Ballige Klingen schleifen?

Nachtrag zum oben Geschriebenen:
auch bei balligen Klingen mache ich inzwischen zunächst eine Scheidfase mit definiertem Winkel und verrunde die dann im Anschluss. Ich verbringe dann einfach mehr Züge mit Korn 600 (bei dicken Schneiden) oder Korn 1000 (bei feinen Klingen) auf meiner Schleifleiste mit Korkunterlage.
Die Schneidflanken liegen auf und ich beginne die Züge und steigere den Winkel Richtung Schneide. Das Ganze mit moderat mit Gefühl, da ich ja als erstes die Kante am Übergang Schneidflanken zu Schneidfase verrunden will. Das geht an sich auch gut, da dort ja der höchste Punkt und der größte Anpressdruck und damit der höchste Abtrag gegeben ist. Wenn dann optisch und haptisch die Kante merklich verrundet ist, kann man den Winkel beim Anheben vorsichtig steiler stellen, bis man den erwünschten Grat auf der Gegenseite der Schneide spüren und sehen kann. Dann das Ganze auf der Gegenseite.
Im Anschluss dann Korn 2000 oder 2500 (ob nun mit oder ohne Dia-Paste hängt vom Stahl ab) und dann ab aufs Leder mit Polierpaste.

So entstehen bei mir inzwischen ballig auf Null geschliffene Klingen.
 
Noch ein Paar Erklärungen.
Einige fragen, wie kann man Schneidwinkel von ballig auf 0 geschärften Klingen messen?
Ich messe mit einem Schleifsystem.
D. Schärfeinkel ,mit dem ich Schneidenspitze erreiche ,interessiert mich.
Wenn d. Schärfeinkel bei 25 liegt, macht Schneidwinkel 50.
Auch wenn man das System fürs Balligschleifen umstellt, ändert sich dadurch Schneidwinkelmessung/Ergebnis nicht.

Sind die ballig geschärften Schneiden (ballig auf 0) mechanisch stabiler? Oder ballige Klingen mit V-Fasen stabiler?
Wenn man Klingen mit gleichen Schneidwinkel vergleicht, sind V-Fasen stabiler. Das ist so, dass:
- ballig auf 0 geschliffene Klingen maistens schon große(-re) Schneidwinkel haben.
-und mann kann V-Schneiden qualitativ hochwertiger schärfen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier ein Messer mit Klinge aus Federstahl. Die Klinge hat eine gute WB, wurde nur grob in Form gebracht, mit Sandpapierfinish um 600.
Der Stahl beginnt in die Tiefe zu rosten (eher weil Finish nicht optimal ist).
Die Klinge freihändig ungeschliffen, geschärft, Schneidwinkel um 38 Grad. Finish mit einem Naturstein.
Federstahl ist einfach zu bearbeiten- sehr hut zum Üben, ausreichen für Alltags.

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Sind die ballig geschärften Schneiden (ballig auf 0) mechanisch stabiler? Oder ballige Klingen mit V-Fasen stabiler?
Wenn man Klingen mit gleichen Schneidwinkel vergleicht, sind V-Fasen stabiler.
Interessanter für mich ist wie das schneidet. Bei gleicher Dicke über der Schneide sind ballige Klingen stabiler.

Es geht also wieder um eine Abwägung, welcher Schliff für die eigene Anwendung mehr Vorteile bietet.
 
Interessanter für mich ist wie das schneidet. Bei gleicher Dicke über der Schneide sind ballige Klingen stabiler.

Es geht also wieder um eine Abwägung, welcher Schliff für die eigene Anwendung mehr Vorteile bietet.
Ebenso gilt:
Bei gleichem Schneidenwinkel schneidet ein ballige Klinge leichter.

Gleicher Schneidewinkel bedeutet wiederum, dass bei die Schneidkante selber die gleiche Stabilität hat.
Also auch die gleiche Schnitthaltigkeit haben muss, wenn alle anderen Parameter gleich sind.

Nur die gesamte Schneide könnte bei extrem harter Beanspruchung weniger stabil sein.
 
Interessanter für mich ist wie das schneidet. Bei gleicher Dicke über der Schneide sind ballige Klingen stabiler.

Es geht also wieder um eine Abwägung, welcher Schliff für die eigene Anwendung mehr Vorteile bietet.

Wenn man die Tests verlässlich sein müssen, dann ist Schärfen und Ausschleifen einer Klinge ein Muss.

Wenn man Messer nur benutzt, dann braucht man keine Systeme. Dennoch sind die von Vorteil.

