkriegt. Flamme nicht gegen die Flanken halten. Um die Temperaturunterschiede wegen der Längenausdehnung nicht so groß werden zu lassen muss wahrscheinlich auch der Rücken mit erwärmt werden. Er muss sich aber nicht unbedingt in Austenit umwandeln. Ist die Schneide heiß genug (Magnetest, Glühfarben) ins vorgewärmte ÖL. Von den Temperaturausdehnungen, wäre das wahrscheinlich sogar gut. Die Schneide kühlt im Öl, wegen ihrer geringeren Dicke schneller ab, ist aber heißer. Der Rücken wäre kühler, kühlt aber langsamer ab, sodass es sich ausgleicht. Schlecht wäre es aber bei der Martensitbildung der Schneide die im Rücken nicht stattfinden würde, wenn dieser nicht auf 800° erwärmt wird. Wieviele Messer muss ich voraussichtlich verdaddeln bis mit dieser Methode das erste etwas wird?

2. kann man einfache Kohlenstoffstähle (C75,1.2842) auch mit Druckluft bzw. Gebläse härten. Im Fernsehen habe ich das mal bei einem Messermacher gesehen. Der hat das Messer über einen Gitterrost gehalten aus dem ein Luftstrom kam. Ich könnte mir vorstellen, dass das ein milderes d.h. verzugsärmeres Abschrecken ist. Oder braucht es dafür unbedingt lufthärtende Stähle. Oder wird es nicht richtig hart mit Luft? Ich denke auch dass der Luftstrom sehr gleichmäßig sein muss, um ungleichmäßige Abkühlung zu verhindern. Der Vorteil liegt ja auf der Hand kein Öl kein Ölgestank. Bloß die Anschaffungskosten fürs Gebläse (z.B. gebrauchter Laubbläser) .

3. Hat schon mal jemand versucht ein Drittel der Klinge von der Schneide her in einen dünnen Lehmmantel zu packen ca. 1mm auf beiden Seiten. Damit die Schneide nicht so schnell im Öl abkühlt gegenüber dem Rücken und dadurch der Verzug geringer ausfällt. Der Mantel darf natürlich nicht so dick sein, dass die Schneide nicht härtet.
 
zu 1.) Kauf dir einen Dachdeckerbrenner und ein paar Ytong Steine oder pimpe deinen Holzkohlengrill mit einem Gebläse. Mit einer Lötlampe wird das nichts.
zu 2.) 1 kg Frittenfett und eine alte Kastenbackform hört sich zwar nicht so cool an wir ein Hochleistungsgebläse, ist jedoch deutlich geeigneter. Das Gebläse kannst du ja in den Grill einbauen... ;) :hehe:
zu 3.) :confused: Normalerweise (wenn überhaupt) kommt der Klingenrücken in den Lehmmantel, zur selektiven Härtung / Erzeugung einer Härtelinie (dachte ich jedenfalls immer)
 
Es gibt auch Leute ohne Garten und ich bin einer davon. Dass es mit Grill geht, hab ich hier ja schon gelesen.
Kauf dir einen Dachdeckerbrenner und ein paar Ytong Steine
und was mach ich damit? Soll ich mir nen Ofen bauen oder was meinst du.
1 kg Frittenfett und eine alte Kastenbackform hört sich zwar nicht so cool an wir ein Hochleistungsgebläse, ist jedoch deutlich geeigneter.
Es geht nicht um coolness, sondern um warp preventing sozusagen.
Normalerweise (wenn überhaupt) kommt der Klingenrücken in den Lehmmantel, zur selektiven Härtung / Erzeugung einer Härtelinie
Auch darauf wäre ich selbst gekommen, wenn es mir um selektive Härtung ginge. Darum geht es mir aber nicht, sondern um einen Ausgleich der Klingendicke und dadurch um eine Verminderung des Verzugs. Die Klinge soll gleichmäßiger abkühlen durch den Lehmmantel an der Schneide.
 
