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Micha M.
Gast
Hallo, Interessenfreunde!
Ich teile den Unmut der Mod's darüber, dass in diesem Forenteil bislang in vielen Postings eher ohne Aussenwirkung über das von der Berliner SPD angestrebte allgemeine Messertrageverbot gemeckert wurde. Ich teile Eure Empörung, denke aber, dass zur Verhinderung dieses völlig überzogenen präventiven Generalverdachts und des resultierenden empfindlichen Eingriffs in unsere Selbstbestimmungsrechte auch ein nach aussen gerichtetes Bemühen erforderlich ist.
Nach Rückfrage bei Olli veröffentliche ich hier einen Brief, den ich an "meinen" Ministerpräsidenten, Herrn Dr. Rüttgers, sowie an den Bundesinnenminister, Herrn Dr. Schäuble, und an MdB Wolfgang Bosbach gesandt habe. Ich werden diesen Brief auch nachrichtlich dem MM übersenden und hoffe, auch von anderen Interessierten zu hören, dass sie in eigenen offenen Briefen an Abgeordnete, Spitzenpolitiker usw. auf unsere Belange hinweisen. Ich habe auch nichts dagegen, den Text - oder Teile davon - auch im Rahmen der Initiative "Messer sind Werkzeuge" zu verwenden.
Über die Resonanz werde ich weiter informieren, hier zunächst MEINE persönliche Meinung zum Vorstoß von Körting & Co.:
Herrn Bundesinnenminister
Dr. Wolfang Schäuble
Per E-Mail
wolfgang.schaeuble@bundestag.de
Geplante drastische Verschärfung waffenrechtlicher Vorschriften
– Allgemeines Messertrageverbot -
Sehr geehrter Herr Bundesinnenminister Dr. Schäuble!
Aus den nachfolgenden Gründen bitte ich Sie, Herr Bundesinnenminister, der Gesetzesinitiative der Berliner SPD zur drakonischen Verschärfung des Waffenrechts und faktischen Durchsetzung eines allgemeinen Messertrageverbots entgegenzutreten:
Nach der vom Berliner Innensenator, Herrn Dr. Körting, initiierten Gesetzesänderung zur Verhängung örtlich begrenzter Trageverbote für Hieb- und Stoßwaffen (z.B. an Kriminalitätsbrennpunkten, besonders gefährlichen Orten i.S.d. Länder-Polizeigesetze usw.) hat die Berliner SPD im Eiltempo „nachgekartet“ und legt dem Bundesrat nunmehr eine Gesetzesinitiative vor, in der unter drastischer Ausweitung des Waffenbegriffes des WaffG ein allgemeines Trageverbot für den Großteil aller robusten, gebrauchstüchtigen Messer (sowohl Klappmesser als auch Messer mit fester Klinge) angestrebt wird.
Ein deutlich zusammengeschusterter Eigenschaftskatalog will dabei selbst so „gemeingefährliche“ Mordwerkzeuge wie das traditionelle Pfadfindermesser oder das Matrosenmesser mit ihrer angeblich besonders gefährlichen „Spearpoint“-Klingenform ebenso neu unter den Waffenbegriff subsumieren wie eine Vielzahl von Rettungsmessern mit Einhandbedienung und feststellbarer Klinge.
Propagiert wird die neue Initiative von Herrn Dr. Körting auch in den Medien vorzugsweise unter Abbildung minderjähriger Jugendbanden-Mitglieder, die stolz und dummdreist ihre Gaspistolen (oder auch scharfe Schusswaffen...) neben Butterfly-Klappmessern und Faustmessern in die Kameras halten. Zu dumm nur, dass sie auch nach bereits gültigem Waffenrecht keinen der genannten Gegenstände besitzen oder gar mitführen dürften. Ihr Verhalten zeigt recht deutlich, welche Wirkung derartige Verbote auf Straftäter allenfalls entfalten: Neben dem „Nutzwert“ wird die illegale Waffe als Macht- und Statussymbol umso interessanter und begehrter, eingeschränkt wird lediglich der rechtstreue Bürger. Das Grinsen dieser Jugendgang-Mitglieder zeigt recht deutlich, welchen Einfluss auf die Innere Sicherheit Herr Dr. Körting in der Realität hat.
