Versuch einer Begriffs-Definition: Grat

Besserbissen

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Was ist ein Grat?

Spätestens beim Thema "Schärfen" und "Wetzen" kommt man nicht mehr um die Definition des Grats herum.

Genau genommen bezieht sich bei der Metallbearbeitung der Vorgangs des "Entgratens" auf ein "Verfahren zur Entfernung von Kanten, Splittern und Auffaserungen an Werkstücken". Es werden also scharfkantige und vor allem lockere Teile entfernt.
Diskutabel ist die Verwendung des Begriffs "Kante", denn m.M.n. kann beim Entgraten der bearbeiteten Stelle eine Fase, also Abschrägung das Ziel sein, muss aber nicht. Es kann auch eine saubere Kante übrig bleiben. Ansonsten würde man eher von "Kanten brechen" und nicht "Kanten entgraten" sprechen.

Dagegen bezeichnet man mit einem "Grat" einen Bergkamm oder im Bauwesen die Schnittkante der Dachflächen, also den First. Wir wandern daher gelegentlich auf einem schmalen Grat.

Das Problem:
Wenn es beim Schärfen darum geht, den Grat zu entfernen, meint man die Definition der Metallbearbeitung.
Spricht man beim Wetzen allerdings davon, den Grat aufzurichten, ist die Vorstellung eher die, dadurch eine Schneidkante, ähnlich einem Dachfirst oder Bergkamm, zu schaffen.

Ich verwende das Wort stets im Sinne der Metallbearbeitung: Was stört und locker ist, muss ab.
Beim Wetzen richte ich daher nicht den Grat auf, sondern bestenfalls die Schneidkante.

Diskussion eröffnet ;-)
 
Ich sag´s auf Gratewohl heraus, du beweist Rückgrat dieses Thema öffentlich zur Diskussion zu stellen, da die Meinungen da sehr auseinander gehen und eine folgerichtige Argumentation ein schmaler Grat ist.
Ich persönlich beschäftige mich auch grat mit dem Thema. Grateaus gesagt, würde ich sagen, dass alles Material, welches über der stabilen Schneidkante absteht und durch leichten Druck die Form verliert als Grat zu bezeichnen ist.

Hier meine Buchempfehlung: Messer entgraten

Möge die Diskussion weitergehen. En grat! ⚔️

Olli :)
 
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Nach meinem Verständnis ist der Grat etwas, was auf einer Seite einer Schneidkante übersteht. Ein Grat entsteht beim Schleifen, aber auch, wenn die Schneidkante sich umlegt.
Beim Wetzen stellt man also einen Grat wieder so auf, dass er wieder eine saubere Schneidkante bildet.
 
Schließe mich ebenezer an.

Ein metallischer Grat besteht stets aus unerwünschtem Material. Ein aufgerichterer Grat ist dann keiner mehr im Wortsinne, sondern beim Messer eine Schneidkante.

Ob diese sauber und glatt oder zerbröselt ist, spielt für die Bezeichnung keine Rolle. Insofern wird eine Schneidfase mit Microausbrüchen aufgerichtet besser schneiden als die gleiche umgelegt. Dürfte beim Wetzen öfters so geschehen.

grüsse, pebe
 
Für mich ist der Grat das, was nach dem Schleifen entfernt werden muss um die Schneidkante zu erzeugen. Kein Grat mehr -> Schneidkante fertig -> Messer scharf!
Der Begriff "Grat aufrichten" beim Wetzen müsste richtigerweise heißen "Schneidkante aufrichten/glätten/in Form bringen".
Der Grat am Messer ist für mich immer unerwünscht.
Der Begriff "Schneidkante" ist für mich der treffendste - weil er m.M.n. keinerlei Widersprüche bzw. Doppeldeutigkeit enthält.
Das waren aufs gratewohl my two just entgratet cents.
 
wiki ist eindeutig in der Grat Definition: "ein Rückstand in der Bearbeitung an Kanten"

wenn die Leutz mit ihren Wetzeisen von "Grat aufrichten" sprechen, dann sind sie im
 
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Die beim Schneiden entstehenden Veränderungen an einer Schneidkante sind letztendlich einer mechanischen Bearbeitung gleichzusetzen. Das Umlegen der Schneidkante lässt einen Grat entstehen.
Diesen wieder aufzurichten oder auch wegzuschleifen erzeugt wieder eine gratfreie Schneidkante.
 
