Blankwaffen mittelalterlicher Bogenschützen?

heiko häß

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Kann mir jemand sagen mit was für Blankwaffen mittelalterliche Bogenschützen ausgestattet waren?
Gab es da was Spezielles?
Bin für jeden Tip dankbar.
Gruß Heiko
 
Moin,

gute Frage. Hättest du nicht nach Rittern fragen können? Da kenn ich mich mehr aus. ;)

Aus dem Gedächtnis heraus wohl eher leichte "Standard-" Handwaffen, die auch bei den langen Märschen nicht behindern. Ich habe eben nochmal schnell nachgeschlagen, aber bis auf John Keegan: "The Face of Battle" (dt. "Das Gesicht des Krieges"), kaum etwas gefunden.
Keegan zur Beschreibung des ungewöhnlichen Bogenschützenangriffes in der Schlacht von Agincourt (1415): "Drawing swords, swinging heavier weapons – axes, bills or the mallets they used to hammer in their stakes – they left their staked-out positions and ran down to assault the men in armour." (Hab leider die deutsche Version nicht da.)

Ansonsten trugen Bogenschützen wohl immer ein langes Messer oder einen Dolch, aber anscheinend keine spezifischen "Schützen-Waffen", sondern immer das, was (im kulturellen Umfeld) zur Verfügung stand. Die mittelalterlichen Abbildungen in Büchern und Steinreliefen geben dazu wohl auch recht wenig her.

Ich weiß ja nicht, ob dich Armbrustschützen auch interessieren, aber da sie in der militärischen Hierarchie höher standen und daher mehr Geld für Ausrüstung zur Verfügung hatten, sah das da etwas anders aus.

Also in Kurzform: Dolche, Messer, Äxte (also Dinge, die häufig eher Alltagsgegenstände als Waffen waren). Vielleicht auch Schwerter und improvisierte Waffen wie die Holzhämmer (mallet) bei Agincourt.

Ob es da jetzt spezielle Formen gab, kann ich dir leider nicht sagen. Aber das "Mittelalter" war auch ca. 1000 Jahre lang, gibt also selbst für so eine einfache Frage ziemlich viel her. ;)

Ich hoffe, dir damit schon mal etwas geholfen zu haben. Ich bin mir aber ziemlich sicher, das hier irgendjemand noch genauere Information hat?

Grüße,

Nikolas

PS: Ein guter Einstiegspunkt wäre auch sicherlich das Buch "English Longbowman 1330–1515", ISBN: 1855324911. Kenn ich selber nicht, aber die Osprey Bücher sind eigentlich immer gut.
 
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wolviemaniac schrieb:
PS: Ein guter Einstiegspunkt wäre auch sicherlich das Buch "English Longbowman 1330–1515", ISBN: 1855324911. Kenn ich selber nicht, aber die Osprey Bücher sind eigentlich immer gut.

Hallo,

dass kann ich als Historiker nur sehr bedingt bestätigen! Die Osprey-Bücher neigen zur sehr starken Verallgemeinerungen :staun: Bin zwar kein Mediavist, aber etliche Kollegen vom fach, haben mich darauf hingewiesen. Fairerweise muss man auch sagen, dass die Osprey-Bücher nicht für ernsthaft wissenschaftliche Studien geschrieben werden. Demnach sind sie zumindest für einen Einstieg (oder ein Hobby) zu gebrauchen.
 
@ Samweis:

Sicher, aber den größten Wert stellen ja auch immer die Farbtafeln dar, die in der "Warrior Series" (in der ja auch "English Longbowman" erschien) für gewöhnlich Waffen, Rüstung und Ausrüstung sehr detailliert darstellen und für die gestellte Frage ziemlich aussagekräftig sein sollten.

