Bundespolizei vs Taschenmesser

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Highwayman

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Hallo,

neulich wurde mein subjektiv grosses altmodisches Taschenmesser sichergestellt. Das trug sich folgendermassen zu:

Ich schraubte auf einem verlassenen Fabrikgelände in der Nähe eines
Güterbahnhofes an meinen Auto herum. Es handelte sich, wie sich später herausstellte, um ein Gelände der Deutschen Bahn.

Ein älterer Herr kam vorbei, fragte mich, ob ich einen Ölwechsel mache und was ich da zu suchen hätte.
Wenig später kam die Bundespolizei. Ich hatte zwar zufällig meinen
Befähigungsausweis der DB dabei, weil ich selber für die DB arbeite.
Dennoch war ich dort ohne Auftrag, bekam einen Platzverweis.
Nebenbei wurde mein Werkzeug sichergestellt, weil die Ermittlungsbeamten vor Ort nicht festlegen konnten, ob das Werkzeug geführt werden darf.

Dann, auf der Wache: " das ist ein feststehendes Messer über 12 cm,
Ordnungswidrigkeit. Ich widersprach.
Da ich gegen die Sicherstellung allerdings keinen Einspruch einlegte,
liessen die Beamten davon ab, es durch richterliche Genehmigung beschlagnahmen zu wollen. Ich verlangte dennoch Aushändigung.
Nach Aushändigung einer Quittung ( "B-Protokoll" ) und dem Hinweis,
am nächsten Tag auf der Wache anzurufen, verliess ich die Wache.

Am nächsten Tag konnte ich das Werkzeug wieder abholen.

Klingenlänge 15 cm, nutzbar 13 cm, feststellbar

tmfz2.jpg
 
Klingenlänge 15 cm, nutzbar 13 cm, feststellbar
Feststellbar und feststehend sind aber ein kleiner bedeutender Unterschied.
Dein Messer ist feststellbar und somit nur als Einhänder "verboten".
Nur wenn es "feststehend ist" gilt die Regel mit den 12 cm.

Komische Bundespolizei.

Ist es denn einhändig feststellbar?
 
1. gut Verhalten! - mit der Beschlagnahme ist das nämlich so eine Sache. Bei einem Führerschein ist hinsichtlich der richterlichen Entscheidungsfreude schon Eilbedürftigkeit gegeben, bei einem Messer eher nicht. Das dauert dann schon mal länger.
2. Mußmaßung: Die beiden haben ihre "Beute" am nächsten Tag demjenigen gezeigt, der Waffensachen auf dieser Dienststelle bearbeitet - der hat gotteslästerlich geflucht o.ä. - und Rückgabe veranlaßt.
3. mit dem Vollzug einer belastenden Maßnahme ( hier: Sicherstellung ) ist das Ordnungswidrigkeitenverfahren faktisch eröffnet. Ordnungswidrigkeitsverfahren einstellen kann nur das Ordnungsamt. D.h. ganz sauber gesehen müsste die Polizei eine OWi-Anzeige schreiben, hinzufügen das man sich geirrt/getäuscht etc. hat und das Schreiben an das Ordnungsamt schicken mit der Bitte um Einstellung des Verfahrens. Das Ordnungsamt stellt das Verfahren ein und informiert den Betroffenen hierüber schriftlich (Einstellungsbescheid). Oftmals hakt die Dienststelle sowas als " Sonstiges" ab, aber rein (verfahrens)rechtlich steht dem Betroffenem ein Einstellungsbescheid zu. Darauf kann man natürlich verzichten, ich könnte mir aber schon vorstellen, daß es im Wiederholungsfall eine nette Argumentationshilfe ist, wenn die Blau/grünen einem das Messer einziehen und man es ihnen amtlich unter die Nase halten kann, daß das schon mal ( beim gleichen Messer ! ) keinen rechtlichen Bestand hatte.