Das Umlegen der Schneidkante lässt einen Grat entstehen.
Der Unterschied liegt aber darin, dass beim Entgraten Material entfernt wird, dass die gleiche Stärke oder Dicke hat. Man spricht daher auch von Foliengrat. Dieser hängt sozusagen am seidenen Faden and der Schneidkante.

Legt man dagegen eine Schneidkante beim Gebrauch wirklich um, also die Vorstellung, dass die Schneidkante richtung Klingenrücken zeigt, lässt sich diese durch Wetzen nicht wieder aufrichten.
 
Die beim Schneiden entstehenden Veränderungen an einer Schneidkante sind letztendlich einer mechanischen Bearbeitung gleichzusetzen.
Hier liegt, glaube ich, der Hund begraben (zumindest einer aus dem Rudel ;)). Wenn du (für dich) Bearbeitung mit Nutzung gleichsetzt, hast du natürlich Recht.
Da scheiden sich aber dann die Geister...
Rein zur Info hier Wikipedias Meinung zum Entgraten.
 
Wikipedia ist aus meiner Sicht da nicht aussagekräftig, weil es natürlich auf die Kernbereiche eines Themas fokussiert und nicht die Exoten betrachtet.
Deshalb muss man da denke ich ein Stück weit weg von technischen Definitionen in Richtung physikalische und/oder geometrische Definition.
Wenn ich in einer technischen Zeichnung "gratfrei" festlege, gibt das einen geometrischen Zustand an, unabhängig davon, wie der entstanden ist.
 
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In der Praxis wird sich das Umlegen der Schneide eher in einem ähnlich mikroskopischen Bereich abspielen, wie die hier besprochenen Schleifgrate. Zumindest bei den hier üblichen, stark nagelgängigen Klingen.

Sonst dürfte kein Rasiermesser nach Lederabzug wieder funktionieren.

grüsse, pebe
 
Der Artikel ist zwar sehr aufschlussreich, hilft aber bei der hier gestellten Frage wenig weiter.

Alle, die länger im Forum sind, wissen, dass Schleifen das abrasive Schärfen und Wetzen zwar einen Anteil abrasiver Wirkung hat, je nachdem welcher Wetzstab verwendet wird, aber dennoch überwiegend durch mechanischen Druck auf die Klinge einwirkt.

Nehme ich die pilzförmige Abstumpfung bildlich , sehe ich im Ergebnis je einen Grat auf beiden Seiten mit einer stumpfen Spitze. Wenn ich eine perfekt ballige Klinge in dieser Vergrößerung abbilde, sehe ich eine ähnlich stumpfe, gerundete Spitze - ohne die beiden Grate.

Wie sonst sollte ich die beiden Kanten benennen, die da nicht hingehören?

Wie das ganze zu Beseitigen ist, ist eine andere Frage. Aber. Entweder gibt es eine mechanische Druckwirkung, die formiert oder der Wetzstab wäre bloß ein feiner Schleifstab.

Das volkstümliche „Aufrichten“ meint im Zweifel die Krafteinwirkung auf die Fase gegenüber der überwiegend abrasiven Wirkung der Schleifsteine.

Nach der Bearbeitung der pilzigen Form sind die gezeigten Grate entfernt oder heissen die Pilzkanten?

grüsse, pebe
 
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Mein Eindruck war, dass eine der Kernthesen dieses Fadens die Unterscheidung zwischen dem "Wiederaufrichten", also Umformen durch das Wetzen im Gegensatz zum "Entfernen" des Grates beim Schleifen zum Inhalt hat. Dass der Artikel zu einem anderen Ergebnis kommt, macht ihn aus meiner Sicht nicht weniger hilfreich.

