Verschiedene Schliffformen: Vor-/Nachteile?

Gin Tonic

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Hallo zusammen,

treibe mich schon ein Weilchen lesender weise hier bei euch im Forum herum. Das hat meinen Horizont erweitert und zu meiner persönlichen Weiterentwicklung beigetragen (hätte ich vorher jeden, der sich ein nicht rostfreies Messer kauft, für bekloppt erklärt, bin ich inzwischen selbst stolzer Besitzer eines solchen). Außerdem ist es kurzweilig und nicht selten auch amüsant. (Nur meine Frau macht sich zunehmend Sorgen, dass ich jeden Abend vor dem Bildschirm hänge und Messer anglotze! :teuflisch)

Aber da Halbwissen nun mal so eine Sache ist, muss ich jetzt mal einige konkrete Fragen loswerden. Mal schauen, ob ich das richtig verstanden habe:

Zunächst kann man die Klingen in einseitig und beidseitig geschliffene einteilen.

Bei einseitig geschliffenen handelt es sich i.d.R. um klassische japanische Spezialmesser, die auch eine spezielle Schneidtechnik erfordern. Deshalb lasse ich die mal außen vor (so weit bin ich noch nicht).

Der beidseitige Schliff ist typisch europäisch aber auch viele japanische Messer sind so geschliffen.

Wobei die japanischen Messer dünner bzw. eher V-förmig geschliffen sind, während die europäischen eher ballig bzw. eher U-förmig geschliffen sind.

Beides hat Vor- und Nachteile:

V-Form: schärfer aber empfindlicher

U-Form: weniger scharf aber unempfindlicher und eventuell bessere Schnittgutfreisetzung

Kann man das so sagen?

V-förmige Klingen wiederum kann man in symetrisch und asymetrisch geschliffene unterteilen. Letztere werden häufig als "für Rechtshänder optimiert" bezeichnet.
Was genau sind denn nun die Vor- bzw. Nachteile der asymetrisch geschliffenen Klingen? Das ist mir bisher nicht klar geworden.

Zu guterletzt gibt es noch den Schliff mit der sog. "Microphase". Dieser ist oftmals sinnvoll bei besonders dünn geschliffenen und sehr harten Klingen, sog. "Lasern". Er reduziert zwar die Schärfe, erhöht aber die Stabilität. Richtig?

Ist schon recht kompliziert. Habe ich bei meiner natürlich sehr laienhaften und verkürzten Zusammenfassung irgendeinen wesentlichen Aspekt vergessen?

Freue mich auf eure Antworten und Hinweise!
 
Servus,

V-förmige Klingen wiederum kann man in symetrisch und asymetrisch geschliffene unterteilen. Letztere werden häufig als "für Rechtshänder optimiert" bezeichnet.
Was genau sind denn nun die Vor- bzw. Nachteile der asymetrisch geschliffenen Klingen? Das ist mir bisher nicht klar geworden.

Hier wird dir geholfen!

Zu guterletzt gibt es noch den Schliff mit der sog. "Microphase". Dieser ist oftmals sinnvoll bei besonders dünn geschliffenen und sehr harten Klingen, sog. "Lasern". Er reduziert zwar die Schärfe, erhöht aber die Stabilität. Richtig?

Bei sehr feinen, an die Grenze zur Stabilität ausgeschliffenen Klingen ist beides, wenn es wirklich eine Mikrofase ist, eher theoretischer Natur! Nehmen wir an eine Klinge ist leicht konvex auf Null ausgeschliffen und 1mm über der Wate (Schneidenkante) nur 0,10mm dick, 1cm über der Wate 0,70mm und der Rest der Klinge verläuft bis zum Klingenrücken ohne gravierenden Nachteil, dann schneidet dieses Messer fantastisch. Die Frage ist nur wie lange das klappt, ohne Schäden an der Schneide bzw. wie vorsichtig muss so eine Schneide behandelt werden und wie Pflegeintensiv gestaltet sich solch ein Schneidvergnügen?

Eine Schneidfase ist ja praktisch nicht vorhanden und die Wandstärke hinter der Wate ist zu gering um die Schneide dauerhaft zu stabilisieren. Solch eine Klinge ist eine Diva und tatsächlich im Alltag nur sehr eingeschränkt brauchbar.

Um so einer feinen Klinge etwas mehr Stabilität zu verleihen kann man die Schneide etwas zurückschleifen, erreicht dadurch etwas mehr Substanz hinter der Wate und kann dann einseitig eine feine Fase anschleifen die man gerade noch mit freiem Auge sehen kann. Jetzt ist die vormals hochgradig empfindliche Schneide nur mehr empfindlich! :D

Einen wirklich nachweisbaren Verlust an Schneidfähigkeit habe ich nach so einer Maßnahme noch nie bemerkt, eingebildet hab ich mir das aber sicher schon mal! :steirer: Das ist also alles eher theoretischer Natur, so wie die Verbesserung der Stabilität auch nur marginal ist.

Diese vielbeschworene Ausgewogenheit zwischen verdammt guter Schneidfähigkeit bei gleichzeitig alltagstauglicher Schneidkantenstabilität ist sehr schwierig hinzubekommen.

Lies mal hier nach wie kontrovers das gesehen und verstanden wird! ;)

Gruß, güNef
 
Hallo güNef,

besten Dank für deine Hinweise!

