Wahlpflicht z.B. in Luxemburg

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Wie ist die Wahlpflicht in einigen europäischen Ländern zu verstehen? Ist es wirklich eine Pflicht, bei der man Sanktionen beim Nichterfüllen zu erwarten hat? Gibt es Ausnahmeregelungen für den 'Normalbürger'? Schliesslich ist in den Ländern keine 99 % Wahlbeteiligung gegeben.
 
Hi Charon,

Endlich mal ein Thema, zu dem ich auch was vernünftiges beitragen kann, weil ich beruflich mit der Sache zu tun habe :D

Es ist grob gesagt so, dass jeder, der die Bedingungen erfüllt um das Wahlrecht zu haben (auch EU-Bürger, die es beantragt haben), auch der Wahlpflicht unterliegen. In der Praxis sieht das so aus, dass jeder, der als Wähler aufgelistet ist, persönlich in ein bestimmtes Wahlbüro bestellt wird, wo auch kontrolliert wird, ob er erscheint oder nicht. In den Tagen nach der Wahl wird eine Liste derer, die durch Abwesenheit geglänzt haben ans Gericht weitergeleitet.

Die Sanktionen liegen bei 100-250€ bei einem einmaligen "Vergehen", "Wiederholungstäter" müssen mit einer Geldbusse zwischen 500 und 1000€ rechnen.

Leute, die im Voraus wissen, dass sie am Wahltag ausser Landes sind, haben die Möglichkeit, ihre Stimme per Briefwahl abzugeben. Eine Prozedur, die ein Musterbeispiel verwaltungstechnischer kompliziertheit ist !

Es gibt auch die Möglichkeit, sich kurzfristig abzumelden (auch im nachhinein). Der Friedensrichter prüft dann, ob die angegebenen Gründe ausreichend sind oder nicht.

Automatisch von der Wahlpflicht entbunden sind alle, die über 70 sind.

Und, natürlich kann man immer noch seinen Zettel weiss abgeben.

Soviel zur Theorie.

In der Paxis ist es so, dass meines Wissens nach noch nie jemand, der nicht im Wahlbüro erschienen ist, verurteilt worden ist. Trotzdem ist die Wahlbeteiligung in Luxemburg extrem hoch, was man, als überzeugter Demokrat, natürlich gut findet.

Der Vorteil des Systems liegt darin, dass man sicher ist, ein repräsentatives Bild zu erhalten. Allerdings fragt man sich, ob die Parteien, die ihre Stimmen dadurch sammeln, dass sie den Leuten nach dem Mund reden, egal wie unsinnig ihre Forderungen auch sein mögen, so stark wären, wenn nur die Stimmen derer, die politisch interessiert sind, gezählt würden...

Grüsse,
gerard
 
Original geschrieben von ge2r
Hi Charon,


In der Praxis sieht das so aus, dass jeder, der als Wähler aufgelistet ist, persönlich in ein bestimmtes Wahlbüro bestellt wird, wo auch kontrolliert wird, ob er erscheint oder nicht. In den Tagen nach der Wahl wird eine Liste derer, die durch Abwesenheit geglänzt haben ans Gericht weitergeleitet.

Die Sanktionen liegen bei 100-250€ bei einem einmaligen "Vergehen", "Wiederholungstäter" müssen mit einer Geldbusse zwischen 500 und 1000€ rechnen.

Grüsse,
gerard



Das meinst Du doch hoffentlich nicht ernst, oder?!

Wenn doch, würde es mir persönlich unmöglich sein in einem solchen Land zu leben.


just my 2 cent..
 
Hallo TheLonestar

Was Gerard schreibt, stimmt schon so. (So genau im Details hätt ich's nicht gewusst, aber er hat ja beruflich damit zu tun).
Doch lies auch was er aus der Praxis Erfahrung schreibt.
Ich kenne jedensfalls Luxemburger, die extra für's Wahlwochende in Urlaub in's Ausland fahren, um nicht wählen zu müssen. (kein Kommentar zu dieser Einstellung...)
 
