Zeitungsartikel: Ältester Stahl der Welt

WalterH

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EDIT: Hmm, ich hatte das erst in "Material..." und habe es jetzt nach "Schmieden" verschoben... Wir haben irgendwie kein passendes Forum für so etwas.

Hallo zusammen,

kürzlich bekam ich einen Link zu einem recht interessanten Artikel zugesandt. Es geht um archäologische Funde des vermutlich ersten Stahls (2100-1950 v.Chr.):

http://www.hindu.com/thehindu/holnus/001200903261611.htm

Leider enthält der Artikel keine Namen oder Quellenangaben, so dass man den Wahrheitsgehalt nicht überprüfen kann...

-Walter
 
Nach meinem letzten Wissensstand haben die Hethiter zum ersten mal Eisen gemacht, ich müsste allerdings nach der Quelle suchen wo ich das gelesen habe.
Es steht auch in der Bibel.
Übrigends stammt der Dolch welcher in dem Grab von Tut Anc Amun gefunden wurde
anscheinend auch aus dem Hethitischen Reich.

Gruss unsel
 
Ich kann heute abend eine Quelle beisteuern. Türkei und Hethiter deckt sich übrigens, da eben diese in Anatolien zu hause waren.

Ookami
 
Buchwald, Vagn Fabritius: Iron and steel in anchient times. Kopenhagen: Det Kongelige Danske Videnskabernes Selskab, 2005.

Auf Seite 76 steht's nachzulesen. Ist übrigens auch sonst ein sehr interessantes Buch. Auch für Meteoriteisen-Interessierte sehr empfehlenswert.

Ookami
 
Es ist schön, wenn Leute sich mit der Erforschung der Geschichte von Stahl und Eisen beschäftigen und fleißig nach Spuren graben.
Weniger schön ist es allerdings, wenn sie ihre Funde reißerisch anpreisen und ihnen Bedeutungen geben, die sie nicht haben.
Hier muss wieder einmal die Geschichte umgeschrieben werden. Es fragt sich nur, welche Geschichte.
Frühe Eisenfunde sind selten, da Eisen die unangenehme Eigenschaft hat zu verrosten und die angenehme, durch Verschweißen mit anderen Stücken gut wiederverwertbar zu sein.
Man darf auch nicht davon ausgehen, dass sich die Menschen voller Freude auf die Eisenherstellung stürzten, sobald die Technik einmal bekannt war.
Eisen als solches hat gegenüber vernünftig behandelter Bronze viele Nachteile: Es ist entgegen landläufigen Vorstellungen wesentlich weicher, wesentlich anfälliger gegen Korrosion und der Aufwand der Gewinnung ist wesentlich größer. Erst wenn man es versteht, das Eisen durch Anreichern mit Kohlenstoff härtbar zu machen, zu härten und anzulassen, wird es zu einem den anderen im Altertum bekannten Metallen überlegenen Werkstoff.
Es spricht also vieles dafür, dass Eisen durchaus theoretisch bekannt war, aber eher für eine Rarität ohne besondere Nutzanwendung angesehen wurde. Zum Töten überwiegend halbnackter, ungepanzerter Menschen reichten seine kümmerlichen Eigenschaften natürlich aus und bei dem friedlichen Naturell früherer (und heutiger) Menschen wurde es in erster Linie dafür eingesetzt. Selbst Gold wurde ja diesem Verwendungszweck zugeführt, wie die goldenen Streitkolben der Inka zeigen.
Zurück zum Eisen:
Die frühesten Literaturquellen erwähnen Eisen aus der Zeit 4000-3000 v. Chr.-Die Bibel-Thubalkain um 3000 v. Chr., chin. Quellen nennen etwa den gleichen Zeitraum, in Indien im "Rigveda"-5000 bis 6000 Jahre alt- wird Eisen ebenfalls erwähnt. Frühere Literaturquellen gibt es nicht, sodass man schließen könnte, Eisen sei jedenfalls früher nicht bekannt gewesen. Dieser Schluß leidet aber daran, daß es eben auch keine früheren Literaturquellen gibt.
Zu den frühen Erwähnungen könnte man sagen, es handele sich dabei um Meteoreisen-das Himmelsmetall. Das mag sein, Meteoreisen läßt sich aber an seinem Nickelgehalt recht sicher erkennen.
Eine Messerklinge aus der Cheopspyramide- knapp 3000 v. Chr.-ist aber nickelfrei und eindeutig als aus Erzen hergestellt nachzuweisen. Das gilt auch für einen noch deutlich älteren Eisenfund aus Samara, der auf möglicherweise 5000 v. Chr. datiert wird.
Einen kurzen, sehr lesenswerten Überblick gibt Hans Berns "Die Geschichte des Härtens".
Es sollte also wohl weniger "die Geschichte umgeschrieben werden", als der Wissenstand den bislang bekannten Fakten angepasst werden.
MfG U. Gerfin
 