Gruß
Billy
 
Ist es denn einhändig feststellbar?
Nein.

dann hast du dein Messer also wieder bekommen?!
Ja.

im Wiederholungsfall eine nette Argumentationshilfe
Die Sache wurde natürlich als "Sonstiges" abgetan.
Allerdings ist nun auf der Kopie des Sicherstellungsprotokolls vermerkt,
dass das beidhändig feststellbare Klappmesser führbar ist.

Zumindest auf öffentlichen Plätzen.

Wobei ich mir noch nicht ganz sicher bin, wie dieses "gefährliche Werkzeug" z.B. nach dem Versammlungsgesetz zu beurteilen wäre,
in welchem ja nicht nur "Waffen", sondern auch "gefährliche Gegenstände" als nicht führbar aufgeführt werden.
 
3. mit dem Vollzug einer belastenden Maßnahme ( hier: Sicherstellung ) ist das Ordnungswidrigkeitenverfahren faktisch eröffnet. Ordnungswidrigkeitsverfahren einstellen kann nur das Ordnungsamt. D.h. ganz sauber gesehen müsste die Polizei eine OWi-Anzeige schreiben, hinzufügen das man sich geirrt/getäuscht etc. hat und das Schreiben an das Ordnungsamt schicken mit der Bitte um Einstellung des Verfahrens. Das Ordnungsamt stellt das Verfahren ein und informiert den Betroffenen hierüber schriftlich (Einstellungsbescheid). Oftmals hakt die Dienststelle sowas als " Sonstiges" ab, aber rein (verfahrens)rechtlich steht dem Betroffenem ein Einstellungsbescheid zu. Darauf kann man natürlich verzichten, ich könnte mir aber schon vorstellen, daß es im Wiederholungsfall eine nette Argumentationshilfe ist, wenn die Blau/grünen einem das Messer einziehen und man es ihnen amtlich unter die Nase halten kann, daß das schon mal ( beim gleichen Messer ! ) keinen rechtlichen Bestand hatte.

Gruß
Billy

(das hervorgehobene von mir)

Die Einstellung des Verfahrens ergeht nicht als Bescheid, sondern als
Mitteilung. Aus dem einfachen Grund, weil der Betroffene keine
Möglichkeit hat, gegen diese Verwaltungsentscheidung vorzugehen.
(wer sollte das auch machen) ;)

Auf diese Mitteilung kann man nur verzichten, wenn das Verfahren dem
Betroffenen nicht bekanntgegeben wurde (Kommentar zum § 47 I OWiG).
Ansonsten wäre interessant zu wissen, ob das Verfahren nach § 47 I OWiG
oder nach §§ 46 OWiG i.V.m. 170 II StPO eingestellt wurde.
Ich vermute letzteres, da letztendlich keine strafbare Handlung vorlag.
In dem Fall ergeht eine Mitteilung an den Betroffenen in Analoganwendung
nach § 170 II S.2 StPO.

Ein entsprechender Bescheid wäre IMO als Argumetationshilfe obsolet
im Widerholungsfall, da hier die Sachlage (Fehlentscheidung) eindeutig ist...
 
@ siggii42

Was soll das ?
Auf diese Mitteilung kann man nur verzichten, wenn das Verfahren dem
Betroffenen nicht bekanntgegeben wurde (Kommentar zum § 47 I OWiG).
. Die Behörde kann verzichten! Wenn ich gegenüber dem Beamten wenn möglich noch schriftlich angebe, daß ich keine Einstellungsmitteilung haben will? Das geht natürlich nur, wenn schon da klar ist, daß die Owi-Anzeige eingestellt wird.

Ansonsten wäre interessant zu wissen, ob das Verfahren nach § 47 I OWiG
oder nach §§ 46 OWiG i.V.m. 170 II StPO eingestellt wurde.
Ich vermute letzteres, da letztendlich keine strafbare Handlung vorlag.
In dem Fall ergeht eine Mitteilung an den Betroffenen in Analoganwendung
nach § 170 II S.2 StPO.

