Dora-Stahl für Messerklinge

Spürnase

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Hallo!

Ich möchte mich kurz vorstellen, auch wenn es hierzu bestimmt eine spezielles Unterforum geben würde! ;)

Ich bin 38 Jahre alt u. komme aus Bayern. Meine Leidenschaft ist das Sammeln von Ausgefallenem u. Seltenen. Wenn ich gerade nicht in der Arbeit mein Geld verdienen muss, bin ich immer unterwegs auf der Suche, meine Sammlung zu erweitern. Bereits vor einigen Jahren bin ich in den Besitz eines Bruchstückes vom Eisenbahngeschütz Dora gekommen, welches von der Deutschen Wehrmacht gesprengt wurde. Einige dieser Bruchstücke wurden zur damaligen Zeit von der Bevölkerung geborgen u. gehortet, bis schließlich eines den Weg zu mir fand. Allem Anschein nach ein Bruchstück des Mantelrohres.

Auf Grund von Kontakten ist es mir relativ einfach möglich, den Stahl analysieren zu lassen, um seine Wertigkeit feststellen zu können. All die Jahre in meinem Besitz habe ich überlegt, wie ich dieses Bruchstück einer angemessenen Verwertung zuführen kann. Klar werden einige sagen, wie kann man ein Bruchstück dieses Geschützes verwerten, zumal offiziell nichts mehr vorhanden ist. Ich denke aber, dass die Historie dieser Waffe besser bewahrt werden kann, als in einem rostigen Stück Stahl.

Bei meinen Überlegungen bin ich zufällig auf dieses Forum u. die Messer aus Tirpitz-Stahl gestoßen. Hier tun sich nun meine Fragen auf. Könnte man ein großes Stück Stahl der Dora auch in Klingenrohlinge zersägen u. schmieden lassen? Wie könnte man prüfen, ob der Stahl geeignet ist? Gibt es Fachleute, die einen solch ein Messer als Unikat schmieden würden?

Für eure Hilfe wäre ich sehr dankbar, auch wenn mein Anliegen sicher nicht alltäglich ist.


Danke

Spürnase
 
Frag einfach mal bei Markus Balbach nach, ich glaube der hat auch schon Stahl von Panzern für Messer benutzt.

Gruß hxjd
 
Willkommen!

Auf Grund von Kontakten ist es mir relativ einfach möglich, den Stahl analysieren zu lassen, um seine Wertigkeit feststellen zu können.
Dann mal her mit der Analyse!
Oder was für eine Wertigkeit meinst Du?

Jeder unserer erfahrenen Schmiede wird Dir nach dem Ausschmieden sagen können, ob der Stahl als Klinge geeignet ist.
Schau Dir mal die Diskussionen zum Leo Stahl an. Da wirst Du viele Parallelen entdecken.
Höchstwahrscheinlich wird Dein Dora-Stahl als Damastbestandteil oder Deckstahl für eine SanMai Klinge taugen.
 
Hallo Spürnase,

eine Funkenprobe am Schleifstein zeigt ob Kohlenstoff vorhanden ist. Da muss nicht groß analysieren lassen.

Grüße

DHO
 
Guten Morgen!

Danke schon mal für die Informationen. Ich werde dann vermtl. im Laufe der nächsten Woche eine Materialprobe abtrennen, um die Analyse ins Laufen zu bringen. Die Ergebnisse (Legierung bzw. Bestandteile) stell ich dann hier ein. Vielleicht ist es dadurch möglich, seine Verwendbarkeit besser zu beurteilen.

Danke auch für den HInweis zu Markus Balbach als Ansprechpartner.

Werd jetzt mal nach Beiträgen bzgl. Leo-Stahl suchen.


Gruß

Spürnase
 
Hallo zusammen!

Seit heute liegt mir das Ergebnis der Materialanalyse vor. Ich möchte nachfolgend die darin festgestellten Elemente aufführen. Die Konzentration der jeweiligen Elemente werde ich vorerst nur als relativ eng gesteckten Bereich angeben.

Fe: 91.9 - 92.9%
C: unter der Nachweisgrenze (kleiner 0.01%)
Si: 0.35 - 0.55
Cr: 1.2 - 1.8
Mo: 0.45 - 0.7
Ni: 2.4 - 3.4

Laut Gefügebild sind desweiteren nur wenige nicht-metallische Einschlüsse vorhanden.

Jetzt sind mal die Stahlexperten gefragt, wie dieses Material zu beurteilen ist. Einen vergleichbaren Stahlschlüssel konnten wir nicht finden.


Danke u. Gruß

S.
 
