Servus,
- kannst du mir vielleicht in etwa beschreiben wie groß der Druck sein soll, den ich auf die Klinge geben muss?
wenn man von Hand schärft ist der geringste Druck den man auf die Schneidenspitze bringt/ausübt immer das Eigengewicht des Messers und der Druck den man aufbringt, um das Messer von Hand im gewählten Winkel zu stabilisieren. Die einzige Einflussnahme die du hier hast, ist das Messer locker zu führen, ohne zusätzlichen Druck auf den Stein zu bringen. Also Klinge am Stein auflegen, anheben bis der Winkel passt und dann sollen deine Hände nur als Halterung und Führung für das Messer in einer vorwärts und Rückwertsbewegung fungieren, ohne Druck nach unter, Richtung Schleiffläche zu bringen. Mehr ist mit freier Hand nicht möglich.
- um die Entstehung eines - ich nenns mal - 'MikroGrates' muss ich mir dabei dann keine Sorgen machen?
Je feiner der Stein ist, desto weniger Grat bildet sich und er wird kaum mehr fühlbar sein. Bei der 4k Seite wird es aber ziemlich sicher einen Grat geben und er wird spürbar sein. Wenn du beide Seiten mit 10 Zügen mit 18° Schleifwinkel bis zur Schneidenspitze durchgeschliffen hast, dann kannst du den Grat erfühlen. Danach ziehst du wechselseitig immer 1x die Schneide mit so wenig Druck als möglich ab, hierfür kannst du den Winkel nochmal erhöhen um auch wirklich die Schneidenspitze zu treffen und den Grat abzureißen. Nimm ein Blatt A4 Druckerpapier und falte es einmal und lege es vorne, also von dir weg unter den Stein. Das erhöht den Schleifwinkel nochmal auf 18,5°-19°
Ist der gröbste Grat abgerissen, bleiben in der Regel noch "Mikrospäne" ( sieht man unter dem Lichtmikroskop ) hängen. Diese letzten Gratreste entfernt du, indem du kräftig durch einen Korken oder an der Kante von deinen Schneidbrett durchziehst. Dann sollte alles ab sein.
- Der Honyama ist bei sowas nicht zu gebrauchen? zb um die Mirkofacette nicht zu schartig zu hinterlassen?
Der Honyama eignet sich eigentlich perfekt zum Entgraten und zum Setzen einer Mikrofase. Der Haken ist nur, du müsstest dem Zustand der Schneidenspitze deiner Messer kennen, um zu wissen ob die Schneide ab Werk so gut präpariert ist, dass es reicht eine Mikrofase nur zum Zweck der Schneidkantenstabilität zu setzen. Ist die Schneidespitze fehlbehaftet geschliffen, so ist es dienlich, zuerst mit dem 4k so vorzugehen, wie beschrieben. Dieser Stein entfernt die Scharten aus der Schneide, glättet und schließt die Schneide und stabilisiert zugleich. Das reicht in der Regel völlig aus. Möchtest du es noch perfekter machen, dann kannst du den Vorgang mit dem Honyama wiederholen, der poliert bereits die Schneidenspitze und schafft nochmal einen Schärfekick!
Alle Ashi's die ich habe und das sind/waren deren vier haben einen recht guten Werksschliff von 3k. Darauf verlassen würde ich mich aber ohne mikroskopische Prüfung nicht!
Durch überregionale und regionale Forentreffen, hatte ich schon gut zwei Dutzend Ashi's in der Hand und konnte mich von der Qualität überzeugen. Es gibt wie bei jedem Hersteller Ausreißer nach oben und unten, aber ein roter Faden an Qualität und sehr guten F & F ist klar auszumachen.
Das ist der "Ashi-Stand" bei einem größeren Forentreffen, nur um sich ein Bild zu machen, was da so los ist. Gesamt waren da gut 400 Messer ausgestellt!
Zusammengefasst empfehle ich sicherheitshalber mit 4k eine Mikrofase anzuschleifen und wenn du es perfekt möchtest, dann mit Honyama ( 6k-8k abschliessen )
-... und versteh ich das richtig? du würdest also auch beim Ashi noch eine 18' Mikrofacette anbringen?
Ja, ich empfehle das mittlerweile für alle dünnen japanischen Kochmesser!
Ich weiss noch nicht, ob ich mir die zweite, NOCH kleinere Mikrofacette zutrauen kann. Mal sehen. Muss mir erstmal noch überlegen, ob ich mir irgendwie eine DIY Winkeleinhaltkonstruktion basteln kann
Wenn die 4k Facette passt, dann kannst du mit gefaltetem Druckerpapier noch eine "echte" Mikrofase mit dem Honyama versuchen, dass muss aber nicht sein.
Muss mir erstmal noch überlegen, ob ich mir irgendwie eine DIY Winkeleinhaltkonstruktion basteln kann
Wie du das löst, ist sekundär. Entscheidend ist der richtig gehaltene Winkel!
Ich hoffe du verrätst uns dann auch welches geführte System du da benutzt
Da muss ich ein wenig ausholen um zu vermitteln worum es da geht. In Russland, bzw. in russischen Messer/Schleifforen bzw. in der russischen Szene, wird der Wert einer perfekten Schneide/Schneidenspitze und deren Qualität völlig anders bewertet als bei uns. Hier werden Messer in einem Zustand verwendet, die sich meist unter dem Wert des Messers schlägt, weil die ( Sicht ) kontrolle und die Methodik zu Schleifen/Schärfen zu wenig beachtet wird.
In Russland finden Weltmeisterschaften im Sisal-Seilschneiden statt, vorrangig mit Klingen aus PM-Stählen. Aus dieser Szene stammt Bogdan Manko, ein Ingenieur im Ruhestand. Der Mann konstruiert und fertigt in stetiger Weiterentwicklung geführte Schleifsysteme die es erlauben jeden handelsüblichen Schleifstein zu verwenden. Größe, Länge, Höhe, Form, Naturstein oder Synthetik, alles ist möglich. Der Schleifwinkel lässt sich stufenlos einstellen und zum Finishen mit feinsten Steinen gibt es eine Druckkontrolle, die es erlaubt selbst das Gewicht des Messer gegen null Gramm zu entwerten, was zu geringster plastischer Verformung der Schneidenspitze führt.
Diese System in Kombination mit einem Lichtmikroskop erzeugt Schneiden von höchster Präzision. Brauchen tut das kein Mensch um Gemüse oder Fleisch zu schneiden, dass muss klar sein. Hier geht es um "echtes technisch richtiges " Schärfen mit Methode und Nachweis unter dem Lichtmikroskop.
So schaut das System aus:
Wenn die Steine sauber und 100% plan und betriebsbereit sind, dann kann man solche Schneidfacetten erzeugen:
Vorher:
Nachher:
Polierte Schneide bis 30k Progression:
Schneide nach 1k Grundschliff, nicht entgratet:
Das ist ein kleiner Einblick, was so möglich ist und was technisch kontrolliertes Schärfen für Ergebnisse bringen kann.
Die wenigsten wissen, wie Schneiden im Auslieferungszustand aussehen. Die Leistungsfähigkeit einer Klinge steht und fällt mit der Qualität der angeschliffenen Schneide.
Gruß, güNef