Wozu dient ein asymetrischer Schliff?

Pietje

Mitglied
Beiträge
443
Hallo Forum!
Ich finde immer wieder Messer mit asymetrischem Schliff im Internet, aber keine Begründung/Anwendung dafür.
Wozu dient der?
Ist ja quasi ein Feature der Tormek.
Gibt es solche Messer für Rechts- und Linkshänder?

Pietje
 
Ein Vorteil asymmetrischer Schliffe zeigt sich bei dünnen Scheiben von hartem Schnittgut. Ein balliges Messer zieht aus dem Schnittgut. Je weiter man die Schneide nach links (zum Schnittgut) versetzt, desto weniger Balligkeit drückt die Schneide aus dem Schnittgut. Balligkeit auf Seite der Abschnitte verbessert den Foodrelease und hat bei dünnen Abschnitten kaum Nachteile. Wenn die Klinge auf der Seite Schnittgutes flach oder leicht konkav ist funktioniert das prächtig.

Bei starker Asymmetrie zieht das Messer ins Schnittgut. Das wird durch einen flachen Winkel auf der Seite der Abschnitte und einen entsprechend stumpferen Winkel auf der anderen Seite kompensiert.

Ein Nebeneffekt ist die schmale Fase mit dem stumpfen Winkel. Je schmaler eine Fase ist, desto leichter lässt sie sich mit wenigen Zügen nachschärfen.

Wenn die klinge auf der Seite des Schnittgutes flach gearbeitet ist kann man den Foodrelease optimieren. 0,4mm Dicke, 5mm über der Schneide ist schon ziemlich dünn. Das macht entweder 0,2mm Balligkeit je Seite oder 0,4mm auf der Seite der Abschnitte.

Darf ich die Frage mal umdrehen? Welche Vorteile haben symmetrische Schliffe?
 
Moin

Mein Suisin IHO ist ab Werk 90/10 geschliffen...oder Sakai Takayuki Grand Chef 70/30
Diese Messer sind für den Zugschnitt ausgelegt und wie @natto schon beschrieben hat , geht es um Foodrelease bzw wie das Messer durch das
Schnittgut gleitet. Gerade bei Sellerie merkt man das ....und funktioniert sehr gut.
 
Ein paar Erfahrungen, die ich im Laufe der Zeit gemacht habe:

Oftmals sind asymmetrische Schliffe weniger zielgerichtet geplant als ein Ergebnis von teils zufälligen Voraussetzungen:

Beispielsweise:
- Ist der Schleifer rechts- oder linkshändig
- In welche Richtung läuft das Band oder der Stein
- mit welcher Maschine und welchem Schleifmedium wird gearbeitet

Vor einiger Zeit habe ich das bei meinem Herder Lignum 3 gezeigt. An der stark patinierten Klinge sieht man sehr schön einen ab Werk asymmetrischen Schliff.
Login • Instagram
Es gibt aber auch von Herder Klingen, bei denen die linke Seite ballig, die rechte dagegen flach geschliffen ist.

Ein Grund für eine asymmetrische Schneidfase ist häufig, wenn die erste Seite zunächst solange geschliffen wird, bis ein Grat fühlbar ist. Dies führt in den meisten Fällen dazu, dass auf der bevorzugten Schleifseite (bei Rechtshändern i.d.R. die vom Messerrücken aus gesehene rechte Klingenseite) länger geschliffen und mehr Material (als nötig) abgenommen wird. So landet man bei den legendären 70/30 oder im Extremfall 90/10.
 
Ich finde immer wieder Messer mit asymetrischem Schliff im Internet, aber keine Begründung/Anwendung dafür.
Wozu dient der?
Ein Messer, mit dem man viele Vor- und Nachteile einer asymmetrisch geschliffenen Klinge erfahren kann, ist ein Brotmesser.
I.d.R. wird der Wellenschliff nur an eine Seite (meist die rechte) angeschliffen.
Schon beim Brotschneiden merkt man, dass es gar nicht so leicht ist, exakt gerade Scheiben abzuschneiden.
Dagegen ist der Food Release z.B. bei Gemüse erstaunlich gut.

Nimmt man das Brotmesser einmal in die linke Hand, erkennt man zudem schnell, dass sich die Klinge beim Schneiden nun völlig anders verhält.

Ähnliches gilt für einseitig geschliffene Japan-Messer (z.B. Yanagiba, Deba oder Nakiri). Diese sind auf einer Seite zudem noch konkav (hohl) geschliffen, haben also eine noch extremere Asymmetrie.
 
Vielen Dank für die Erklärung. Das mit dem Brotmesser abrutschen, kenne ich von Krustenbrot.
Jedesmal für 2 Wochen den linken Zeigefinger aufgeschnitten, bis ich vor einem Jahr ein Brotmesser mit 2 paralellen Sägereihen entdeckt habe.
Also ist guter Food Release die eigentliche Begündung für asymetrischen Schliff.

Pietje
 
"Bei starker Asymmetrie zieht das Messer ins Schnittgut. Das wird durch einen flachen Winkel auf der Seite der Abschnitte und einen entsprechend stumpferen Winkel auf der anderen Seite kompensiert. Ein Nebeneffekt ist die schmale Fase mit dem stumpfen Winkel. Je schmaler eine Fase ist, desto leichter lässt sie sich mit wenigen Zügen nachschärfen."

