ballig schleifen - Grat entfernen

UE1

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Hallo zusammen,

ich habe gestern Abend etwas an meinen Pallares Messern geschliffen, ich wollte einfach mal einen balligen Schliff ausprobieren (ursprünglich auf V-Schliff umgeschliffen). Grundgedanke dahinter eher Langeweile statt einer glorreichen Idee. Wobei ich nach einem Thread von Pebe den Gedanken schon etwas länger hatte. Mein Set-Up ist recht überschaubar:

Steinhalter
Plexiglasplatte
Kautschukunterlage
Schleifpapier bis 800er Körnung

Bild 2023-03-29 um 22.03.23.jpg



Auf einer Seite geschliffen bis ein Grat fühlbar war, dann die andere Seite mit etwa der gleichen Anzahl von Zügen geschliffen. Wechselzüge um den Grat zu minimieren und auf eine feinere Körnung gewechselt. Zum Abschluss noch auf tagesaktuellem Zeitungspapier 5-4-3-2-1 Wechselzüge, eigentlich um den Grat zu entfernen.
Messer ist auch ordentlich scharf, die obligatorische Tomate war absolut kein Problem! Allerdings, ich habe das Gefühl, dass der Grat nicht sauber entfernt ist. Oberarmhaare zu rasieren klappt auch nur in eine Richtung was dafür sprechen würde.

Meine Frage:
lässt sich beim balligen Schleifen der Grat aufgrund der Schneideform überhaupt sinnvoll auf dem Schleifpapier entfernen oder müsste ich dafür zum stropping auf Leder ggf. mit Pasten greifen? Für meine Küchenmesser reicht Zeitung oder blankes Leder ohne Probleme aus. Allerdings sollte die Materialdicke bei einem "V-Schliff" an der Schneidekante auch dünner sein als bei einem balligem Schliff. Falscher Grundgedanke?
Richtig proaktiv geworden bin ich auch nicht, Messer sind wieder am Block. Blankes Leder habe ich auch noch nicht ausprobiert.

Für Tipps wäre ich dankbar!

Gruß UE
 
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Kann es vielleicht sein, dass Du beim Anheben der Klinge um ballig zu werden letztendlich einen zu stumpfen Winkel angeschliffen hast?
Der Winkel direkt an der Schneidkante sollte ja auch beim balligen Anschliff nicht stumpfer sein, als wenn man zB. eine Mikrofase anlegt.
Sonst schneidet das Messer einfach schlechter. An einem sehr stumpfen Winkel bricht dann natürlich der Grat auch schlechter weg.
 
Ein Winkelfehler ist natürlich immer möglich. Wobei ich den Abstand zum Schleifpapier recht gut gehalten habe, der ballig Schliff sollte durch die Kautschuk Unterlage passieren und weniger durchs anheben (vgl. auf Banksteinen), wenn ich Dich richtig verstanden habe.
Gegen einen groben Schnitzer beim Winkel spricht die spricht die Schneideleistung. Eine reife Tomate dünn schneiden ist problemlos möglich.
 
Die Kautschukunterlage fügt ja durch ihre Nachgiebigkeit dem von Dir gehaltenen Schleifwinkel einen zusätzlichen Winkel hinzu.
Das musst Du dann bei Deiner Haltung entsprechend abziehen.
Eine Tomate geht immer sofern entweder eine perfekte Schneide da ist, oder aber eine Mikrosäge, die auch bei einem noch vorhandenen Restgrat da sein kann, sofern dieser nicht umgelegt ist.
Die Rasierfähigkeit in nur eine Richtung spricht dafür.
 
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Ich würde in diesem Fall ein paar Mal sanft mit dem Dick Micro drüber gehen. Gehe davon aus, dass Du eher nicht so fein gefinished hast.

grüsse, pebe
 
Alles klar!
Ich versuche heute Abend noch Wetzstahl und Leder, wenn das nicht zufriedenstellend ist, gehe ich nochmal neu ran.

@pebe 800er Schleifpapier, feiner hatte ich gerade nicht da.

Aber euren Antworten entnehmen ich mal, dass stropping nach einem balligen Schliff auch nicht notwendig ist.
 
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Leder würde ich weglassen. Habe das öfter, auch an Klappern.

Wenn ich nur einen mittleren Stein ohne abschließende Wechselzüge benutze, ist das regelmäßig nach dem Micro weg. Sanft bleiben und eher die Anzahl erhöhen, Du triffst beim Wetzen ja nicht mit jedem Zug exakt die gleiche Stelle.

grüsse, pebe
 
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Hi,

die Grundüberlegung, dass ein V-Schliff dünner als ein balliger ist, ist falsch bei identischem Winkel an der vorderen Schneidkante - das Gegenteil ist der Fall.

