Vorstellung Chambriard Thiers COMPAGNON Carbon-Sondermodell

güNef

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Servus,

da ich einen Faible für französische Messer habe, hat mich eben dieser zu diesem hübschen wie eleganten Klappmesser geführt, das

Chambriard Thiers COMPAGNON Carbon Sondermodell

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Ein Slipjointfolder mit Nagelhau, somit in DE legal zu tragen, ein Detail das man nicht ausser Acht lassen sollte. Das Modell ist von Philippe Chambriard und wird in dieser und noch zwei anderen Ausführungen in Carbon, in der Regel nur in seinem Laden in Thiers verkauft. Nur mein regelmässiges durchsehen diverser Onlinehändlerseiten, die sich auf frankophile Produkte spezialisiert haben, hat mich zu dem Compagnon mit Kohlefaserschalen geführt.

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Das hier vorgestellte Modell und das ist wirklich nur eine Vorstellung, es gibt keine Belastungstestorgien, hat keine Platinen, daraus resultiert das beeindruckend niedrige Gewicht von nur 48gr bei einer Länge von 20,5cm geöffnet. Der Folder hat keinen Clip, und das ist gut so.

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Es gibt zwei alternative Modelle mit Kohlefaserschalen, die zusätzlich mit Platinen ausgeführt sind, eines davon ist mit satinierten Backen montiert.

Ich habe mich bewusst für das platinenlose Leichtgewicht entschieden, die reine Lee(h)re sozusagen ;) Das Compagnon ist ein klassischer Brotzeitbegleiter, und Bleistiftanspitzer, der natürliche Lebensraum liegt in der Nähe zu Tagebüchern, Stifte aus Holz, Käse, Baguette und Rotwein, auch Restaurantbesuche werden Aufgrund des reduzierten und stilvollen Auftritts gerne gesehen, "enfant terrible" sehen anders aus :).
In Ruhe einen Apfel schälen ist mit dem in der Form filigranen Franzosen ein beinahe meditatives Tun, ich mag das sehr.

Für Statistiker, ein paar Zahlen:

Griff: Carbon ohne Platinen
Gesamtlänge geöffnet: 20,5 cm
Grifflänge: 11,5 cm
Klingenbreite ca. 20 mm
Klingenlänge: 9,5 cm satiniertes Finish
Schliff: Flachschliff
Stahl: 13C26, rasoir steel
Gewicht: ca 48

Jetzt das Reglement für Slipjoints:


walk & talk

Ist der Klingengang leicht oder schwer?

Der Gang ist schwer und rauh!

Kann man es leicht öffnen oder ist es ein nail breaker?

Schwer zu öffnen, enormer Widerstand, unmöglich mit einer Hand
zu schaffen.

Hat es einen half-stop?

Nein, keinen spürbaren Stop, aber die Klinge wird erst nach 90°
mit schmackes in die Schalen gezogen.

Klickt es hörbar beim Öffnen und Schließen?

Laut und wuchtig, wie ein Backlock, ein sattes Klacken.

stay & play

Wie hoch ist der Widerstand gegen das Schließen?

Hoch, nur mit entschlossenem Druck möglich, einhändiges
Schliessen ist nur mit Konzentration, Übung, Mut und Technik
möglich.


Wie stark ist die Feder?

Vertrauenserweckend!

Sitzt die geöffnete Klinge spielfrei oder wackelt sie?

Steht bombenfest in alle Himmelsrichtungen.

Verarbeitung, Haptik, Eindruck:

Geliefert wurde ohne Box, nur in Transportverpackung und Luftpolsterfolie
Die scharfe, weit vorstehende Klingenwurzel ist bei einigen sicher Anlass zur Kritik, ein Chambriard ist nun mal so, man kann es mögen, oder sein lassen,Punkt! Die Handlage ist wunderbar, die leichte Krümmung passt perfekt zur Anatomie meiner Hand ;)
Die Kohlenstoffschalen und Stifte sind fein verschliffen und poliert, das hat optisch einen plastischen Effekt, es täuscht Tiefe vor.
Hier ein schöner Vergleich einer klassischen Carbon-Schachbrettoberfläche, der Franzose hingegen, hat mehr Ähnlichkeit mit einer Reptilienhaut, gefällt mir ausnehmend gut.

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Alle Griffkanten sind ordentlich verrundet, das Messer ist auch ohne Platinen Verwindungssteif genug, wenn der Besitzer weiß was er tut oder lässt. Die Ausgangsschärfe braucht noch Leder-und Abziehpaste um die magische“ Rasor Edge“ zu bekommen, für Druckerpapier ohne gerupfe reicht es „Out of The Box“

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Zur Aufbewahrung und Transport ist eine sehr simple Ledersteckscheide in schwarz beigepackt, labbrig, dünn, nicht passgenau, fühlt sich an wie Plastik, wird dem Messer insgesamt nicht gerecht und findet bei mir keine Verwendung. Ich trage Bombur-Spezial-Etui.

