Welche Vorteile haben gesenkgeschmiedete Küchenmesser?

Bernd Heise

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Hallo,

welche Vorteile haben gesenkgeschmiedete Küchenmesser gegenüber gestanzten und stauchgeschmiedeten?

Gruß

Bernd
 
In der Gesenkschmiede kann man "dreidimensionale" Klingenformen herstellen, was beim normalen Stanzen natürlich nicht möglich ist. Das Puma "WHITE HUNTER" ist ein Beispiel für solch eine Klingenform, wiewohl es natürlich kein Küchenmesser ist.
Ich nehme nicht an, daß die Frage in Richtung "Schmieden besser als spanabhebendes Vefahren" geht. Darüber gibt es kontroverse Meinungen.

Beste Grüße
Matthias.
 
Industrielle Schmiedeverfahren

Bernd Heise schrieb:
.....welche Vorteile haben gesenkgeschmiedete Küchenmesser gegenüber gestanzten und stauchgeschmiedeten?....
Generell sind Verfahren vorteilhaft, bei denen mit hoher Energie starke Verformung bei möglichst nur einer Hitze erreicht wird. Bei PUMA ist/war das (heute weiß man ja nie, wer noch selbst schmiedet und wer zukauft....) dem Vernehmen nach so, dass einige Klingen mit einem Schlag (!) fertiggeschmiedet waren und nur noch geschliffen werden mussten.

Gruß

collin
 
Bernd Heise schrieb:
Hallo,

welche Vorteile haben gesenkgeschmiedete Küchenmesser gegenüber gestanzten und stauchgeschmiedeten?

Gruß

Bernd

Hallo Bernd,

ich fand ja schon die vorherige Diskussion zum Thema der einzig verbliebenen Solinger Schmiede hinreißend.. es geht dabei natürlich um Kirschner. Kirschner selbst ist aber nunmal Schmiede und macht keine fertigen Messer: Spricht: Offiziell kein Solinger Ursprung ohne weitere Bearbeitung (in allen wesentlichen Fertigungsstufen!!) bei einem Solinger Messerproduzenten.

Deine Frage ist gerne gestellt und schwer zu beantworten, es gibt aber Antworten. Wie ein Vorredner schon ausführte, gibt es die 3D-Formen, die beim Stanzen nicht gehen. Sprich: Deswegen ist das "TWIN Cuisine" auch die einzige Zwilling-Serie, die nicht stauchgeschmiedet ist, mit ihrem querliegendem Erl. Sie kommt von Kirschner.

Zu einem anderen Mitglied, das mitteilt, Zwilling spräche nach wie vor von SCT, kann ich nur sagen: Schlechtes Content Management. Es gibt kein SCT mehr bei Zwilling, ein Freund von mir arbeitet bei Zwilling im Werkezeugbau und hat die Umstellung aktiv mitgemacht.

SCT, also auch Stanzen statt Schmieden, was Zwilling schon seit den frühen 90ern machte, hatte das Problem des hohen Ausschusses und des Risikos, das ein Messer in der Mitte durchbricht, wenn die Schweißnaht nicht gut genug war.

Grundsätzlich hat das traditionelle Schmieden auch den wesentlichen Vorteil des viel besseren Umformgrades - das Gefüge des Materials ist fast optimal und daher auch die Schnitthaltigkeit besser - klarer Vorteil für die einzigen verbliebenen Supporter von vollgeschmiedeten Messern (Burgvogel, Solicut und Güde).

Der Kropf des vollgeschmiedeten Messers hat eine massive Struktur, während beim Stauchen Lücken in der Mitte verbleiben können, weil es sozusagen in Lagen zusammengedrückt wird (man nehme ein Stück Textil und schiebe es zusammen...).

Die drei Argumente dürften dem Liebhaber und ambitionierten Hobbykoch ausreichen, wer nur gelegentlich oder selten mit Messern zu tun hat, kann auch ein Wüsthof, Zwilling oder sonstige stauchgeschmiedete nehmen.

Über die Qualität der Japaner braucht man nicht lange reden, sie arbeiten mit hohem C-Anteil, aber sonst ist es eben auch gestanzt, geschweißt, preisgünstig ausgelasert oder einfach einfach.

Hoffe, einige brauchbare Infos beigetragen zu haben

Liamax
 
Hallo Liamax,

Liamax schrieb:
Hoffe, einige brauchbare Infos beigetragen zu haben
Allerdings :super:
Ich bin zwar dankbar für die Antwort(en) auf meine Frage(n) sowohl in diesem, wie auch in dem von Dir erwähnten Thread ... aber so wirklich weitergeholfen hatte mir das bisher nicht.