Ob ballig oder nicht, spielt für die Gratbildung nicht die große Rolle, aber Stahl und Härtung können sich sehr bemerkbar machen und Unterschiede bedeuten.
es gibt Messer, da wandert dieser 'verdammte Grat' beim von der Schneide wegziehen von einer Seite zur anderen; da hilft manchmal nur, gegen die Schneide auf z.B. einem feinen Schärfstab, zu arbeiten.
Andere Messer sind dagegen völlig einfach in der Handhabung und das besagte Abstreifen auf einem Zeitungspapier führt klaglos zum Erfolg.

Zu Deinem Arbeiten bis Korn 800: das finde ich noch eher grob. Bei mir werden Messer ab Korn 1500/ 2000 (so allmählich) scharf. So allmählich, weil dann immer noch ein Grat vorhanden ist, den ich wegpoliert haben möchte. Bei einfachen Stählen nehme ich dann mittelhartes Leder und einen Block weiße Polierpaste für die Tuchscheibe drauf. Bei abriebfesten Stählen kommt dann gerne sehr hartes Schuhsohlenleder mit 1my oder 0,5my Diamantpaste zum Einsatz.

ich würde also an Deiner Stelle feiner schleifen. So feines Schleifpapier gibt es nicht nur im Netz, sondern auch im sortierten Autozubehör, da dort Schleifarbeiten beim Spachteln und Lackieren gemacht werden.

Gruß,
Torsten
 
@xtorsten

Deine trigonometrische Überlegung finde ich vorsichtig gesagt - gewagt. Bei mir wird‘s mit Innenwölbung dünner und mit Außenwölbung dicker. Von einer Geraden aus betrachtet und bei identischer Klinge.

grüsse, pebe
 
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Meine Pallares gehen auch regelmäßig über 1.000er Papier auf Leder gespannt. Ich gehe danach aber auf Leder mit Chromoxid. Sonst fehlt mir was.
Zum Scharfhalten dann über den Dick Micro aber gerade bei den Pallares bin ich zwischendurch schnell auf dem Keramik Stab, da mir sonst der Biss fehlt. Oder zurück auf Chromoxid…
 
@xtorsten

Deine trigonometrische Überlegung finde ich vorsichtig gesagt - gewagt. Bei mir wird‘s mit Innenwölbung dünner und mit Außenwölbung dicker. Von einer Geraden aus betrachtet und bei identischer Klinge.

grüsse, pebe
:D:: ja: klingt widersinnig - und ist es meistens auch in der Praxis, denke ich. Aber nur deshalb, weil der Winkel ganz vorne an der Schneide bei ballig zugestellten Schneidfasen dann meist doch etwas größer ist als bei V-Fasen.

Das kann sonst nicht anders sein.

Wenn ich direkt an der Schneidkante ganz vorne 40° habe, dann geht die V-Fase so weiter in dem Winkel bis zum Anschliff der Schneidflanken.

Die ballig zugestellte hingegen nimmt kontinuierlich einen flacheren Winkel an - da 'fehlt' dann im Vergleich zur V-Fase also Material, oder habe ich da einen Denkfehler?
In Folge ist oberhalb der Wate dann auch die Schneidenstärke geringer (muss ja so sein).

Etwas anderes ist es, wenn man von einer identischen Stärke oberhalb der Wate ausgeht und nur die eigentliche Schneide unterschiedlich zustellt. Bei identischer Höhe der eigentlichen Schneide ist dann die ballige Schneide stabiler - aber auch stumpfwinkliger.

Das Ganze ist aber ziemlich theoretisch und bringt eher vom Problem weg. Dass das Messer nicht so scharf wird, hat hier wohl eher nix mit ballig und einem eventuellen Grat zu tun, sondern mit dem fehlenden Feinschliff der Schneide - oder?

Viele Grüße,
Torsten
 
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Also, ohne Bezug hier mal ein Update:
Nach dem Wetzstahl deutlich schärfer, beide Seiten annähernd gleich, auch Küchenrollen halbwegs rissfrei schneiden war möglich. Ich hatte noch Lapping Film da in 3, 5 und 9 Mikrometer, aufgeklebt und ausprobiert. Man könnte hören und spüren, dass eine Seite beim Abziehen mehr "gekratzt" hat beim ersten Anlauf. An der Stelle dann wohl auch zu wenig Wetzstahl vorab ... Nach 5 Mikrometer, Messer rasiert Oberarmhaare in beide Richtungen.
Mein Fazit erstmal, 800er Finish war weit von sinnvoll entfernt. Macht auch irgendwie Sinn, Fepa P 1000 = 800 JIS. Blinde Lust am Ausprobieren ergibt eben manchmal Situationen, in denen man erstmal nachdenken sollte...
 
