Fritierter Stahl

Reinhold Vögele

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Hallo - nur zwei Fragen (und Bericht) zum Thema "Härten und Anlassen".

Habe dieser Tage aus 1.2842er einige Klingen gefeilt und sie zum selbst härten hergerichtet. Ist ja ein "Ölhärter".
Jetzt wo Öl, wo Ölbad, wie kalt oder wie warm.
Ich sah gerade meine Frau, wie sie eine sehr selten benütze Friteuse entsorgen wollte.
Stop!!! - Schnell noch vor dem Untergang gerettet.

In einer Propangasflamme und einem glühenden Kaminrohr bis zur "Unmagnetfarbe" (sorry-bin nicht vom Metallfach!) gewärmt und nacheinander in der ca.80°C warmen Fritierpampe Schwimmübungen gemacht..

Ich ließ die Teile im Schmalzkringelfett ca. 10min. liegen und stellte dann die Temperatur des Fettbackgerätes auf 190°C.

Als diese nach ca. 15 min. erreicht waren, legte ich die Klingen (ca.200x30x3mm) ins stinkende Fett. Ließ sie nach dem einmaligen abkühlen nochmal für ca. 90 min. an.

Das Ergebnis: Super brüniert!
Wäre die Brünierung beabsichtigt gewesen, wärs bestimmt in die Hosen gegangen.

Vier dieser Klingen machte ich blank und verarbeitete/verarbeite sie weiter. Eine gab ich einem Freund mit, um die Härte messen zu lassen.

Er hat jede Stelle rund um die Klinge gemessen. Drama hoch 2!
Weich-weich-weich.
Härteste Stelle: 52HCR - und genau wo man sie nicht braucht - am Klingenrücken.

(Der hat 100%ig keine Ahnung vom Härtemessen, war mein erster Gedanke. Hoffentlich hat er Unrecht.)

Ich machte eine Klangprobe: Schöner heller sauberer Klang. So wie etwa gekaufte finnische Markenklingen.

Und scharf sind sie wie´d Sau.

Nun nach ellenlanger Vorrede die Fragen:

Könnte die Vorgehensweise beim Härten richtig sein?
Kann man am Klang hören, ob eine Klinge in Ordnung ist?

Liebe Härte - Spezialisten, auch wenn manches lustig und ironisch klingt, gebt mir trotzdem eine Antwort -

Gruß - Reinhold.
 
Die Idee mit der Friteuse ist nicht schlecht. Vielleicht hast Du den Bericht über Jean Tritz gesehen, der auch in heißem Öl härtet. Grundsätzlich ist das richtig, wirklich notwendig ist es bei den kleinen Massen einer Messerklinge nicht. Du kannst also ruhig auch in kaltem Öl härten. Wenn Du in heißem Öl härten willst, solltest Du es wie Jean machen, nämlich in etwa 15o Grad heißem Öl. Das hat den Vorteil, daß die Abschreckspannungen und die Härtespannungen voneinander getrennt werden- Die Riß- und Verzugsgefahr wird geringer.
Um zu testen, ob die Härtung wirksam war, kannst Du den Glaskratztest machen, also versuchen, ob Du mit der Klinge eine Glasflasche anschneiden kannst. Geht es problemlos, dürfte die Härte bei ca. 64 HRC liegen und Du kannst anlassen. Die gängigen für Messerklingen geeigneten Kaltarbeitsstähle schaffen das ohne weiteres.
Die Magnetprobe zur Ermittlung der Härtetemperatur ist eigentlich recht sicher. Möglicherweise hat es zu lange gedauert, bis die Klinge ins Öl kam- Ferndiagnosen sind aber immer problematisch.
Laß Dich nicht entmutigen, die ersten Erfolge komme sicher bald.
MfG Ulrich
 
Härtetemp mit dem Magneten messen

An dieser Stelle hätte ich noch eine Frage zu dem überprüfen der Härtetemperatur mit dem Magneten. Ich hatte mir einen alten Lautsprechermagneten mal ausgebaut und dann bei 2 Hämmern die ich härten wollte, getestet wie gut die Magnetmethode funktioniert.
Bin mir aber nicht richtig sicher gewesen. Erst haftete der Magnet (wenig überraschend) fest am Metall um dann bei höherer Temp irgenwann nur noch leicht zu haften. Es war auch ein deutlicher Sprung in der Magnetischen "Antwort" zu merken aber eigentlich hatte ich erwartet das der Magnetismus ganz verschwindet. Als ich dann immer weiter die Temp erhöht habe, hat er das auch getan, aber meiner Meinung nach war die Glühfarbe des Metalls dann schon deutlich zu hell.
Ist es dieses erste Absinken des Magnetismus das das Gefügeumklappen anzeigt oder muss man tatsächlich warten bis absolut kein Magnetismus mehr zu merken ist?

und noch gleich eine 2te Frage hinterher:
Die Glühfarbe des Stahls in meinem Koksfeuer und ausserhalb bei dunklen Verhältnissen ist stark unterschiedlich. Hatte bei einigen Versuchen die Glühfarbe des Stahls im Feuer versucht einzustellen und als ich den Stahl aus der Esse nahm und ihn betrachtete schien er weit heller als ich ihn hatte haben wollen.
Muss man um die richtige Farbe zu erkennen den Stahl aus dem Feuer nehmen oder ...?

Wäre dankbar für ein paar Tipps!