...und was mach ich damit? Soll ich mir nen Ofen bauen oder was meinst du.
Ja, eine einfache Gasesse oder einen Ofen.
...Es gibt auch Leute ohne Garten und ich bin einer davon...
Sorry, da hab ich nicht richtig gelesen, nur zum Härten würde ich mir keinen Laubbläser anschaffen.
Man kann natürlich auch härten lassen (Jürgen Schanz, S. Steigerwald usw.)
Zum Härten in der Zweizimmerwohnung oder auf dem Balkon :staun: fällt mir außer den Minimax Witzen leider nichts ein...
Es geht nicht um coolness, sondern um warp preventing sozusagen.
"Wie bitte,... :confused: ach so Vermeidung von Härteverzug.
Ursache 1: Spannungen durch schleifen, fräsen oder was auch immer im Werkstück => Spannungsarmglühen, Normalisieren oder richten
Ursache 2: Unsymetrisches Werkstück in Dickenrichtung...
Ursache 3: Ungleichmäßige Abkühlung beim Härten. => :rolleyes: Nicht schräg in den Luftzug halten (was gar nicht einfach ist) oder einfach grade ins Öl tauchen.
(Ich hab bestimmt noch was vergessen auf die schnelle)
Auch darauf wäre ich selbst gekommen, wenn es mir um selektive Härtung ginge. Darum geht es mir aber nicht, sondern um einen Ausgleich der Klingendicke und dadurch um eine Verminderung des Verzugs. Die Klinge soll gleichmäßiger abkühlen durch den Lehmmantel an der Schneide.
Tja, selektive Härtung vereinfacht zumindest das Richten nach dem Härten... (Dafür benötigt man jedoch nicht zwangsweise einen Lehmmantel.)
und 1.2842 ist eigentlich ein Ölhärter, ob man ihn (wenn überhaupt nur aufgrund des dünnen Querschnittes) mit bewegter Luft ausreichend hart bekommt wage ich zu bezweifeln.
 
Zuletzt bearbeitet:
1.2842 geht bis 3mm mit Druckluft problemlos - habe ich schon gemacht. Frittenfett ist aber stressfreier (und billiger)

Herzliche Grüße,
Jost
 
@uuups:
"nur zum Härten würde ich mir keinen Laubbläser anschaffen."
Warum nicht? Lieber einen Fön oder Kompressor?

"Man kann natürlich auch härten lassen"
Man kann Messer auch kaufen. Man kann auch auf Messer verzichten und zu Mc Donalds gehen oder kochen lassen. Was sind minimax Witze?

"ach so Vermeidung von Härteverzug."
Genau! Ursache 3 trifft doch immer zu. Rücken kühlt schneller ab als Schneide. Und damit das nicht so schnell geht (Temperaturunterschiede=Längenunterschiede, Unterschiedliche Zeitpunkte der Martensitbildung=Längenunterschiede) - Luft.

"und 1.2842 ist eigentlich ein Ölhärter,"
Weiß ich - steht im Datenblatt und auch hier im Forum. Gerfin sagte aber mal, dass es auch mit Druckluft geht.

"Tja, selektive Härtung vereinfacht zumindest das Richten nach dem Härten... "
Ok, gut zu wissen. Aber nochmal - ich will mit dem Lehmmantel nicht selektiv härten, ich will Verzug vermeiden durch gleichmäßigeres Abkühlen.

@JostS:
"1.2842 geht bis 3mm mit Druckluft problemlos - habe ich schon gemacht."
Erzähl. Wie genau? Mit ner Druckluftpistole gegen den Rücken oder in 20cm Abstand gegen die Schneide? War es dann genauso hart wie mit Öl?

Frittenfett ist aber stressfreier (und billiger)
Warum stressfreier? Weil es oft nicht klappt?
 
@uuups: Warum nicht? Lieber einen Fön oder Kompressor?
Kompressor (Wobei Laubpuster mit Reduzierung im Winter bei -10°C müsste man auch mal versuchen... :cool: :irre: )