Das Verfahren kann nicht eingestellt werden, da die Bundespolizei es gar nicht eröffnet, sondern als " Sonstiges " abgehakt hat. Den o.a. Wisch bekommt man nur, wenn tatsächlich eine Ordnungswidrigkeitenanzeige ergangen ist.

Ein entsprechender Bescheid wäre IMO als Argumetationshilfe obsolet
im Widerholungsfall, da hier die Sachlage (Fehlentscheidung) eindeutig ist..

Das würde unterstellen, daß die Polizei den gleichen Fehler nicht ein zweites Mal begeht... tja, da fehlen mir die Worte. Du hast ein echt sonniges Gemüt! Wer garantiert Dir denn, daß Du an genau die selben Beamten vom letzten Mal wieder gerätst?

müde Grüße
Billy
 
Bill.B.Z.

Was soll das ?
Zitat:
Auf diese Mitteilung kann man nur verzichten, wenn das Verfahren dem
Betroffenen nicht bekanntgegeben wurde (Kommentar zum § 47 I OWiG).

. Die Behörde kann verzichten! Wenn ich gegenüber dem Beamten wenn möglich noch schriftlich angebe, daß ich keine Einstellungsmitteilung haben will? Das geht natürlich nur, wenn schon da klar ist, daß die Owi-Anzeige eingestellt wird.

Das Frage ich dich? :argw:

Hast du mal bei der Bill.B.Z. gearbeitet???
Hast du dir vielleicht mal den
Kommentar zum § 47I OWiG durchgelesen (Beck). Und schön dass du mir recht gibst!
Ich habe ja bereits geschrieben, dass die Behörde verzichten kann,
wenn das Verfahren dem Betroffenen nicht mitgeteilt wurde, dies ist
aber im vorliegenden Sachverhalt nicht so, da das Verfahren dem
Threadstarter mitgeteilt wurde.
Letztendlich ist wichtig festzuhalten, dass dies nur eine Mitteilung
ist und kein Bescheid. Darin lag ja dein Fehler...;)

Klar brauch man keine Mitteilung ergehen lassen, wenn der Betroffene
darauf im Vorfeld verzichtet. Das erklärt sich aber von selbst und ist
an den Haaren herbeigezogen. ;)

Das Verfahren kann nicht eingestellt werden, da die Bundespolizei es gar nicht eröffnet, sondern als " Sonstiges " abgehakt hat. Den o.a. Wisch bekommt man nur, wenn tatsächlich eine Ordnungswidrigkeitenanzeige ergangen ist.

Das ist einfach nur Schwachsinn und sollte es sich tatsächlich
so zugetragen haben, ein grober Verfahrensfehler. Mit der Sicherstellung
ist eine prozessuale Maßnahme nach dem OWiG ergangen und somit
wurde das Verfahren auch eröffnet.

Dann, auf der Wache: " das ist ein feststehendes Messer über 12 cm,
Ordnungswidrigkeit. Ich widersprach.

Das Verfahren stellt nicht auf die Behörde ab, sondern auf die durchgeführte
Maßnahme in rechtmäßiger Dienstausübung. Das heisst, das nicht
die nach § 36 OWiG zuständige Verfolgungsbehörde erst einleitet, sondern
der Bundespolizist mit der durchgeführten Maßnahme.

Aber du schreibst ja selber...:

mit dem Vollzug einer belastenden Maßnahme ( hier: Sicherstellung ) ist das Ordnungswidrigkeitenverfahren faktisch eröffnet. Ordnungswidrigkeitsverfahren einstellen kann nur das Ordnungsamt.

