Wer kennt diese Herstellerstempel?

Yettham

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Hallo zusammen,
am Wochenende habe ich zwei Klappmesser von Flohmarkt erstanden. beide Hersteller kannte ich bis jetzt nicht. Kennt jemand diese Marken:

1. Ein Rehbock und eine Ricke (so sagt man, glaub´ich) stehen einader gegenüber, ihre Hälse überkreuzen einander. Vgl. Photo. wie alt mag das sein?


2. Gebr. Becker, der Stempel scheint ein Koch mit Mütze zu sein, der Messer und gabel in den Händen hält, das Ganze in einem gleichseitigen Dreieck. Google ergab, daß es einen Hersteller gibt, der heute anscheinend Manicure-Geräte herstellt. Wo finde ich mehr Informationen über diesen Hersteller? Wie alt könnte das einklingige Klappmesser sein?

3. Da gab´s mal ein Verzeichnisvon Herstellerstempeln, Warenzeichen, Schmiedemarken hier im Forum - wo find´ich das nur?

Würde mich sehr freuen, wenn mir jemand weiterhelfen könnte - auch, wenn es nur Links sind. Bin einfach nur neugierig. Danke vorab!

Yettham
 

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Fabrikzeichen

3. Da gab´s mal ein Verzeichnisvon Herstellerstempeln, Warenzeichen, Schmiedemarken hier im Forum - wo find´ich das nur?

Der Hinweis von WalterH zum "Buch über (v.a. ältere) Solinger Handwerkszeichen" im vorangegangenen post zeigt eine sicherlich interessante Literaturquelle auf. Allerdings findet sich dort nur eine kleinere Anzahl von historischen Handwerkszeichen Solinger Schmiede, die von Industrieunternehmen als Fabrikzeichen verwendet wurden.

Hier gab es anderen Hinweis auf Firmen, die in den vergangenen 120 Jahren in der Messerbranche tätig waren:
http://www.messerforum.net/showthread.php?t=64352&highlight=anthony+carter

twins
 
Vielen Dank Euch allen. Die Links zu den Firmen und Firmenzeichen lege ich mir sorgfältig ab, damit sie nicht wieder "verlorengehen".

Für mich ist es immer wieder ein fesselndes Stück Heimatgeschichte (bin aus Wuppertal = Nachbarstadt von Solingen), wenn eine heute fast vergessene Firma in dem ein oder anderen alten Messer für mich "weiterlebt". Wenn die alten Schätzchen etwas taugen, dann werden sie bei mir auch benutzt. Sie "leben" dann, sie tragen die Zeichen ihrer langen Gebrauchs- (und manchmal auch Mißbrauchsgeschichte) und das bedeutet mir mehr als ein neues Messer in "mint-condition".

@ torel: Ja, Du hast recht. Die Messer werde ich heute abend als Ganzes photographieren und hier einstellen. Muß sie zunächst noch grob reinigen, das Aufarbeiten wird noch etwas auf sich warten lassen.

Gruß an ein tolles Forum mit netten Mitgliedern. Ihr begeistert mich immer wieder. Hier werde ich geholfen! Rainer
 
Hier nun die versprochenen Photos der ganzen Messer. Sind nicht schön, aber man kann erkennen, wie die Messer aufgebaut sind. Das schöne SAK-artige rote Messer mit Messingplatinen habe ich übrigens geschrottet, weil ich wider besseres Wissen alle Werkzeuge gleichzeitig halb ausgeklappt habe - dabei brach die Feder.... :mad:
 

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Ist schade mit der gebrochenen Feder.

Noch ein paar Worte zu "Bock und Ricke". Dies war urpsrünglich das Markenzeichen der Solinger Firma Linkat G.m.b.H. Diese war 1919 von Max Linder und Ernst Endrikat gegründet worden. Der Firmenname setzt sich offensichtlich aus den Anfangs- und Endbuchtstaben der Namen der beiden Herren zusammen.

Das Gründungsdatum der Firma 1919 weicht etwas vom "Standard" ab. Die meisten Solinger Firmen wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der Blützeit der Industrialisierung gegründet.