Natürlich sind es nur sehr knappe Überblickswerke, die aber teilweise doch von recht anerkannten Forschern wie z.B. David Nicolle (Warrior Series: "Knight of Outremer") geschrieben werden und durchaus auch ihren Platz in der wissenschaftlichen Arbeit haben können.
Ich hätte ja auch gerne einen passenden wissenschaftlichen Aufsatz empfohlen, ich kenne nur leider keinen. ;) Wäre dann auch nicht ganz so leicht ranzukommen.

Ansonsten dürften die Feinheiten der korrekten Vorgehensweise der historischen Disziplin den Rahmen dieses Threads sprengen. ;)

Grüße,

Nikolas
 
:eek:
Wollte Dir nicht auf die Füße treten, sondern nur evtl. Enttäuschungen/Fehlinformationen vorbeugen. Ich habe mich ein wenig in der Mittelalter/traditionelle Bogenschützen Szene umgesehen und musste feststellen, dass es da einige Leute gibt, die "vermeintlich Historisches" mit wissenschaftlich fundierten Fakten verwechseln. Natürlich bei weitem nicht Alle. Das ist an sich immer noch nichts schlimmes, aber das schon fast "fanatische" Beharren und Verkünden stösst einem manchmal übel auf.

Aber das wird jetzt OT. Sorry!
 
Zuletzt bearbeitet:
heiko häß schrieb:
Kann mir jemand sagen mit was für Blankwaffen mittelalterliche Bogenschützen ausgestattet waren?
Gab es da was Spezielles?
Bin für jeden Tip dankbar.
Gruß Heiko


Hallo Heiko,

genau diese Frage beschäftigt mich nun auch schon geraume Zeit.

Habe das Thema gleich mal "abonniert" damit mir keine Antwort verloren geht.

Leider bin ich bislang auch nur bis zu besagtem OSPREY gekommen :-(


Beste Grüße

Klaus
 
Waffen mittelalterlicher Bogenschützen

heiko häß schrieb:
Kann mir jemand sagen, mit was für Blankwaffen mittelalterliche Bogenschützen ausgestattet waren?

Heiko,

nach meinen Informationen richtete sich das nach den Einsätzen und nationalen Gepflogenheiten. Allerdings scheint es bei vielen Bogenschützen - England und Frankreich als typische Länder - so gewesen zu sein, dass die Bewaffnung sehr leicht war. Wie in anderen Posts auch zu lesen war, ist häufig nur ein Messer/Dolch/maximal Kurzschwert üblich gewesen. Selbst die Helme waren anders als jene der "regulären" Truppen, weil einmal die Sehne, aber auch die Bedürfnisse hinsichtlich des Sehfelds keinen wirklich umfassend schützenden Helm erlaubten. Auch Rüstungen waren - mit der Ausnahme "leichter" Kettenhemden - unüblich. Das war übrigens auch im mittelalterlichen Japan ähnlich, zumindest bei den "Nur-Bogenschützen" (nicht alle waren SAMURAI).

Zudem mussten Bogenschützen sehr beweglich sein, weil sie in diesen Zeiten häufig auch als "Heckenschützen" (also aus einem Versteck heraus oder von einem Baum oder Gebäude herab) aktiv waren, also nicht nur als geschlossene Formation. Das machte sie dann dem Gegner meist etwas unsympathisch, was dazu führte, dass ihnen im Falle einer Gefangennahme die Zugsehnen des rechten Unterarms durchgeschnitten wurden. Das machte dann den Gegner wieder unsympathisch - zumindest ginge es mir so, wäre ich damals Bogenschütze gewesen....

Gruß

sanjuro
 
Hallo nochmal,

beim Surfen auf www.deremilitari.org bin ich auf ein weiteres Buch gestoßen, was ein Standardwerk zu sein scheint: Bradbury, Jim: The Medieval Archer (1985). Wäre wahrscheinlich auch noch einen Blick wert.
Vielleicht lassen sich auf der deremilitari-Seite auch noch weitere Hinweise für Recherchen finden.
Das Problem wird wohl allerdings immer sein, daß für den mittelalterlichen Feldherren, wie auch für den modernen Historiker die Bogenschützen immer hauptsächlich als das interessier(t)en, was sie in erster Linie waren: Schützen. Daher steht ihr Umgang oder ihre Ausstattung mit Nahkampfwaffen (die wiederum noch mehr Training zusätzlich zum zeitintensiven Training am Bogen erfordert hätten) weitgehend im Hintergrund.