Was auch richtig ist! Aber

müde Grüße
Billy

Vielleicht warst du gestern doch schon etwas zu müde...:steirer:

Zitat:
siggii42
Ein entsprechender Bescheid wäre IMO als Argumetationshilfe obsolet
im Widerholungsfall, da hier die Sachlage (Fehlentscheidung) eindeutig ist..
Das würde unterstellen, daß die Polizei den gleichen Fehler nicht ein zweites Mal begeht... tja, da fehlen mir die Worte. Du hast ein echt sonniges Gemüt! Wer garantiert Dir denn, daß Du an genau die selben Beamten vom letzten Mal wieder gerätst?

Das habe ich nicht behauptet, deutlich lesen bitte. Den Sachverhalt
den der Threadstarter hier berichtet, ist eindeutig. Ich will nicht abstreiten,
dass es noch andere Kollegen gibt, denen solche Fehler unterlaufen.
Doch spätestens mit einer gerichtlichen Überprüfung sollte, doch
klar werden, dass ein solches Messer nicht hätte eingezogen
werden dürfen, oder?!

Im übrigen mach dich doch mal mit den von mir genanten Paragraphen
vertraut. Ich erklär dir das auch gerne mal oder schicke dir den Kommentar.
Und falls das Verfahren, aufgrund fehlender Tätereigenschaft, sogar
nach § 170 II StPO eingestellt wurde, IST der Betroffene zu unterrichten!
Das ist eine Soll-Vorschrift...(es sei denn, dass der Betroffene, wie von
dir erwähnt, darauf verzichtet)
 
Zuletzt bearbeitet:
[...] Mit der Sicherstellung
ist eine prozessuale Maßnahme nach dem OWiG ergangen und somit
wurde das Verfahren auch eröffnet. [...]

Nur für's Verständniss - was ist denn hier die Begründung für eine Maßnahme nach dem OWiG?
Wenn das Messer so oder so legal führbar ist, wieso gibt es dann eine *Begründung*? Und wieso kann dann ein Verfahren eröffnet werden?

Und, last but not least - wie heißt das eigentlich auf Juristendeutsch, wenn Gegenstände ohne Rechtsgrundlage weggenohmen werden?

Gruss, Keno
 
Nur für's Verständniss - was ist denn hier die Begründung für eine Maßnahme nach dem OWiG?
Wenn das Messer so oder so legal führbar ist, wieso gibt es dann eine *Begründung*? Und wieso kann dann ein Verfahren eröffnet werden?

Gruss, Keno

Hi Keno!

Entscheidend für eine Maßnahme gemäß OWiG
(bzw. als formelle Handlungsgrundlage)
war die Ansicht der Beamten, dass es sich um eine Odrnungswidrigkeit
nach § 53 I Nr. 21a WaffG handelt.

§ 1 I OWiG sagt:
"Eine Ordnungswidrigkeit ist eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zuläßt..." (hier § 53 I Nr. 21a WaffG).

Somit ist das OWiG-Verfahren begonnen und das OWiG maßgebend
(natürlich in Verbindung mit dem WaffG).

Im folgenden konnte das Messer nach § 54 II WaffG eingezogen werden.
Die formellen Rahmenbedingungen zum Ordnungswirdigkeitenverfahren
liefert also das OWiG (zuständige Verfolgungsbehörde, Grundssatz der Verhältnismäßigkeit bei Einziehung,
Verfahrenseinstellung etc.)...

Und, last but not least - wie heißt das eigentlich auf Juristendeutsch, wenn Gegenstände ohne Rechtsgrundlage weggenohmen werden?

Die Handlungsgrundlage war ja gegeben; eine OWi nach dem WaffG.
Das die Entscheidung inhaltlich falsch war, begründet im Nachinein
ein fehlende Ermächtigung zur durchgeführten Einziehung.
Ein formeller Verfahrensfehler lag ja nicht vor. Die Einziehung war unbegründet
und nicht zulässig (im materiellen Sinne).
Ein Ermessensfehler lag indes nicht vor, da dies eine vorwerfbare Tat
erfodert hätte.
 
Hi Keno!