Man kann Messer auch kaufen. Man kann auch auf Messer verzichten und zu Mc Donalds gehen oder kochen lassen. Was sind minimax Witze?
Ja, nein, ja, ja, ... ist großer Mist, wenn du nicht zu Hause bist. usw. ;)
Genau! Ursache 3 trifft doch immer zu. Rücken kühlt schneller ab als Schneide. Und damit das nicht so schnell geht (Temperaturunterschiede=Längenunterschiede, Unterschiedliche Zeitpunkte der Martensitbildung=Längenunterschiede) - Luft.
Ja und? Problematisch ist doch normalerweise nur der Verzug in Dickenrichtung :confused:
...Gerfin sagte aber mal, dass es auch mit Druckluft geht.
o.k. dann sollte es gehen.
ich will Verzug vermeiden durch gleichmäßigeres Abkühlen.
Hab ich verstanden, aber in erster Linie willst du das Messer doch härten oder?
Ich weiß nicht wie dir Schamott oder Lehm helfen soll Verzug zu verhindern. Die Gefahr die kritische Abkühlgeschwindigkeit nicht zu erreichen wäre mir zu groß.
Die Beiträge mit den Problemen bei der Erzeugung einer Hamon kennst du doch. :confused:
Warum stressfreier? Weil es oft nicht klappt?
:confused::confused: Vieleicht sagst du uns mal wie du es beim letzten mal versucht hast und was dann passiert ist.
 
Du musst beim Härtevorgang im wesentliche 2 Abschnitte unterscheiden:
1.: Abkühlen von HT (830°C) bis Ms (Martensit start) bei 230°C
2.: Abkühlen von Ms bis zur vollständigen Umwandlung des Austenits irgendwo bei - 70°C

Im ersten Abschnitt kühlt der Rücken nicht so schnell ab = wärmer = "größer" als der Schneidenbereich.
Im zweiten Abschnitt wird der Bereich, der zuerst in Martensit umgewandelt wird wachsen, weil die Gefügeumwandlung
eine Vergrößerung bewirkt.

Es gibt da irgendwo ein Youtubefilmchen, wo jemand eine Katana-Klinge in einem Aquarium abschreckt.
Die Klinge biegt sich erst krass Richtung Schneide um sich dann langsam in die entgegengesetzte Richtung zu verformen!

Erste Konsequenz: ich kühle immer Rücken voran (wenn die Klinge nicht zu lang ist) in heißem Öl (idealerweise 230°C)
und lass sie da entspannen (5 Minuten oder so).
Das funktioniert, da ich zum Umgehen der Perlitnase beim 1.2842 ca. 1 Minute Zeit habe um von 830°C auf 230°C zu kommen
(deswegen funktioniert auch die Druckluftpistole bei dünnen Querschnitten).

Zweite Konsequenz: ich spanne dann die Klinge zwischen Aluplatten in den Schraubstock - hier hat eher der Bereich zum Klingenrücken Kontakt mit den Platten und sorgt für eine Streckung der Klinge im Schneidenbereich - Geschwindigkeit spielt hierbei keine Rolle mehr!

Wenn die Klinge dann Zimmertemperatur hat (um 10 Minuten +/-), darf sie im Anlassbad (Öl) entspannen.
Da hierbei der Restaustenit umwandlungsfreudiger wird, wiederholt man den Vorgang noch einmal. Einspannen musste ich da aber noch nie.

Das Problem mit der Pressluftpistole ist, dass die Temperaturverteilung schwer gleichmäßig zu bekommen ist und wenn man etwas schräg bläst,
biegt sich die Klinge krass zur Seite … sie wird aber genau so hart wie in Öl - wie gesagt bis 3 mm. Und es entsteht mehr Zunder, weil die Oberfläche mehr Sauerstoff ausgesetzt ist.

Und noch ein Tip: vergiss die nackte Brennerflamme! Mit einer Brennerflamme eine Klinge gleichmäßig auf eine exakte Temperatur zu bringen und dabei noch möglichst die Oberfläche vor Sauerstoff abzuschirmen wird nicht einfach!
Da ist der Rat mit den Ytongsteinen kein schlechter: Strahlungshitze ist einfacher zu kontrollieren.

Viel Erfolg,
Jost

Ach so Frittenfett: weils funktioniert und weil die kalte Backform besser zu händeln ist als 3 Liter Öl.
 
Zuletzt bearbeitet:
Guter Witz, Jost, das mit den Aluplatten und den 10 Minuten. Zwischen Aluplatten hat die Klinge nach 3 Sekunden Zimmertemperatur. Deshalb kann man dazwischen, richtig gemacht, sogar Wasserhärter härten.
 
