güNef
Premium Mitglied
- Beiträge
- 5.950
Servus,
nachdem ich die Arbeiten und die Fortschritte von Fabian Jäger jetzt schon länger aufmerksam beobachte habe ich vor geraumer Zeit Kontakt gesucht und ihm eine ellenlange Liste meiner teils exotischen Wünsche geschrieben. Davor hatte ich durch Forentreffen und ähnlich wie ich gepolte Messerfreunde die Gelegenheit, verschiedenste Messer die den jeweiligen Entwicklungsstand seiner Arbeiten gut abgebildet haben, auf Funktion und Fertigungsqualität zu testen. Es waren deren vier Messer, die mich zu der Überzeugung gebracht haben, ( Danke auch an Jörg ) das hier ein hungriger und talentierter Messermacher heranwächst, den ich mit meinen Ideen und Wünschen belasten kann, ohne vorschnell abgelehnt, oder durch einen hohen Kostenvoranschlag abgeschreckt zu werden.
Zielvorgabe:
°) Materialstärke mindestens 6mm
°) verschleißfester, zäher PM-Stahl für feine Schneiden
°) wuchtige Full Taper „Mehrzonengeometrie, konvex ohne Hook/HK
oder anderer Tricks zur FR-Steigerung
°) perfekter Schwerpunkt
°) Wunschprofil
°) sattes Gewicht
°) 250er Klingenlänge
Special Feature:
°) verschraubte Griffschalen um sie nach belieben gegen andere
austauschen zu können
°) Griffmaterial aus Vintage Micarta/Pertinax Two-Tone-Finish
Fabian hat diese Challenge angenommen und meine hohen Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern auch noch übertroffen. Die Wortkreation Full-Taper „Mehrzonenklinge“ finde ich der Geometrie angemessen und erklärt deren Eigenschaften eigentlich in einem Wort recht gut. Die Spitze ist durchaus fein für diesen „Pflug“ von Messer, für präzises Einschneiden und genaues präparieren. In dieser kurzen „Zone“ rund um die Spitze ist der Schliff Aufgrund von fehlenden Wandstärken natürlich praktisch flach geschliffen. Erst nach der Spitze, wird der Schliff zunehmend konvex ( ballig ) bleibt aber bis knapp über der Hälfte der Klingenlänge noch moderat wie ein klassisches allroundtaugliches Kochmesser um dann Richtung Griff immer mehr an Masse zuzulegen um eine ernsthaft-konvexe Kurve vom Rücken zur Schneide zu spannen, die im Schubschnitt eine haftungsarme Keilwirkung entfaltet, die jedes Schnittgut auseinander treibt. In dieser „Zone“ gibts kein feines, fast lautloses Zischen beim durchschneiden einer Möhre sondern ein sattes „Raaaatsch“
Die Bilder sind nach dem ersten Gebrauch entstanden, daher die Anlaufspuren...
Das Gewicht von 364 Gramm wuchtet sich durch alles durch, was unter die Schneide kommt. Das ergibt wieder eine neue Erfahrung durch ein davor nicht gekanntes Schnittgefühl, das sich deutlich von allen anderen meiner mit exotischen Geometrien ausgestatteten Messern unterscheidet. Es entfaltet seine Wucht im Schubschnitt wie ein Pflug auf dem Feld.
Ein paar Eckdaten:
Die Klinge kommt mit 6,12mm aus dem Griff und endet exakt an der Spitze mit 0,17mm. Über der winzigen Schneidfase messe ich im Mittel bis knapp vor der Spitze 0,20mm. Ein idealer Wert an der Grenze zur Nagelgängigkeit, was bei einem Gewicht von 364 Gramm beim Choppen für die nötige Stabilität sorgt. Noch dünner könnte in der Handhabung „komplex“ werden, aber so passt das dem Konzept entsprechend gerade recht. Nutzbare Schneidenlänge 252mm
Satt eingeschliffene/gefräste Hohlkehlen/Hook-Geometrien wirken auf viele Messerfreaks leider oft hässlich bis sogar abstossend und kommen daher für viele leider nicht in Frage. Für mich machen diese expliziten Klingen einen besonderen Reiz aus, dem ich mich nur schwer entziehen kann, dennoch wollte ich noch die letzte mögliche Geometrie, ohne optische „ Exotik“ an den Flanken, die zu einer relevanten Schnittgutfreisetzung in der Lage ist, die diese Begrifflichkeit auch verdient. Also nicht nur ein leichtes abstreifen und eine ein wenig reduzierte Haftreibung, sondern ein echtes abdrängen und dadurch freisetzen von der rechten Flanke. Durch eine echte konvexe Kurve reduzieren sich auch die Kontaktflächen zum Schnittgut, zwar nicht in der gleichen Dramatik einer HK mit Hook/Abscherkante, aber dennoch ausreichend genug um hier noch von einem tauglichen Foodrelase zu sprechen. Die Wirkung wird aber durch reale Verdrängung provoziert, die mehr Kraft beim Schneiden braucht, diese aber weitgehend von dem Messer selbst durch das satte Gewicht von 364 Gramm bereitgestellt wird, man muss es also nur richtig führen und "der Pflug" arbeitet sich durch alles an Schnittgut.
