Habe heute die beiden Messer in der Post gehabt und ich muss sagen: die Bezeichnung „Bauernmesser“ ist mehr als gerechtfertigt, der Name quasi Programm! Sprich: Die Verarbeitung kann man guten Gewissens als rustikal bezeichnen.
Zur Begutachtung mussten die Stücke allerdings erstmal mit Bürste und Seife gereinigt werden, da sie voll waren mit einer schwarzen Mischung aus Schleifpaste, Öl und Metallabrieb.
Das erste Messer mit Klinge und Säge besitzt an beiden Enden Distanzstücke neben der jeweiligen Lagerung, sodass die beiden Messingplatinen parallel verlaufen. Allerdings ist die einteilige Feder schmaler als der Abstand der Platinen, wodurch ein knapp millimeterbreiter Spalt am Griffrücken klafft.
Die Klingen öffnen extrem schwergängig, was aber ok ist, da sie auch ebenso schwer einklappen. Nur würde eine Daumenkerbe in der Säge die Sache schon erleichtern. Die Messerklinge ist rasierscharf und ordentlich poliert, die Säge scheint aggressiver und besser geschränkt als bei Leatherman oder Victorinox. Die Hornschalen sind gut poliert und die Nieten bündig.
Das zweite Messer, das ich für meinen Vater bestellt habe, besitzt neben der Hauptklinge eine Hippenklinge, die zum Pilzeschneiden angedacht ist. Letztere ist nur etwa halb so lang wie die Hauptklinge, weshalb man sich auf deren Lagerseite das Distanzstück gespart hat. Vorteil: Der beim ersten Messer vorhandene Spalt findet sich hier nicht, da die Platinen enger stehen. (optischer) Nachteil: Die Griffhälften laufen konisch zu, was irgendwie krumm aussieht.
Leider klappt das gegenläufige Schließen der beiden Klingen nicht optimal: Die jeweils zu schließende Klinge trifft auf die im Griff befindliche, wenn man sie nicht leicht zur Seite führt.
An beiden Messer(griffe)n finden sich gröbste Bearbeitungsspuren, was ich angesichts des günstigen Preises erwartet hatte. Weniger schön dagegen ist, dass an beiden Modellen die Hauptklinge mit dem vorderen Schneidenbereich auf dem Distanzstück der gegenüberliegenden Seite zu liegen kommt. Hier sind mittelfristig wohl Schäden zu erwarten, besonders wenn man die Klingen mit Schmackes einschnacken lässt.
Dies ist in meinen Augen der einzige echte Kritikpunkt an den Messern, der Rest im Prinzip ja nur Optik. Alle Klingen sind gut poliert, haarscharf abgezogen und spielfrei und gerade eingepasst.
Man erhält ein handgedengeltes, traditionelles und durchaus ästhetisches, absolut gebrauchstüchtiges Taschenmesser mit dem gewissen Charme des Nicht-Perfekten. Herr Kneissler baut seine Messer nach eigener Aussage unter möglichst geringen Kosten für Aufgaben wie z. B. Hufe nachschneiden, Hufe reinigen etc., die genannten Kritikpunkte dürften unter dem Aspekt der bestimmungsgerechten Verwendung nicht ins Gewicht fallen.
Wie von einigen anderen schon erwähnt: für das Geld absolut eine Überlegung wert. Ich werde beide Messer behalten.
Viele Grüße,
WJ