Die Vorstellung, ein zu einer Raubtat, Vergewaltigung oder schweren Körperverletzung bereiter Täter werde sich von seinem Vorhaben dadurch abhalten lassen, dass das zur Tatbegehung „benötigte“ Messer nur unter Verstoß gegen eine waffenrechtliche Regelung mitgeführt werden könnte, ist – gelinde gesagt – so erschreckend naiv, dass man sie sich allenfalls in einem Grundschulaufsatz vorstellen mag: Wie der kleine Erhard sich den Kampf gegen das Verbrechen vorstellt...
Die gravierenden Sicherheitsprobleme in Berliner Schulen (auch dort regelmäßig auch jetzt mit Waffensicherstellungen) werfen ebenso ein Schlaglicht auf die erfolglose Innen- und Rechtspolitik in Berlin wie die dort regelmäßig auftretende Erfordernis, Einsatz- oder Rettungskräfte aus Problemvierteln nach regelrechten Einkesselungen „heraushauen“ zu müssen. Im „Kampf“ gegen die Organisierte Kriminalität ist in Berlin die Lage so prekär, dass in mittlerweile mehreren Fällen dringend Tatverdächtige, darunter der mutmaßliche libanesische „Mafia-Pate“ von Berlin, wegen überlanger Untersuchungshaft aus der Haft entlassen werden mussten, weil die Justiz- und Strafverfolgungsbehörden in Berlin nicht in der Lage waren, dem strafprozessualen Beschleunigungsgebot angemessen nachzukommen.
Da sich Herr Dr. Körting offenkundig nicht in der Lage sieht, derartigen Problemstellungen wirksam zu begegnen, zeigt er nun blinden Aktionismus und strebt eine beispiellose Verschärfung des Waffenrechts an: Es geht hier ja nicht um einen begrenzten Personenkreis wie etwa Jäger oder Sportschützen, sondern um einen großen Teil der Bevölkerung, denn die nun „inkriminierten“ Messer finden sich in Millionen von Haushalten.
Die SPD hat bislang – angeblich zum Schutz der Freiheitsrechte der Bürger –. selbst bei einem individuellen, konkreten Tatverdacht des Mordes die Auswertung von Autobahnmautdaten verhindert. Aktuell blockiert sie die zur Terrorabwehr dringend notwendigen, von Ihnen fast flehentlich eingeforderten Online-Durchsuchungen, obwohl allen Sicherheitsbehörden die essentielle Bedeutung des Internet-Nachrichtenaustausches von Extremisten und Terroristen hinlänglich bekannt ist.
Nunmehr wird dafür aus blindem Aktionismus ohne jeglichen konkreten individuellen Tatverdacht eine millionenstarke Personengruppe bequemerweise unter allgemeinen, präventiven Generalverdacht gestellt – und ihre Freiheitsrechte werden bedeutend eingeschränkt.
Verkehrte Welt: Man schützt den dringend Mordverdächtigen oder Terrorverdächtigen aus allerlei Ziererei über sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und kriminalisiert den Wanderer mit dem Fahrtenmesser.
Übrigens bin ich selbst seit mehr als zehn Jahren als Sachbearbeiter und Ermittlungsbeamter in der Kriminalitätsbekämpfung tätig, davon mehrere Jahre im Bereich der OK-Bekämpfung und auch aktuell im operativen Einsatz bei Durchsuchungen und Festnahmen – ich würde mich bei dem von Herrn Dr. Körting angestrebten Verbot kein Jota sicherer in meinem Dienst fühlen. Meine „Kunden“ haben keinerlei Probleme, sich vom Schnellfeuergewehr mit Schalldämpfer bis zum Schlagring verbotene Waffen zu verschaffen, Verbotsvorschriften werden ignoriert bis belächelt – dafür müsste ich selbst mein Klappmesser mit Glasbrecher „einmotten“, da es selbstverständlich – notwendig für einen sichereren und wirksamen Rettungseinsatz – über Einhandbedienung und Klingenarretierung verfügt.