Im Vergleich zu „massereduzierten“ Geometrien mit HK, wo natürlich viel Material/Masse/Gewicht durch das wegschleifen/fräsen wegfällt und es dadurch noch zu einem moderaten Gewicht im Mittel von 250 Gramm, bei einer Klingenlänge von rund 250mm Länge kommt, bleibt bei einer fetten „Full-Taper-Mehrzonenklinge“ alles an Material erhalten und gerade dort wo bei HK nur mehr wenige 1/10 an Materialstärke verbleibt, ist bei einer konvexen Klinge der meiste Stahl gebunkert.
Das packt dann gleich nochmal 100 Gramm an Masse/Volumen an die Flanke, was eben zu diesem unvergleichlichem Schnittgefühl führt. Als Kochmesserfreak sollte man das schon mal erlebt haben, wenn sich so ein Teil durch einen großen Apfel schiebt. Die Unterschiede zu einer schneidefähigen HK-Klinge sind schon signifikant. Hier ist nicht das kontaktarme Gleiten wie ein Laser ohne Haftreibung das Vergnügen, sondern die brachiale Wucht eines konvex-gespannten Bogens von einer nagelgängigen Schneide bis fast zum Rücken hinauf.
FR im Vergleich zu perfekt gemachten Doppel-HK mit Hook, bzw tief gefräster Doppel-HK mit hart definierter Abscherkante:
Hier ist es klar, das selbst eine stark konvex geschliffene Geometrie mit blanken Flanken seinen Meister findet, ja finden muss. Geschälte, stärkehaltige Kartoffel kleben natürlich an den Flanken, hier haben zerklüftete Oberflächen mit gleicher Geometrie die Nase vorne, Flanken mit HK/Hook wie Uwe Mattern oder Ben Kamon sie fertigen sind hier mit Abstand FR-tauglicher, keine Frage. Blanke und undefinierte HK wie Robin Dalman sie einschleift, kleben genau so an der Kartoffelstärke, wie mein Pflug, die Unterschiede sind minimal. Das lehrt uns das HK nicht gleich HK ist und nicht jede HK immer besten FR garantiert. Wenn JJT ein Messer in den Dimensionen meines „Pfluges“ mit seinen geschmiedeten Flanken bereitstellt, dann spielen die geschmiedeten Täler und Berge der Flanken ihre Stärke aus und Kartoffelscheiben haften deutlich weniger an. Da Fabian aber zu schmieden beginnt, sehe ich in Zukunft noch ein geschmiedetes „Full-Tang-Mehrzonengyuto“ auf meiner Liste, um dessen Fertigung ich ersuchen werde.
Die "großen" Drei....
Schwerpunkt/Balancepunkt….
Eine Problemstellung ist immer der richtige Balancepunkt, der muss immer ein gutes Stück vor dem Griff liegen um richtig in das Schnittgut zu ziehen. Bei einem Steckerl noch keine Herausforderung, aber bei einem durchgehenden Erl braucht’s schon einen Taper und Bohrungen unter den recht schlanken Griffschalen um das Gewicht am Heck des Messers so weit zu reduzieren, das der Schwerpunkt meinen Vorstellungen entspricht.
Der Griff, das Feature….
Ich habe mich von der Griffform eines „Jiro“ inspirieren lassen, aber ohne dessen ungetaperten Erl. Fabian hat das übernommen und in für mich schön runder und kantenloser Formensprache umgesetzt. Ferner wollte ich mich bei den Griffschalen nicht auf ewig auf ein Material/Holz festlegen, wie das bei Kochmessern fast immer die Regel ist, ich wollte eben die Ausnahme haben und mit Hilfe von Fabian schaffen. Bei kleinen Fixed ist das ja schon längst üblicher Standard, bei erfolgreichen Serien die Griffschalen wechseln zu können. Siehe SK09 von Swen Kinast oder Daily Customs. Cuscadi, Kevin Wilkins oder die vielen SAK-Modder mal aussen vor. Ich wollte das auch bei einem großen Gyuto möglich machen. Ich möchte noch Schalen aus Ultem, Titan, Carbon oder Horn anfertigen lassen. So nebenbei bleibt mir hier auch die Möglichkeit erhalten, bei Bedarf mehr Volumen an den Griff zu bringen.