Entscheidend für eine Maßnahme gemäß OWiG
(bzw. als formelle Handlungsgrundlage)
war die Ansicht der Beamten, dass es sich um eine Odrnungswidrigkeit
nach § 53 I Nr. 21a WaffG handelt. [...]

Verstehe, als Handlungsgrundlage reicht also die "Ansicht" eines Beamten.

[...] § 1 I OWiG sagt:
"Eine Ordnungswidrigkeit ist eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zuläßt..." (hier § 53 I Nr. 21a WaffG).

Somit ist das OWiG-Verfahren begonnen und das OWiG maßgebend
(natürlich in Verbindung mit dem WaffG). [...]

Wäre das eine Klausurfrage, würde die Antwort wohl lauten:

Satz 1 und 2 richtig; Verknüpfung falsch; denn:

Die Handlung war weder rechtswidrig noch vorwerfbar. Ich lasse mich da aber gerne eines besseren belehren. :)

Gruss, Keno
 
Ich verstehe die Irritationen nicht. Ein Polizeibeamter urteilt nicht. Logischerweise kann er auch nicht alle möglichen Fälle wissen. Daher muss natürlich seine Ansicht der Dinge bzw. der "begründete Anlass" (es kann nicht nach dem Nasenfaktor gehen, es muss schon so sein, dass man objektiv einen Anlass erkennen kann) den Beginn eines Verfahrens darstellen.

Das im Verfahren festgestellt wird, dass es gar keinen Grund gab (also das Führen des Messers keine Ordnungswidrigkeit darstellte) kann erst am Ende des Verfahrens stehen.

Verfahren bedeutet hier doch: Es gibt einen festgelegten Ablauf, an den sich alle Staatsbediensteten zu halten haben.

Wenn das Verfahren erst eröffnet würde, nachdem die Ordnungswidrigkeit feststeht, wie soll das rechtsstaatlich aussehen? Wer bestimmt das denn außerhalb des Verfahrens?

Ich weiß zwar nicht, ob stimmt, was Siggi schreibt, aber es erscheint mir logisch.
 
Verstehe, als Handlungsgrundlage reicht also die "Ansicht" eines Beamten.

Wäre das eine Klausurfrage, würde die Antwort wohl lauten:

Satz 1 und 2 richtig; Verknüpfung falsch; denn:

Die Handlung war weder rechtswidrig noch vorwerfbar. Ich lasse mich da aber gerne eines besseren belehren. :)

Gruss, Keno

(hervorgehoben von mir)

Diese Aussage ist falsch. Ausschlaggebend ist die Beurteilung des
Beamten zum Zeitpunkt der Einschätzung der Situation. Die Handlung
war für den Beamten in dieser Situation rechtwidrig und vorwerfbar,
so hat er die Situation beurteilt. Mit der Folge, dass er das Messer
eingezogen hat.

Das es sich tatsächlich nicht um ein Fixed handelt und somit keine OWi
nach § 53 I Nr. 23a WaffG vorlag, stellte sich ja erst im Laufe des
Weiteren Verfahrens heraus. Meint, dass im ersten Moment die Handlung
des Beamten rechtmäßig war, da er in der Annahme ging, dass es sich
um ein Fixed handele.

Das ist schwierig zu erklären, aber ein Rechtsgelehrter im höheren Polizeidienst,
der auch für die StPO schreibt sagt:

"Wäre die Situation tatsächlich so gewesen, wie sie der Beamte im Moment
seines Handelns eingschätz hat, hat er richtig gehandelt"

Solange ich mich in rechtmäßiger Dienstausübung befinde, handele
ich nicht rechtswidrig. Ich habe für meine Handelungen (zum
Beispiel auch Körperverletzung bei der Ausübung unmittelbaren Zwangs)
einen Rechtfertigungsgrund. Sollte keine rechtmäßige Dienstausübung
vorliegen (Unverhältnismäßigkeit etc.), muss der Beamte die Konsequenzen tragen.