Hallo Spürnase,

dein Stahl ist leider nicht geeignet um daraus eine Monostahlklinge zu machen.
Der Kohlenstoffgehalt ist viel zu gering, bzw. nicht nachweisbar. Ohne den Kohlenstoff ist das Metall nicht härtbar.
Somit nicht viel besser als ein Messer aus einer Konservendose.

Im Verbund mit einem stärker kohlenstoffhaltigen Stahl als Damast könnte man eine Klinge machen, die dann auch brauchbar ist.

Der Kohlenstoff diffundiert dann innerhalb der verschiedenen Schichten und gleicht sich aus.
Dadurch ergibt sich in den Lagenaus DORA-Stahl auch ein ausreichender Anteil, der dann für die Härtbarkeit sorgt.
So etwa 0,5% sollten es mindestens sein, damit es überhaupt sinnvoll ist.

Bei dem Aufwand der dafür getrieben werden muss, lohnt es sich nur, wenn dir der geschichtliche Aspekt wichtig ist.

Einfacher und mit schönerem Ergebnis wird es, wenn man gleich bekannte Stähle nimmt.
Da weiß man, welches Ergebnis herauskommt.

Das betrifft sowohl die Härtung und die Verschweißung, als auch die Zeichnung im Damast.

Mehr können dazu unsere Schmiede und Fachleute sagen.

schönen Gruß,
Jan
 
Hallo Jan!

Danke schon mal für deine Einschätzung. Im wesentlichen hast du es schon richtig gesagt: es überwiegt der geschichtliche Aspekt. Wenn man mit dem Stahl der Dora zusammen einen Damast machen könnte, der einigermaßen praxistauglich ist, so wäre dies vollkommen ausreichend. Es muss kein High-Tech Schneidwerkzeug sein. Das wäre mir das Messer dann auch wert. Wie gesagt: Geschichte...


Gruß

Spürnase
 
Mir hat sich gerade noch eine Frage aufgetan:

woher bekam man bei dem analysierten Stahl die Härte (Festigkeit), um es als Kanonenrohr zu verwenden, wenn eine Härtung nur bei Anwesenheit von Kohlenstoff möglich ist?

Die Materialproben waren nicht einfach zu zerteilen.


Gruß

Spürnase
 
woher bekam man bei dem analysierten Stahl die Härte (Festigkeit), um es als Kanonenrohr zu verwenden, wenn eine Härtung nur bei Anwesenheit von Kohlenstoff möglich ist?

Die Materialproben waren nicht einfach zu zerteilen.

Herbert??? :D

Äh, bleibt ja erstmal die Frage, aus welchem Teil das Stück stammt.
Aber mal grundsätzlich: Dora meint die große Dora, also das 80 cm Ding? Laut Wikipedia (jaja) fliegt da ein über 7000kg schweres Geschoss mit über 700m/s v0 aus dem Rohr. Den dafür möglichen Gasdruck kann ich nicht berechnen, reicht, wenn ich ihn mir vorstelle.

Das heisst. Das Rohr muss in erster Linie zäh sein, nicht hart. Das muss extreme Drücke abkönnen, ohne zu reissen. Hat dann aber auch genug Zeit, um abzukühlen. Und wird nach hundert Schuss weggeschmissen.

Dass da grundsätzlich andere Analysewerte rauskommen, als zB bei einer Leo Kanone, wundert mich nicht.

Kann auch sein, dass Krupp damals einfach hat "rumprobieren" müssen; recht viel Erfahrung hatte (hat) man mit den Anforderungen für solche Kaliber ja nicht.

Pitter
 
Mir hat sich gerade noch eine Frage aufgetan:

woher bekam man bei dem analysierten Stahl die Härte (Festigkeit), um es als Kanonenrohr zu verwenden, wenn eine Härtung nur bei Anwesenheit von Kohlenstoff möglich ist?

Hallo Spürnase,
wie du schreibst,besitzt du ein Stück vom Mantelrohr.Die Dora besaß aber auch noch ein Seelenrohr,welche evtl. die nötige Härte besessen hat.
Was ich darüber weis ist das auch nur die Wiege und der Verschluss gesprengt wurden um die Dora unbrauchbar zu machen.Vllt. hast du ein Teil davon?

Gruß Carsten
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Pitter u Orgelfisch!

Vielen Dank auch für eure Beiträge. So kommt allmählich Licht ins Dunkel.

@Pitter
Ja - bei der Dora handelt es sich um das 80 cm-Teil, welches 7 Tonnen bzw. 4.8 Tonnen schwere Granaten durch die Gegend gefeuert hat. Ich dachte immer, für ein Kanonenrohr ist insbesondere Härte notwendig. Das mit der Zähigkeit ist natürlich einleuchtend. Hab ich so noch nie betrachtet. Könnte man denn das Teil irgendwie als Klingenkern verwenden u. als Außenhülle einen guten Damast aufbringen? Oder als Griffstück. Irgendwie was, wo man das Material unterbringen kann?