Nun ist die Dicke über einer V- Schneide von Schneidwinkel abhängig, ohne Schneidwinkelangabe kann man von keiner "Dicke über einer Schneidfase" reden.

Muss die Dicke über Schneidfase minimal sein, ist dann ein Hohlschliff unvermeidbar.

Die weitere "minimaldicke Variante" ist Flachschliff, die dickste Variante- eine ballige Klinge.

Ps: eine ballige Klinge mit V-Fase ist die beste Variante, wenn die Klinge robust sein muss. So ein Schliff geht gut durch "harte Sachen", z.B. beim Holzhacken.
 
Hinsichtlich Anwendung- welch. Schliff wann wurde schon mehrmals gesprochen.

Es gibt mehrere Anwenden, wo die Schneidsptze von entscheidender Bedeutung ist.

Wenn ein Messer nur hin und wieder Zuhause oder auch viel und korrekt ohne Missbrauch angewandt wird, kann eine Schärfe durchaus lebenslang halten.

Häufig habe ich gesehen, dass Klingen mit einer breiten Fase als "abgenutzt bzw. verschließen" beurteilt werden, was natürlich häufig nur Unfug ist.

Die Fase sieht man kaum, wenn Winkel groß ist. Wird Schneidwinkel kleiner, wird dann die Schneidfase breiter.
 
Servus,

Die Fase sieht man kaum, wenn Winkel groß ist. Wird Schneidwinkel kleiner, wird dann die Schneidfase breiter.

hier fehlen mir die Zusammenhänge. Ist bei einer Dicke über der Schneide von sagen wir 0,60mm der Winkel so stumpf, dass man die Schneidfase kaum sieht, dann schneidet das Messer ganz schlecht. Schleift man jetzt das selbe Messer in einem sehr spitzen Winkel, wird die Schneidfase sehr breit werden, das Messer schneidet besser, dringt besser ein, aber über der Schneidfase gemessen ist es noch dicker geworden und schneidet nach dem eindringen in hartes Schnittgut immer noch schlecht. Das passiert viel genutzten und geschärften Klingen, die ursprünglich sagen wir 0,30mm über der Schneide hatten, bei einem Schneidenwinkel von sagen wir 30°. Hier würde ich von "abgenutzt" sprechen, wenn immer nur die Schneidfase neu aufgebaut wird, nicht aber der Bereich über der Schneide dünner geschliffen wird, so das man die ursprünglichen 0,30 über der Schneide wieder herstellt, bzw. beibehält. Das die Höhe der Klinge dadurch im Laufe der Jahre abnimmt ist klar. So nutzt sich ein viel gebrauchtes und oft geschärftes Messer langsam aber beständig ab.

Muss die Dicke über Schneidfase minimal sein, ist dann ein Hohlschliff unvermeidbar.

Die weitere "minimaldicke Variante" ist Flachschliff, die dickste Variante- eine ballige Klinge.

Hier stimme ich völlig überein. In Bezug auf ein Kochmesser ist der wirkungsvollste Schliff ein konkaver, der mutig lange dünn bleibt und erst langsam an Dicke zunimmt um dann an eine Shinogi-Line zu brechen. Wenn diese Geometrie gut gemacht ist, braucht man ewig lange keine Schneide rücksetzen, also über der Schneide ausdünnen, weil sowieso kaum Material vorhanden ist, das abgenommen werden muss. Stabil ist sowas aber sicher nicht.

Ein balliger Schliff ist ein weites Feld, weil das von minimal ballig bis extrem ballig alles beinhaltet, hier muss man sich auf eine Materialstärke an einer Stelle über der Schneide einig werden um überhaupt vergleichen zu können. Auch hier gilt, extrem ballig, extrem stabil, minimal ballig, minimal stabil.

Ich tendiere auch dazu, bei zwei ident moderat ballig geschliffenen Klingen, das jene die noch zusätzlich eine V-Fase ( sehr klein, stabiler Winkel, der Anforderung angepasst ) bekommt, die nur ballig auf Null geschliffene Klinge, in Sachen Haltbarkeit klar schlägt.

Ich habe zwar das Buch von Roman Landes, glaube aber nicht, das er zwei ident ballige Klingen, eine zusätzlich mit geführtem V-Schliff und exakt gehaltenen Winkel und eine nur ballig geschliffen, miteinander verglichen hat.

