deutsches Küchenmesser optimiert und auf Foodrelease getrimmt

ebenezer

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Heute Abend habe ich endlich Zeit gefunden, mich einem Projekt zu widmen, das mir schon länger vorschwebte.
Ziel war es, aus einem normalen Kochmesser deutscher Bauart aus 1.4116 ein Messer mit gutem Foodrelease zu fertigen.
Ich hab der Klinge erstmal den unsäglichen Bauch weggeschliffen und ihr eine sinnvolle Schneidenlinie verpasst.
Dann mit einem Geradschleifer , biegsamer Welle und einem Diamant-Schleifkopf eine Rille parallel zur Schneidenlinie eingeschliffen.
Die Klinge dazu mit einem nassen Lappen als Zwischenlage auf eine dicke Stahlplatte gespannt, und zusätzlich immer wieder mit einem
Wasserzerstäuber besprüht.
Danach mit regelbarer Flex und Lamellenscheiben der Körnungen 80 und 120 von der Rille an Richtung Messerrücken ausgedünnt.
Schließlich den Streifen unterhalb der Rille etwas ballig auf 0 ausgeschliffen und dann geschärft.
Ein schnelles, notdürftiges Finish aufgebracht fürs Foto und auch gleich ausprobiert.
Ich bin begeistert! Die Karottenscheiben fallen sauber von der Flanke ab! Mission erfüllt.
Natürlich ist das Messer noch nicht final gefinisht, aber das kommt noch.

Hier noch ein Foto vor und nach der Umarbeit, sowie von der Hohlkehle. Handyfotos aus der schlecht beleuchteten Küche, aber sie zeigen, worum es geht.

IMG20230329213914.jpg



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IMG20230329214109.jpg
 
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Ich bin beeindruckt! Wieviel Zeit hast du dafür gebraucht?
Hast du entsprechende technische Vorkenntnisse oder hast du das als motivierter Heimwerker gemacht?
 
Ich würde sagen 2 1/2 bis 3 Stunden. Ich bin zwar Fahrzeugtechnik Ingenieur, aber kein Handwerker.
Also reiner Heimwerker mit handwerklichem Geschick.
Und meine Werkzeugausstattung ist wirklich nicht sehr hochwertig.
Aber wie sagt man... Der Hammer in der Hand eines Könners vermag mehr, als ein ganzer Werkzeugkasten in der Hand eines Dilletanten.

Ich sage mal, wer Mühe hat, einen Nagel in die Wand zu kloppen, sollte die Finger von sowas lassen.
Aber wer in seinem Leben schon öfter erfolgreich was gebaut und gebastelt hat und etwas Mut mitbringt, der sollte das hinkriegen.
Keine teuren Messer als Basis nehmen, sondern mit preisgünstigen Teilen spielen, die man notfalls auch ohne Reue entsorgen kann, wenn es nicht klappt.
 
Sieht sehr viel besser so aus, beeindruckend! Wird bei sowas nur "tricky" wenn man es häufiger Nachschleifen muss, knapp 4mm zwischen Wate und der Rille?
 
Wird bei sowas nur "tricky" wenn man es häufiger Nachschleifen muss, knapp 4mm zwischen Wate und der Rille?
Es sind 6mm. Klar definiert das letztendlich die Lebenserwartung des Messers, aber wenn man immer abzieht und selten und Materialschonend schleift, dann sollte das doch etliche Jahre seinen Dienst tun.

Gratuliere zur sog. Hookline
Geht bei einem Messer moderater Dicke natürlich nur auf einer Seite. Die Rückseite ist plan mit leichter Balligkeit auf den letzten Millimetern.
Aber genau das wollte ich überprüfen - ob Foodrelease nur mit sehr dicken Klingen geht, oder auch mit normalen Klingen.
 
Den Verlauf des Hooks parallel zur Schneide habe ich natürlich nicht freihand erzeugt, sondern mich einer kleinen Hilfe bedient.
Ich habe ein paar kleine und eine sehr große Unterlegscheibe auf den Schaft des Schleifkopfs gefädelt. Die kleinen zur Definition des Abstands und die große als Führung, mit der ich dann direkt an der Schneidenlinie entlang angeschlagen habe.
In Position gehalten wurden die Scheiben dann mittels eines Bohrtiefenanschlagrings, den ich auf dem Schaft fixiert habe.
Hier ist das versprochene Bild dazu:

Schleifkopf.jpg
 
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Auf deinem letzten Bild ist gut zu erkennen, dass du an der tiefsten Stelle ca. 1mm ... 1,5mm Material abgenommen hast.
a) Stimmt meine Schätzung?
b) Leuchtet das Tageslicht schon durch? ;)
 
Auf deinem letzten Bild ist gut zu erkennen, dass du an der tiefsten Stelle ca. 1mm ... 1,5mm Material abgenommen hast.
a) Stimmt meine Schätzung?
b) Leuchtet das Tageslicht schon durch?
Ich schätze mal, dass ich 1mm weggenommen habe. Ich werde das nochmal genau nachmessen.
Mit dem Einschleifen der Kerbe habe ich aufgehört, als noch ca 0,7mm Restdicke da waren.
Ob das im Rahmen der Nachbearbeitung mit der Flex noch weniger wurde, habe ich dann nicht mehr genau verfolgt.
Ich muss gestehen, dass ich beim nachfolgenden Anschliff des 6mm breiten Streifens unterhalb der Kerbe, bei dem ich ja schon etwas
Druck auf dem Bankstein brauchte, gewisse Sorgen hatte, dass mir der Streifen einfach weg knackt.
Habe deshalb versucht, mit den Fingerkuppen direkt auf den zu bearbeitenden Streifen zu drücken und nicht oberhalb.😨

Das Ganze wäre so ohnehin nicht möglich gewesen, wenn ich nicht durch das Wegschleifen des Messerbauchs in einen Bereich der Klinge gekommen wäre, der schon etwas mehr Material hat.
Ich habe also das Messer mit Bauch ganz gezielt für dieses Vorhaben ausgewählt.
 