"Ich weiß nicht wie dir Schamott oder Lehm helfen soll Verzug zu verhindern."
Er isoliert die dünne Schneide vom Kühlmittel und er schafft künstlich "Dicke" wo die Schneide dünn ist, denn der Lehm muss ja auch erstmal gekühlt werden, bevor der Stahl kalt wird.

" Die Gefahr die kritische Abkühlgeschwindigkeit nicht zu erreichen wäre mir zu groß."
Ist ja eine Frage der Dicke des Lehmmantels. Ich hätte eher Bedenken, dass man den Mantel dünn und rissfrei nicht hinkriegt.

"Es gibt da irgendwo ein Youtubefilmchen, wo jemand eine Katana-Klinge in einem Aquarium abschreckt."
Der Link in dem entsprechenden Thread funktioniert nicht mehr. Ich hab's nicht gefunden auf youtube. Hätte ich auch gerne gesehen.

"Erste Konsequenz: ich kühle immer Rücken voran"
Ja, so hab ich das auch gelesen.
"(wenn die Klinge nicht zu lang ist) in heißem Öl (idealerweise 230°C)"
Soviel ich weiß geht die Abkühlung schneller, wenn das Öl heißer ist. Hat das den selben Effekt wie Salzbadhärtung? Nämlich dass die thermischen Spannungen von den Umwandlungsspannungen getrennt werden. Wenn Martensitumwandlung bei 230° beginnt (bei 1.2842 laut Datenblatt genau bei 200°), dann eilt die Schneide in der Abkühlung weniger voran, weil die Abkühlung kleiner Temperaturdifferenzen langsamer geht. Im Prinzip beginnt die Martensitbildung bei dir erst, wenn die Klinge in den Alubacken sitzt. Der Sinn ist wohl, dass durch die Kühlwirkung der Aluplatten, die Martensitbildung im Rücken schneller geht und dadurch der Rücken der Schneide in der Martensitbildung vorauseilt. Wenn das der Grund ist könnte man theoretisch die Klinge auch in ein 1cm hohes Wasserbad tauchen, sodass die Wärme nach unten aus der Schneide fließt.

"- hier hat eher der Bereich zum Klingenrücken Kontakt mit den Platten und sorgt für eine Streckung der Klinge im Schneidenbereich "
Hab ich das richtig verstanden: Der Schneidenbereich streckt sich, weil sich der Rücken streckt, weil dort wegen der Alubacken zuerst die Martensitbildung beginnt?

"Das Problem mit der Pressluftpistole ist, dass die Temperaturverteilung schwer gleichmäßig zu bekommen ist und wenn man etwas schräg bläst,"
Ja. Das hab ich mir auch schon überlegt, wie man da einen großflächigen gleichmäßigen Strahl hinkriegt. Deswegen ist vielleicht der Laubpuster doch nicht so verkehrt, weil er einen dicken Strahl erzeugt.

"Mit einer Brennerflamme eine Klinge gleichmäßig auf eine exakte Temperatur zu bringen und dabei noch möglichst die Oberfläche vor Sauerstoff abzuschirmen wird nicht einfach!"
Sehe ich ein. Ich könnte mir vorstellen, dass man zig Klingen ruiniert, bevor man einigermaßen brauchbare Ergebnisse produziert.

"Da ist der Rat mit den Ytongsteinen kein schlechter: Strahlungshitze ist einfacher zu kontrollieren."
Ok. Also ein Ofen.
 
Hi Achim -
die Temperaturkurve hab ich noch nie gemessen - wenn die Quetten auf der ganzen Fläche aufliegen kann das mit ein paar Sekunden gut hinkommen -

auf die Geschwindigkeit kommt es mir aber gar nicht an, weil ich - wenn ich eine Hand voll Klingen härte - einen Prozessablauf habe, der sich an der Aufwärm- und Haltezeit der Klingen im Ofen orientiert - eine Klinge wird abgeschreckt, die nächste in den Ofen gestellt, die dritte dann aus dem Öl genommen und zwischen die Platten gespannt ...
Damit habe ich so ∏ x Daumen einen 8 - 10 Minuten Rhythmus ;)

@ Windkind
der Link zum Filmchen:

https://www.youtube.com/watch?v=HOTKVLZlM8Q

Der Schneidenbereich streckt sich, weil sich der Rücken streckt
So ähnlich ... ich würde das so ausdrücken: der Schneidenbereich gerät unter Zugspannung, weil sich der Rücken bereits ausdehnt.