Contra:

Wer einen smoothen Klingengang als kaufentscheidend ansieht, ist hier definitiv und absolut falsch, leicht laufen andere, nicht der schlanke Franzose.

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Pro:

Die Rückfeder ist überdurchnittlich straff und die Klinge hält lange dagegen, gibt erst bei ordentlichem Druck nach, geschlossen detto.

Fazit:

Kein Messer zum spielen. Dafür bekommt man einen legalen, eleganten Alltagsbegleiter, der leicht und luftig konstruiert ist und für eben solche Aufgaben Anwendung findet. Hier noch ein paar Impressionen:

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Wenn sich sie Sonne mal wieder sehen lässt reiche ich noch "Inhandbilder" und solche von der Serienscheide nach.

Also:

Faber-Castell Bleistifte kaufen, mit dem Carbon-Chambriard mit kühler Eleganz die Stifte in Richtung Silberschalen anspitzen, damit die zarten Zederholzflocken nicht den Perser verschmutzen um damit beim Lektorenempfang die Schriftstellergattinen zu gleichen Teilen schockieren wie verzücken :D. Man gönnt sich ja sonst nichts ;).

Gruß güNef
 
Zuletzt bearbeitet:
Merci pour le plaisir de la lecture!

Ich empfehle mindestens zweimaliges Lesen um in den Genuss aller Feinheiten zu kommen :D

Sehr schönes Messer mit beeindruckend niedrigem Gewicht - und das bei 20 cm Länge - Chapeau! :steirer:

Wie dick ist denn die Klinge?

Glückwunsch zu diesem Schriftstellergattinnenverzücker und Danke für die amüsante und informative Vorstellung.

Virgil
 
Ein wirklich sehr schönes Messer!Und eine klasse Präsentation.Die Carbonschalen passen wirklich gut zu dem Franzosen.Gibt es denn eine Möglichkeit die Version mit den Platinen mal zu sehen?

Grüße Ulf
 
Servus,

Gibt es denn eine Möglichkeit die Version mit den Platinen mal zu sehen?

die Variante mit Platine und Backen kann du hier sehen. Wenn du die Backen ausblendest, dann bist du bei der Platinen/Carbon Variante ;)

@Virgil4,

Die Klingenstärke ermittle ich Morgen mittels Schiebelehre, dann wissen wir beide genau was Sache ist ;). Die 48gr sind realistisch, meine Küchenwaage zeigt sogar 46gr, ist schon Leichtbau :D

Gruß güNef
 
Jaaa....das Teil kann schon was. Vor allem wenns um die Optik geht. Ansonsten echt gut getroffen die Vorstellung.
Genau so hab ich die Messer dieser Modellreihe in Thiers auch kennen gelernt. Sind verdammt leicht, was die von Chambriard generell sehr straffen Rückenfedern, nochmals heftiger erscheinen lässt. Man nimmts in die Hand und traut dem Messer ob der Bauweise einfach einen solchen Bumms in der Feder nicht recht zu. Ist aber so.
Die normalen Compagnon sind ja schon toll, aber die Carbonvarianten sind verdammt schön. Ein Freund hat sich damals in Thiers eine Version mit Stahllinern und Korkenzieher gegönnt. Sehr geil das Ding.

Merci güNef für diesen schönen Bericht.
 
ich kann dem nur beitragen. Habe in Paris das Teil mit Platine und Backen gekauft. Es ist wirklich ein super Teil. Da wackelt nichts, man kann es überall mitnehmen und sieht toll aus. Mit oder ohne Backen ist geschmackssache.

Yukonbeaver
 
Hallo güNef!
Das ist ein ganz hervorragendes Messer, welches das Thema Carbon maximal ausreizt: nur bei Carbon kannst Du so entspannt auf Liner verzichten und ein Slipjoint ergänzt das Ganze zu einem auf das absolut notwendigste reduzierte Designkunstwerk mit einer minimalen Zahl an Einzelteielen.
Ich hatte vor einigen Wochen dieses Messer bei Chambriard in der Hand und er (der "Junior") hat mir ein wenig dazu erzählt: das verwendete Carbon wird in Frankreich hergestellt und weist ob seiner dichten Webung keine Fehler auf, was gerade bei dem stark verrundeten Griff extrem wichtig ist. Der Griff selbst wird mit Keramikfräsern herausgearbeitet. Chambriard macht das Endfinish in seiner Miniwerkstatt hinter dem Laden...
Bei dem Exemplar, das ich in der Hand hatte, war der Klingengang übrigens sehr sauber - durchaus streng, aber ich habe keine "Rauhigkeit" gespürt.
Vom Kauf hat mich schlußendlich nur meine eigene Eitelkeit abgehalten - und der Stahl, den ich nicht als optimal zu dem high-tech Carbon empfand.
Beste Grüße,
Rainer
 
Bilder sagen mehr als viele Worte ;), hier bitte:

Besten Dank, güNef für die Infos zur Stärke - und sogar in "antiseptischer Umgebung" aufgenommen :glgl:

... das verwendete Carbon wird in Frankreich hergestellt und weist ob seiner dichten Webung keine Fehler auf, was gerade bei dem stark verrundeten Griff extrem wichtig ist.

