ich finde das Härten von niedrig legierten ('Carbon') Stählen schon einfacher. Sicher mit Normalisieren und Einformen wird das komplexer, aber das ist ja lediglich bei geschmiedeten Klingen notwendig und dann auch per Esse möglich, was den Aufwand wieder etwas relativiert. Bei den 'einfachen' Stählen muss man aber ein bisschen besser und genauer die richtige Zeit und Temperatur treffen, um feines Gefüge und gute Härteannahme zu erreichen - dafür gibts das Ganze im wesentlich niedrigeren Temperaturbereich um meist 800 bis maximal 900°C.
Rostträge möchte gerne mindestens 1000° (meist eher noch mehr), was mit einfachen Öfen oder einer Esse nicht getan ist. Rostträge profitiert wesentlich vom Tiefkühlen (also Trockeneis und Spiritus oder Stickstoff) und bei richtig hoch legierten PM-Stählen lässt man mehr als zweimal an - und mitunter auch für 2 statt einer Stunde. Das finde ich unterm Strich schon aufwändiger.
Und da muss man sich fragen, welchen Mehrwert man durch einen anderen Stahl hat. Was braucht man in der Küche denn wirklich? ....kommt ein bisschen darauf an, wie man schneidet und was in erster Linie. Hartes Schnittgut und Druckschnitt funktionieren mit nicht rostträgen Stählen auf Grund ihres meist feinen Gefüges (der relativ kleinen, gleichmäßig verteilten Karbide) zimelich gut. Da ist in erster Linie Kantenstabilität gefragt und das können die Rostträgen auch nicht besser - eher im Gegenteil: von den PM-Stählen einmal abgesehen muss man schon suchen, um ähnlich belastbare und hoch härtbare rostträge Stähle zu finden (AEB-L, Magnacut, 14c28 ...)
Zudem ist der Einfluss des Stahles meist doch nicht sooo signifikant, wie uns die Werbung manchmal glauben machen möchte. Sie steht hinter der sinnvollen Konstruktion (Geometrie/ Klingenstärke/ Schneidenwinkel). Wenn jemand Zeit und Geld da rein steckt, statt in Stahl, dann hält man oftmals dann das unterm Strich bessere Messer in der Hand.
Was auch schon geschrieben wurde, meiner Meinung nach oft zu wenig Bedeutung geschenkt wird: einfache Schärfbarkeit! Das sorgt in der Praxis bei mir dazu, dass ich häufiger ein wirklich tadellos scharfes Messer im Einsatz habe. Weniger Züge auf einem Sinterrubinstab bedeutet weniger Winkelfehler und schneller ein scharfes Messer. Zudem hält die wirklich schön feine Schärfe auch bei einem verschleißfesteren Stahl im Druckschnitt nicht deutlich länger. Also immer mal kurz Abziehen und dann geht es wieder fein scharf weiter. Chromhaltige Stähle sind einfach abriebfester und setzen harte Schleifmedien wie einen Keramikstab schneller zu. Das Ganze ist aufwändiger und wird dann weniger häufig gemacht (jedenfalls bei mir).
Unterm Strich also schon ein paar funktionale Überlegungen, die bei mir zum Einsatz von niedrig legierten Stählen führen. Das sind in der Küche aber dann schon keine wirklich einfachen Stähle, sondern meist die Stähle mit Wolfram dabei - die halten sowohl beim Druck- als auch beim Zugschnitt die Schärfe ganz ordentlich in der Küche. Sleipner und Co (da gehört für mich auch ein A2 dazu) sind - obwohl nicht rostträge - schon eher der Gruppe der hochlegierten Stähle zugehörig. Das sind keine 'Carbonstähle' von der Verarbeitung her. Und die 'einfachen' rostträgen Stähle wie z.B. 14c28 oder AEB-L brauchen auch ein gutes Händchen bei der Härtung. Im Datenblatt für den 14c28n sind einige Aufnahmen zur korrekten Härtung des Stahles zu sehen - auch da muss man - ähnlich der C-Stähle - Zeit und Temperatur möglichst gut treffen.
Der 14c28N ist dabei gar nicht mal so teuer: 2,5x90x83mm; da werden locker 4 ordentliche Küchemesser draus und da wäre ich mit rund 10€ pro Klinge dabei. Selbst beim doppelten Kurs ist das kein Argument für C-Stahl im Rahmen eines handgefertigten Messers.