Anders machte es auch keinen Sinn. Zugegeben Keno, die Handlung
des Beamten war keine Meisterleistung. Und natürlich hängt das Handeln
des Beamten von seiner Beurteilung der Situation ab.
 
...
Ausschlaggebend ist die Beurteilung des
Beamten zum Zeitpunkt der Einschätzung der Situation. Die Handlung
war für den Beamten in dieser Situation rechtwidrig und vorwerfbar,
so hat er die Situation beurteilt. Mit der Folge, dass er das Messer
eingezogen hat.
...

Das ist einfach nur haarsträubend. Soll das bedeuten, dass ein Beamter im Dienst nicht an Recht und Gesetz gebunden ist, sondern seine persönliche "Einschätzung" als Legitimation ausreicht?
 
Nein das reicht natürlich nicht. ;)

Ausschlaggebend ist dabei die rechtmäßige Dienstausübung.
Vom Verfahrensablauf hat der Beamte ja richtig gehandelt, wenn es
tatsächlich ein Fixed gewesen wäre. Im vorliegenden Sachverhalt
hat der Beamte sich grundsätzlich am geltenden Recht orientiert. Er hat
letztendlich die Eigenschaft des Messers falsch eingeschätzt.

Ich weiß jetzt aber nicht, was daran so haarsträubend ist. Vom Unwissen
das Beamten mal abgesehen. Nehmen wir als Beispiel doch mal die
Putativnotwehr. Ein gutes Beispiel, wie ich finde:

Wenn du als Hausherr annimmst, der Freund deiner
Tochter sei ein Einbrecher als er nachts, das Zimmer verlässt und durch
das Haus schleicht und ihn daraufhin niederschlägst um dein Eigentum
zu schützen, dann gingst du in der Annahme, dass es sich um einen
Einbrecher handelt und in Notwehr handelst. Tatsächlich jedoch
hast du den Straftatbestand einer KV verwirklicht, handelst jedoch
nicht schuldhaft (strafbar), da du irrig in der Annahme warst, dass
eine Notwehrsituation vorlag (auch Erlaubnistatbestandsirrtum genannt).

Als Beamter darf ich ohne gesetzliche Grundlage nicht handeln.
 
Das ist einfach nur haarsträubend. Soll das bedeuten, dass ein Beamter im Dienst nicht an Recht und Gesetz gebunden ist, sondern seine persönliche "Einschätzung" als Legitimation ausreicht?

Haarstraeubend ist das nicht. Anders kann es ja auch nicht funktionieren: Der Beamte handelt so, wie er es nach seiner Einschaetzung der Situation und seiner Kenntnis von Recht und Gesetz fuer richtig haelt. Damit handelt er in der Situation nach seinem Empfinden nach Recht und Gesetz. Diese Handlung ist im nachhinein ueberpruefbar, z.B. durch ein Gericht.

Waere das nicht so, koennte z.B. ein Polizeibeamter jemanden, den er (nach seiner Einschaetzung) bei einem Einbruchsversuch stellt, nicht verhaften, sondern er muesste erst z.B. ein Gerichtsurteil erwirken, bevor er taetig wird.
 
Das ist einfach nur haarsträubend. Soll das bedeuten, dass ein Beamter im Dienst nicht an Recht und Gesetz gebunden ist, sondern seine persönliche "Einschätzung" als Legitimation ausreicht?

Das ist überhaupt nicht haarsträubend, sondern schlicht und ergreifend notwendig.
Es ist nicht möglich, dass was Du als persönliche Einschätzung beschreibst, andere nennen es Einschätzung der Lage usw. auszublenden und im Rechtswesen wird auch noch strickt zwischen verfolgender Behörde und urteilender Behörde unterschieden.

Sprich der Polizist dürfte nicht mal (wenn er es denn könnte) abschließend rechtsverbindlich "urteilen". Er kann nur einschätzen ob er nach geltendem Recht und Gesetz Handlungen vornehmen muss.