Die angesprochene Gesetzesinitiative verzichtet gänzlich auf die naheliegende und zumindest weniger einschränkende Alternative, zunächst einmal abzuwarten, ob das angesprochene Messertrageverbot in „Kriminalitätsbrennpunkten“ dort tatsächlich zu einem Rückgang der mit Messern dort begangenen Straftaten führen wird. Fürchtet man realistische und ernüchternde Ergebnisse? Fürchtet man die Frage, wie in diesen Brennpunkten denn konkrete Maßnahmen zur Durchsetzung der gesetzlichen Regelung getroffen werden?
Nicht einmal die ebenfalls denkbare Möglichkeit, lediglich das Führen bereits nach derzeitigem Waffenrecht dem Waffenbegriff unterfallender Messer einzuschränken, wird gewählt. Das Bundeskriminalamt hat sich in den letzten Jahren aufgrund seiner sachlichen und realistischen Arbeitsweise bei der Erstellung von Feststellungsbescheiden über die Eigenschaften von Messern (Unterfallen unter die Norm für „verbotene Gegenstände“ nach altem bzw. „verbotene Waffen“ nach neuem Waffenrecht) in der interessierten Szene einen durchaus guten Ruf erworben und hier z.T. realistische und nachvollziehbare Eckpunkte gesetzt.
Auch die denkbare Möglichkeit, in breiterem Umfang als strafrechtliche Nebenfolge gegen wegen Gewaltstraftaten Verurteilte Verbote für das Mitführen von erlaubnisfreien Waffen und gefährlichen Gegenständen zu verhängen, wird gar nicht erst erwogen. Der verurteilte Straßenschläger oder Räuber wird also – bei ausreichend kluger Wahl seiner Tatwerkzeuge – unangefochten mit „geeigneten“ Werkzeugen herumlaufen dürfen, während der Polizist in seiner Freizeit sein Taschenmesser mit Tantospitze zu Hause lassen müsste, um sich nicht strafbar zu machen. Denn er steht ja unter präventivem Generalverdacht, ansonsten wegen der Mitführung seines Taschenmessers zum „irren Schlitzer“ zu mutieren....
Neben der ohnehin bedauerlichen Ignoranz gewaltbereiter Täter entsprechenden Verbotsvorschriften gegenüber fänden sie selbst bei deren Einhaltung mühelos andere geeignete „Werkzeuge“ für ihre Straftaten. Bei Durchstichversuchen an Splitterschutzwesten und insbesondere auch an Schusswesten der bei den Sicherheitsbehörden verwendeten Art stellt man immer wieder fest, dass Werkzeuge wie angefeilte Schraubendreher oder Rundfeilen, Dreikantschaber oder Eiszerkleinerer eine weitaus höhere Penetrationswirkung aufweisen als die allermeisten Messer – und solche taktisch platzierten Gegenstände werden auch aktuell gerade bei kundigen Tätern immer wieder aufgefunden. Nur würde man sie auch nach der von Herrn Dr. Körting angestrebten Regelung nicht sicherstellen können...
Dafür hat er sich einen Eigenschaftskatalog „zusammenstoppeln“ lassen, der wirkt, als habe man wahllos einen Messerkatalog durchgeblättert und nach dem Gesichtspunkt „Sieht spitz aus, muss man verbieten“ Klingenformen als besonders gefährlich herausgesucht. Da wird dann z.B. die Spearpointform vieler reiner Gebrauchsmesser verteufelt und die bei einigen reinen Kampfmesserentwürfen gewählte, vogelklauenförmige Hawkbill-Klingenform nicht mit aufgeführt. Das wirkt nicht besonders sachkundig.