Mir erscheint das nur logisch, das eine V-Fase in angepasstem Winkel einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Stabilität eine balligen Geometrie hat, wobei man auch hier von eher minimalen bis moderat balligen Schliffen ausgehen muss. Ein sehr grob balliger Schliff einer Axt in sehr stumpfen Winkel, ballig zur Schneide, wird eine V-Fase wenig Einfluss nehmen. Hingegen bei einer Schnitzaxt, die durchaus moderat ballig ist und nicht auf grobes spalten, sondern auf feinere Arbeiten ausgerichtet ist, kann man mit einem geführten V-Schliff zwischen zusätzlicher Stabilität oder verbesserten Eindringvermögen eine ballig geschliffenen Geometrie beeinflussen. Pauschal natürlich nicht auf alle balligen Schliffe übertragbar, aber wenn's passt, bringt das schon noch einen Boost in verschieden gewünschte Richtungen.

Gruß, güNef
 
Hi,
erstmal praktische Beispile.
Wenn Schneidwinkel um 50 Grad schlecht schneidet, wo sind dann die Jäger, die über Greiss- Messer sich becklagen? Und weitgehend nicht nur Greiss.

Dein Denkfehler ist: Du nimmst grenzwertige Dicken.

Nimmst Du 0,4mm bei 42 Grad Winkel für Küchenmesser dann schneiden die mit "viel Kraftaufwand" dicke Möhren. Nur ist hier "viel Kraftaufwand" voll unbedeutend und vernachlässigbar für gesunde Frauen und Männer.

Versagt dagegen die Schneide, dann ist Schluss mit Tomaten/Fleisch schneiden.

Soweit ich mich erinnere hat auch Roman geschrieben, dass das Wichtigste auf Schneidenspitze passiert.

Um 0,3-0,4 in der Küche über Schneidfase kriegen gesunde Menschen keine Probleme beim Schneiden wenn Schneidwinkel bei 42 liegt.
 
Beim Schärfen hat man häufig folgende Probleme.
Einige Messersammler interessieren sich mehr für die Kosmetik. Die sind der Meinung, wenn die Fase breit ist, ist dann die Klinge abgenutzt. In dem Fall muss man sich einfach keine kleinere Winkel wünschen, dann bleibt das Aussehen gut.

Ein weiteres Problem: man findet unschön die wellige Grenze zwischen Fase und Flanken. Es liegt aber nicht unbedingt an einem Schärfer: wenn die Klingenoberfläche uneben ist, wird die o.g. Grenze z.B. wellig und die Schneidfase nicht immer gleich breit.
 
Ein weiteres Missverständnis: "der"sagt, die größeren Schneidwinkel schneiden "besser". Also 36 schneidet besser (länger) als 20.
In der Wirklichkeit ist das so, dass kleinere Winkel länger schneiden, aber:
die Robustheit hat immer Vorfahrt. Ist Winkel zu klein und dadurch nicht robust genug- versagt die Schneide vorzeitig.
 
Ja, das oben stimmt.
Praktisch gesehen ist die Hauptfrage: ist Schneidwinkel robust genug?
So gibt's für 20 Grad Schneidwinkel kaum Aufgaben, 50 Grad Winkel hällt gewaltig länger beim Knochenhacken (verglichen mit 34 Grad).
Und 34 Grad Schneidwinkel ist schon voll Praxistauglich für qualifizierte Anwendung .
 
Realistisch gesehen würde ich die Winkel testen, die praktisch von Bedeutung sind: 34-36; 40-42; 50.
Und, keine Ahnung- z.B. 30 Grad für Obst/Gemüse schneiden.
 
Servus,

Wenn Schneidwinkel um 50 Grad schlecht schneidet, wo sind dann die Jäger, die über Greiss- Messer sich becklagen? Und weitgehend nicht nur Greiss.

Dein Denkfehler ist: Du nimmst grenzwertige Dicken.

ich beziehe mich immer auf Kochmessergeometrien/Schneidwinkel. Ein Jäger fängt mit einem ausgelieferten Schneidenwinkel, wie bei einem japanischen Kochmesser ( Takamura ) von 18° Schneiden- also 9° Schleifwinkel nichts damit an, es ist für seine Zwecke völlig unbrauchbar und nur wenige geübte Menschen können diese Schneidenwinkel in der Küche für bestimmte und eingeschränkt wenige Aufgaben schadlos verwenden. Dennoch schneidet es bei bestimmten Aufgaben ungleich besser, als ein Jagtmesser mit 50° Schneidenwinkel und robuster Wate, aber das ist ja ohnehin klar.

Ich für mich verwende ich der Küche natürlich grenzwertige Dicken, weil ich hier die Freiheit habe, der Schneide nur bestimmte Aufgaben zuzumuten und kann hier, weil nur ich das Messer benutze, mit grenzwertig dünnen Geometrien experimentieren.