Was ist denn bitte am Wählen so schlimm ??? Weh tut's ja nicht ?!

Manche Leute muss man halt zu ihrer Freiheit zwingen, oder ?

Ich finde unser System hier prinzipiell absolut OK! Luxemburg ist kein Polizeistaat (sicher nicht mehr (eher weniger ;)) als Deutschland), sondern eine Demokratie. An sich sollte ja bei dieser Staatsform "die Macht in den Händen des Volkes" liegen. Letzteres hat aber nur einmal alle x Jahre die Möglichkeit, seine Muskeln spielen zu lassen, und zwar wenn gewählt wird.

Wer von diesem Recht nicht Gebrauch macht, sollte sich an der eigenen Nase fassen, wenn er mit der Führung seines Landes unzufrieden ist.

Meine politically correcten 0,02€

cu,
gerard
 
"Faszinierend" würde Mr. Spok sagen, "Fasziniernd".

Zwang als Maßnahme zur politischen Willensbildung innerhalb einer "Demokratie" anzuwenden, ist eine schlimme Perversion.


Aber ne rote Pudelmütze tragen und im Rinnstein gehen muss man nicht wenn man nicht Zwangswählen geht, oder?

Lass mich raten.

Luxemburg hat bestimmt auch ein feines Waffengesetz a la England, hmm?



Mein Beileid,

Lone
 
Original geschrieben von ge2r
Was ist denn bitte am Wählen so schlimm ??? Weh tut's ja nicht ?!

Manche Leute muss man halt zu ihrer Freiheit zwingen, oder ?

Wer von diesem Recht nicht Gebrauch macht, sollte sich an der eigenen Nase fassen, wenn er mit der Führung seines Landes unzufrieden ist.

zu 1: unsere kommende wahl tut mir schon weh.
zu 2: zur freiheit zwingen ? ist doch irgendwie ein widerspruch.
zu 3: solange es ein recht ist, und keine pflicht, würdest du schon recht haben.

nix für ungut gerard,..
gerhard,...;)
 
@gerard: :super:

Naja, wenn die Leute zu blöd sind für Ihre Freiheit freiwillig etwas zu tun (und das meine ich nicht auf Luxemburg bezogen, das ist in D ja auch nicht anders)..... :rolleyes:

Manche muß man halt zu ihrem Glück zwingen. Wenn ich mir die Nichtwählerqoute in D anschaue täte es uns möglicherweise auch gut sowas einzuführen. Es gibt ja auch eine Meldepflicht, ist das dann etwa Polizeistaat ?

Ich finde es eher krank, dass man bei uns dafür werben muß, dass die Leute zu Wahl gehen (auch wenns schwerfällt, mir fällt es auch nicht leicht, wer es nicht tut ist IMO schlichtweg unmündig).

Wir haben hier praktisch alle Rechte, warum nicht auch die Pflicht, dafür etwas zu tun, respektive zu wählen ... ?
 
Danke für die Info, gerard und jangs.

Eine Wahlpflicht ist wirklich interessant. Auf der einen Seite finde ich es gut, denn die Wahlbeteiligung bei uns ist schon faszinierend niedrig. Auf der anderen Seite teile ich Lone's Meinung; eine Perversion ist die Pflicht in gewissermaßen schon. Ich frage mich, ob die Pflicht die Bürger dazu anregt, sich politisch zu informieren, oder ob sie nur pro forma wählen, und was sie ankreuzen ihnen egal bzw. nicht ganz klar ist. Hierzu von gerard:

Allerdings fragt man sich, ob die Parteien, die ihre Stimmen dadurch sammeln, dass sie den Leuten nach dem Mund reden, egal wie unsinnig ihre Forderungen auch sein mögen, so stark wären, wenn nur die Stimmen derer, die politisch interessiert sind, gezählt würden...

Lone> Bezüglich dem Waffengesetz: Post von jangs.
 
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