Die durch das Wetzen hervorgerufenen "Veränderungen" an der Schneidkante, die eine Microfase zum Ergebnis haben – wie auf den Rasterelektronenmikroskopaufnahmen unzweifelhaft zu erkennen – geschehen also nach herrschender Meinung überwiegend nicht durch Abrasion, sondern durch Krafteinwirkung auf die Schneidkante, die eine Umformung hervorruft, ohne im wesentlichen Material von der Schneidkante abzutragen.

Was für mich – neben den Rasterelektronenmikroskopaufnahmen aus dem Artikel – dagegen spricht, ist der Umstand, dass Wetzstähle mit unterschiedlichen Zügen aber mit identischem Druck geführt, zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen an der Schneidkante führen. Wäre der wesentliche Faktor beim Wetzen der Druck und das Ergebnis die Umformung, müssten die Unterschiede durch die verschiedenen Züge doch kaum wahrnehmbar sein?

Ich wage mal eine gegenteilige These.
Ich verstehe einen Wetzstahl als eine Art feine "Rundfeile", die je nach Oberflächenbeschaffenheit/-struktur (Züge) und Härte unterschiedlich abrasiv ist.

Natürlich spielt dabei auch der Druck eine Rolle, das ist aber bei jedem Schleifmedium so.

Somit wäre das Wetzen einer umgelegten Schneide – als physikalischer Prozess betrachtet – nichts anderes als das Entgraten ebendieser nach dem Schärfen mit einem Schleifmedium.

Und um zur eigentlichen Frage zurückzukommen: Ein Grat ist ein durch Krafteinwirkung an einer Kante entstehender, überstehender Materialanteil, der stets schmaler ist und eine andere Ausrichtung hat als die eigentliche Kante.
 
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Was dieser Artikel ja auch zeigt, ist dass es unterschiedliche Arten der Abstumpfung gibt, und das Umlegen der Schneide zu einer Seite dabei eher die Ausnahme ist.
Da niemand vor dem Wetzen mit einem REM nachsieht, ob er denn eine umgelegte Schneidkante aufrichten muss, oder aber zwei Seiten eines Pilzkopfes wieder nach oben massieren muss, oder gar aus einer Abrundung wieder eine Kante erzeugen muss, das Wetzen aber in all diesen Fällen hilft, bleibt nur die Erklärung, dass Wetzen die Anbringung einer Mikrofase durch Abrasion ist. Je größer die vorherige Schädigung der Schneide, desto gröber muss der Stahl sein. Ist genau genommen überhaupt nichts anderes, als ein Touch Up auf dem Stein.
Ehrlich gesagt freue ich mich über diesen Artikel. Der Gedanke des Wiederaufrichtens einer umgelegten Schneide hat meinem physikalischen Verständnis schon immer widersprochen.
Da ich aber selbst keinen Gegenbeweis hätte führen können, habe ich es vermieden, hier gegen die allgemein vorherrschende Interpretation der Vorgänge beim Wetzen anzutreten.
 
Ich schließe mich der vorherrschenden Meinung an, dass der Grat unerwünschtes Material an der Schneidkante (Wate) beim Schleifvorgang ist. Jedoch wird das Wort Grat auch benutzt, wenn man beschreiben möchte, was man bei einer umgelegten Schneide ertastet oder sieht.

Was die Wirkung des Wetzstahls angeht, so gibt es durchaus die mechanische nicht abrasive Wirkung eines Polierzugs durch lokalen Druck, die ich nutze, um umgelegte Teile der Schneide vor dem Schleifen wieder aufzurichten, um nicht unnötig viel Material wegschleifen zu müssen. Die Schneide kann sich zum Beispiel zu einer Seite umlegen, wenn mit dem Messer auf einem Teller oder Glasbrett geschnitten wurde.
 