Eigentlich wird bei den traditionellen Eisengewinnungsverfahren immer schon Stahl erhalten (also eine Eisen-Kohlenstofflegierung), so dass auch die ersten Zerrenner Stahl aus ihren Öfen entnahmen. Das trotzdem noch lange Bronze verwendet wurde, liegt daran, dass ein Bronzeprodukt durch einfachen und im Massenprozess durchführbaren Gußprozess hergestellt werden kann, statt den Stahl aus dem Rennofen erst aufwändig aufzureinigen und in Form zu hämmern. Der Durchbruch des Eisens mit dem Fall des Hetiterreiches ab 1500 v.Chr. kam erst durch den Wegfall des Zuganges zu (billigem) Zinn aus dem Nahen und Mittleren Osten so richtig in Schwung. Erst dieser Mangel an Zinn durch den Zusammenbruch langer Handelswege, bewog die Bewohner Eurasiens dazu, vermehrt lokal vorkommendes Eisen zu verhütten. In anderen Regionen ohne diesen Zinnmangel, wie zB. China, wurde trotz Kenntniss der Eisenverhüttung, noch zur Zeit der Streitenden Reiche für Waffen Bronze verwendet, eben weil sie einfach gegossen werden konnten.
Die Theorie, dass man Eisen nicht verwendete, weil eben noch nicht dessen Härtbarkeit/Aufkohlung bekannt war, halte ich für ein modernes Missverständnis.
 
Besondere Quellen zur Samara- oder auch Sammara-Kultur habe ich nicht.
In der Propyläen-Weltgeschichte wird diese alte Kultur aus dem heutigen nördlichen Irak in erster Linie wegen ihrer schon fortgeschrittenen Keramiktechnik erwähnt. Der Bezug zum Eisenfund stammt aus dem Buch von Hans Berns.
Die Frage, warum Eisen schon einerseits sehr lange bekannt ist, seine Nutzung in größerem Umfang aber in der Tat erst seit etwa 1500 v. Chr. beginnt, sollte einem schon zu denken geben.
Meine Erklärungsversuche sind natürlich nicht beweisbar, sie machen aber Sinn. Eisen verrostet, seine Spuren sind daher nach einer gewissen Zeit kaum noch auffindbar. Es ist vorzüglich wiederverwendbar. In manchem späteren Fund stecken möglicherweise viel ältere Teile.
Ein Beispiel aus neueren Zeiten zeigt ähnliche Tendenzen.
Aus alten Abbruchhäusern erhält man gelegentlich Dachanker, denen man noch ansehen kann, daß sie in einem früheren Leben Wagenreifen waren.
Daß man die Bronze nicht abschaffte, sobald das Eisen entdeckt war, läßt sich auch am einfachsten mit den eher zweifelhaften Eigenschaften der ersten Eisenerzeugnisse erklären. Natürlich ist beim Reduzieren im Rennfeuer auch mehr oder weniger Kohlenstoff in das Eisen eingewandert-wie sonst hätte man den Sauerstoff aus den Erzen vertreiben sollen ?.
Das war aber ein schwer beherrschbarer Vorgang, bei dem mal mehr Kohlenstoff, mal weniger einwanderte, manchmal soviel, daß "das Wasser des Eisens " (Guß)entstand.
Auch wenn- zunächst zufällig- ein günstiger Anteil Kohlenstoff herauskam, war das Produkt noch lange nicht verwendbar. Durch mehrfaches Ausschmieden und Verschweißen mußte es von seinen Verunreinigungen befreit werden und war auch dann noch kein besonders brauchbarer Werkstoff. Wirklich überlegene Eigenschaften bekam es nur durch Härten und Anlassen.
Diese Techniken waren in der Zeit der umfangreicheren Herstellung des Eisens/ Stahls wohl bekannt. Ein Fund im Land der Hethiter wird als Ofen zum Aufkohlen von Eisen in Tiegeln angesehen.
Was Rafail angesprochen hat, nämlich daß Eisen quasi als Bronzeersatz genutzt wurde, als die Handelswege zusammenbrachen, hat sicher einiges für sich. Gegen diese Annahme spricht aber, daß die großen Umwälzungen im Mittelmeerraum, etwa die Wanderung der Seevölker zeitlich später liegen, als die Herstellung des Eisens in größerem Umfang im Gebiet Kaukasus/ Anatolien. Sie betrafen auch soweit man weiß, überwiegend den östlichen Mittelmeerraum. Die reichen Zinnquellen in England wären davon nicht betroffen gewesen. Wie weit sie tatsächlich genutzt wurden, sollen die Archäologen klären.
Sie erklärt auch nicht, weshalb Eisen schon fast 2000 Jahre früher bekannt war, aus Erzen hergestellt werden konnte, gleichwohl aber keine größere-nachweisbare-Verbreitung gefunden hat.
MfG U.Gerfin
 
