Hallo Allesschneider,
die beiden Messer sind auch in der Funktion nicht vergleichbar. Das Watanabe in 21cm ist kein Allzweckmesser mit dünner Klinge, sondern hat eine breitere Klinge. Gemüsejulienne und andere feinen Dinge stelle ich mich sehr schwer damit vor.
Deine Frage gibt mir die Gelegenheit kurz
meine Entscheidungsgrundlage wiederzugeben, in der Hoffnung Dir damit zu helfen. Aber Vorsicht: jeder Jeck ist anders und hat andere Vorlieben.
Ich stand vor kurzem vor dem selben Problem und hab mir bei Watanabe ein Santoku in 20cm mit dünner Schneide fertigen lassen. Kostenpunkt mit blauem Stahl ca. 170$-200$, je nachdem ob schmiedebelassen oder matt poliert. Also genauso wie das Gyoto in 21cm. Ein Santoku in der Länge ist sehr schwer (ca. 220g), was nicht unbedingt jedermanns Sache ist. Ebenso macht Watanabe -- wie Peter schon sagte -- keine rostfreien Flanken bei Messern dieser Größe, auch nach expliziter Mailanfrage nicht. Die Flanken sind auch nicht aus Stahl, sondern aus weichem Eisen, wohl traditionell aus alten Ankern und Ankerketten (freut den Ökologen, den schon das schlechte Gewissen wg. Luftpost packte).
Ich bin sehr zufrieden und ich persönlich finde auch die Pflege nicht aufwendig. Klar läuft das Teil gerade beim Gemüse schnippeln etwas an, aber "echten" Rost oder gar Rostgeschmack im Essen hatte ich nicht, obwohl ich hauptsächlich Gemüse schneide, welches meist viel aggressiver als Fisch/Fleisch ist. Während des Kochens wische ich höchstens mal mit nem Zewa drüber, danach mit warmen Spüliwasser gereinigt und ab in die mitgelieferte Schachtel. Das Hattori macht aber mit Sicherheit noch weniger Arbeit.
Ich als ungeübter Schleifer muss sagen, dass ich das Schärfen meiner Solinger CroMo-Messer viel viel schwerer als die Carbonstahlschneider finde, schätze, dass das beim Hattori ähnlich ist. Man möge mich korrigieren, wenn ich mich irre.
Der traditionelle Griff oder evtl. auch die andere Balance (Schwerpunkt) führte bei mir auch sofort zu einem anderen Handling. Meine Europäer packe ich fast schon an der Schneide und weniger am Griff, den Japaner tatsächlich in der Mitte des Griffes, was die Gleichmäßigkeit der Schnitte erheblich verbessert hat. Ich hatte mir auch aus optischen Gründen einen achteckigen Griff machen lassen, halte dies für Rechtshänder aber mittlerweile für überflüssig. Der Mehrpreis ist es nicht Wert.
Zudem möchte ich nicht verschweigen, dass die extrem dünne Klinge schon zu einem kleinen Katscher geführt hat. Entweder beim Körnerbrot schneiden oder beim Sonnenblumenkerne hacken. Die seitliche Belastung ist zu groß. Stören tut die Ecke nicht wirklich, lasse sie aber just von Jürgen Schanz wegschleifen. Ist wohl eigentlich auch nicht schwer selber zu machen, wollte aber das nicht gerade bei meinem besten Messer ausprobieren. Ebenso fand ich den Erstschliff nicht so scharf, wie es eigentlich der Stahl und die Verarbeitung erlaubt hätten, aber das lässt sich ja einfach ändern.
Zwei Gründe sprachen letztendlich für das Watanabe. Außer dem beidseitigen Schliff für schiebende Schnitttechnik bei kleinen härterem Schnittgut wollte ich keine Kompromisse mehr eingehen, es sollte also sehr funktional sein, die Arbeit erleichtern, also scharf und dünn geschliffen und leicht zu schärfen sein. Dass die Dinger dann leichter rosten ist ein Manko, was derzeit nur Mutter Natur beheben könnte. Ich wollte auch kein in Japan hergestelltes europäisches Messer mit Nahost-Optik. Da würde ich dann eher bei Verzicht auf die (wirklich schönen) Damastoptik zu einem Herder greifen. Der letzte Grund ist der Kontakt und Service zu Watanabe. Er beantwortet schnell noch so dumme und nebensächliche Fragen (z. B. Auswahl von Kanjis für die Gravur), gibt eine lebenslange Garantie auf die Messer und das auch bei offensichtlichem Fehlgebrauch oder gar Bruch. Nur empfiehlt er wohl vielen europäischen Erstbestellern zuerst sein Gyoto. Dass das kostenlose (nur Porto) schärfen nur ein theoretischer Vorteil ist (ca. insgesamt 26 € Porto und viele Formulare beim Zoll zur legalen zollfreien Wiedereinfuhr nach nicht wertsteigender Reperatur), mindert nicht sein Engagement. Sein Kommentar zum Katscher war, schicke es mir, ich richte es und mach es evtl. auch dicker und damit unempfindlicher (allerdings auch "Schneideunfreudiger"). Es ist einfach schön auch noch nach dem Kauf Kontakt zum Hersteller aufnehmen zu können und auch noch kompetente Antworten zu erhalten. Die (bei mir) 30$-70$ Mehrkosten gegenüber dem HD zahle ich da gerne, zumal handgemechelte Messer in Deutschland zu so Mondpreise wie 500 Euro (nicht Dollar!) beim Haiku Pro Santoku führen.
Ich hoffe noch diesen Monat die Muße zu finden eine "Lang"zeiterfahrung mit Fotos hier einzustellen, vielleicht hilft dir das weiter, wenn du solange Gedult hast.
War jetzt doch nicht die kurze Antwort.

Hab aber noch einen. Ich vermisse es schon nach den paar Tagen, die das Messer jetzt unterwegs ist. Sie haben mir gezeigt wie schlecht eigentlich mein Haiku Home ist und wie schnell auch meine Solinger stumpf werden, obwohl ich mir vorher echt Mühe beim wasserschleifen gegeben habe.
Hth,
Holger