Servus,
@güNef: Du hast völlig recht. Vorausgesetzt man will die Schnittgutfreisetzung durch eine Hohlkehle optimieren, dann stehen sich die Schneidfähigkeit und die Schnittgutfreisetzung entgegen. Mache ich den Anschliffwinkel der Klinge spitzer muss ich die Hohelkehle zwangsläufig mit einem größeren Radius herstellen. Das geht auf Kosten der Schnittgutfreisetzung. Ebenso ist es, wenn ich die Hohlkehle näher an die Schneide setze. Allerdings gibt es noch andere Parameter die da eine Rolle spielen. Z.B. die Oberflächenbeschaffenheit des Materials, die Balligkeit des Anschliffs etc. So macht es meines Erachtens z.B. relativ wenig Sinn einem Laser eine Hohlkehle zu geben, besonders wenn sie fein gefinished ist. Aber ich probiere gerade viel in dieser Richtung aus und das ist definitiv noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Ich denke, dass man mit ein bisschen Feintuning sowohl die Schneidfähigkeit als auch die Schnittgutfreisetzung noch weiter optimieren kann.
@Jannis
ich finde es wirklich spannend, dass du diesem Thema soviel Aufmerksamkeit zukommen lässt. Es sind auch meiner Meinung nach nur ein paar Rädchen an denen gedreht werden müsste, um beiden Eigenschaften gleichberechtigt nebeneinander koexistieren zu lassen. Man muss nur wissen welche und wie weit gedreht werden darf um in Balance zu kommen und zu bleiben! Ich habe schon sehr viel verglichen und erkannt, dass die Beschaffenheit der Klingenflanken wie auch Anschliff und Geometrieverlauf mindestens die gleiche Aufmerksamkeit bekommen sollten, wie eine perfekt angeschliffene und richtig platzierte Hohlkehle. Wenn der "worst case" eine glatt polierte und auf "full flat" geschliffene Klingenflanke ist, an der alles kleben bleibt, dann liegt der Schluß nahe so eine Oberfläche zu meiden.
Für Rechtshänder ist die linke Klingenflanke sekundär, hier sollte sich alles auf möglichst wenig Reibung konzentrieren, also ein glatte Oberfläche, aber keine geschlossenen Poren wie eine zum Spiegel polierte Klinge und ein leicht konvex verlaufender Anschliff. Dein Walkschliff ist hier bereits völlig ausreichend. Bei welcher Körnung das Finish enden sollte und ob quer oder längs verlaufend, halte ich bereits für nicht mehr wahrnehmbar beim Schneiden, hier kann ruhig der reinen Ästhetik gehuldigt werden. Ausschlaggebend ist die rechte Klingenseite.
Ich bin nicht sicher ob eine Hohlkehle wirklich so tief geschliffen werden muss, also gute 1,5mm unter der Spiegeloberfläche. So wie Wastl, interessiert auch mich das Verhalten der Hohlkehle bei Schnittgut das viel Wasser bindet, wie Gurken, Radieschen oder Zucchini. Der Effekt solch eines Schliffes ist, dass den "Wasserfilm" zwischen dem abgeschnittenen Stück Gurke und der Klingenoberfläche, der das Schnittgut förmlich festsaugt, zu unterbinden ist, oder ihn abreißen zu lassen. Das Schnittgut fällt dann eben leicht ab, oder wird durch eine schnelle Schnittbewegung abgeschüttelt. Bei dieser Art Lebensmittel reichen schon ein paar 1/10mm "Unebenheit" um den "Wasserfilm" zu brechen! Ich habe ein völlig flach geschliffenes Ashi-Nakiri mit sehr glatten Flanken mit einem leicht konvex geschliffenen Custrom-Santoku von Jürgen Schanz verglichen, beides sind extrem ausgedünnte Laser, viel Substanz für eine Hohlkehle bliebe da nicht. Das Schanz hat zusätzlich eine ganz zarte Kuhle in die rechten Flanke geschliffen, die mit freiem Auge praktisch nicht bemerkt wird, nur wenn man ein Lineal im Gegenlicht darüber legt. Das sind vielleicht 2/10 mm. Trotzdem klebt wässriges weniger doll als an dem völlig flachen Ashi.
Jürgen nennt das Klingenfinish übrigens "mattpoliert"! Das ist natürlich Zuwenig um bei jedem Schnittgut Vorteile zu bringen, aber zeigt mir das man sich auf das ideale Verhältnis Schneidfähigkeit/Schnittgutfreisetzung behutsam annähern muss, wenn nicht eine der beiden Eigenschaften abgeschwächt werden soll. Das es aber Lebensmittel gibt, denen "Food Release" völlig Banane ist, (Tofu z.B.) gilt es meiner Meinung nach, so der Kunde es wünscht, dem leichten Schnitt immer den Vorrang zu lassen und ihn eben mit einem nur locker haftendem Schnittgut zu unterstützen!
"Trockenes" Schnittgut wie eine Möhre, braucht mehr eine "Verdrängung", hier wirkt ein massiv konvexer Schliff wunder. Die Beste mir bekannte Schnittgutfreisetzung hat mein Wakui-Petty. Die Kombination aus geringer Klingenhöhe und keilförmiger Geometrie die konvex ausgeschliffen ist, drückt alles zur Seite, leider mit lautem "Knack" und schwerem Schnitt!
Das erreichbare Ideal liegt irgendwo dazwischen, es zu finden und übertragbar zu Reproduzieren ist eine wirkliche Herausforderung!
Gruß, güNef