Erster Eindruck: Calypso Jr. / C52PBRG

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Heute ist bei mir das lang erwartete Calypso Jr. aus dem Sprintrun eingetroffen, und ich habe, wie nicht anders zu erwarten, schon ein bisschen damit herumgespielt ... :D

Da das Calypso Jr. den meisten bekannt sein duerfte, erspare ich mir eine detaillierte Beschreibung. Auch dass das Calypso in seinen verschiedenen Reinkarnationen ein von der Fuehrigkeit und der Schneidleistung her sehr alltagstaugliches Messer ist (solange man keine Tueren aufhebeln koennen moechte etc.), ist sicher bekannt, daher gleich zu den Unterschieden zum letzten Sprintrun: Der Griff ist burgunderrot und nicht grau, der Clip ist schwarz, und anstelle der schwarzen Spyderco-Spinne findet sich auf dem Clip und der Klinge eine goldene. Ansonsten sind die Messer de facto gleich, auch was die Schuppung des FRN-Griffs angeht.

Ich persoenlich emfinde die Farbe des Griffes als angenehm, obwohl ich normalerweise ein freundliches Schwarz bevorzuge. Die goldene Spinne hingegen finde ich etwas kitschig, sie scheint aber auch, wenn man einem Bericht auf Bladeforums trauen kann, nicht so sonderlich abriebfest zu sein und duerfte sich im Gebrauch bald verabschieden. Nachtrauern werde ich ihr nicht.

Der Hauptunterschied liegt in der Klinge: Der letzte Sprintrun verwendete eine Klinge aus VG-10, diese ist aus einem Laminatstahl mit ZDP-189 in der Mitte und 420J an den Seiten. Die Laminatlinie liegt relativ hoch, etwas hoeher als beim wohl allgemein bekannten Faellkniven U2. Dieser Stahl ist hier schon vor einigen Monaten heiss diskutiert worden, wie er sich in der Zukunft bewaehrt, wird man abwarten muessen. Seine Haerte liegt laut Sal Glesser bei 64-65 RC, trotzdem scheint er nach ersten Berichten leicht zu schaerfen sein. Seine Vorteile sollen in der Schnitthaltigkeit liegen.

Was auffaellt, ist, dass die Klinge "out of the box" unglaublich scharf ist - schaerfer als jedes andere Messer, das in den letzten Jahren bei mir eingetrudelt ist. Im direkten Vergleich zu einem neuen, nie benutzten Calypso Jr. mit VG-10 Klinge ist der Unterschied sehr deutlich, nach meiner Einschaetzung liegt sie in etwa bei der Schaerfe, die ich bei sorgfaeltigem Schleifen bei einem Opinel aus Kohlenstoffstahl erreiche. Eine solche Schaerfe habe ich z.B. bei einem Messer aus CPM440V oder S30V noch nicht gesehen bzw. hinbekommen. Die Klinge hat wiederum einen Flachschliff, wobei ich den Eindruck habe, aus sei die Klinge zur Schneide hin noch duenner gehalten als beim VG-10 Calypso, was die Schneidleistung noch einmal verbessern duerfte.

Die Verarbeitung ist gut: Das Backlock rastet sauber ein, der Griff ist sauber verarbeitet, die Klinge hat weder vertikales noch horizontales Spiel. Der Anschliff ist allerdings auf der einen Seite nicht ganz sauber, kurz vor der Spitze ist die Anschliffkante ein wenig schmaler ausgefallen, was aber auf die Schaerfe an der Stelle keinen erkennbaren Einfluss hat.

Kurzum: Mir gefaellt das Messer. Klar, es waere schoen gewesen, wenn Spyderco dem Calypso fuer diesen Sprintrun einen netten Griff aus G10 spendiert haette, das haette aber den Preis und das Gewicht deutlich in die Hoehe getrieben. Sehr leicht, sehr handlich, sehr gute Schneidleistung, gute Verarbeitung und ein "interessanter" Stahl - was will man mehr.

Hermann
 
Meins ist heute ebenfalls angekommen. Dem Bericht von Hermann habe ich – außer ein paar Fotos – fast nichts hinzufügen.

calypso_3.jpg


Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden: mir zum Beispiel gefällt die goldene Spinne. Den Clip, den ich schon vom Viele II aus dem Passaround kenne, mag ich nicht so, weil er schnell viele deutlich sichtbare Kratzer bekommen wird. Die Grifffarbe wird wahrscheinlich die Geister spalten, mir gefällt sie weder besonders, noch finde ich sie abgrundtief hässlich. Ist halt mal was anderes…

Nachdem ich mein graues Calypso mit der VG10-Klinge verkauft habe, hatte ich schon fast vergessen, wie gut dieses Messer in der Hand liegt. Es übertrifft für mich persönlich noch das UK Pen Knife, obwohl dieses ja einen sehr ähnlichen Griff hat. Das Calypso ist für mich hinsichtlich Handlage und Schneidleistung der Favorit unter den kleinen Spydies. Allerdings würde auch bei mir ein höherwertiges Griffmaterial auf Gegenliebe stoßen.

Auf den Fotos sieht man den Übergang zwischen den Laminaten sehr schön. Die Linie liegt auf beiden Klingenseiten etwa gleich hoch. Diese Symmetrie (der Schneidkern liegt genau in der Klingenmitte) scheint ja z.B. bei Fällkniven (U2 und TreKronor-Serie) ein Problem zu sein – zumindest die Berichte, die ich noch im Ohr habe, kamen zu dem Ergebnis (wobei das Manko eher optischer Natur ist). Die Anschliffkante ist bei meinem Exemplar gleichmäßig.