Ebenso untauglich ist der – von ebenfalls nicht sonderlich erfolgreichen Vorschriften einiger anderer Länder „abgekupferte“ – Ansatz, die Gefährlichkeit von Messern von ihrer Klingenlänge abhängig zu machen: Gerade bei der Begehung von Straftaten sind Messer besonders gefährlich, die verborgen getragen und überraschend und heimtückisch eingesetzt werden können. Nach anerkannten Grundsätzen im Messerkampf geschulter Einsatztrainer wie Jim Wagner (der u.a. auch deutsche Spezialeinheiten schult) oder M. MacYoung sind für die Einwirkung auf Personen auch Messer mit kürzeren Klingen geeignet, erreichen die Wirkungszonen und sind wegen ihrer überraschenden Anwendbarkeit oft gefährlicher als das theatralische große Western-Bowiemesser. Bedenken Sie bitte, dass die Attentäter des 11. September ganze Großraumflugzeuge lediglich mit Teppichmessern und Reizgas in ihre Gewalt gebracht und kontrolliert haben.
Die Gesetzesinitiative ist somit völlig untauglich, den angestrebten Zweck zu erreichen, sie stellt Millionen von Menschen unter einen unfairen Generalverdacht und schränkt die Freiheitsrechte dieser Menschen ein. Im Vergleich mit der Verweigerung wirklich dringend notwendiger Ermittlungsmethoden wirkt die Einschränkung grotesk übersetzt, ungerecht und irrational – von der Inkonsequenz der Argumentationslinie der SPD einmal ganz abgesehen.
Abgestufte, mildere Mittel werden ignoriert. Der Inhalt des Entwurfs wirkt nach Belieben zusammengefügt und wenig sachgerecht.
Abschließend bleibt anzusprechen, dass die angestrebte Regelung auch auf die einschlägigen Wirtschaftskreise in Produktion und Handel – darunter mit einem deutlichen Schwerpunkt auch in unserem Bundesland – eine katastrophale Wirkung haben dürfte, die darzustellen ich allerdings berufeneren Angehörigen dieser Wirtschaftskreise überlassen möchte.
Herr Dr. Schäuble, Sie mögen die vorgetragene Problemstellung angesichts drängender politischer und sozialer Probleme vielleicht für eher marginal halten, der vorgebrachte Vergleich der von der SPD favorisierten und der abgelehnten „Eingriffe“ in die Freiheit der Bürger raubt mir – wie vielen anderen messerinteressierten Bürgern – allerdings grundlegend das Vertrauen in eine sachorientierte, logische und potentiell erfolgreiche politische Entscheidungsfindung. Zumindest diskreditiert dieses Vorgehen jedenfalls die SPD hinsichtlich ihrer innen- und rechtspolitischen Kompetenz.
Es bleibt mir daher nur, meine eingangs geäußerte Bitte noch einmal zu wiederholen und Sie, Herr Bundesinnenminister, nochmals dringlich darum zu ersuchen, sich gegen die angesprochene Gesetzesinitiative zu stellen.
In dieser Angelegenheit werde ich mich auch an Herrn Ministerpräsident Dr. Rüttgers und an den Herrn Abgeordneten Bosbach wenden, die entsprechenden Schreiben beabsichtige ich u.a. in Fachforen usw. zu veröffentlichen.
Bereits jetzt bedanke ich mich herzlich bei Ihnen für Ihre Mühe, wäre für eine kurze Resonanz zu Ihrer Meinung zu diesem Problem sehr dankbar (ggf. mit der Mitteilung, ob eine mögliche Antwort persönlichen Charakter haben soll oder einer entsprechenden Veröffentlichung in Fachforen usw. zugestimmt wird) und verbleibe
Hochachtungsvoll
Micha M.