Ein EDC darf dicker und stabiler geschliffen sein, weil es für eine breitere Anwendung gedacht ist, aber auch hier brauche ich in der Regel kein 50° Schneidenwinkel. Wenn ich ihn ( den stumpfen Schneidenwinkel ) aber brauchen würde, weil aus Erfahrung alle spitzeren Winkel zu Schäden führen, bei der dafür vorgesehen Aufgabe, dann ist es klar, das mich ein frühzeitiges oder ständiges versagen der Schneide zu einem stabileren Winkel zwingt. Aber bei solchen Aufgaben spielt "schneiden" im eigentlichen Sinn, bezogen auf die Kraftanwendung, Leichtigkeit und Schnittgüte keine wirkliche Rolle mehr, sondern ausdauernde Schärfe und ein Schneide die bei der zugedachten Aufgabe nicht versagt, sind hier primär zielführend und gewünscht.

Um 0,3-0,4 in der Küche über Schneidfase kriegen gesunde Menschen keine Probleme beim Schneiden wenn Schneidwinkel bei 42 liegt.

Ja klar ist das so, Probleme gibt's da nur in Form von Schwielen und Druckstellen, wenn man fette Geometrien an dünnen Klingenrücken durchs Schnittgut drücken muss, aber das betrifft wieder nur Personen die lange und durchgehend feste Lebensmittel schneiden müssen, 99,9% der Menschen verschwenden keinen Gedanken an Schneidfasen und Schneidenwinkel, aber die sind ja auch nicht hier. ;)

Damit habe ich wieder gar nichts am Hut, weil meine Ziele & Vorgaben an ein Messer völlig anders gelagert sind und wir das nicht verallgemeinern und vermengen dürfen, sonst führt das zu nichts.

Gruß, güNef
 
@güNef
Du bringst es aus meiner Sicht genau auf den Punkt. Das Problem bei solchen Diskussionen ist eben, dass hier viele unterschiedliche Ansprüche an Klingengeometrien existieren. Jeder muss hier nach seiner Facon glücklich werden.

Gruß
Matthias
 
Es geht hier meinerseits nicht um Ansprüche sondern ich versuche Menschen helfen das, was die sehen zu verstehen und zu interpretieren.
Z.B.:
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Hier 2 Messer. 1 Messer neu, ein Messer 1 mal geschärft, ursprungliche Winkel leicht über 42, Schneidenspitze nicht überall erreicht. Schneidfase sieht dünn bei 42 Grad aus.

Bei 36 (das geschärfte Messer ) wird die Fase wesentlich breiter, was (einige) Menschen als Abnutzungserscheinungen interpretieren, was jedoch Unfug ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schöne Messer! Dein Beispiel mit den unterschiedlich breiten Fasen hat sicherlich fast jeder verstanden, ist eigentlich nur Physik. Voraussetzung, dass das Beispiel funktioniert ist natürlich eine sehr ähnliche Klingengeometrie, im günstigsten Fall müsste sie identisch sein.

Gruß
Matthias
 
Hm, man müßte mal.....
Ein Stück Stahl, eine Härte (also eine Ofenreise), man einigt sich auf ein paar Winkel (so wie von Dimm mal oben vorgeschlagen), dann daraus EINFACHE Klingen (Form etwa wie bei K 110 Ringversuch), die sich gut nachschärfen läßt, die Messer dann mit einfach aufgenieteten Holzgriffen, und dann Vergleichstest an festgelegten Schneidgütern. Die Schliffe von einem angebracht, oder jeweils von einem Freiwilligen, und die Herstellung der Klingenrohlinge per Wasserstrahl oder Laserschnitt.

Wäre mal ein sehr interessantes Projekt.

Mal überschlagen, welchen Umfang sowas erfordern würde, also wieviele Klingen etc., was soll geschnitten werden, und welcher Stahl in welcher Härte sollte genommen werden. Oder parallel das ganze in C-Stahl und in karbidreich, also unter- und übereutektoid, mit reichlich Cr.

Man könnte so eine Passaround für die Schneiderei organisieren, und für Härten, Schleifen, Herstellung etc. könnte man ja eine Art crowd-funding machen für alle Teilnehmer, natürlich in Absprache mit pitter, inwieweit das rechtlich unbedenklich ist.

Der Aufwand ist allerdings nicht unerheblich, auch wenn man einfache Messer machen möchte. Oder mal fragen, was das Herstellen solcher einfacher Messer mit mehreren Schliffarten bei Jürgen Schanz oder anderen kosten würde.

Interesse?
 
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