@Orgelfisch
Das Bruchstück hat einen 2-teiligen Aufbau u. schaut aus, wie zwei ineinander gearbeitete Rohre. Proben wurden von beiden Teilen genommen. Das Material ist identisch. Da am Innenteil Züge u. Felder feststellbar sind, muss es sich mit aller Wahrscheinlichkeit um ein Stück des Verschlusses bzw. Patronenlagers handeln. Mir ist bekannt, dass es auch Bruchstücke mit Zügen u. Feldern gibt. Hab ich bereits selbst in Augenschein nehmen dürfen. Außer dem viel zitierten Verschluss sind auch noch weitere ca. 14-20 Wagons mit Geschützteilen gesprengt worden. Irgendwo werden sich da mit Sicherheit auch Teile des Seelenrohres befunden haben. Mal gucken - vielleicht lässt sich da noch was organisieren.


Gruß

Spürnase
 
Da der Stahl wie er dir vorliegt nicht härtbar ist,scheidet eine Verwendung als Klingenkern aus.
Du könntest dir wenn dir der Aufwand nicht zu hoch ist von einem Schmied einen Dreilagenstahl anfertigen lassen,dann hast du in der Mitte einen C-Stahl und aussen deinen Geschützstahl oder wie schon hier gesagt einen Damast schmieden lassen ,das wäre noch aufwändiger.

Gruß Carsten
 
Wir haben heute nochmal fleißig diskutiert u. werden nächste Woche nochmal die Materialanalyse machen lassen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Fehler unterlaufen ist. Jeder Flak u. jedes Panzerrohr hat C in der Legierung u. die Monsterkanone auf einmal nicht. Da kann was nicht passen. :staun:

Ich werde nächste Woche nochmal berichten u. dann müssen wir evtl. nochmal von Neuem drüber nachdenken. Wenn du glaubst es geht nichts mehr, kommt von irgendwo ein Härter her...!:super:


Gruß

Spürnase
 
Hallo!

Hier jetzt das aktuelle (verbindliche) Ergebnis der Spektralanalyse. Beim ersten Messverfahren war tatsächlich ein Fehler reingekommen. Ergebnis minimal abgeändert, um wie immer nicht alles online zu stellen. Ich denke, die Stahlqualität kann sich jetzt eher sehen lassen. Ich hoffe ihr sagt nochmal was dazu. Danke schon mal im Voraus. :super:

Sollte bei einzelnen Elementen ein Zehntel grad den Unterschied machen, dann gerne PN an mich. Dann können wir das klären. Wie gesagt: die aufgelisteten Werte sind leicht verschoben.

Fe: 93.90
C: 0.38
Si: 0.39
Mn: 0.36
P: 0.010
S: 0.020
Cr: 1.53
Ni: 2.85
Mo: 0.42
V: 0.01
Cu: 0.13


Viele Grüße

Spürnase
 
Kein wirklich gravierender Unterschied in der Legierung zu den von Markus, mir und vielen Anderen für die Damastfertigung verwendeten Kanonenrohrstählen von z.B. Leopard-Panzern. Damit kann man, wenn man es kann (die 1,5 % Chrom machen die Sache nicht leichter) recht kontrastreiche und auch technisch gute Damaststähle für Klingen schmieden, wenn man diesen Stahl mit den richtigen Komponenten mischt. Ich würde als "Partner" den SC145 nehmen. Das zeichnet gut und der 145er hat reichlich Kohlenstoff abzugeben. Zudem enthält er nicht mal eine Spur von Chrom, was dieses Defizit bei dem anderen Stahl weitgehend ausgleicht.
 
Hallo!

Das freut mich zu hören, dass wir jetzt einen Stahl haben, der verarbeitet werden kann. Ob er den Leopard-, Tirpitz- oder Vierlinksflak-Stahl ähnelt ist für mich nicht so wichtig. Entscheidend ist, dass der Dora-Stahl zum Messerschmieden geeignet ist u. ein Stück Dora auf diese Weise festgehalten werden kann.

Gibt es neben Markus Balbach auch noch andere Empfehlungen wer dieses Projekt durchführen könnte?


Gruß

Spürnase
 
Entschuldigung - das hab ich irgendwie überlesen. Hab es jetzt gesehen. Wir könnten das Thema mal per PN besprechen, insbesondere wegen den Details. Einverstanden?


Gruß

Spürnase
 
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