Ich teile den Unmut der Mod's darüber, dass in diesem Forenteil bislang in vielen Postings eher ohne Aussenwirkung über das von der Berliner SPD angestrebte allgemeine Messertrageverbot gemeckert wurde. Ich teile Eure Empörung, denke aber, dass zur Verhinderung dieses völlig überzogenen präventiven Generalverdachts und des resultierenden empfindlichen Eingriffs in unsere Selbstbestimmungsrechte auch ein nach aussen gerichtetes Bemühen erforderlich ist.
Nach Rückfrage bei Olli veröffentliche ich hier einen Brief, den ich an "meinen" Ministerpräsidenten, Herrn Dr. Rüttgers, sowie an den Bundesinnenminister, Herrn Dr. Schäuble, und an MdB Wolfgang Bosbach gesandt habe. Ich werden diesen Brief auch nachrichtlich dem MM übersenden und hoffe, auch von anderen Interessierten zu hören, dass sie in eigenen offenen Briefen an Abgeordnete, Spitzenpolitiker usw. auf unsere Belange hinweisen. Ich habe auch nichts dagegen, den Text - oder Teile davon - auch im Rahmen der Initiative "Messer sind Werkzeuge" zu verwenden.
Über die Resonanz werde ich weiter informieren, hier zunächst MEINE persönliche Meinung zum Vorstoß von Körting & Co.:
Herrn Bundesinnenminister
Dr. Wolfang Schäuble
Per E-Mail
wolfgang.schaeuble@bundestag.de
Geplante drastische Verschärfung waffenrechtlicher Vorschriften
– Allgemeines Messertrageverbot -
Sehr geehrter Herr Bundesinnenminister Dr. Schäuble!
Aus den nachfolgenden Gründen bitte ich Sie, Herr Bundesinnenminister, der Gesetzesinitiative der Berliner SPD zur drakonischen Verschärfung des Waffenrechts und faktischen Durchsetzung eines allgemeinen Messertrageverbots entgegenzutreten:
Nach der vom Berliner Innensenator, Herrn Dr. Körting, initiierten Gesetzesänderung zur Verhängung örtlich begrenzter Trageverbote für Hieb- und Stoßwaffen (z.B. an Kriminalitätsbrennpunkten, besonders gefährlichen Orten i.S.d. Länder-Polizeigesetze usw.) hat die Berliner SPD im Eiltempo „nachgekartet“ und legt dem Bundesrat nunmehr eine Gesetzesinitiative vor, in der unter drastischer Ausweitung des Waffenbegriffes des WaffG ein allgemeines Trageverbot für den Großteil aller robusten, gebrauchstüchtigen Messer (sowohl Klappmesser als auch Messer mit fester Klinge) angestrebt wird.
Ein deutlich zusammengeschusterter Eigenschaftskatalog will dabei selbst so „gemeingefährliche“ Mordwerkzeuge wie das traditionelle Pfadfindermesser oder das Matrosenmesser mit ihrer angeblich besonders gefährlichen „Spearpoint“-Klingenform ebenso neu unter den Waffenbegriff subsumieren wie eine Vielzahl von Rettungsmessern mit Einhandbedienung und feststellbarer Klinge.
Propagiert wird die neue Initiative von Herrn Dr. Körting auch in den Medien vorzugsweise unter Abbildung minderjähriger Jugendbanden-Mitglieder, die stolz und dummdreist ihre Gaspistolen (oder auch scharfe Schusswaffen...) neben Butterfly-Klappmessern und Faustmessern in die Kameras halten. Zu dumm nur, dass sie auch nach bereits gültigem Waffenrecht keinen der genannten Gegenstände besitzen oder gar mitführen dürften. Ihr Verhalten zeigt recht deutlich, welche Wirkung derartige Verbote auf Straftäter allenfalls entfalten: Neben dem „Nutzwert“ wird die illegale Waffe als Macht- und Statussymbol umso interessanter und begehrter, eingeschränkt wird lediglich der rechtstreue Bürger. Das Grinsen dieser Jugendgang-Mitglieder zeigt recht deutlich, welchen Einfluss auf die Innere Sicherheit Herr Dr. Körting in der Realität hat.
