Begriff "Taschen-/Notschlachtmesser"

Herr Esch

Mitglied
Beiträge
223
Hallo zusammen,

durch mein erstes Ankermesser habe ich meine Vorliebe für einfache, klassische Taschenmesser mit Karbonstahlklingen entdeckt.

Jetzt stoße ich z.B. bei Lütters oder Schlieper auf die Begriffe "Notschlachtmesser" oder "Taschenschlachtmesser". Was ist der praxisbezogene Hintergrund dieser Bezeichnungen? Zum Schlachten bzw. Zerlegen eignet sich ja eine feststehende Klinge besser. Hatten früher die Bauern bzw. Viehhüter solche Messer in der Tasche, um im Notfall einem armen Viech die Halsschlagader zu durchschneiden, um ihm weiteres Leid zu ersparen? Und: sollte ich mit meiner Vermutung Recht haben, werden solche Meser heute auch noch zu diesem Zweck eingesetzt?

Gruß,
Herr Esch
 
Ich denke, Du hast Recht mit Deiner Annahme.
Genaueres müsste uns wohl ein Landwirt erklären.
Ich habe dieses Messer noch nie in einem "Reiffeisen" Markt gesehen, wo man es am ehesten zu dieser Verwendung erwarten könnte,
jedoch hat Weimeister in Hamburg (Bootsausrüster für professionelle Schifffahrt) einen ganzen Karton davon.
Ich denke, das ist ein alter Begriff, da heutzutage sicherlich sofort per Handy der Tierarzt geholt wird der die Arbeit übernimmt.

Grüsse
surfer
 
Der Ursprung von Messerbezeichnungen begründet sich häufig im Verwendungszweck. Die handhabungsichere Anwendung dieses Messertyps mit meist feststellbarer Klinge als alltägliches Gebrauchs- & Arbeitsmesser bei Landwirten hat sicherlich zu der bereits Anfang des vergangenen Jahrhunderts gängigen Bezeichnung geführt .
NotschlachterTaschenschlachtmesserC.jpg


Hier beispielsweise ca. 1910 in einem Musterbuch der Solinger Firma Carl Wüsthof - Gladiatorwerk.

Grüße
cut
 
sollte ich mit meiner Vermutung Recht haben, werden solche Meser heute auch noch zu diesem Zweck eingesetzt?

Die wenigestene Menschen dürfen Wirbeltiere töten und Töten ohne Betäubung ist laut Tierschutzgesetz bis auf wenige Ausnahmen (siehe TierSchG § 4a, Abs. 2) verboten:
Ein Wirbeltier darf nur unter Betäubung oder sonst, soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, nur unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden. Ist die Tötung eines Wirbeltieres ohne Betäubung im Rahmen weidgerechter Ausübung der Jagd oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften zulässig oder erfolgt sie im Rahmen zulässiger Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen, so darf die Tötung nur vorgenommen werden, wenn hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstehen. Ein Wirbeltier töten darf nur, wer die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.
Quelle: TierSchG § 4, Abs.1
 
Hallo

Wenn dann früher auf einem Hof tatsächtlich mal der Notfall eintrat,daß das Blut nicht gerinnen durfte.Wurde alles alles genommen das in reichweite wae und schnitt.Wenn es sein musste sogar eine Sense.:teuflisch

Auch heutzutage im Handyzeitalter ist der Tierarzt nicht sofort zur Stelle.

Du rufst an und beide verfügbare Tierärzte sind z.B. bei einer Geburt im Einsatz.


Gruß William
 
Dafür, dass Begriff und Verwendung wahrscheinlich in einem engen Zusammenhang standen, spricht auch die Klingenform mit der hoch gezogenen Spitze, die typisch für Schlacht- und Fleischmesser ist.

Den gleichen Taschenmessertypus gibt es auch im englischsprachigen Raum, hier als "Sodbuster" bezeichnet, ein Slang-Begriff für "Farmer".

Letztendlich ist davon auszugehen, dass sich die Anwendung auf alle Bereiche des Landlebens erstreckt hat.

Als Bilder zwei Notschlachter aus heutiger Herstellung. Nr. 1 Hubertus; Nr. 2 Otter-Messer, noch mit Messingbügel, um die Rückenfeder, die die Klinge arretiert, anzuheben.
 

Anhänge

  • Hubertus.jpg
    Hubertus.jpg
    102 KB · Aufrufe: 711
  • Otter.jpg
    Otter.jpg
    20,1 KB · Aufrufe: 1.120
Ich meine, ich hätte von der Firma Otter gehört, dass dieses Messer von Fischern zum Schlachten der Fische eingesetzt wurde.

Das im letzten Post gezeigte Hubertusmesser gehört eher der Form "Hippekniep" an, die haben etwas anders geformte Schalen, keine Backen und keine Verriegelung.
 
Das im letzten Post gezeigte Hubertusmesser gehört eher der Form "Hippekniep" an, die haben etwas anders geformte Schalen, keine Backen und keine Verriegelung.

Die Hippeknieps würde ich trotz des anderen Namens grundätzlich auch zu den Notschlachtern zählen.

August Scheidtmann in seinem Messer ABC bezieht sich unter dem Stichwort "Hippekniep" auch auf die Form der Klinge, die dem Schlachtmesser nachempfunden ist.

Und man erfährt ein Stichwort davor, dass der aus dem Solinger Platt stammende Begriff "Hippe" Ziege bedeutet, das Hippekniep also ein "Ziegenmesser" ist. Ziegen wurden von vielen Solingern gehalten und nach einem verdienstvollen Leben als Rasenmäher und Milchlieferant geschlachtet.

Der Link: http://www.pocketknives.de/Messer_ABC/Buchstabe_H.html
 
... "Hippekniep" ..., die haben etwas anders geformte Schalen, keine Backen und keine Verriegelung.

Der Begriff "Hippekniep" ist in KEINEM Musterbuch von Solinger Messerherstellern zu finden, im Gegensatz zu "Notschlachter", "Taschennotschlachter" und weiteren Bezeichnungen für diesen Messertyp.

Die von torel verlinkte Erläuterung als Bezeichnung für einen speziellen Messertyp hat sich wohl eingebürgert, da dieses Messer nur in EINTEILIGER Ausführung ohne weitere Varianten gefertigt wurde.

Während "Kniep" in der Solinger Fachsprache offenbar im 19. und 20. Jahrhundert die Bezeichnung für die Hauptklinge eines Taschenmessers war, fand dieser Begriff auch Verwendung für Taschenmesser:
z.B. beschreibt eine Veröffentlichung über "Stahl-Manufakturen in Sohlingen" 1802: "An den Einschlags- oder Zulegsmessern, welche man hier Kniepen nennt, werden die Hefte durchgehends von Horn, .... gemacht."

Grüße
cut
 
Zuletzt bearbeitet:
Rindviecher fressen zwar viel, aber nicht alles bekommt ihnen.
Und so kann es vorkommen, dass die Tiere schwere Koliken bekommen, im Stall um sich treten, schreien, dass die Wände wackeln und ihre nähere Umgebung gefährden (Bauer und anderes Vieh).
Da die Rinder sowieso nicht zu retten sind, werden sie notgeschlachtet, zum einen, um dem Tier unnötiges Leid zu ersparen, zum anderen, um die Gefährdung anderer zu unterbinden.
Solches Notschlachten soll möglichst flott geschehen und dazu gibt's das Notschlachtmesser.
 
Zurück