Heiko, interessiert dich denn ein historischer Abschnitt des Mittelalters besonders? Dann gäbe es möglicherweise noch mehr Anhaltspunkte, an denen man sich entlanghangeln könnte.

Auf jeden Fall ein sehr spannendes Thema!

Grüße,

Nikolas
 
Longbows forever

Hallo Heiko,
mir fällt da noch eine Kurzschwertvariante walisischer Herkunft namens "Chledd" ein.
Das Wort leitet sich vermutlich von "Gladius" ab.
Diese Waffe hatte eine breite bauchige Klinge ähnlich wie das Smatchet(?) und wurde hinten im Gürtel getragen.
Was unter den damaligen Franzosen zu dem Verdacht führte, die verfluchten Engländer wären Abkommen des Teufels, da diese Trageweise den Anschein erweckte als hätten sie Schwänze. :irre:

Nestroque, Richard
 
Bogenschützen-Bewaffnung

Hallo Heiko,

nach meiner Meinung führte jeder Bogenschütze noch ein Schwert als Nahkampfwaffe bei sich - und natürlich noch das obligate Messer.

Es gibt da eine Bild-Datenbank, die so etwas zeigt:
http://www.imareal.oeaw.ac.at/realonline/
- links oben "Handlungen" und "Auswählen"
- links unten eingeben "bogen*" und "zeige Bilder"
- das Bild 000740 ist recht aufschlussreich......

thoMas
 
Thomas,
das Bild läßt allerdings mehr auf einen muselmanischen Bogenschützen schließen.
Recurvebogen, Bogenköcher, Turban und dgl.

Grüße, Richard

P.S. Danke für den Link auf Deiner Homepage, Heiko.
Wußte gar nicht, daß es schon so ein engagiertes Bogner-Forum gibt! :hehe:
 
Danke Jungs

Dieses Thema beschäftigt mich schon ne ganze Weile. Ich kann mir einfach nicht vorstellen das ein Bogenschütze auch noch ein großes Schwert mitgeführt hat. Auf Mittelalterveranstaltungen sieht man recht häufig ein Sax am Gürtel. Paßt aber eigentlich nicht so recht ins MA.
Irgendwie habe ich gehoft auf was zu stoßen das sich lohnt nachzubauen.
Also, danke noch mal.
Gruß Heiko
 
Hier noch ein Link zum Thema: Die englischen Bogenschützen Legenden um eine "Wunderwaffe".

http://www.kriegsreisende.de/mittelalter/bogen.htm

Ich weiß nicht wie fundiert der Artikel ist, es sind aber einige Abbildungen dabei, welche Bogenschützen mit Schwertern und sogar Spießen zeigen. Im Text ist wiederum von Messern und Kampfhämmern die Rede.

Gruss
El
 
El Dirko schrieb:
Ich weiß nicht wie fundiert der Artikel ist, es sind aber einige Abbildungen dabei, welche Bogenschützen mit Schwertern und sogar Spießen zeigen. Im Text ist wiederum von Messern und Kampfhämmern die Rede.