Die Vorstellung, ein zu einer Raubtat, Vergewaltigung oder schweren Körperverletzung bereiter Täter werde sich von seinem Vorhaben dadurch abhalten lassen, dass das zur Tatbegehung „benötigte“ Messer nur unter Verstoß gegen eine waffenrechtliche Regelung mitgeführt werden könnte, ist – gelinde gesagt – so erschreckend naiv, dass man sie sich allenfalls in einem Grundschulaufsatz vorstellen mag: Wie der kleine Erhard sich den Kampf gegen das Verbrechen vorstellt...
Die gravierenden Sicherheitsprobleme in Berliner Schulen (auch dort regelmäßig auch jetzt mit Waffensicherstellungen) werfen ebenso ein Schlaglicht auf die erfolglose Innen- und Rechtspolitik in Berlin wie die dort regelmäßig auftretende Erfordernis, Einsatz- oder Rettungskräfte aus Problemvierteln nach regelrechten Einkesselungen „heraushauen“ zu müssen. Im „Kampf“ gegen die Organisierte Kriminalität ist in Berlin die Lage so prekär, dass in mittlerweile mehreren Fällen dringend Tatverdächtige, darunter der mutmaßliche libanesische „Mafia-Pate“ von Berlin, wegen überlanger Untersuchungshaft aus der Haft entlassen werden mussten, weil die Justiz- und Strafverfolgungsbehörden in Berlin nicht in der Lage waren, dem strafprozessualen Beschleunigungsgebot angemessen nachzukommen.
Da sich Herr Dr. Körting offenkundig nicht in der Lage sieht, derartigen Problemstellungen wirksam zu begegnen, zeigt er nun blinden Aktionismus und strebt eine beispiellose Verschärfung des Waffenrechts an: Es geht hier ja nicht um einen begrenzten Personenkreis wie etwa Jäger oder Sportschützen, sondern um einen großen Teil der Bevölkerung, denn die nun „inkriminierten“ Messer finden sich in Millionen von Haushalten.
Die SPD hat bislang – angeblich zum Schutz der Freiheitsrechte der Bürger –. selbst bei einem individuellen, konkreten Tatverdacht des Mordes die Auswertung von Autobahnmautdaten verhindert. Aktuell blockiert sie die zur Terrorabwehr dringend notwendigen, von Ihnen fast flehentlich eingeforderten Online-Durchsuchungen, obwohl allen Sicherheitsbehörden die essentielle Bedeutung des Internet-Nachrichtenaustausches von Extremisten und Terroristen hinlänglich bekannt ist.
Nunmehr wird dafür aus blindem Aktionismus ohne jeglichen konkreten individuellen Tatverdacht eine millionenstarke Personengruppe bequemerweise unter allgemeinen, präventiven Generalverdacht gestellt – und ihre Freiheitsrechte werden bedeutend eingeschränkt.
Verkehrte Welt: Man schützt den dringend Mordverdächtigen oder Terrorverdächtigen aus allerlei Ziererei über sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und kriminalisiert den Wanderer mit dem Fahrtenmesser.
Übrigens bin ich selbst seit mehr als zehn Jahren als Sachbearbeiter und Ermittlungsbeamter in der Kriminalitätsbekämpfung tätig, davon mehrere Jahre im Bereich der OK-Bekämpfung und auch aktuell im operativen Einsatz bei Durchsuchungen und Festnahmen – ich würde mich bei dem von Herrn Dr. Körting angestrebten Verbot kein Jota sicherer in meinem Dienst fühlen. Meine „Kunden“ haben keinerlei Probleme, sich vom Schnellfeuergewehr mit Schalldämpfer bis zum Schlagring verbotene Waffen zu verschaffen, Verbotsvorschriften werden ignoriert bis belächelt – dafür müsste ich selbst mein Klappmesser mit Glasbrecher „einmotten“, da es selbstverständlich – notwendig für einen sichereren und wirksamen Rettungseinsatz – über Einhandbedienung und Klingenarretierung verfügt.