Liamax schrieb:
Grundsätzlich hat das traditionelle Schmieden auch den wesentlichen Vorteil des viel besseren Umformgrades - das Gefüge des Materials ist fast optimal und daher auch die Schnitthaltigkeit besser ...
Bedeutet das nun, daß bei zwei Klingen gleicher Härte die geschmiedete trotzdem schnitthaltiger ist? Wenn ja - warum ist dies so bzw. kannst Du näher erläutern wie die Umformung dies bewirkt?
Ist die bessere Schnitthaltigkeit der einzige Vorteil gesenkgeschmiedeter Klingen?

Liamax schrieb:
... klarer Vorteil für die einzigen verbliebenen Supporter von vollgeschmiedeten Messern (Burgvogel, Solicut und Güde).
Laut Zwilling und Wüsthof wird bei beiden stauch- UND gesenkgeschmiedet. Somit würde Deine Aussage nicht ganz zutreffen. Oder sind "vollgeschmiedete" Messer wieder etwas anderes als "gesenkgeschmiedete" :confused:

Danke für Deine Bemühungen.

Gruß

Bernd
 
Bernd Heise schrieb:
Ist die bessere Schnitthaltigkeit der einzige Vorteil gesenkgeschmiedeter Klingen?

Welcher Vorteil. Es ist bei den typischen Solinger Küchenmessern aus Chromstahl vollkommen wurscht, ob gestanzt oder geschmiedet. Ich geh mal davon aus, dass das jeweilige Verfahren nicht wegen der Stahlfrage verwendet wird, sondern es vielmehr darauf ankommt, was da für eoine Form rauskommen soll.
Bei einem einfachen Messer mit angespritztem Griff, oder eines, auf das zwei Schalen aufgenietet werden, kann ich Stanzen/Lasern sonstwie schneiden. Hab ich eine Halbintegral/Vollintegral Konstruktion - wie bei den besseren Messern - muss ich entweder Gesenkschmieden oder in 3D Fräsen, Schneiden/Fräsen was auch immer. Da dürfte Schmieden einfach viel schneller sein. Rein in den Induktionsofen - Dadäng - und hinten fallen die Rohlinge raus (oder wird das kalt gemacht?).

Jedenfalls hat das auf die Klinge grundsätzlich keinen Einfluß. Wo soll der herkommen? Und jetzt fange mir keiner an, was von Umformungen im µ Bereich zu erzählen. Selbst wenns die gäbe, bei den Anforderungen an und der Arbeitsweise mit solchen Messern spielt das die Rolle Null.

Grundsätzlich keinen Einfluß - weil die Integral Dinger halt auch zu den teureren Serien zählen. Inwieweit man da generell mehr Aufwand macht, als bei den einfacheren, keine Ahnung. Bei den Messern der bekannten Marken konnte ich jedenfalls in der Praxis nie nen Unterschied in der Schnitthaltigkeit feststellen.

In der Ergonomie/Gewichtsverteilung dagegen schon, aber das ist eine subjektive Sache.

Grüße
Pitter
 
Hallo pitter,

pitter schrieb:
Es ist bei den typischen Solinger Küchenmessern aus Chromstahl vollkommen wurscht, ob gestanzt oder geschmiedet.
Bedeutet das im Umkehrschluß, daß sich die Eigenschaften von Messern aus Nicht-Chromstahl (z.B. die 1922 von Herder oder C60 von Güde) durch das gesenkschmieden verbesseren? Falls ja: Welche Eigenschaften verbessern sich und wodurch wird diese Verbesserung hervorgerufen?

Dank und Gruß

Bernd
 
Bernd Heise schrieb:
Bedeutet das im Umkehrschluß, daß sich die Eigenschaften von Messern aus Nicht-Chromstahl (z.B. die 1922 von Herder oder C60 von Güde) durch das gesenkschmieden verbesseren?

Das kannst Du auf Molekülebene mit Roman, Herbert und Konsorten diskutieren. Meiner Meinung nach, bei der heute lieferbaren Qualität, spielt es keine Rolle.

Udn ich muss ganz ehrlich sagen, ich hab die Stahldiskussion in den Details wie "Verdichten oder nicht", "längs oder quer der Walzrichtung", etc. schlicht abgehakt. Neben den Grundeigenshaften des Stahls, der Schneidengeometrie und der Art der Anwendung ist das alles Korinthenkackerei mit Tendenz zu Bachblüten und Vollmondnächten.

Grüße
Pitter
 
Bernd Heise schrieb:
...
Bedeutet das nun, daß bei zwei Klingen gleicher Härte die geschmiedete trotzdem schnitthaltiger ist? Wenn ja - warum ist dies so bzw. kannst Du näher erläutern wie die Umformung dies bewirkt?
Ist die bessere Schnitthaltigkeit der einzige Vorteil gesenkgeschmiedeter Klingen?