Ich habe schon dünne Klingen gesehen, bei denen der Schneidenbereich nach dem Härten gewellt war wie ein Plissee-Rock.
Da war der Schneidenbereich wohl offensichtlich unter Druckspannung.

Das mit dem Wasserbad müsstest Du mal ausprobieren - ich könnte mir vorstellen, dass die Aluplatten die Wärme schneller abführen als verdampfendes Wasser - und falls Verzug da war (Spannungen vom Zerspanen …) wird der zwischen den Aluplatten automatisch gerichtet -
im Wasser nicht. Da sehe ich keine Vorteile.

LG,
Jost
 
Zuletzt bearbeitet:
Schon klar. Ich wollte nur auf diesem Wege darauf hinweisen, dass es neben Wasser, Öl und Luft durchaus noch andere brauchbare Medien gibt. Wie die Platten. Oder Polymere. Zudem ist Öl noch lange nicht gleich Öl.
 
Danke für den Link. Wirklich beeindruckend.
der Schneidenbereich gerät unter Zugspannung, weil sich der Rücken bereits ausdehnt.
So war's gemeint.

Ich habe schon dünne Klingen gesehen, bei denen der Schneidenbereich nach dem Härten gewellt war wie ein Plissee-Rock
Da streckt sich die Schneide vor dem Rücken, beult aus und wird hart. Wenn sich dann der Rücken ausdehnt, krümmt er die Schneide konkav und verstärkt die Wellen/Beulen noch.

und falls Verzug da war (Spannungen vom Zerspanen …) wird der zwischen den Aluplatten automatisch gerichtet -
Ja, das ist ein Argument. Ich denke, dass beim Verzug relativ kleine Kräfte in die eine oder andere Richtung Verzug bewirken, der nach der vollständigen Martensitbildung sozusagen eingefroren wird.
In den Alubacken steht diesen Kräften die Einspannkraft der Backen gegenüber, sodaß die Kräfte, die normalerweise zu Verzug führen sich nicht auswirken können. Nach der Martensitbildung, ist dann diese Gegenkraft durch den Schraubstock nicht mehr nötig.
 
Noch eine Frage zu den Aluplatten. Spannst du das Messer absichtlich halb ein, damit die Schneide oben rausschaut? Oder gehst du davon aus, dass der Rücken stärker gekühlt wird, weil der Schraubstock größeren Druck auf den dickeren Rücken ausübt?
 
Ich päpp die Aluplatten mit Doppelklebeband an die Backen vom Schmiedeschraubstock (… ich weiß - handwerklich sauber ist was anderes), steck die komplette Klinge dazwischen und dreh mäßig zu. Dabei legen sich die Platten einigermaßen an die Klingenform - am Rücken mehr als an der Schneide.
Der Rest vom Erl der rausschaut wird auch schnell genug kalt.
Mach einfach mal!
Jost
 
Geht wahrscheinlich auch mit Schraubzwingen und den Platten. Erstmal brauch ich einen Ofen.
Jetzt weiß ich wie es funktionieren kann. Das heißt ich habe einen Plan. Danke.
 
Hallo, schwieriges Unterfangen, diese Härtung.
Die gewellte Schneide erkläre ich mir so: die Schneide wurde zum Klingenrücken verhältnismäßig dünn ausgeschliffen und sie ist auch nicht gerade sondern macht einen schönen konvexen Bogen, wenn sich jetzt der Martensiet bildet, dann dehnt sich die Schneide stärker aus als der Rücken und sie schaft es nicht den Rücken mithochzudrücken, also wellt sie sich.
Beim Abschrecken im Öl ist die Öltemp. nicht sehr entscheidend für die Abschreckwirkung, stärker wirkt es sich aus ob die Klinge nur eingetaucht wird, oder ob man die Klinge heftig bewegt, aber auch damit kommt man nicht an die Abschreckwirkung von Salzwasser.
Das mit dem Katana erkläre ich mir so: beim eintauchen ins Wasser zieht sich die dünne Schneide, die zudem nicht wie der Klingenrücken mit Lehm abgedeckt ist, schneller zusammen und die Klinge zieht sich konkav zur Schneide hin. Sobald die Martensietbildung an der Schneide einsetzt krümmt sich die Klinge von der Schneide konvex. Der Klingerücken bildet bedingt durch den Lehmmantel und die Geometrie keinen Martensiet.
 
