Wiedermal 'ne Frage zur Härteeinschätzung

Stahlophil

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Hallo!

Da ich meine Klingen selbst härte bin ich natürlich auch immer auf der Suche nach einigermaßen verlässlichen Qualitätskontrollen meiner Ergebnisse. Auch abseits der technischen Möglichkeiten einer professionellen Härtemessung.
Eine Vorgensweise von mir ist z.B., daß ich mit den gehärteten und grob angeschliffenen Klingen Späne aus Nägeln herausschnitze. Das wiederhole ich dann nochmal an einem Stahl der ca. 53-54 HRC aufweist und schließlich versuche ich mich an einem Stück das bei ca. 58 HRC liegt. Klar werden die Klingen dabei stumpf, aber sie heben Späne ab ohne größere Schäden wie z.B. Ausbrüche erkennen zu lassen.
Meine Frage: Was sagt mir das in Bezug auf die Einschätzung der Härte meiner Klingen?
Klar: Sie sind wohl härter als 58 HRC. Aber um wieviel? Würde ein Unterschied von einem mikrigen HRC schon solche Leistungen möglich machen oder braucht es dazu doch ein bisschen mehr. Ich bin gespannt was die Materialspezialisten hier so schätzen. Ich will die Klingen auf jeden Fall auch mal professionell messen lassen um meine groben Schätzungen gefühlsmäßig etwas besser auszudefinieren. Ja ich weiß, daß ist ein Widerspruch in sich...

Beste Grüße
 
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Da ich meine Klingen selbst härte bin ich natürlich auch immer auf der Suche nach einigermaßen verlässlichen Qualitätskontrollen meiner Ergebnisse. Auch abseits der technischen Möglichkeiten einer professionellen Härtemessung.

http://www.amesportablehardnesstesters.com/

Gibts auch gebraucht. Die Dinger werden seit +50 Jahren mehr oder weniger unverändert gebaut. Für günstig muss man dann eben etwas Geduld haben. Ok, und nen freundlichen Helfer, falls das Ding dann doch unerwartet ne Macke hat ;)

Ich mein, wenn man schon selber härtet, wären mir verlässliche, reproduzierbare und einigermassen exakte Messwerte wichtig.

Pitter
 
Zuletzt bearbeitet:
Tragbare Härteprüfgeräte der von Pitter geschilderten Art gibt es auch bei Nabertherm- leider nicht ganz billig.

Am Anfang der Beschäftigung mit dem Härten sollte man schon für nachprüfbare und verläßliche Kontrollen sorgen.
Überraschend viele Betriebe haben Härteprüfgeräte und machen mal ein paar Proben.
Das sollte man schon nutzen.

Wenn man seine Werkstoffe und seine Härtetechnik kennt, wird es genügen, mal Stichproben zu machen. Dabei wird sich herausstellen, daß man in so gut wie allen Fällen mit seinen Erwartungen richtig liegt.

Neben den professionellen Prüfgeräten gibt es eine Reihe von Behelfsmöglichkeiten, um die Härte festzustellen. Beispielsweise gibt es spezielle Prüffeilen und dazu gehörende Prüfkörper zum Vergleich, mit denen man bei einiger Erfahrung die Härte zuverlässig feststellen kann.
Ähnlich arbeiten kleine spitze Stahlstifte, mit denen man über die zu prüfende Oberfäche kratzt.
Noch einfacher ist die Feilprobe an der Klinge selbst, die aber nur eine ungefähre Zuordnung erlaubt.

Diese Ersatzprüfungen setzen aber ein gewisses Maß an Erfahrung voraus.

Umgekehrt: Die Härte ist nicht das einzige und wichtigste Kriterium der Beurteilung.
Bei gleicher Härte kann eine Klinge vorzüglich oder unbrauchbar sein.

Deine Vorgehensweise ist daher gar nicht so schlecht.
Wenn Deine Klingen an einem Probestück mit 58 HRC ohne zu splittern oder Ausbrüche zu zeigen, noch Spänchen abnehmen und sich auf eine feine Schärfe bringen lassen, kannst Du wirklich zufrieden sein.
Ob sie 60, 62 oder 64 HRC hart sind, ist dann relativ belanglos.

Es braucht auch keine großen Unterschiede in der Härte, um noch Spänchen abzuheben. Du arbeitest dabei mit einer relativ stabilen Kante Deiner Klinge. Ist sie feinkörnig und damit neben der Härte auch zäh, wird sie von einer ähnlich harten Struktur, deren Zusammenhalt durch grobes Korn verschlechtert, ist noch Teile abtrennen oder abbröckeln können.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Hallo,
ich habe bei dem Großem Online Auktionshaus ein Härteprüfgerät
entdeckt das sich "Sklerograf" nennt und ein Rückprallhärteprüfgerät ist.
Für knapp 100.-€ kann man damit messen wie Hart man gehärtet hat.
Mit der dazugehörigen Tabelle kann man dann in HRC umrechnen.

Nur so als zusätzlicher Hinweis, was zeigt das man sich nicht in Unkosten stürzen muss um eine relativ genaue Prüfmethode zu haben.

Gruß Dirk
 
Hallo, danke für die Hinweise und erhellenden Worte!

