Wozu dient das Rundmesser?

painless potter

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Ich sehe immer wieder diese halbmondförmigen Rundmesser. Wie werden die genau angewendet, bzw. wozu dienen sie speziell?

Mir fehlt da irgendwie das Vorstellungsvermögen.

PP
 
Moin.

In einer Zeit, in der man nicht im nächsten Bastelladen ein Stahllineal kaufen konnte, war das Halbrundmesser die beste Möglichkeit einen einigermaßen geraden Schnitt hinzubekommen.

Alles andere sind Legenden.

Nachher mehr.
 
Bei einem Sommeliermesser:
"Mit einem kleinen Messer kann die Kapsel des Weins am Flaschenhals abgetrennt werden."
 
Bei einem Sommeliermesser

:steirer:
Wir reden hier von sowas:
http://www.jberger.ch/Sattler-und-Lederwerkzeug/Messer/Halbmondmesser--150-mm.html

Und auch dieser Anbieter schreibt was von "Kurvenschnitten":argw:

Das ist völliger Blödsinn.
Der Quatsch hält sich aber genauso wie die Mähr vom hohen Eisengehalt im Spinat.

Auch zum Anschärfen eignet sich jedes gerade Messer viel besser.

Das Teil ist ein Relikt.
Ich habe zwei von den Teilen und sie sehen einfach phantastisch aus.
Ich benutze sie aber nicht, - schon weil das Schärfen die pure Pest ist.

Aber wie oben schon geschrieben kann man damit in dickem Leder einen einigermaßen geraden Schnitt ohne Lineal machen und bei dünnem Leder verhindert das Schneiden mit dem Halbmondmesser ein Verziehen des Leders.
Dafür nehme ich aber auch lieber Lineal und ein Rundmesser mit Wechselklingen.
http://www.modulor.de/shop/oxid.php...0b44a1f43d1891f/cl/details/cnid/LAK/anid/LAKA

Gruß
chamenos
 
Hi,
das "Rundmesser" ist im Fachjargon ein Halbmondmesser, und wenn man die Handhabung beherrscht, kann man es ziemlich universell anwenden, z.B. für
- Zuschnitte , selbst sehr dicken Leders,
- Aus-/Einschnitte in Ledermitte,
- Kurvenschnitte (die würde ich gerne mal mit dem Stahllineal ausgeführt sehen :p),
- Ausschärfen der Kanten
und vieles mehr, und das alles bei Gewährleistung eines glatten, sauberen Schnittes, rechtwinklig zum Leder und ansatzfrei über die gesamte Schnittlänge.
(Und das ist keine Legende :D)
Daneben gibt es auch ein Viertelmondmesser und beide Messer zusammen, ergänzt um ein Handmesser, gehören wohl zu den typischsten althergebrachten Sattlerwerkzeugen (siehe Sattlerinnungswappen).
Dabei soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß das Halbmondmesser seine beste Zeit wohl erlebt hat, als dem Sattler zur Herstellung einer sauberen Schnittkante noch kein Band-/Tellerschleifer zur Nacharbeit zur Verfügung stand.
 
Super Antworten, 1000 Dank. Ich dachte nämlich bislang auch, es sei vor Allem für Rundschnitte geeignet.

Kleiner Tip am Rande: für kurze gerade Schnitte nerhme ich eine alte Feile, weil sie schön dick ist und den Cutter sehr gut führt, besser als ein dünnes Stahllineal.

OT: Chamenos, dafür ist im Spinat aber ordentlich Quecksilber!
 
....und wenn man die Handhabung beherrscht, kann man es ziemlich universell anwenden,

Klar. Wenn ich lange genug übe, dann kann ich auch eine Orange mit einer Kettensäge schälen:rolleyes:

- Aus-/Einschnitte in Ledermitte,
:confused: Das geht mit definitiv jedem Messer oder auch einem angeschliffenen Löffel

- Kurvenschnitte (die würde ich gerne mal mit dem Stahllineal ausgeführt sehen :p),
Wirst lachen, - ich habe auch Stahl-Kurven-Lineale. Geht prima.
Allerdins möchte ich mal sehen wie jemand mit nem Halbmondmesser in 4mm dickem Blankleder einen Innenradius von 5cm schneidet.

- Ausschärfen der Kanten
und vieles mehr, und das alles bei Gewährleistung eines glatten, sauberen Schnittes, rechtwinklig zum Leder und ansatzfrei über die gesamte Schnittlänge.(Und das ist keine Legende :D)

Da vermischt du was.

siehe Sattlerinnungswappen

Also die Zunftzeichen der Sattler, die ich so kenne zeigen einen Sattel (wen wundert es) und manchmal noch einen Hammer.

Von einem Zunft- oder Innungswappen mit Halbmondmesser suche ich schon seit einer Weile ein Bild. Da wäre ich für einen Link sehr dankbar

Dabei soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß das Halbmondmesser seine beste Zeit wohl erlebt hat, als dem Sattler zur Herstellung einer sauberen Schnittkante noch kein Band-/Tellerschleifer zur Nacharbeit zur Verfügung stand.
Ich möchte da als Alternative den seit vielen Jahren bewährten Rasierklingenhobel nicht unerwähnt lassen.