Gruß

Kandelaber
 
@ Reinhold:

Da bist du nicht der einzige, mit diesem Problem :(

An der Friteuse wirds bestimmt nicht gelegen haben, das Gerät wird vermutlich eher komplett durchbrennen, bevor es auf Temperaturen kommt, die Deine Härtewerte verursachten.
Das Problem wird wohl an der Vorbehandlung (Erhitzen) gelegen haben.

Klangprobe:
Wenn, dann sollte man das äusserst vorsichtig machen, ein Kugelschreiber, mit dessen Minenspitze man den gehärteten (noch nicht angelassenen), freihängenden Stahl zum Klingen bringt, reicht normalerweise schon aus, um einen ersten Eindruck zu bekommen. Das Klingt tatsächlich wie ein dünnwandiges Weinglas.

Um den Unterschied kennenzulernen, sollte man das wirklich mal an unwichtigen Werkstücken ausprobieren, da die Bruchgefahr am glasharten Stahl nicht unerheblich ist !
Ein Unterschied zwischen 70 und 60 HRC ist jedenfalls deutlich erkennbar, das haben meine Kollegen in der Werkstatt mit der entsprechenden Vorsicht oft genug zum Spaß an 1.2842 getestet :D

Ist der Stahl bereits angelassen, klingt es hörbar gedämpfter, ist zwar kein verlässliches Maß für den Härtegrad, aber zumindest für Rissfreiheit des Werkstücks, wobei evtl. vorhandener Zunder/Ölkohle den Klang auch verfälscht.

Gruß Andreas
 
Das Beurteilen der Temperatur an Hand der Glühfarbe verlangt einiges an Erfahrung, man kann es aber lernen. Die Lichtverhältnisse sind dabei ganz entscheidend. Jap. Schmiede härten traditionell im Morgengrauen, Havard Berglands Lehrmeister Tarjei Haugo verdunkelte die Schmiede und Heinz Denig hat mal erzählt, zwei Zuschauer hätten ihm die leere Kohlentüte entwendet, in die er die Klinge gehalten hatte, um in der dunklen Tüte die Glühfarbe besser erkennen zu können, weil sie dachten, da sei ein Geist drin, der den Stahl verzaubere. Im Ernst: die Glühfarbe läßt sich am besten unter gleichbleibenden Lichtverhältnissen beurteilen. Im Feuer selbst, das ja eine eigne Abstrahlung hat, ist das schwieriger als draussen.
Bei der Magnetprobe sind die 769 Grad bei untereutektoidischen Stählen erreicht, wenn der Magnet überhaupt nicht mehr zieht. Da er durch die Hitze selbst leidet, würde ich ihn durch einen Eisenstab verlängern und nur damit das Härtegut berühren.
MfG Ulrich
 
Danke!

Herzlichen Dank an Ulrich und Andreas.

Ulrich:
Deine Vermutung, ich hätte zwischen Magnettest und Ölbad Zeit verplempert stimmt. Einmal verhedderte ich mich am Gasschlauch und beim andern Mal glitt mir das Stück aus der Zange. Hier muss ich eben noch lernen und üben, daß die Handgriffe auch sitzen bzw. die Wege nicht so lang sind.

Andreas:
Den Klingen-Klang sehe ich nicht unbedingt als Hauptkriterium der Arbeitsqualität an, sondern mehr als eine "kleine" Bestätigung, nicht alles falsch gemacht zu haben.
In unserer schönen Sprache heißt das Teil eines Messers das schneidet "Klinge". Ist doch schön, denn dies hat ja was mit Klang zu tun. Vielleicht könnte uns ein Schmied aus grauer Vorzeit mehr zur Klingenakustik sagen. Wie unmusikalisch hört sich dagegen "blade" an?

Und was die Farbe angeht, bin ich inzwischen soweit, dass mich die Farbtabellen für Glüh - und Anlassfarben nicht mehr so sehr beeindrucken. Mir kamen meine Glühfarben auch immer etwas zu hell strahlend vor.
Wollte anfänglich die richtige Härtetemperatur mit einem digitalen Festo-Termometer (bis 1000°C exakt) feststellen. Doch bis dieses Ding ausgeschlafen hatte, also oben war, hatte ich die Geduld verloren.
Ich mache mit dem Magneten weiter.

Also nochmal Dank für Eure Beteiligung. Wenn ich mal "groß" bin, werde ich Euch meine Rattengigser zeigen.

Tschüß - Reinhold.
 
Grundsätzlich hat Ulrich recht, "wenn er überhaupt nicht mehr zieht".
Bei dünnen Teilen wie Messerklingen ist es auch so. Bei Deinen Härteversuchen am Hammer hattest Du aber immer noch viel Masse, die nicht auf entsprechender Temperatur war, nur durch einen mit zunehmender Zeit und Temperatur immer größer werdenden Abstand vom Magneten getrennt. Als dann kein Anziehen mehr festzustellen war, hattest Du auch den Kern auf Härtetemperatur, die Oberfläche aber weit darüber. In solchem Fall also nur bis zum Nachlassen der Anziehungskraft erhitzen (je nach gewünschter Einhärtetiefe schneller oder langsamer) und abschrecken.
 
Bedankt

Ok ::> Ich bedank mich auch!
Gleiches mit dem "wenn ich mal groß bin" gilt für mich ebenfalls und bis dahin heisst es dann Glühfarben erkennen lernen mit und ohne Magnet und mit und ohne Tüte/ mit und ohne Geist.
Schätze das nächste Woche mein erstes -naja ich nenns mal : Messer- fertig ist (falls es das härten überlebt)...werd dann mal Bilder posten.

Liebe Grüße

Chandelier
 
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