Die Anschaffung eines Härteprüfgerätes wird wohl leider noch ein bisschen warten müssen. Zunächst stehen noch ein paar andere Anschaffungen für die Werkstatt auf dem Plan, die ich als wichtiger erachte. Ich bin allerdings schon auf der Suche nach einer Härterei in der Umgebung die meine Klingen mal testet. Es wäre halt mal interessant die Härte ganz offiziell bestätigt zu wissen. Mit der Einschätzung der Härte per Feilentest tue ich mir schwer. Deswegen schnitze ich ja nach erfolgtem Flextest zusätzlich gerne nochmal an gehärtetem Stahl herum.
Probleme mit groben Korn habe ich eigentlich sehr selten (habe schon diverse Bruchtests hinter mir) und die Messer bewähren sich im Alltag. Trotzdem: Für den Kopf wäre eine Rockwell-Prüfung wohl besser. Gerade um gewisse Phänomene beurteilen zu lernen, wie sie bei mir manchmal direkt nach dem Härten auftreten: Meine Art die Klingen vor dem Härten zu finishen macht es mir manchmal unmöglich einen erfolgreichen Glasritztest nach dem Härten zustande zu bringen. Obwohl eine Feile nicht mehr greift, ritzt sie kein Glas... Oder nach dem Härten greift eine Feile mit vieeel Druck noch minimalst, obwohl die Härtung temperaturmäßig absolut im grünen Bereich lag.
Man fragt sich dann halt schnell ob man Potenzial verschenkt hat, auch wenn die Klingen nach dem Anlassen absolut einwandfrei und erwartungsgemäß arbeiten. Es ist halt nicht so ganz einfach als qualitätsbesessener Autodidakt da ein Gefühl der Sicherheit zu entwickeln...

Noch eine Frage zum Feilentest direkt nach dem Härten:
Ich weiß um das Phänomen, daß Feilen unmittelbar nach erfolgter Härtung noch greifen können. (noch nicht gewandelter Austenit)
Ich arbeite oft mit 1.2510 und erlebe es recht häufig, daß ein Feile die ich wirklich kräftig auf die Schneidkante oder den Messerücken drücke minimalste, oberflächliche Kratzer macht. Die Kratzer sind recht fein, aber mit dem Fingernagel noch spürbar. Oft kann man den Test auch nicht wiederholen weil die Prüffeile dann absolut stumpf wäre. Ich frage mich an diesem Punkt immer ob ich etwas falsch gemacht habe oder ob dieses Phänomen mit Randentkohlung, Restaustenit oder werweißwas zu tun hat.
Oder will ich einfach zu viel? Ich meine, wenn die Klinge volle Ansprung-Härte erreicht hat (1.2510), dann liegt sie ja in dem HRC-Bereich den eine gute Feile (meistens Pferd) durchaus auch erreichen kann. Sollte ich also nicht wie ein Schmied aufdrücken und mich mit dem Abgleiten an der Schneidkante bei relativ wenig Druck zufriedengeben?

Bei einer Ausschußklinge aus 1.2842 habe ich ähnliches beobachtet. Feilentest "zufriedenstellend" absolviert. Danach Mülltonne weil sie durch einen Aufheizfehler extrem verzogen war. Am nächsten Tag bin ich nochmal mit der Feile rangegangen und hatte das Gefühl das die Klinge über Nacht nochmal einiges an Oberflächenhärte zugelegt hat. (Austenit? Sollte der nicht eigentlich nach fünf Minuten schon umgeklappt sein?) Mit keinem Werkzeug außer einer Anreißnadel mit Karbidspitze war es mir möglich auch nur den geringsten Oberflächenkratzer zu verursachen. Glasgeritzt hat sie danach trotzdem nicht. Liegt bei mir wohl wirklich am Finish der Kanten...

Beste Grüße
 
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Beim Prüfen der Härte mit Prüffeile und Vergleichskörper arbeitet man mit leichtem Druck. Mit sehr kräftigem Druck kann man auch mit einem weicheren Material auf härterem Spuren hinterlassen.
Man kann das mit einer Prüfnadel aus Feilenstahl selbst testen.

Der Glasritztest funktioniert mit abgerundeten Schneidkanten kaum. Man muß dazu eine rechtwinklige Kante stehen lassen.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Hallo Stahlophil,
unser Experte Gerfin hat absolut recht. Härte ist nur ein kleiner Baustein bei einem optimalen Gefüge.
Prof. Eckstein -der die dicke Härtefibel geschrieben hat - gab mal ein Beispiel:
Bohre ein Loch , reibe es mit H9 auf , dann messe es mit einem Zollstock,
das ist Härtemessung.(bin kein Ketzer , aber in der Qualitätsprüfung der Härterei )
Also , nicht wie das Kaninchen nur auf Härtewerte schauen , nein der ganze technologische Ablauf führt zum Erfolg.
Hier muss jeder entscheiden was er für Eigenschaften haben will. Das geht im nicht industriellen Bereich nur über empirische Versuche.
Dieses Feld ist sehr weitläufig und nicht mit ein paar Handgriffen zu erschließen - man denke an Toleranzen ,Messverfahren und und und!!
Feilhärte endet übrigens nach meinen Kenntnissen bei ca. 50 HRC.
Fazit , es gibt die Wundermessung leider nicht.
gruss fritz
 
Hallo!

Nochmals Dank für die Informationen. Insbesondere an Ulrich Gerfin.
Ich freue mich jedes Mal, wenn meine Pipifax-Fragen geduldig und zuverlässig von Dir beantwortet werden.
Mir fällt immer wieder auf, daß manchmal sehr Grundlegendes immer noch nicht abschließend von mir behandelt wurde und ich manchmal monatelang mit einem Fragezeichen im Hinterkopf herumrenne. Trotz längerer Beschäftigung mit dem Thema.
Ich bin deshalb froh hier auch "dumme" Fragen stellen zu können.
Das ist echtes Internet-Mentoring. Für einen einsamen Bastler wie mich eine tolle Sache...

Beste Grüße...
 
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