Die angesprochene Gesetzesinitiative verzichtet gänzlich auf die naheliegende und zumindest weniger einschränkende Alternative, zunächst einmal abzuwarten, ob das angesprochene Messertrageverbot in „Kriminalitätsbrennpunkten“ dort tatsächlich zu einem Rückgang der mit Messern dort begangenen Straftaten führen wird. Fürchtet man realistische und ernüchternde Ergebnisse? Fürchtet man die Frage, wie in diesen Brennpunkten denn konkrete Maßnahmen zur Durchsetzung der gesetzlichen Regelung getroffen werden?
Nicht einmal die ebenfalls denkbare Möglichkeit, lediglich das Führen bereits nach derzeitigem Waffenrecht dem Waffenbegriff unterfallender Messer einzuschränken, wird gewählt. Das Bundeskriminalamt hat sich in den letzten Jahren aufgrund seiner sachlichen und realistischen Arbeitsweise bei der Erstellung von Feststellungsbescheiden über die Eigenschaften von Messern (Unterfallen unter die Norm für „verbotene Gegenstände“ nach altem bzw. „verbotene Waffen“ nach neuem Waffenrecht) in der interessierten Szene einen durchaus guten Ruf erworben und hier z.T. realistische und nachvollziehbare Eckpunkte gesetzt.
Auch die denkbare Möglichkeit, in breiterem Umfang als strafrechtliche Nebenfolge gegen wegen Gewaltstraftaten Verurteilte Verbote für das Mitführen von erlaubnisfreien Waffen und gefährlichen Gegenständen zu verhängen, wird gar nicht erst erwogen. Der verurteilte Straßenschläger oder Räuber wird also – bei ausreichend kluger Wahl seiner Tatwerkzeuge – unangefochten mit „geeigneten“ Werkzeugen herumlaufen dürfen, während der Polizist in seiner Freizeit sein Taschenmesser mit Tantospitze zu Hause lassen müsste, um sich nicht strafbar zu machen. Denn er steht ja unter präventivem Generalverdacht, ansonsten wegen der Mitführung seines Taschenmessers zum „irren Schlitzer“ zu mutieren....
Neben der ohnehin bedauerlichen Ignoranz gewaltbereiter Täter entsprechenden Verbotsvorschriften gegenüber fänden sie selbst bei deren Einhaltung mühelos andere geeignete „Werkzeuge“ für ihre Straftaten. Bei Durchstichversuchen an Splitterschutzwesten und insbesondere auch an Schusswesten der bei den Sicherheitsbehörden verwendeten Art stellt man immer wieder fest, dass Werkzeuge wie angefeilte Schraubendreher oder Rundfeilen, Dreikantschaber oder Eiszerkleinerer eine weitaus höhere Penetrationswirkung aufweisen als die allermeisten Messer – und solche taktisch platzierten Gegenstände werden auch aktuell gerade bei kundigen Tätern immer wieder aufgefunden. Nur würde man sie auch nach der von Herrn Dr. Körting angestrebten Regelung nicht sicherstellen können...
Dafür hat er sich einen Eigenschaftskatalog „zusammenstoppeln“ lassen, der wirkt, als habe man wahllos einen Messerkatalog durchgeblättert und nach dem Gesichtspunkt „Sieht spitz aus, muss man verbieten“ Klingenformen als besonders gefährlich herausgesucht. Da wird dann z.B. die Spearpointform vieler reiner Gebrauchsmesser verteufelt und die bei einigen reinen Kampfmesserentwürfen gewählte, vogelklauenförmige Hawkbill-Klingenform nicht mit aufgeführt. Das wirkt nicht besonders sachkundig.