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Das sieht so verdammt gut aus, damit könntest Du Dir problemlos ein 2. Standbein aufbauen. Statt Mercedes einfach mal Burgvogel tunen :)
 
Servus,

Kippington war glaube ich der Erste der einen Hook in eineFlanke geschliffen hat. Von Kippington hatte ich noch keines mit Hook in der Hand, oder ich habs wieder vergessen, zumindest habe ich keine Bilder am Rechner gefunden. :irre:

Hingegen eines von Ben Kamon mit rechtsseitigem Hook und linksseitiger HK hatte ich als PA-Messer zum Test und das hat vorgezeigt was und wie Foodrelease auch sein kann.

IMG_3435.jpg


IMG_3436.jpg


Ben's Messer sind an der Schneide sportlich dünn, auch dieses war ein gelungener Kompromiss zwischen Schneidfähigkeit und FR, aber dennoch mit Fokus aus Schnittgutablösung/Freisetzung. Ich würde nach heutigem Stand sagen, das diese Kombination Hook/HK alle anderen geometrischen Flankenkniffe schlägt. Optisch und vom Flankendesign sind solche Messer wohl nur einer kleinen Gruppe von Nerds zuzumuten, da klassische Flanken für viele einfach "schöner" sind.

Funktional ist das aber großes Kino. wie sich die Sache verhält, wenn die linke Flanke schön ballig geschliffen ist, kann ich leider nicht sagen, aber wenn du bereits eine deutlich verbesserte Ablösung/Freisetzung wahrnimmst und dich eine solches "schneiden" in den Bann zieht, dann könnte ich mir gut vorstellen, das dir ein solches Kamon wie oben gezeigt viel Freude machen würde. ;)

Die "Abscherkante" beim Kamon ist schon sehr definiert, hier noch ein Kehlshot:

40389060xx.jpg


Bei dir bringt ein Kehlshot leider nix, weil du nicht über den Kehl hinaus geschliffen hast, was funktionell eh unwichtig ist, aber der Vergleich wie das ausgeformt ist, hätte mich schon interessiert.

Gruß, güNef
 
Ich habe jetzt nochmal nachgemessen. Bei mir ist die Dicke am Hook zwischen 1,1 und 1,2mm. Oberhalb dann 0,6-0,7mm.
Die Tiefe des Rücksprungs also nur 0,5mm, obwohl es mehr aussieht.
Dennoch ist die Wirkung sehr gut. Ich habe mir Deine Kritik am Scheepers zu Herzen genommen und deshalb den Bereich unterhalb des Hooks auf nur 6mm Breite ausgelegt.
Dadurch bleibt viel weniger Fläche zum Anhaften übrig.
So gutes Foodrelease zu kleinem Kurs gibts wohl nur beim Do it yourself.
Ich muss noch ein wenig Feintuning machen, dann stelle ich vielleicht auch mal ein Video ins Netz. Mal sehen.
 
Danke für's Teilen deines Tuningprojekts @ebenezer. Ich finde Berichte über unkonventionelle Tuningmaßnahmen mithilfe von "Bordmitteln" immer äußerst interessant und lesenswert. Nicht selten kann man sich das ein oder andere abschauen. Zumal dein Ergebnis ja den gewünschten Effekt erzielt hat.

Ich hatte zwar leider noch nicht die Gelegenheit mit einem Hook zu arbeiten, konnte aber sehr positive Erfahrungen mit S-Grinds machen, bei denen die Hohlkehle auf der rechten Klingenseite ähnlich "früh" einsetzt und der Übergang bis zur Schneidkante maximal ballig geschliffen ist.

DSC05870~2.JPG


Hast du die Materialstärke 1mm über der Schneidkante bei deinem Messer auch nachgemessen? Bist du in der aktuellen Version mit der Schneidperformance – unabhängig vom FR – zufrieden oder planst du den Bereich unter der Abscherkante noch weiter auszudünnen?
 
Bist du in der aktuellen Version mit der Schneidperformance – unabhängig vom FR – zufrieden oder planst du den Bereich unter der Abscherkante noch weiter auszudünnen?
Es schneidet aktuell schon nicht schlecht, aber Du hast Recht, ich möchte da hinsichtlich leichtem Schnitt noch etwas dünner werden.
War ja erstmal nur um zu sehen, ob es überhaupt wie geplant funktioniert.
 
Mal eine Frage: ist ein Messer mit unsymmetrischer Geometrie immer nur spezifisch für Links- bzw. Rechtshänder?
Welche Seite ist relevanter beim FR?
Okay, das waren jetzt zwei Fragen...
  • :)
 
Es ist immer die Außenseite relevanter, von der das Schnittgut abfallen soll.
Die Hohlkehle auf der Gegenseite dient in erster Linie dazu, die Reibung und damit den Schnittwiderstand zu reduzieren.
Eine Foodrelease Geometrie ist ja in der Regel erstmal kontraproduktiv zum Streben nach dem leichten Schnitt.
Insofern ist man da auf der Suche nach dem besten Kompromiss und versucht mit Reduzierung der Reibflächen die Negativwirkung des
stärker ausgeprägten Keils nahe der Schneide ein Stückweit zu kompensieren.

Meines ist also ganz klar ein Rechtshandmesser.
Bei sehr massiven Klingengrundkörpern kann man gut auf beiden Seiten Maßnahmen ergreifen. Bei dünneren muss man sich auf die Außenseite beschränken.
 
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