Die Schärfe ist wirklich beeindruckend. In dieser Hinsicht bin ich aber von Spyderco noch nie enttäuscht worden. Alle die ich bisher hatte, waren out-of-the-box sehr, sehr scharf. Auch das Calypso aus VG10 habe ich als außerordentlich scharf in Erinnerung. Direkt vergleich kann ich ja nicht mehr. Ob ZDP189 tatsächlich viel schnitthaltiger ist, wird sich in der Praxis zeigen müssen. Im Forum »Material total« wurde das vorab ja eher kritisch beurteilt. Mich hat der Stahl aber dennoch interessiert.

Falls jemand die Möglichkeit hat, würden mich Vergleiche mit dem 3G-Laminat von Fällkniven interessieren.
 

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Moin,

gibt es inzwischen "Langzeiterfahrungen" mit diesem Messer, bzw. diesem Stahl?
Wie sieht es nach einiger Benutzung mit der Schnitthaltigkeit und/oder der Nachschärfbarkeit aus?

Oder sind Eure Messer unbenutzt in der Vitrine verschwunden ;)

Willi
 
williw schrieb:
...gibt es inzwischen "Langzeiterfahrungen" mit diesem Messer, bzw. diesem Stahl?
Wie sieht es nach einiger Benutzung mit der Schnitthaltigkeit und/oder der Nachschärfbarkeit aus?...
Ganz genau das, würde mich auch interessieren! Bitte um Aufklärung dieses "Geheimnisses" :steirer:
 
Moin,

da kann ich Dir und mir ja mal gleich selbst antworten ;)
Kurz: Mein MT MSE ist mindestens ebenso gut :staun:
Kein Witz! Die Rasierschärfe des Calypso verliert sich imho ähnlich langsam wie die des 154CM Stahl des Microtech.

Das Calypso darf ab und an mal mit, wird aber aufgrund seiner Exklusivität selten und schonend benutzt.
Ich habe es daher nur kurz intensiv getestet.
Es hatte abends den Streichriemen genau so nötig wie das MSE.
Über kleine Ausbrüche an der Schneide kann ich aber nicht klagen (das wurde hier an anderer Stelle (in dem großen sticky Klappmessersuchthread) einmal erwähnt).
Auch waren nur wenige Striche übers Leder nötig, um die Schärfe wieder herzustellen.
Out of the box war meines übrigens nicht extrem scharf.
Auch hier half der Lederriemen mit wenig Aufwand nach.

Vergleiche ich das Calypso mit den S30V Klingen des Manix oder Military, ist es deutlich besser.
Für eine empirische Erhebung besitze ich zu wenig Messer :D
Aber die hier im Forum häufig geäußerte Ansicht, Spyderco reize die Wärmebehandlung der Stähle nicht voll aus, kann ich hier bestätigen.
Ich würde gerne mal sehen, was Microtech aus dem ZDP-189 machen würde.

Willi
 
Zuletzt bearbeitet:
williw schrieb:
gibt es inzwischen "Langzeiterfahrungen" mit diesem Messer, bzw. diesem Stahl?
Wie sieht es nach einiger Benutzung mit der Schnitthaltigkeit und/oder der Nachschärfbarkeit aus?

Langzeiterfahrungen nicht gerade, aber ich benutze das Calypso seit knapp einem halben Jahr recht viel, vor allem im Job, weil das Messer durch die Farbe des Griffes offenbar auf viele Leute weniger "gefaehrlich" wirkt als z.B. ein schwarzer Griff. Wirklich widerspenstige Dinge habe ich noch nicht mit dem Messer geschnitten, mehr so den ueblichen Alltagskram von diesen ekeligen Plastikverpackungen ueber Aepfel bis hin zu Papier.

Die Schnitthaltigkeit liegt nach meinen Erfahrungen unter der von S30V oder S60V. Das war aber aufgrund der Monsterkarbide bei S30V und S60V auch zu erwarten. Dafuer laesst sich ZDP-189 meines Erachtens leichter nachschaerfen, vom Verhalten her wuerde ich den Stahl eher mit einem ordentlichen Werkzeugstahl vergleichen. In aller Regel reicht ein feiner Keramikstein aus, um eine sehr gute Gebrauchsschaerfe herzustellen. Abziehen bringt noch etwas mehr, aber nicht so viel.

Was ich interessant finde, ist, dass der Stahl deutlich duennere Schneidenprofile zulaesst als z.B. S30V. Ich hatte zwar ganz zu Anfang mal ein paar Ausbrueche, aber seit dem ersten Nachschaerfen nicht mehr, und das, obwohl ich ein noch etwas duenneres Schneidenprofil verwende als im Original. Dieses Problem, dass eine Schneidekante instabil ist, weil sie beim Anschleifen im Werk etwas zu warm geworden ist, scheint es ja auch oefters zu geben, wenn man den verschiedenen Berichten trauen darf. Bei S30V habe ich so etwas auch schon mal erlebt.

Kurzum: Klar, ein guter Karbonstahl ist besser, aber fuer einen "rostfreien" Stahl gefaellt mir der ZDP-189 schon sehr gut.

Hermann
 
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