Und mal so, als Beispiel: Die Zimmerer haben in ihrem Wappen traditionell die Schrotsäge (manchmal auch noch eine Lochaxt)
Auch der Begriff des "Abschrotens" für das grobe Ablängen von Kantholz ist zumindest in traditionellen Betrieben noch üblich.
Aber eine Schrotsäge habe ich seit 20 Jahren auf keiner Baustelle mehr gesehen, - auch nicht in der Restaurierung.

Dafür hängen sie in jeder Schachtkneipe an der Wand und rosten vor sich hin. Und was eine Lochaxt/Lochhacke ist wissen die allerwenigsten Meister.

Es gibt halt einfach Werkzeuge, die sich überlebt haben und die aus einer Zeit stammen wo man den Kram nicht für ein paar Euros sonstwo bestellt, sondern man sich das Werkzeug für teuer Geld hat anfertigen lassen.
Und natürlich ist dann so ein Halbmondmesser in der Anschaffung günstiger als ein Hobel, ein paar Lineale, zwei Scheren und mehrere Spezialmesser.

Gruß
chamenos
 
Halbmondmesser wurden/werden auch zur Herstellung von Pergament verwendet. Damit wurden Fleischreste und Haare sowie die Oberhaut von den gespannten Ziegenhäuten geschabt.
 
Hmmm,

es ging doch in der Fragestellung um Zweck und Anwendung des "halbmondförmigen Rundmessers" - oder ?:)

(Zitat : Ich sehe immer wieder diese halbmondförmigen Rundmesser. Wie werden die genau angewendet, bzw. wozu dienen sie speziell?
Mir fehlt da irgendwie das Vorstellungsvermögen.)


:)
 
...
Also die Zunftzeichen der Sattler, die ich so kenne zeigen einen Sattel (wen wundert es) und manchmal noch einen Hammer.

Von einem Zunft- oder Innungswappen mit Halbmondmesser suche ich schon seit einer Weile ein Bild. Da wäre ich für einen Link sehr dankbar
So ein Bild mit dem "Halbmondmesser" (+ Ahle aus einem Stück) habe ich bei einem Schuhmacher in einer Schnellreparatur gesehen - nee, nicht Mr. Minit :cool:

Ist allerdings kein offizielles Innungszeichen, sondern eher eine zeitgenössische Darstellung zweier mittelalterlicher Leder-Handwerker bei der Arbeit, in der dieses Werkzeug nochmal extra dargestellt ist, wenn ich es richtig im Hinterkopf habe. Ich kann bei Gelegenheit ein Foto davon machen, falls vorher niemand etwas einstellen konnte.

Evtl. wird man bei MA-Freunden eher wegen solcher Bilder/Darstellungen fündig. Ist das nicht dieses Messer, was auch als "Chambriard" nach einem der bekannteren Hersteller benannt und bekannt ist ?

Gruß Andreas
 
Ich hab bei Wikipedia ein Zunftwappen der Schuhmacher gefunden. Das könnte ein Halbmondmesser mit integrierter Ahle sein.
Hier der Link

Gruss Bobby
 
... mein Opa, seines Zeichens Kfz-Polstermeister und nunmehr seit über 65 Jahren auf diesem Gebiet tätig, benutzt auch fast nur das Rundmesser. Leder zuschneiden, ausschärfen usw. ist aber warscheinlich Gewohnheitssache.
Meine erste Wahl ist es auch nicht bei der Lederbearbeitung.

Gruß
Driver
 
@Sanjuro:
Genau, Blanchard war es - keine Ahnung wie ich auf Chambriard gekommen bin :)

Ich war vorhin in der besagten Schnellreparatur, wo der "Kollege" mir einige Quellen genannt hat, er ist selbst aktiver hobbymäßiger MA-Handwerker neben seinem Schuhhandwerk. Die zwei Bilder die er dort hat, stammen aus einem MA-Forum. Ich habe sie jetzt auf die Schnelle nicht finden können. Der Sachsenspiegel wurde in dem Zusammenhang auch genannt, allerdings wohl eher nicht das große Schriftwerk unter diesem Namen, sondern ein Forumsname oder MA-Magazin.

mittelalterlicher Schuhmacher - aus "Deutschland im Mittelalter.de" - da liegen auf jeder Werkbank solche Messer.

Mit Ahle in die Werkbank gespießt aus "ehrbare Handwerker.de"

In Stein gemeisselt im Gildehaus Alfeld - aus "suehnekreuz.de"

Ganze Seite mit Gilde-/Zunftabzeichen auch aus "suehnekreuz.de" die Bilder sind interessant.

Ist zwar kaum noch auf die Ausgangsfrage bezogen, aber so kommen wenigstens eine zeitgenössische Darstellungen dieses Messers zusammen, die waren ja auch gefragt.

Gruß Andreas
 
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