Ebenso untauglich ist der – von ebenfalls nicht sonderlich erfolgreichen Vorschriften einiger anderer Länder „abgekupferte“ – Ansatz, die Gefährlichkeit von Messern von ihrer Klingenlänge abhängig zu machen: Gerade bei der Begehung von Straftaten sind Messer besonders gefährlich, die verborgen getragen und überraschend und heimtückisch eingesetzt werden können. Nach anerkannten Grundsätzen im Messerkampf geschulter Einsatztrainer wie Jim Wagner (der u.a. auch deutsche Spezialeinheiten schult) oder M. MacYoung sind für die Einwirkung auf Personen auch Messer mit kürzeren Klingen geeignet, erreichen die Wirkungszonen und sind wegen ihrer überraschenden Anwendbarkeit oft gefährlicher als das theatralische große Western-Bowiemesser. Bedenken Sie bitte, dass die Attentäter des 11. September ganze Großraumflugzeuge lediglich mit Teppichmessern und Reizgas in ihre Gewalt gebracht und kontrolliert haben.
Die Gesetzesinitiative ist somit völlig untauglich, den angestrebten Zweck zu erreichen, sie stellt Millionen von Menschen unter einen unfairen Generalverdacht und schränkt die Freiheitsrechte dieser Menschen ein. Im Vergleich mit der Verweigerung wirklich dringend notwendiger Ermittlungsmethoden wirkt die Einschränkung grotesk übersetzt, ungerecht und irrational – von der Inkonsequenz der Argumentationslinie der SPD einmal ganz abgesehen.
Abgestufte, mildere Mittel werden ignoriert. Der Inhalt des Entwurfs wirkt nach Belieben zusammengefügt und wenig sachgerecht.
Abschließend bleibt anzusprechen, dass die angestrebte Regelung auch auf die einschlägigen Wirtschaftskreise in Produktion und Handel – darunter mit einem deutlichen Schwerpunkt auch in unserem Bundesland – eine katastrophale Wirkung haben dürfte, die darzustellen ich allerdings berufeneren Angehörigen dieser Wirtschaftskreise überlassen möchte.
Herr Dr. Schäuble, Sie mögen die vorgetragene Problemstellung angesichts drängender politischer und sozialer Probleme vielleicht für eher marginal halten, der vorgebrachte Vergleich der von der SPD favorisierten und der abgelehnten „Eingriffe“ in die Freiheit der Bürger raubt mir – wie vielen anderen messerinteressierten Bürgern – allerdings grundlegend das Vertrauen in eine sachorientierte, logische und potentiell erfolgreiche politische Entscheidungsfindung. Zumindest diskreditiert dieses Vorgehen jedenfalls die SPD hinsichtlich ihrer innen- und rechtspolitischen Kompetenz.
Es bleibt mir daher nur, meine eingangs geäußerte Bitte noch einmal zu wiederholen und Sie, Herr Bundesinnenminister, nochmals dringlich darum zu ersuchen, sich gegen die angesprochene Gesetzesinitiative zu stellen.
In dieser Angelegenheit werde ich mich auch an Herrn Ministerpräsident Dr. Rüttgers und an den Herrn Abgeordneten Bosbach wenden, die entsprechenden Schreiben beabsichtige ich u.a. in Fachforen usw. zu veröffentlichen.
Bereits jetzt bedanke ich mich herzlich bei Ihnen für Ihre Mühe, wäre für eine kurze Resonanz zu Ihrer Meinung zu diesem Problem sehr dankbar (ggf. mit der Mitteilung, ob eine mögliche Antwort persönlichen Charakter haben soll oder einer entsprechenden Veröffentlichung in Fachforen usw. zugestimmt wird) und verbleibe
Hochachtungsvoll
Micha M.
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