Nein, das ist nicht so.
Die Schnitthaltigkeit wird durch Legierung (+ End-Gebrauchshärte) und Klingen-/Schneidkantengeometrie bestimmt, siehe Beiträge von Roman, Herbert und Uli Gerfin.

Das Gefüge, was zur "besseren" Schnitthaltigkeit nötig ist, wird in erster Linie durch die korrekte WB beeinflusst, und nicht durch Hammer oder Bandschleifer. Diese Legende stirbt anscheinend nie aus.

Der Hauptvorteil wurde von Pitter schon angesprochen, es ist die andere, weil materialausnutzendere, kompaktere Formgebungsmöglichkeit beim Schmieden - wenn man diesen Kropf vorn am Griff nicht bräuchte oder nicht haben wollte, würde man die Rohlinge vermutlich auch nur ausstanzen und Schleifen - ist auch eine Frage der Fertigungsrationalität.

Die erforderlichen WB-Schritte (Glühen, härten, anlassen, evtl. das einen oder andere Zwischenglühen nach dem Schmieden) bleiben auch beim Gesenkschmieden nicht erspart.

Gruß Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Bernd,

mir kommt es so vor, als hättest Du etwas Spezielles im Hinterkopf. Klar gibt es industrielle Fertigungsverfahren, bei denen z.B. an eine Warmumformung noch eine Kaltverformung anschließt oder durch sonst eine Umformung eine Kaltverfestigung anschließt, aber das ist alles wurscht, wenn sich noch eine Wärmebehandlung anschließt. Sicher könnte man darüber nachdenken, ob nicht ein unterschiedlich verformtes Gefüge zu unterschiedlicher Keimbildung für den Austenit beim Härten neigt, aber ich behaupte einfach mal, das sei nicht so entscheidend (mal sehen, ob mir der Roman auf die Finger klopft ...).
Eine korrekte WB sorgt für die richtige Härte und für ein feines Korn und ein fachmännisches Schärfen für die passende Schneidengeometrie.


Naja, vielleicht doch etwas mehr Details, ich hoffe, das ist auch in diesem Unterforum erlaubt: Streichen wir mal das Wort Gesenkschmieden und ersetzen es durch Warm- und Kaltumformen. Das Kaltumformen kennt wohl jeder am Beispiel eines Drahtes, den man so lange biegt, bis es bricht. -Durch die Verformung erhöht sich die Versetzungsdichte (=Unordnung/Verspannung/...) im Gefüge. Es wird immer härter (was man auch daran sieht, daß sich der Draht viel lieber etwas daneben zurückbiegen will) und auch spröder bis der Draht bricht.

Ab einer gewissen Temperatur, die unterschiedlich ist von Material zu Material, können Versetzungen wandern = kann sich die Unordnung ausgleichen, man spricht von Erholung. Das Material verfestigt nur bis zu einem gewissen Grad und läßt sich somit leichter Umformen. Technologisch interessant ist natürlich noch, daß bei einer höheren Temperatur die thermische Werkzeugbelastung dafür größer ist. Je nach Umformgrad und Temparatur kann auch noch Kristallisation auftreten, sprich, es bilden sich neue, störungsfreie Körner. Das passiert idR auch, wenn zwischengeglüht wird

Aaber: Das ist alles in erster Linie für die Formgebung interessant: Wie schnell und wie billig kann ich etwas in die angestrebte Form bringen?

Aber die anschließende WB ist ja eh eine mehrmalige "Umkristallisation", also so wie so ein neues Gefüge.


Gruß,

Daniel
 
Hallo Daniel,

haasi schrieb:
... mir kommt es so vor, als hättest Du etwas Spezielles im Hinterkopf.
Das täuscht. Meine Eingangsfrage hat keinerlei Subtext. Es ist allerdings so, daß die gegebenen Antworten teilweise zu neuen Fragen führen. Aber so langsam beginnt sich der Nebel zu lichten.

Gruß

Bernd
 
Bernd Heise schrieb:
Es ist allerdings so, daß die gegebenen Antworten teilweise zu neuen Fragen führen.

Das ist dem Messerforum systemimmanent ;) Du musst nur aufpassen, dass Du Dir ein Messer kaufst, bevor alles geklärt ist, sonst hast Du nie eines :confused:

Grüße
Pitter
 
@haasi
(mal sehen, ob mir der Roman auf die Finger klopft ...).

ich lese und beobachte und freu mich darüber wie alle voneinander lernen :ahaa:

denn die Leistung zur Verbreitung von echtem Wissen der vielen aufgeklärten und rationalen Teilnehmer hier, kann ich nicht ersetzten..
 
Bernd Heise schrieb:
Hallo Daniel,


Das täuscht. Meine Eingangsfrage hat keinerlei Subtext. Es ist allerdings so, daß die gegebenen Antworten teilweise zu neuen Fragen führen. Aber so langsam beginnt sich der Nebel zu lichten.

