Plastikgewehr
Moin Zorro, ich habs gestern abend noch gelesen, wollte es erst mal überschlafen bevor ich antworte !
Ich nehme das Zuspiel sehr ungern an, aber ich nehme an - die leichten Antworten zuerst, Du wolltest es ja nicht anders:
Zwei weitere Begriffe aus dem Strafrecht (vielleicht schon mal gehört?):
1. Untauglicher Versuch 2. Unvermeidbarer Irrtum
zu 1:
Der Junge mit dem Plastikgewehr hätte zwar versuchen können, eine Straftat mit der Attrappe zu begehen, er hätte aber wahrscheinlich keinen Erfolg gehabt, weil nach objektiver Würdigung aller konkreten Umstände jeder hätte bemerken können, dass es sich um ein Spielzeug!?!? handelt.
Man kann mit einer Spielzeugpistole niemanden erschiessen.
Das wissen wir.
Was ist mit Straftaten ?
Man kann mit einer Plastikpistole Banken ausrauben, Polizisten täuschen und sogar mittelbar töten !!!
Weil die Dinger so täuschend echt aussehen, sind sie nicht nur geeignet, Verletzungen hervorzurufen
( wenn man Todesangst als seelische Verletzung im weitesten Sinne nimmt, was sie eigentlich ist, denn Körperverletzung fängt an mit einer empfindlichen Störung des allg. Wohlbefindens an ),
sondern sie können im Anschluss an die Todesangst auch den Tod verursachen (Herzpatient, Asthma, etc.)
( dann wäre es Körperverletzung mit Todesfolge, mindestens aber eine gefährliche Körperverletzung, vielleicht sogar eine schwere beabsichtigte Körperverletzung {falls man die gewünschte Wirkung auch erreicht}, sofern man das PlaGw jetzt als gefährlichen Gegenstand wertet, ein gefährlicher Gegenstand ist nach seiner objektiven Beschaffenheit dazu geeignet, Verletzungen hervorzurufen [die Schwere der Verletzung ist unerheblich, darum wurden sogar Eier vor Demos beschlagnahmt]
Und wir wissen wohl alle, dass die Waffen tatsächlich kleiner werden, ich denke an die UZI-Modelle Standard, Mini, Baby und Micro, bei der MP 5 ist ja noch nicht ganz so extrem. Und bei AK 47 hat es auch schon Variationen gegeben, siehe auch VZ 61, Bren 10, Mac oder die VP70 von Heckler&Koch.
Zurück zum Fall. Wie war noch die Situation ?
War es dunkel oder hell, wenn dunkel dann mit oder ohne Mond ?
War es ein freies Gelände oder unübersichtlich mit unregelmässigem Bewuchs ?
Hat es geregnet oder war es trocken ?
Wie war die allgemeine Lage für die Beamten an jenem Tag ausgegeben worden, und wie wurde Ihnen die spezielle Lage für diesen Einsatz gegen einen vermeintlich schwerstbewaffneten Unbekannten gegeben ?
Wie war die emotionale Situation der eingesetzten Beamten ?
Ist jemand von Euch wirklich in der Lage, zu erkennen, dass jemand ohne erkennbares Down-Syndrom oder Trisomie 21 evtl. geistig zurückgeblieben ist ?
Down-Kranke sind i.d.R. zurückgeblieben, mehr oder weniger zumindest, aber ein Schizophreniekranker sieht nicht unbedingt auch entsprechend seines Gemütszustandes aus.
Ich für meinen Teil kann höchstens erkennen, dass jemand evtl. Down-Patient sein könnte, nicht mehr und nicht weniger. Und das ist noch keine Aussage zum Geisteszustand meines Gegenüber, bzw. zum Leistungsvermögen.
Das sind alles keine Rechtfertigungsgründe.
Aber so kommt man zum "unvermeidbaren Irrtum" der den Beamten unterlaufen ist. Ich setzte jetzt mal hypothetisch die schlechtesten Bedingungen vor Ort des Geschehens voraus.
Ich hab mich jetzt mal in die Beamten hineinzusetzen versucht, da ich eine ähnliche Lage auch mal erlebt hab, nur konnte ich meine Magazine voll wieder zurückgeben (ich allein hatte 48!! Patronen zur Verfügung, mein Kollege auch).
Zum Gericht:
Der StA wird den Beamten durch die Mangel gedreht haben, und dann die Klage zurückgezogen haben, nachdem der unvermeidbare Irrtum erwiesen war

auch wenn dieser unvermeidbare Irrtum durch einen tatsächlich untauglichen Versuch des Jungen entstand, aber hinterher ist man immer schlauer.
Da kann der Richter gar nicht anders, als den Polizisten freizusprechen, das war dann wohl ein sog. Freispruch 1. Klasse.
Der unvermeidbare Irrtum des Polizisten einerseits, und der untaugliche Versuch einer strafbaren Handlung andererseits ist weder eine Freikarte für Polizei noch ein ungeschriebener "Todesschuß-§" für jedermann.
Diese Anwendung des Gesetzes gilt für JEDERMANN, wenn die Gegebenheiten alle danach waren !!!
Ein Lokführer, dem ein Selbstmörder (Suizid gibt es im StGB als § nicht !) vor die Lok springt, bekommt aus rein formalen Gründen ein Verfahren wegen Fahrlässiger Tötung aufgebrummt !
Zu den 26 Schüssen :
Jeder Polizeischüler auf der Welt wird mit diesem Phänomen vertraut gemacht, dass es wahrscheinlich wird, bei einem Schusswechsel zu verkrampfen, und evtl. das ganze Magazin leerzuschiessen !
Ja. Ihr habt korrekt gelesen, schlicht und ergreifend: VERKRAMPFEN !
Erklärt wird als "normale" Schockreaktion auf den eigenen Schuss oder Treffer am Gegenüber.
Also steckt Angst nach dem Schuss dahinter, der Wirkung des Schusses, Angst selbst getroffen zu werden und was weiß ich noch alles, denn man weiß in der Situation ja nicht, was noch kommt!
Noch etwas.
Die deutsche Polizeipatrone 9mm x 19 Vollmantel ist seit Jahrzehnten im Gebrauch und höchst umstritten, wegen fehlender Mannstoppwirkung.
Zitat Ausbilder :
... wenn ihr einen 2m langen, 100kg schweren betrunkenen Bauarbeiter, bekifften oder auf Entzug befindlichen Junkie/psychisch Kranken mit der P6 stoppen wollt, kommt ihr evtl. mit 16 Schuß nicht aus...
[ Das ist von mir
nicht an unseren Fall angepasst worden, mir wurde es in der Schiessausbildung so beigebracht]
... es sind mehr Leute an Blutverlust gestorben, als an Organverletzungen, dabei sind bis zu 30 Projektile aus der Leiche entnommen worden...
Ich hoffe, dass ich mit diesem langen Beitrag niemandem zum ausloggen veranlasst habe. Ich habe mir Mühe gegeben, zum Fall so sachlich wie möglich zu bleiben, aber auch hier sind Lücken möglich.
Hoffentlich gräbt einer von Euch bald einen RA/StA oder Richter aus, um Licht ins Dunkel zu bringen.
Nehmt es mir nicht übel, wenn ich zum Thema Demo jetzt nichts mehr sagen will, das ist eine Welt für sich, auf beiden Seiten - siehe Apfelmann !
Gruß Andreas/Luftauge