Hmm, das Fehlen jeglicher Quellenangaben macht auf jeden Fall schon einmal stutzig. Von einem Dr. erwartet man da eigentlich mehr...
Ich habe nur in den "Fahrende Ritter I"-Artikel hereingeschaut, und da stehen einige Sachen drin, die, sagen wir mal, zumindest diskussionswürdig sind. Aber ich will mich hier jetzt ohne genaueres Lesen nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. ;)

Grüße,

Nikolas
 
Danke für Deine Einschätzung, ich kann das wie gesagt nicht beurteilen. Würde mich aber schon interessieren, ich finde die HP ganz interessant und gut lesbar. Die fehlenden Quellen machen aber auch mich etwas stutzig. ;)
Ich hab mal im Forum der HP nachgefragt warum nirgens Quellenangeben stehen oder ob ich die bisher nur übersehen habe. :D
 
Ist wohl auch "Spekulation auf hohem Niveau" aber glaubhaft:

http://www.berwelf.de/

Okok ist ein Armbruster, naja
Auf jeden fall trägt der Gutste eine Abart der Bauernwehr, was auch Sinn macht, würde ich sagen. Was spricht dagegen, das die Bogenschützen ihre Wehren mitgenommen haben, als letzte Instanz sozusagen?
 
@ El Dirko:

Ich habe noch ein wenig auf der Seite gestöbert (auf den ersten Blick gefiel sie mir nämlich auch recht gut) und unter "Media" einige Literaturhinweise in Verbindung mit einem amazon-Partnerprogramm gefunden. Genügt natürlich in keinster Weise wissenschaftlichen Ansprüchen, aber der Sinn der Seite (nach Überfliegen ihres Forums) ist wohl auch eher, eine Diskussionplattform für Interessierte aller Art zu bieten. Das scheint sie ja auch zu erreichen.

Zum Bogenschützen-Artikel speziell hatte ich das Gefühl, der Autor würde offene Türen einrennen: von der Überlegenheit des Langbogens habe ich so in dem Ausschnitt der wissenschaftlichen Diskussion, den ich kenne, nichts gehört.
Häufig kam bei mir beim Lesen auch der "Ja, aber…"-Effekt (kombiniert mit tiefem Luftholen ;) ) auf. Ganz sicher ist der Autor sehr sachkundig, aber zumindest in Bezug auf mittelalterliches Kriegswesen fehlen mir da doch einige Aspekte oder sind meiner Meinung nach etwas schief bewertet. Aber die Forschung lebt ja von der Diskussion. ;)

Im Übrigen fehlen auf der Buchliste bei Media noch einige Standardwerke der Kriegsgeschichte des Mittelalters, z.B. ist von John Keegan "Kultur des Krieges" aufgeführt aber nicht "Face of Battle", was auch für die moderne Militärgeschichte insgesamt viel größere Bedeutung hat.

Also gilt das übliche: Lesen, nachdenken, Querverweise suchen, Querverweise suchen, Querverweise suchen. ;)

Grüße,

Nikolas
 
Erst mal ein Link zum Malchus, wohl doch kein Blankwaffenforum aber seht selbst: http://www.vinsalt.de/Foren/m1/index.cgi/noframes/read/2637

Ansonsten ? Könnte ein Bogenschütze einfach das dabei gehabt haben was er so greifbar hatte. Das wird lokal und zeitlich sehr unterschiedlich gewesen sein, und mit Sicherheit auch innerhalb der gleichen Truppe nicht standardisiert.

Vieleicht hatte er z.B. einen Malchus dabei? Sieht aus wie ein im Maßstab geschrumpftes Scharfrichterschwert aus Tausend und einer Nacht. Von der ungefähren Herleitung käme das für die Zeit der Kreuzzüge und danach durchaus in Frage. Die Klinge hat zumindest für mein Verständnis keine europäische Form, aber einen typisch kreuzförmigen Griff . Malchus war ein neutestamentarischer Zeitzeuge, der als Philosoph und Mathematiker und Märtyrer in Erscheinung trat. Irgendwann und irgendwie kam diesem Malchus mittels scharfer Klinge ein Ohr abhanden. Und so ist dann das Malchus eine kleine führige Hieb und Stichwaffe fürs Fußvolk gewesen.
Zum Erscheinungsbild vom Bogenschützen, das ich so von Robin Hood im Kopf hab :lechz: passts aber nicht.
 
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