, wenn sich jetzt der Martensiet bildet, dann dehnt sich die Schneide stärker aus als der Rücken und sie schafft es nicht den Rücken mit hochzudrücken, also wellt sie sich.
Das erklärt warum die Wellen bei hohen Klingen schneller auftreten. Das wirkt wie ein Träger, der sich desto weniger biegt je höher er ist. Die Martensitbildung der Schneide ist aber nur die Hälfte der Erklärung, denn der Rücken bildet ja auch irgendwann Martensit und warum zieht der die Schneide dann nicht wieder gerade? Weil eben der Martensit in der Schneide nicht mehr nachgibt. Ich stell mir das so vor wie ein Bogen mit starrer Sehne. Der Bogen wird wegen der Martensitbildung länger, die Sehne hat schon Martensit gebildet und gibt nicht mehr nach. Also krümmt sich der Rücken konvex.

stärker wirkt es sich aus ob die Klinge nur eingetaucht wird, oder ob man die Klinge heftig bewegt,
Wenn man die Klinge immer bewegt müsste sich auch die Öltemperatur auswirken, speziell bei dünnen Klingen, die eh nicht so wahnsinnig viel Wärme gespeichert haben.
 
Hallo, eine erhöhte Öltemp. hat eine stärkere Abschreckwirkung, aber man kann die Abschreckwirkung mehr steigern durch das Bewegen der Klinge.
Bei der welligkeit musst Du Dir auch vor augen halten, dass die Schneide länger ist als der Rücken. Wenn sich Jetzt beide im gleichen Verhälltnis ausdehnen, dann bekommt die Schneide halt so ihre Probleme und das merkt man um so besser je dünner, im Verhältnis zum Kllingenrücken, sie vor dem Härten ausgeschliffen wurde. Das wirkt sich dann bei hohen Küchenmesserklingen die einen kleinen Anschliffwinkel haben um so stärker aus.
 
Aber man bewegt doch sowieso immer - hab ich gedacht. Oder meinst du man kann oder sollte die Abschreckwirkung kontrollieren durch die Häufigkeit der Bewegung.
Außerdem geht es bei Josts Methode bei 230° gar nicht um starke Abschreckwirkung, sondern darum zu kontrollieren, wann die Martensitbildung beginnt. Nämlich dann, wenn die Klinge sich zwischen den Platten befindet.

Die Länge der Schneide ist wahrscheinlich nicht so entscheidend. Erstens gibt es relativ wenige Messerformen, die eine längere Schneide als Rücken besitzen. Rückenspitz fiele mir ein. Aber Rückenspitz Messer haben keine große Klingenhöhe. Außerdem beträgt die Differenz zwischen Schneide und Rücken vielleicht ein paar Millimeter und diese Differenz wächst dann bei der Martensitbildung um 1,5% Längenausdehnung, also bei 5mm Differenz um 0,075 mm. Das ist recht wenig und fällt bei den massiven unterschiedlichen Längenänderungen durch Temperatur und Martensitbildung in Schneide und Rücken, wegen unterschiedlicher Abkühlgeschwindigkeiten, kaum ins Gewicht.

Das wirkt sich dann bei hohen Küchenmesserklingen die einen kleinen Anschliffwinkel haben um so stärker aus.
Verschiedene ungünstige Faktoren dürften zusammenkommen. Die Temperaturdifferenzen zwischen Schneide und Rücken sind größer. Ein Wärmeausgleich von Rücken zu Schneide hat einen längeren Weg zurückzulegen. Der Winkel zwischen den Klingenflanken ist kleiner. Die Dicke der Klinge nimmt dadurch nicht so schnell zu. Und die dünne Schneide ist wegen der Höhe der Klinge nicht in der Lage den Rücken zu biegen, daher weicht sie aus.
 
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