Etwas anderes ist es, wenn man von einer identischen Stärke oberhalb der Wate ausgeht und nur die eigentliche Schneide unterschiedlich zustellt. Bei identischer Höhe der eigentlichen Schneide ist dann die ballige Schneide stabiler - aber auch stumpfwinkliger.

So muss es ja für einen echten Vergleich sein, sonst kannst Du auch das schmalere V nehmen, dass zur geringen Stärke passt. Die letzten Tangenten beim balligen Schliff sind aber nach meiner Erfahrung und Goniometermessungen eher geringer im Winkel als beim V Schliff. Zumindest bei den Firmen, die auch ballig können.

grüsse, pebe
 
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Bei einem Grundschliff der Klinge erreicht man, wie @xtorsten schon schrieb, ballig eine dünnere Geometrie zum Klingenrücken hin bei gleichem Schneidenwinkel.
Skizze links: gleicher Schneidwinkel (grün: ballig / rot: flach)

Geht man aber, wie @pebe schrieb von der Breite über der Wate (die Kante oben auf der Skizze) als gegebener Vorgabe aus, wird die Scheide stumpfer (Skizze rechte / grün: ballig).

ballig.001.jpeg


Das wirkt sich wiederum beim Nachschärfen aus: (links rot: V-Schliff mit kleinerem Winkel, rechts grün: ballig mit stumpferen).

ballig.002.jpeg

Letztlich nähert sich ein balliger Schliff, rein von der Form her, einer verschlissenen Wate an. Das macht sie zwar stabiler aber auch etwas weniger schneidfreudig.
 
Schöne Darstellung.

Anmerken möchte ich, dass im oberen Bereich des Anschliffs der Winkel bei ballig steiler ist, der untere hingegen bei hinreichend dünn hinter der Wate, ähnlich wie die Mikrofase, nicht die ausschlaggebende Relevanz hat.

Meine Erklärung dafür, weshalb vergleichbare Klingen in ballig etwas leichter durch Papier und Pappe kurven.

grüsse, pebe
 
@UE1 da du ja jetzt den direkten Vergleich am selben Messer hast: fühlt sich das Schneiden mit einer balligen Fase irgendwie anders an als mit V? Oder hängt die Enscheidung für das eine oder andere nur mit der Stabilität zusammen?
 
Ich bin zwar nicht UE1, will Dir aber dennoch eine Antwort geben.

Mein Cottage hatte ich händisch ballig ausgedünnt. Würde meinen, dass es etwas unter 0,3mm hinter der Wate gelandet ist , aber keinesfalls nagelgängig.

Alles, was weniger Schneidwiderstand bietet, schneidet sich gefühlt sehr leicht und dennoch nicht fragil damit. Von Druckerpapier bis Paprika gibt es kein gefühltes Defizit gegenüber einem Laser - auch wenn dieser im direkten Vergleich nochmals leichter schneidet.

Spätestens, wenn es an Karotten geht, sind die gefühlten Schneidvorteile weg. Es braucht eindeutig mehr Kraft, bleibt aber immerhin auch ohne fragiles Feedback.

Ebendrum mochte ich bei Orca und Mazaki nie, dass ich überwiegend verhalten schneiden musste, um ein Brettbeißen zu verhindern und ein Verkanten zu vermeiden, was bei mir nur über deutlichen Tempoverlust ging.

Die Herder K-Serie ist formal auch Dünnschliff ballig. Aus meiner Sicht bleibt da aufgrund der geringen Klingenstärke herzlich wenig von dem dafür typischen Schneidgefühl übrig.

Meine beiden 1922er sind so gesehen für mich der beste Kompromiss. Nachschärfen ballig auf dem Schleifklotz und Microfase dran.

Wie soviel im Leben - Geschmacksache.

grüsse, pebe
 
@Carl Hanger
Hey,

Bei meinem Petty würde ich den Unterschied als relativ gering beschreiben wollen im Vergleich zu Kochmessern.
Dennoch bin ich bei der Aussage von Pepe, gerade der Bereich um die Spitze fühl etwas weniger empfindlich an bei Brettkontakt.

Gruß
 
Interessant, danke.
@pebe Die Eigenschaften die du bei deinem Cottage beschreibst haben doch aber eher etwas mit der gesamten Geometrie des Messers zu tun als mit der Form der Schneidfase oder?
 
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