Wahrscheinlich war Stahl einfach ein für die meisten Anwendungen überflüssiger Superlativ.
Bronze war günstig, die Prozesse gut beherrschbar und es gab viele Handwerker die es verarbeiten konnten.
Zur Not(?) auch ohne teure Holzkohle.

Ich meine, schauen wir uns doch die heutigen Stahllegierungen an.
Werden immer die bestmöglichen Zusätze verwendet oder die wirtschaftlichsten und leicht beschaffbarsten?

Stahl war aufwendig und teuer herzustellen. Die notwendigen Prozesse und Zusammenhänge waren eher nebulös und nur relativ wenige dürften durch Try&Error soweit gekommen sein dass ihre Stahlwaren besser waren als die der Kupfer-Konkurrenz.

Außerdem muss eine Entwicklung/Erfindung immer erst eine kritische Masse überschreiten bevor sie angenommen wird und sich verbreitet.
Als eine Art kollektive Erfindung. "Und plötzlich ist überall Dampfmaschinenzeit".

Das ist jetzt natürlich alles sehr stark vereinfacht, aber unwahrscheinlich?

Ciao Sven
 
ich möchte hier mal einiges zum bronzeguss sagen, weil einige hier wohl ziemlich nebulöse vorstellungen von der angeblichen einfachheit dieses verfahrens haben.

die zu erreichenden temperaturen für den bronzeguss sind deutlich höher als die beim schmieden, für große tiegel muss sie lange gehalten werden. der kohleverbrauch beim guss ist zwar geringer als beim eisenverhütten, allerdings dürfte holzkohle bei den riesigen wäldern die einen großteil der erde damals überzogen nicht das Problem gewesen sein.
Auch muss bronze nach dem guss noch aufwändig weitervearbeitet werden, dazu gehört ständiges weichglühen vor dem herausschmieden von luftblasen und anbringen von ziselierungen etc. ein gegossenes bronzestück ist noch lange nicht fertig. manch fein verziehrter dolch hat nach dem guss noch über hundert hitzen gesehen, vergleichbar mit dem aufwand des eisenschmiedens.

von interesse war denke ich eher die homogenität der bronze und deren einteilbarkeit.
die luppe eines rennofens konnte zerteilt sein und nur wenige kleine stücke ergeben. bronze schmelzt man einfach zusammen und man erhält einen großen homogenen barren, während eisen sich zuerst nur für die kleineren erzeugnisse eignet, außer man beginnt den aufwändigen prozess des damaszierens.
auch ist die schneidhaltigkeit und schärfe von bronze sehr gut, die überlegenheit von eisen wird man wohl ersteinmal kaum festgestellt haben, außer dass eisen einen höheren schmelzpunkt hat.
ein eisenschwert auf einem bronzepanzer wird wohl ebensowenig durchdringen wie ein bronzeschwert auch. und haut und Fleisch zertrennen sie beide gleichgut. das parieren der klingen mit der eigenen war generell unüblich. gekämpft wurde mitdem speer und schild, das schert war bis zu den römern mit ihrer spahta ein reines abstechwerkzeug, wenn der gegner niedergerungen war. trainiert auf die schwachstellen der panzerung stach ein römischer legionär mit dem kurzen spitzen gladius die feinde mit geziehlten stößen in die lebenswichtigen organe einfach ab. So ähnlich dürfte das auch bei den Griechen ode rnoch früher bei den Hethithern üblich gesesen sein obwohl da wohl mehr der wurfspeer und bogen dominierte. das erklärt auch das fehlen der parierstange bei allen vormittelalterlichen blankwaffen. Auch der Hieb wurde erst mit der frühmttelalterlichen Fechtschule eingeführt, vorher gab es eigentlich nur den Stich.
Ohne parieren der Klingen machen gute Bronze und gehärteter Stahl einfach keinen Unterschied. Auch für Rüstteile ist die bessere Zähigkeit und die guten Gleit und reibeeigenschaften sowie die dengelbarkeit ein weiterer großer Vorteil für die Bronze. Im zivilen Bereich ist bronze sowieso angenehmer, sie rostet nicht (was bei gut eingepackten waffen verschmerzbar wäre) und ist sehr zäh und durch löten oder einschmelzen leicht reparierbar.
 
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