Warnung: G. Mandel, Das Messer

h.g.trunnion

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Liebe Forumiten,

manchmal nimmt man halt so einen dickeren Band vom Grabbeltisch des großen örtlichen Buchhändlers mit, wenn einen das Thema generell interessiert und der x-mal heruntergesetzte Preis attraktiv ist...

um dann zuhause beim Lesen festzustellen: Au weia!

Ein solcher Prachtband ist:
Gabriele Mandel
Das Messer
Geschichte, Kunst und Kultur

1996 original in Italien bei ILG und
ebenfalls 1996 in Deutsch (naja, s. u.) bei Parkland, Köln erschienen.

Zum italienischen Original kann ich nichts sagen, da ich es nicht besitze.

Zu der deutschen Fassung nur soviel: schöne Fotos, hauptsächlich aus einer einzigen italienischen Sammlung; dennoch ein netter Überblick für jeden, der sich für Messer allgemein (ausser Messer als Waffen) interessiert.
Aber: die Übersetzung ist derart grauenhaft schlecht und von umfassender, vollständiger und durch nichts zu übertreffender Unkenntnis der Materie 'Messer', und der italienischen und deutschen Sprache, geprägt, dass das Opus höchstens für das Kuriositätenregal taugt! :mad:

Ein Beispiel gefällig? (Das im übrigen die blödsinnige Arbeit unserer zahlreichen Messerschmiede im Forum mit Schmiedeessen, Feuer und Rauch endlich mal als überflüssig darstellt):

"Der antike Typ ist Stahl mittlerer Härte mit bescheidenem Karboniumgehalt. Er besteht aus Karbonium (von 0,4% bis 0,6%), Mangan (von 0,6% bis 0, 8%), Phosphor und Schwefel (0,05%).
Dieses Material kann einfach behandelt werden. Es wird bei 850° in Wasser erwärmt. Bei einer Abkühlung auf 400° wird es weniger zerbrechlich aber auch unbeweglicher. Es ist aber auf jeden Fall eine Stahlsorte, die eine grobe Körnung aufweist und demzufolge den Schliff nicht lange bewahren kann. Häufiges Nachschleifen verkleinert die Klinge und verleiht einen besonderen Geschmack, der im Alltagsgebrauch besonders hervorsticht." (Seite 12)

Also, liebe Messermacher: erhitzt euer Wasser einfach auf 850° und schwupps, sind die Messer fertig. Aber nie unter 400° abkühlen lassen, sonst werden sie unbeweglicher! Und damit für z. B. ein EDC völlig ungeeignet. :hmpf:
Ich persönlich mag übrigens den Messergeschmack am liebsten frisch nach dem Schleifen auf dem blauen belgischen Brocken...
Hmm, vielleicht mal nen Geschmacks-thread hier aufmachen? :cool:

Noch ein geniales Beispiel?
Auf Seite 127 ist ein Gerber MultiTool abgebildet mit der Beschreibung:
"Mehrzweckausstattung, Pinzette, in deren Griffe die Klingen, Einfädler und andere Werkzeuge eintreten können. Insgesamt neun Verwendungsweisen."

Ich habe zwar in den Urzeiten der EDV schon Tränen gelacht über so manche (automatische) Übersetzungsperle in Taiwan-Handbüchern, aber so ein (Nicht-)Lektorat bei einem doch recht aufwändigen Hochglanzbildband ist mehr als nur arg.

Also: meine klare Empfehlung, wenn man mal so richtig ablachen will.

Ansonsten lieber Finger weg!

Oder, wie die Übersetzerin so schön auf Seite 134 sagt: "Hergestellt für eine 'begrenzte Sammelleidenschaft' (...)" (sie beschreibt damit ein sehr schönes Beil).

Einen fröhlichen Abend noch,

Norbert
 
Och, das ist ganz easy, wenn man den Trick kennt, wie es dabei nicht anbrennt...

-ZiLi-
 
Freezer aus Batman ist auch in -800°C kaltes Wasser gefallen...:eek: Von wegen 0° Gefrierpunkt, 100° Siedepunkt. Der absolute Nullpunkt ist auch so ne Story...:irre:
 
.....manchmal nimmt man halt so einen dickeren Band vom Grabbeltisch des großen örtlichen Buchhändlers mit, wenn einen das Thema generell interessiert und der x-mal heruntergesetzte Preis attraktiv ist...

um dann zu Hause beim Lesen festzustellen: Au weia!.....
Ja, das ist amüsant und traurig zugleich.

Für das Buch "100 legendäre Messer" von Gérard Pacella (TOSA-Verlag, Wien) gilt übrigens genau das Gleiche:

schöne Bilder, aber der Text bzw. die Übersetzung aus dem Französischen ins Deutsche ist katastrophal!

Beispiel: "Die Pumpe der Raste auf der Seite und ein unvergleichlicher Griff". So wird ein Backlock von Bill Pease, USA, beschrieben.

Das sind diese Billigauflagen, wie man sie in Bahnhofsbuchhandlungen finden kann....

Gruß

sanjuro
 
Zuletzt bearbeitet:
Für mich hört sich das Geschwafel frei nach Babelfisch an..
Macht euch mal den Scherz : Übersetzt Shakespear aus dem englischen in´s Deutsche und dann wieder zurück : Oh welche Poesie ist dort entstande.
Reicht das immer noch nicht, halt noch zwei Runden.....
Dem harten Kern kann ich empfehlen mal Japanisch über solche Programme übersetzten zu lassen : Was man da Alles an Neuigkeiten erfährt.....:irre:
Gruß
Stefan
 
Was den Text angeht, muss ich dem oben Gesagtem voll zustimmen.
Je nach Preis kann das Buch aber trotzdem empfohlen werden, denn es sind einige wirklich gute und ungewöhnliche Stücke abgebildet. Da die Photoqualität hoch ist, kann es ruhig als Inspirationsquelle betrachtet werden.

