Hm, Floppi, also eine Tabelle mit Kochrezept kann ich auch nicht liefern. Aber grundsätzlich ist ist es ja so: Das Härten (ich meine das Abschreckhärten mit der allotropen Umwandlung Austenit zu Möchtegernferrit und nicht rauskommendem Kohlenstoff zur metastabilen Phase Martensit) ist ein Umklappprozess. Das Anlassen ist ein Diffusionsprozess. Beim ersten genügt das Über-/Unterschreiten bestimmter Grenztemperaturen(Enerigen), um den Effekt hervorzurufen, der Effekt selbst vollzieht sich quasi instantan. Beim zweiten, dem Anlassen, braucht es
a) eine Mindestaktivierungsenergie (Temperatur)
b) eine genügende Zeit, den Prozess vollständig ablaufen zu lassen.
So, soweit so gut, genügend Zeit ist relativ. Aktivierungsenergie hängt noch von der Stabilität des Ausganszustandes ab.
Wenn man also verdammt hoch gehärtet hat, so vollzieht sich das Anlassen mit den gewünschten Effekten
entweder früher
oder schneller.
Die Grenztemperaturen hängen natürlich noch von den Legierungsbestandteilen ab, so dass die Verhältnisse erst recht komplex werden.
Theoretisch ist es so, dass die letzten paar Prozent Effekt erst nach sehr sehr langen Zeiten vollständig ablaufen. Darum gibt es auch nur Erfahrungswerte.
Die einschlägige Literatur geht immer von mehr oder weniger genormten Querschnitten aus, und die Anlassdauern sind immer so gemessen, dass
a) der gewünschte Effekt sicher eintritt
b) die gewünschte Temperatur per Ausgleich im Volumen überall erreicht ist.
Fürs erste Anlassen ist manchmal eine halbe Stunde genug, aber ich persönlich lasse immer erst mal eine Stunde an. Das zweite Anlassen mache ich manchmal erst wesentlich später.
Ich persönlich mache immer Zyklen von einer Stunde, und mindestens 2 mal. Bei Sekundärhärtern auch öfter.
Wenn man eine Abhängigkeit a la Larson - Miller zugrunde legt, macht die Temperatur das meiste, die Zeit geht im Wesentlichen logarithmisch ein, d.h. oberhalb einer Stunde ist im Allgemeinen bei Stählen der Gewinn an Effekt vernachlässigbar.
So, genug der theoretischen Ergüsse, aber ich denke, Du solltest wissen, warum man es so macht, und wie sich die Empfehlungen begründen.
Wenn man seinen Stahl genau kennt, kommt man mit weniger aus. Aber man macht keinen Fehler, generell 2 mal eine Stunde bei der jeweiligen Anlasstemperatur zu fahren.
Wollte Dich nicht langweilen, aber es mußte ja mal gesagt werden. Sorry.