Nicht nur Foodrelease. Die Herkunft ist ja der Versuch einer Übertragung des einseitigen Schliffs mit Hohlschliff (auf der anderen Seite) von traditionellen Japanern auf ein im Grund symmetrisch geschliffenes Messer, denn asymmetrisch ist ja nur die Wate. Also bei 90/10 oder 80/20 wird das Messer mit der breiten Watenseite auf den Stein gelegt und geschliffen bis sich ein Grat bildet und der Grat wird auf der anderen kurzen Watenseite nur noch abgezogen. Zudem sind auf der breiten Watenseite steilere, spitzere Winkel möglich und damit eine bessere Schneidfähigkeit. Durch einen kurzen stumpferen Winkel auf der anderen Watenseite, der die Schneidfähigkeit nur wenig beeinträchtigt, wird dann noch die Stabilität der Schneide erhöht, die bei einem Schliff auf Null mit spitzem Winkel zu fragil wäre. Das wäre jedenfalls meine Theorie.
 
bis ich vor einem Jahr ein Brotmesser mit 2 paralellen Sägereihen entdeckt habe.
Meinst du dieses Messer?
Brotmesser 23 cm | 1040101123 | WÜSTHOF - made in Solingen

Das ist ist auch einseitig, also asymmetrisch geschliffen. Ob du an der Brotoberfläche abrutscht, hängt davon ab, wie schnell dein Messer in die Oberfläche einschneidet. Das hat in erster Linie nichts mit der Symmetrie des Schliffs zu tun. Bei einem stark asymmetrisch geschliffenen Messer, hat man eher Schwierigkeiten, eine gerade Scheibe abzuschneiden. Tendenziell sind Brotscheiben dann unten dicker als oben.

Zudem sind auf der breiten Watenseite steilere, spitzere Winkel möglich und damit eine bessere Schneidfähigkeit. Durch einen kurzen stumpferen Winkel auf der anderen Watenseite, der die Schneidfähigkeit nur wenig beeinträchtigt, wird dann noch die Stabilität der Schneide erhöht, die bei einem Schliff auf Null mit spitzem Winkel zu fragil wäre. Das wäre jedenfalls meine Theorie.
Unterschiedliche Winkel an den beiden Seiten der Wate sind ungewöhnlich. Das würde auch beeinflussen, ob die Klinge gerade nach unten durch das Schnittgut gleitet. Dafür können auch schon die ersten mm entscheidend sein:

Dieses Messer hatte z.B. eine Tendenz, nach rechts zu ziehen (die abgeschnittenen Scheiben waren dann unten dünner), da es auf der rechten Seite flach (mit Hohlkehle) geschliffen war.
Login • Instagram

Am Anfang habe ich es mit dem Flachschliff auch etwas übertrieben:
Login • Instagram

Später habe ich eine kleine, stumpfe Mikrofase angelegt. Der Winkel dieser Mikrofase war dann auf beiden Seiten gleich.
 
Ja, das meine ich. Die Welle ist nur auf der rechten Seite, also asymmetrisch.
Die beiden verlinkten Messer unterscheiden sich doch nur durch den Griff, oder?

Gruß, Torsten
 
Da kann ich nichts zu sagen.
Kein Wunder, hier findet sich das Thema in der Kaufberatung mit der Frage wie man das nachschärfen kann. Empfohlen wird meist symmetrisch nachzuschärfen.

Für Systemschärfer kann es lästig werden bei jedem Seitenwechsel den Winkel zu verändern. Wer schärfen lernt ist froh einen Winkel halten zu können. Laser mit dünner Fase können auch mit symmetrischem Schliff dünne Scheiben von hartem Schnittgut schneiden... Es gibt also genug Gründe sich erst einmal mit anderen Themen zu beschäftigen.

Intressant wird Asymmetrie erst beim optimieren eines Messers für alle Aufgaben. Für feine Schnitte und leichtes schneiden soll die Schneide dünn genug sein. Wenn man dann noch food release möchte, zum Beispiel um für Streifen oder Würfel die Abschnitte nicht wieder ordnen zu müssen, kann man schon auf die Idee kommen die linke Seite flach zu halten, und das Matrial rechts der Schnittebene für food release zu nutzen.

Wie fein das schneiden, oder wie robust das sein soll, kann über die Breite der Fasen und die Winkel justiert werden.

Wichtig ist das die Geometrie zu der asymmetrischen Schneide passt. Wenn man bei einem Messer für Rechtshänder die Schneide auf Linkshänder umschleift, hat man die flache Flanke auf der Seite der Abschnitte. Auch bei einem symmetrisch balligen Solinger bring eine asymmetrische Schneide kaum Vorteile.

Eine passende Geometrie findet man aber schon bei günstigen japnischen Messern für die Gastro die links passend geschliffen sind. Zb carbonext oder ähnliches für einen Hunderter. Ein Carbonext habe ich natürlich auch nicht, aber auf dem Kehlshot erkennt man die Asymmetrie.

Btw, habt ihr Kehlschots von Messern mit passender Geometrie? Ootb wär klasse! So langsam habe ich genug Zeit mit Schleifprojekten vertrödelt.
 
Zurück