Gruß

Bernd

Moin Bernd,

aaalso, ich kann eigentlich niemanden, der sich zuletzt geäußert hat, wirklich widersprechen. Ein gutes Messer hängt nicht nur am Schmiedeverfahren, sondern an den weiteren Schritten des optimalen Härtens (hey, ein neues Thema: Wer härtet eigentlich noch selbst? Bandhärten oder Vakuumhärten??? ;-)), des richtigen Oberflächenschleifens, des Abzug, des Watenwinkels etc.pp. das eine gut gemacht reicht noch nicht wenn der nächste oder vorherige Arbeitsgang schlecht gemacht ist.

Die Frage darf durchaus auch emotional betrachtet werden: Ich find's einfach sch..., wenn besonders die großen Markeninhaber nur noch gestanzte Messer produzieren (man führe sich bitte ganz klar vor Augen, dass die Vier Sterne, Grand Prix und Classic dieser Welt allesamt gestanzt und nicht geschmiedet sind!), um Geld zu sparen, am Markt aber die gleichen hohen Preise verlangen. Ich persönlich fühle mich einfach wohler, wenn ich noch ein richtig schönes, geschmiedetes Stück Solinger Handwerkskunst in den Händen halte und damit ein Leben lang erfreue, als ein paar Jahre ein pseudo-geschmiedete zu gebrauchen, bis ich mich eines besseren besinne.

Ich mag z.B. das rote Logo mit den Männchen sehr, aber sie haben mittlerweile mehr Mitarbeiter in China als in Solingen und was sie hier machen, ist nicht ganz ehrlich. Ich bevorzuge, einige wenige verbliebene dem Standort treu bleiben und auch den Traditionen, ohne dass dies betriebswirtschaftlichen Regeln widersprechen müsste.

Grüße

Liamax
 
Liamax schrieb:
Ein gutes Messer hängt nicht nur am Schmiedeverfahren, sondern an den weiteren Schritten des optimalen Härtens (hey, ein neues Thema: Wer härtet eigentlich noch selbst? Bandhärten oder Vakuumhärten??? ;-)), des richtigen Oberflächenschleifens, des Abzug, des Watenwinkels etc.pp. das eine gut gemacht reicht noch nicht wenn der nächste oder vorherige Arbeitsgang schlecht gemacht ist.
So weit so klar. Darum lautete meine Frage auch nicht welchen Stellenwert das gesenkschmieden innerhalb der die Qualität eines Messers ausmachenden Eigenschaften einnimmt.
Ich formuliere die Frage einmal anders: (Den höchst unwahrscheinlichen Fall) Angenommen, daß alle die Qualität eines Messers ausmachenden Faktoren identisch sind - welche Vorteile (im Gebrauch, nicht in der Produktion) haben dann gesenkgeschmiedete Messer gegenüber gestanzten oder stauchgeschmiedeten?
Aber vergesst die Frage gleich wieder. Aus den diversen Antworten hier und in anderen Threads leite ich ab: Keine nenneswerten.
Ich gebe zu, daß mich dieses Ergebnis doch sehr überrascht.

Dank an alle

Bernd
 
Bernd Heise schrieb:
Ich formuliere die Frage einmal anders: (Den höchst unwahrscheinlichen Fall) Angenommen, daß alle die Qualität eines Messers ausmachenden Faktoren identisch sind - welche Vorteile (im Gebrauch, nicht in der Produktion) haben dann gesenkgeschmiedete Messer gegenüber gestanzten oder stauchgeschmiedeten?

So gefragt gibts eine weitere Dimension, die bisher AFAIK nicht behandelt wurde: Geschmiedete Messer sind normalerweise schwerer als ais Bandblech gestanzte. Und das hat durchaus seine Eigenschaften im Gebrauch - ob das nun ein Vorteil ist oder nicht ist wohl individuell zu klären. (ich persönlich mag schwerere Messer lieber)
 
Tigerfinkli schrieb:
...Geschmiedete Messer sind normalerweise schwerer als ais Bandblech gestanzte...)

Das liesse sich durch ein Halb- oder Vollintegral oder entsprechende Backen ausgleichen - bliebe also immer noch die Frage nach dem eigentlichen Unterschied zwischen schmieden und stockremovlen...
 
hobby schrieb:
Das liesse sich durch ein Halb- oder Vollintegral oder entsprechende Backen ausgleichen

Die besprochenen und von Kirschner hergestellten gesenkgeschmiedeten Messer sind AFAIK alles "Vollintegrale" - also kriegst du das mit Bandstahl nicht schwerer hin und mit Backen beschwerst du auch nur den Griff ;)

Also zumindest für Massenware kann die Fausregel "gschmiedet = schwerer als gestanzt" gelten :hehe:
 
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