Es war eins der ersten Bücher, die ich mir zum Thema besorgt habe und es hat mir durchaus einige Anstöße gegeben. Zum Glück hab ich günstig antiquarisch erstanden und mich vom Text nicht weiter abschrecken lassen.
 
nanu, noch ein Norbert aus Aachen! :staun:

Hallo Namensvetter.

Zum Glück habe ich das Werk bei der Mayerschen für wenige Euro erstanden.

Und wie ich schon sagte, die Fotos sind recht gut und zeigen doch z. Tl. sehr seltene und ungewöhnliche Formen von Messern.
Ob der Anspruch des Titels damit eingelöst wird, dass man sich hauptsächlich auf Exponate aus einer italienischen Sammlung beschränkt, wage ich jedoch zu bezweifeln.

Aber so zum Blättern... und als Inspiration... : ganz nett.

Man darf halt bloß keine Texte lesen wollen.

Grüße an den anderen Öcher,

Norbert
 
Mensch Männer !:mad:

Das mit dem 850° heissen Wasser bekommt ihr nicht hin ?:mad:

Also, man nehme einen alten Kupferkessel, zwei Schwänze "einer" toten Ratte, die Wurzelenden einer alten Eibe, ...................
- klar, geht nur bei Vollmond, wenn gleichzeitig in Südamerika die Sonne hinter den Wolken verschwindet und im November in Bad Bevensen ein Maikäfer fliegt.:haemisch:

Nachzulesen in:
Verry Schlotter, 57 Band, 4 Kapitel, Seite 749, zweiter Absatz.:glgl:

Tröstlich, dass jedem Hobbybastler, ab der 100° Grenze so langsam der Blödsinn solcher Flachansagen deutlich wird.

Allerdings - 100 legendäre Messer und so Bände habe ich damals auch gekauft.
Eben der Bilder wegen.
Bin PC und Internet-späteinsteiger, da gabs sonst kaum was zu finden.
Der unbedarfte Interessent findet im Buchhandel eben kaum wo was Besseres, wenn überhaupt etwas zum Thema.:irre:

Was Bilder angeht, habe ich aus dem Net heute hunderte gespeichert und Fachwissen, - na dazu gibts zum Glück unser Forum.

DANKE Pitter und überhaupt !!!:super::super::super:

Ralf.
 
"Der antike Typ ist Stahl mittlerer Härte mit bescheidenem Karboniumgehalt. Er besteht aus Karbonium (von 0,4% bis 0,6%), Mangan (von 0,6% bis 0, 8%), Phosphor und Schwefel (0,05%).
Dieses Material kann einfach behandelt werden. Es wird bei 850° in Wasser erwärmt. Bei einer Abkühlung auf 400° wird es weniger zerbrechlich aber auch unbeweglicher. Es ist aber auf jeden Fall eine Stahlsorte, die eine grobe Körnung aufweist und demzufolge den Schliff nicht lange bewahren kann. Häufiges Nachschleifen verkleinert die Klinge und verleiht einen besonderen Geschmack, der im Alltagsgebrauch besonders hervorsticht." (Seite 12)


Danke, ich konnte herzhaft lachen! :D

Liegt sicher daran, daß ich auch eher so der antike Typ mittlerer Härte bin...
 
Wer sich mit Wasser jenseits der 100°C beschäftigen möchte:
http://de.wikipedia.org/wiki/Dampfdruck
K. Scheffler, J. Straub und U. Grigull (1981): Wasserdampftafeln. Thermodynamische Eigenschaften von Wasser und Wasserdampf bis 800 °C und 800 bar. Springer-Verlag. ISBN 3540109307

Alles nur eine Frage des Kessels.....:D
Ob man da aber noch seine Klingen eintauchen möchte...:rolleyes:

Ich kann Bücher ala "gute Bilder, bekloppter Text" nicht leiden.
Dann lieber gleich die Originalausgabe, da versteh ich dann eh nix.:cool:

Gruß,
Pit
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

ich habe das Buch auch in meinem Regal stehen, sind ein paar nette Bilder drinn, aber es hat halt jemand geschrieben oder übersetzt, der vom Messermachen wenig Ahnung hatte.
 
Laßt mal gut sein ....das mit der Ahnung haben wovon man da schreibt.......au-weia.
Es gibt genug Bücher bei denen, wenn man sich etwas intensiver mit der Materie beschäftigt hat, sich schon fragen muß ob der Autor sich ernsthaft selbst mit dem Thema beschäftigt hat oder ob er einfach nur fleißig Texte zusammengetragen hat.
Manchmal muß man dann aber auch sich selbst sagen : Hey, was ich hier lese ist die Meinung des Autors .....mehr nicht.
 
....Manchmal muss man dann aber auch sich selbst sagen: Hey, was ich hier lese, ist die Meinung des Autors .....mehr nicht.
Für eine Zeitungskolumne, die ein Journalist als Kommentar zum Tagesgeschehen schreibt, kann ich Dir beipflichten; das ist eine Meinungsäußerung.

Wenn aber jemand ein Buch unter die Leute bringt, dann steht eine Gewinnabsicht dahinter, und diese optisch attraktiven Bücher werden in krimineller Absicht so billig gefertigt, dass damit ordentlich Kohle gemacht wird. Kaum jemand liest die Texte vor dem Kauf sorgfältig genug, um zu erkennen, dass da Mist produziert wurde, und damit rechnen diese speziellen Verlage.

Ich finde, dass solche Bücher indirekter Betrug sind, und mich ärgert es durchaus, wenn ich auf die schöne Fassade heringefallen bin!

Gruß

sanjuro
 
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