Danke Rainer, für die Details deiner Vor-Ort-Recherche - aaaber ich sehe da noch Verbesserungspotential in der französischen Produktqualität (déformation professionelle, pardon). :hmpf:

Bei den sehr detailreichen Bildern sieht man halt fast alles: z. B. ein paar Webfehler auf dem "Acier Rasoir" Bild - wahrscheinlich ohne altersgerechte Lesehilfe eh nicht zu sehen :D

Und auch wenn's Geschmacksache ist: die Voll-Carbon-Variante ist für mich im Vergleich zur Backen-Liner-Version der eindeutige Sieger!

Bonsoir

Virgil
 
Servus,

Das ist ein ganz hervorragendes Messer, welches das Thema Carbon maximal ausreizt und ein Slipjoint ergänzt das Ganze zu einem auf das absolut notwendigste reduzierte Designkunstwerk mit einer minimalen Zahl an Einzelteilen.
Bei dem Exemplar, das ich in der Hand hatte, war der Klingengang übrigens sehr sauber - durchaus streng, aber ich habe keine "Rauhigkeit" gespürt.

ich bin da ganz bei dir und lass das so stehen, treffender könnte ich das auch nicht formulieren :super:. Ähnliche Carbonschalen findet man auch bei Artelier Perceval, hier ein L-8 Kohlefaser. Was den Klingengang betrifft, mal abwarten ob sich das nach regelmässigen Gebrauch einschleift und ein wenig weicher wird.

Gruß güNef
 
@ Virgil4
Mensch, Virgil! NUR wegen DIR musste ich mir den ganzen Thread NOCHMALS ganz genau ansehen...:hehe:
So ein geiles Messer, aber auch!
Zur Verarbeitung: Chambriard hatte auf die Dichtigkeit der Webung verwiesen, so dass keine "Schwachstellen" - also nur mit Harz verfüllte Lunker - im Carbon auftreten. Von preussischer Präzision der Faserausrichtung war nicht die Rede :hmpf: - und Dir als ausgemachtem gleichgesinnten Frankophilen brauche ich ja nicht extra zu sagen, dass die Verarbeitungsqualität für ein französisches Messer sogar sehr gut ist :steirer:

Mal ganz ehrlich - wenn Du dir das Bild darunter ansiehst, könnte, wenn es nicht der Kamerawinkel ist, auch eine unterschiedlich breite Fase für die zwei Schalen attestiert werden... Das sind genau die Sachen, die Chambriard normalerweise in seiner Werkstatt beseitigt (habe ich in meiner heldenhaften Vor-Ort-Recherche trotz heftigsten Widerstandes von Weib und Kind in stundenlangen Gesprächen mit Chambriard erfahren)

Wie gesagt, für mich sind bei diesem Messer "Fehlerchen" eher etwas, über das man mit Nonchalance hinwegsieht und sich stat dessen an der aufregenden Form und dem Konzept erfreut. Ich habe es ja schon erwähnt, schon lange war ich nicht so sehr geneigt, mir ein Messer zu kaufen, statt es zu bauen..

@ güNef
Sag' mal, güNef, wo hast Du das Messer gekauft? Ich gehe mal davon aus, dass - wie bei vielen Thiers, Laguioles etc. zahlreiche Teile zugekauft und dann in der "Manufaktur" zusammengebaut werden und dort Endkontrolle und das finale Finish bekommen.

Beste Grüße,
Rainer
 
Servus,

wo hast Du das Messer gekauft?

bevor ich deine Frage beantworte und noch ausständiges nachliefere, möchte ich mich für die ergänzenden Informationen bedanken:super:. Hier gibt es anscheinend eine gut informierte frankophile Fraktion ;).

Gekauft hab ich bei einem zuverlässigen Onlineshop, den ich nicht bewerben möchte, da er hier nicht als Mitglied gelistet ist, aber über Google ist ja ohnehin alles zu finden. Als Erklärung, wie sie zu den Sondermodellen gekommen ist, nennt die Shopbetreiberin einen persönlichen Besuch in Thiers zum Ankauf neuer Ware für das bevorstehende Weihnachtsgeschäft und hat dort je ein Modell ( ohne Platine, mit Platine, mit Platine und Backen) eingekauft, die eigentlich nur vor Ort im Ladengeschäft über die Theke wandern und mir das auch per Mail bestätigt.

So jetzt die Bilder vom Compagnon in Händen:

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Gruß güNef
 
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