Die Firma Linkat entstand jedoch in der besonderen Situation der Zeit nach dem 1. Weltkrieg. Kurz nach dessen Ende war die Lage der Solinger Industrie katastrophal. Die meisten der für die exportorientierte Solinger Industrie wichtigen Außenhandelsbeziehungen waren während des Krieges unterbrochen. Die britische Besatzungsmacht hatte zunächst ein völliges Ausfuhrverbot erlassen (Solingen gehörte zum britisch besetzten "Brückenkopf" um Köln), das allerdings in der ersten Hälfte des Jahres 1919 aufgehoben wurde.

In der zweiten Hälfte des Jahres 1919 änderte sich die Absatzsituation für die Solinger Industrie schlagartig durch eine "Inflationskonjunktur". Die Leipziger Herbstmesse 1919 bildete den Auftakt für die Wiederaufnahme umfangreicher Beziehungen zu ausländischen Abnehmern. Durch die Inflation und Differenzen zwischen der inneren und äußeren Kaufkraft der Währung konnten die Solinger ihre Waren zu konkurrenzlos günstigen Preisen auf dem Weltmarkt anbieten.

Die Inflationskonjunktur hat in Solingen zur Gründung einer großen Zahl (eher kleiner) Betriebe geführt, die auf der Welle mitschwimmen wollten. Linkat kann grundsätzlich zu diesen "Konjunkturfrabrikanten" gezählt werden. Ob der Vorwurf mangelnder Qualität, der gegen die Produkte dieser Fabrikanten oft gemacht wurde, zutrifft, lässt sich durch die zwei Exemplare der Firma, die mir vorliegen, nicht ohne weiteres bestätigen (ein Rasiermesser - keine erkennbaren Mängel; ein Taschenmesser - nicht perfekt, aber keine gravierenden Mängel).

Die Firma Linkat G.m.b.H. hat wohl nicht lange existiert. Carter gibt über ihr Schicksal leider keine Auskunft. Ich bin jedoch in einer zeitgenössischen Fachpublikation von 1939 auf eine Werbeanzeige der Firma Gustav & Wilhelm Stock gestoßen. Daraus wird ersichtlich, dass das Markenzeichen "Bock und Ricke" auch von dieser Firma verwendet wurde.

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Auf dieser Seite (nach Buchstaben sortierte deutsche Hersteller von Rasiermessern) ist zudem angegeben, dass der Firma Stock auch der Markenname "Linkat" gehört hat: http://www.archivingindustry.com/cutlers&toolmakers/razormakers.htm

Es kann vermutet werden, dass die Firma Stock Linkat bzw. deren Markennamen und Bildmarken aufgekauft hat. Vielleicht ist die ursprüngliche Linkat G.m.b.H. der Weltwirtschaftskrise Anfang der dreißiger Jahre, die Solingen schwer heimgesucht hat, als kleine junge Firma zum Opfer gefallen.

Dass Schneidwaren zur ursprünglichen Linkat G.m.b.H. gehören, ist nur sicher, so ist zu folgern, wenn ein eindeutiger Hinweis auf die Linkat G.m.b.H. gegeben ist, so wie bei dem bereits verlinkten Rasiermesser:

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Die Verwendung der Wort- und Bildmarken von Linkat durch die Firma Stock ist ein Indiz dafür, dass die Linkat G.m.b.H. im kurzen Zeitraum ihrer Existenz sich einen guten Ruf erworben hatte und kein typischer "Konjunkturfabrikant" war.

Noch ein Bild vom erwähnten Taschenmesser (nur mit Bildmarke):

8285887fgc.jpg
 
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Hallo ...

... erstmal Entschuldigung, daß ich diesen alten Thread wieder auskrame - die Suchfunktion war mir dabei behilflich. Ich bin auf der Suche nach Informationen über ein Messer/ den Hersteller "Gebr. Becker". Es handelt sich exakt um das gleiche Messer wie auf Bild 2 aus Post #9, welches ich heute Nachmittag aus einer Kiste (Erbmasse) gekramt habe. Ich wüsste u.a. gerne wo mein Fund zeitlich einzuordnen ist, und ob das Messer "zu seiner Zeit" ein häufig anzutreffendes Messer war wie bspw. heute die "roten Schweizer"?
Falls doch noch wer Infos (Links) zur Geschichte des Messers oder des Herstellers hat, dann gäbe es jetzt noch einen weiteren neugierigen und dankbaren Interessenten ;)


Liebe Grüße,
cybumbee
 
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