Somit wäre das Wetzen einer umgelegten Schneide – als physikalischer Prozess betrachtet – nichts anderes als das Entgraten ebendieser nach dem Schärfen mit einem Schleifmedium.
Vor Jahren hat ein Forumit die selbe Beobachtung unter einem Mikroskop dokumentiert. Leider sind die Bilder weg. Und Heisenberg hatte Recht, wir werden auch weiter über aufgerichtete Schneiden reden. Warum auch nicht, das überlieferte Wissen ist für eine korrekte Anwendung völlig ausreichend.

Mich irritiert diese umgelegte Schneide. Geht es dabei um einen als Schneide verkleideten Grat? Alles was sich umlegt habe ich als Grat betrachtet. Schäden an einem richtig geschärften Messer sehen für mich nicht nach einer umgelegten Schneide aus.
 
Die Schneidkante wird durch Krafteinwirkung deformiert und wölbt sich in eine andere Richtung als sie sie vormals im frisch geschärften Zustand hatte. Je nach Einwirkung kann das ganz unterschiedlich aussehen, wie die Rasterelektronenmikroskopaufnahmen in dem Artikel zeigen, von Pilz, über Abrundung bis zu einer abgeknickten Zwergenmütze ist optisch alles möglich.

Wenn es nun darum geht, wie dieser deformierte Materialanteil zu bezeichnen ist, würde ich sagen: Jede umgelegte Schneide ist ein Grat aber nicht jeder Grat ist eine umgelegte Schneide ;)
 
Für mich ist und bleibt das Wetzen wie das Geradekloppen eines krummen Nagels damit er wieder seinen Dienst tut. Ergo entgrate ich beim Wetzen nicht.

Dass beim Wetzen mit dem Stahl allerdings auch Abrasion erfolgt, steht ausser Frage - ich glaube, das zweifelt niemand an.
Diese mit dem Wetzstahl abgetragenen Teile der deformierten Schneidkante dürfen m.M.n. gern als Grat bezeichnet werden (weil Grat gehört ja entfernt ;)).

Wikipedia ist aus meiner Sicht da nicht aussagekräftig, weil es natürlich auf die Kernbereiche eines Themas fokussiert und nicht die Exoten betrachtet.
Deshalb muss man da denke ich ein Stück weit weg von technischen Definitionen in Richtung physikalische und/oder geometrische Definition.
Deine Meinung respektiere ich natürlich, möchte aber dazu auch kurz meine zum Besten begen:
In meiner damaligen Ausbildung (u.a. Informatik, Kybernetik, Informationstechnik, Programmierssprachen) war nichts mehr verpönt als die Verwendung von mehrdeutigen Aussagen!
Nicht eindeutige Begriffe in wissenschaftl. Abhandlungen waren (und sind heute noch) grobe Fehler.
(In der Informationstechnik z.B. ist die Redundanz bei der Nachrichtenübertragung für die Eindeutigkeit der Nachricht heute noch unerlässlich. Fehler in Software-Programmen führen zu Abstürzen)
Daher stehe ich auf dem Standpunkt, dass man im Großbereich der Metallurgie möglichst nicht mehrere Definitionen für den "Grat" zulassen sollte.
 
Daher stehe ich auf dem Standpunkt, dass man im Großbereich der Metallurgie möglichst nicht mehrere Definitionen für den "Grat" zulassen sollte.
Die gibt es schon. Es gibt Schmiedegrate, Gussgrate, Bearbeitungsgrate. Es geht nur um die Frage, ob es eine Einschränkung der Gratdefinition als Resultat eines Fertigungsprozesses gibt, oder eine geometrisch und physikalisch gleiche Ausprägung einer Materialansammlung als Resultat einer Nutzung ebenfalls als Grat bezeichnet werden kann. Wikipedia grenzt das ja nicht aus, sondern erwähnt es nur nicht, weil es für die Gesamtbetrachtung des Themas Grat von untergeordneter Relevanz ist.
 
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