Und das Ganze geschieht eben auch noch in einem nach Gesetzen geregeltem formalen Verfahren, in dem am Ende nicht der Polizist sondern andere darüber entscheiden wie das eingeleitete Verfahren weiter verläuft. Daher ob es eingestellt wird oder weiter verfolgt und in letzter Instanz wenn notwendig eben auch vor Gericht gebracht wird.

Das Ganze ist so aufgebaut um Bürger vor Willkür zu schützen und nicht um willkürlich handelnde Polizisten auf ihn los zulassen, genau das wird damit in Deutschland m.E. ziemlich effektiv (viele meinen gar zu effektiv) verhindert.

Eine Lage einschätzen und nach Gesetzen handeln schließt sich also nicht aus, vielmehr ist evident das Menschen Gesetzesverstöße nur subjektiv einschätzen können, was im vorgeschriebenen Verfahren berücksichtigt wird.

Gruß
El
 
Nein das reicht natürlich nicht. ;)

Ausschlaggebend ist dabei die rechtmäßige Dienstausübung.
Vom Verfahrensablauf hat der Beamte ja richtig gehandelt, wenn es
tatsächlich ein Fixed gewesen wäre. Im vorliegenden Sachverhalt
hat der Beamte sich grundsätzlich am geltenden Recht orientiert. Er hat
letztendlich die Eigenschaft des Messers falsch eingeschätzt.

Und was passiert mir, wenn ich z.B. die Waffeneigenschaft eines Messers falsch einschätze? Wenn ich heute noch nicht weiss, was gestern wieder an Gegenständen verboten wurde, und damit erwischt werde? "Vom Verfahrensablauf habe ich beim Schälen meines Apfels richtig gehandelt, ich habe nur die Waffeneigenschaft des Messers falsch eingeschätzt." Genau das nennt sich dann eben "nicht rechtmäßiges Verhalten", und ich werde bestraft. Ich wüsste also nicht, warum fälschliches Anwenden exekutiver Gewalt als "rechtmäßige Dienstausübung" ohne Konsequenzen bleiben sollte.

Ich weiß jetzt aber nicht, was daran so haarsträubend ist. Vom Unwissen
das Beamten mal abgesehen. Nehmen wir als Beispiel doch mal die
Putativnotwehr. Ein gutes Beispiel, wie ich finde:
...
Nein, das ist überhaupt kein gutes Beispiel, es geht hier nämlich nicht um eine unvermeidliche Fehleinschätzung in einer Stresssituation, sondern schlichtweg um das Unwissen eines Beamten über Vorgänge, für deren Beurteilung er ausgebildet ist und vom Staat bezahlt wird. Dass niemand alles wissen kann und jeder Fehler macht, steht ausser Frage. Nur wird man als Bürger dann dafür bestraft. Was meinst Du denn, wie viele Bürger nach wie vor mit seit der letzten Waffengesetzänderung für pöse erklärten Klappmessern rumlaufen, ohne etwas davon zu ahnen? "Herr Wachtmeister, ich habe doch nichts falsch gemacht, denn ich bin davon ausgegangen, dass ich dieses Messer führen dürfte!" wird da als Ausrede bei einer Kontrolle nur ein müdes Lächeln hervorrufen. Ganz genau das soll aber bei einem (wohlgemerkt für genau diesen Job ausgebildeten!) Staatsdiener funktionieren? Ja, das finde ich haarsträubend, und ich finde es ehrlich gesagt auch etwas beunruhigend, wenn solche Positionen hier mit voller Überzeugung vertreten werden.


Natürlich kann ich einen Polizisten nicht für jeden Irrtum bei der Dienstausübung bestrafen, so viel wie so qualifizierte Leute kosten würden, will auch niemand einem Polizisten bezahlen. Diese Pauschale Rechtfertigung und der geringere(!) Maßstab, der bei einem Gesetzeshüter bzgl. Kenntnis der Gesetze angelegt wird, finde ich aber nach wie vor - haarsträubend.
 
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