So wie ich's verstehe, wäre ein asymmetrischer Schliff dann eher für ein typisches Gemüsemesser (z.B. ein Nakiri) geeignet?

Hintergrund meiner Frage ist mein kürzlich erworbenes Petty, das ganz offensichtlich einen asymmetrischen Schliff hat (leider ohne dass das auf der Händler-Seite vermerkt ist). Die Schärfe bzw. Schneidfreudigkeit ist leider nicht so berauschend. So ein Messer ist ja allein von der Größe her eher zum Schälen bzw. freihandkreuzundquerschnippeln geeignet als zum Kleinschneiden größerer Mengen von Gemüse.

Da ich es sowieso schleifen wollte, bin ich am überlegen, ob es Sinn macht zu versuchen, einen symmetrischen Schliff hinzubekommen? Was für mich als absoluten Schleifanfänger natürlich eine echte Herausforderung ist...:rolleyes:
 
Hi Gin Tonic,

Bei einseitig geschliffenen Messern mit leichtem Hohlschliff auf der "geraden" Seite erschließt sich mir der Mehrwert ja noch, traditionelle japanische Schneidtechniken, "Luftpolster" auf der Hohlseite etc.. Asymmetrische Schliffe haben sicherlich auch ihre Daseinsberechtigungen, welche dies sind entzieht sich aber leider meinen rudimentären Kenntnissen (vermute Schneidkantenstabilität?). Dennoch glaube ich kaum dass in deinem Fall der asymmetrische Schliff für die schlechtere Schnittleistung verantwortlich ist! Kann es sein dass die Klinge zu schnell zu dick wird, oder die Schneide einfach nicht gut geschlossen ist?!

Wenn du den asymmetrischen Schliff in Zukunft gegen 50/50 bekommen möchtest, musst du einfach nur wie bei einer symmetrischen Schneide schleifen, das nähert sich dann mit der Zeit immer mehr einem 50/50 Schliff an. Wenn du aber bspw. 70/30 reproduzieren möchtest, schleife auf der 70%-Seite eben einfach entsprechend mehr.

Wenn du mit dem Messer allerdings sowieso lieber freihändig kreuz und quer, auch gegen den Daumen, schneidest, ist es vielleicht sogar besser wenn es nicht allzu scharf ist.

Viele Grüße
Philipp
 
Hallo Philipp,

Wenn du mit dem Messer allerdings sowieso lieber freihändig kreuz und quer, auch gegen den Daumen, schneidest, ist es vielleicht sogar besser wenn es nicht allzu scharf ist.

Philipp

da magst du wohl recht haben...Na gut, dann lassen wir das erst mal mit dem Schleifen...

Also theoretisch habe ich den Unterschied zwischen 70/30- vs. 50/50-Schliff soweit kapiert.

Stellt sich mir aber immer noch die Frage, welches der für ein klassisches Kochmesser (was ja auf jeden Fall Allround-Qualitäten haben sollte) geeignetere Anschliff ist? Ich schätze mal, dass bei ca. 90% der Messervorstellungen hier im Forum die Symmetrie bzw. Asymmetrie des Schliffs gar nicht erwähnt wird. Bedeutet das, dass diese Messer dann automatisch symmetrisch sind? Oder, dass der Unterschied zwischen 50/50 und 70/30 in der Praxis so gering ist, dass eigentlich vernachlässigbar?
:confused:
 
Oder, dass der Unterschied zwischen 50/50 und 70/30 in der Praxis so gering ist, dass eigentlich vernachlässigbar?
:confused:

... Meiner Meinung nach ja! An den minimalen Unterschied, wenn man ihn denn überhaupt bemerkt, gewöhnt man sich innerhalb von 1-2 Minuten.

Ein 30/70-Anschliff schmälert mMn die Allround-Fähigkeit eines Messers überhaupt nicht, jedenfalls in der Anwendung nicht. Beim Kauf allerdings ist zu beachten auf welcher Seite der Anschliff ist! D.h. es muss auf Händlerangaben zu Thema Rechts- oder Linkshänder geachtet werden. Das kann für Linkshänder eine Einschränkung der Messerauswahl bedeuten, oder oftmals auch "nur" einen Aufpreis.

Ich will mal versuchen, trotz bescheidener persönlicher Erfahrung (mein einziges einseitig geschliffenes Messer ist ein Brotmesser!), das Wichtigste zu den Einseitigen zusammenzufassen: Bei einseitig Geschliffenen ist der Unterschied schon deutlich spürbarer als bei 70/30, aber auch nicht soo wild; innerhalb von 5 Minuten sollte man in der Lage sein damit umzugehen, ergo gerade Schnitte zu vollziehen. Traditionelle japanische Schneidtechniken wirklich richtig zu beherrschen ist dann nochmal etwas anderes... Bei einseitig geschliffenen Klingen ist die Schneide im Verhältnis zum Rücken einfach einen spürbaren Ticken zur Seite verschoben ist, und das Messer tendiert bei lascher Führung (ohne "Gegensteuern") dazu, sich in die Richtung des Hohlschliffs ins Schnittgut zu neigen. Vorteile hingegen sind die hohe erreichbare Schärfe (natürlich auch und vor allem Stahlbedingt), die perfekt geraden und Faserriss-freien Schnitte (z.B. bei rohem Fisch), und das durch den Hohlschliff entstehende Luftkissen zwischen Klinge und Schnittgut.

Hoffe das hilft!

Viele Grüße
Philipp
 
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