Den Torx-Pin hat Fabian übrigens auch beigelegt...
Fabian ist da mein Mann und absolut kreativer Kopf. Er hat mir eine „Leiste“ angefertigt, wie bei einem guten Schuster meiner Wahl, der einmal Maß nimmt und dann daraus meine nächsten Schuhe macht. So hat Fabian eine „Modellleiste“ angefertigt, so das ich nicht jedesmal das Risiko eines Versandes nebst den Kosten auf mich nehmen muss, wenn ich neue Schalen möchte, sondern hat sich eine Lehre gefertigt, an der er die neuen Schalen formt und mir dann bereits fertig zuschickt, Ich montieren sie dann nur noch. Aktuell sind die Torxschrauben in einer Messinghülse, diese Hülsen könnten aber auch gegen welche aus Edelstahl oder farbig eloxierten Metallen ausgetauscht werden. Alles ist möglich.
Wenn das schon alles wäre….
Nein ist es nicht. Um die Stahlfrage sind wir lange herumgeschlichen. 14C28N, einer meiner liebsten rostträgen Stähle gibts in diesen Dimensionen aber nicht, CPM3V habe ich schon. Ich wollte mal was neues in fetter Dimension, wenn schon rostend dann bitte wenig reaktiv, zäh und verschleißfest soll der Stahl sein, geeignet für feinen Schneiden und so sind wir auf Vanadis 8 „super clean“ gekommen. Nicht wirklich rostträge, aber auch nicht extrem reaktiv, (die Klinge läuft aktuell nur an und stinkt nicht wie bei reinen C-Stählen), verschleissfest und vor allem zäh und in gewünschter Dimension erhältlich, aber nicht ganz billig und nicht ganz einfach zu verarbeiten. Der Schleifbandverbrauch ist da schon ordentlich hoch.
Fabian hat sich durch den exotischen Stahl gearbeitet und dabei irgendwann beschlossen, jedem der sich das finanziell ( Stahlpreis, Verbrauch an Schleifmittel und der erhöhte Zeitaufwand durch die erschwerte Bearbeitung ) antun möchte, eine Echtholz-Saya beizulegen, sozusagen als das „High-End“ Produkt seiner Stockremoval-Klingen. Ich habe beim auspacken nicht schlecht gestaunt, als ich diese Saya gesehen habe, ein passgenauer Traum mit vielen liebevollen Details, wie ein geprägtes Logo/Stahlsorte/Härte und ein hübscher Zierpin aus dem Griffmaterial als Sicherungsstift.
Aber dann…..
Wie viele wissen, übt sich Fabian seit kurzem in der Kunst des Messerschmiedens um sich in der Fertigung seiner Messer noch breiter aufzustellen. Ich habe ihm empfohlen seine Skills in Sachen Präzision zu verbessern, in der er zu Übungszwecken versucht Löffel zu Schmieden, was eine gewisses Feingefühl voraussetzt und vor allem ausbildet, so das der Stahl dorthin getrieben wird, wo er sein soll und nicht wo er hin will. Einen Edelstahl-Cocktail-Löffel aus seinen ersten Versuchen hat er mir als Goodie beigepackt. Ich konnte es nicht glauben, will ich doch schon lange einen geschmiedeten Löffel. Er hat in mir angelassen und ein wenig hitzecoloriert. Ich werde ihn zum abschmecken von Saucen und Suppen verwenden, auch wenn er dazu einen Tacken zu wenig Fassungsvermögen hat. Einen richtig großen werde ich bei Fabian in Auftrag geben, wenn er seine Skills auf eine Niveau gebracht hat, mit dem er selbst zufrieden ist.
Fit und Finish….
Das ist top, alles handwerklich auf höchstem Niveau, so wie ich das mag und von einem Custom auch erwarte.
Kritik und Verbesserungen…..
Hmm, fällt mir nicht viel ein. Für eine Stockremoval-Klingenfertigung in dieser Konstruktion/diesem Konzept ohne unregelmäßige Schmiedespuren an den Flanken generiert einzig die knackig konvexe Geometrie eine Schnittgutfreisetzung durch Masse, Wucht, Verdrängung und Kraft, ohne Unterstützung durch eine optimal zerklüftete Oberfläche der Flanken daher ist das Schnittgefühl auch dem entsprechen knackig und braucht Schub. Für chirurgisches Schneiden ist das nicht gebaut, sondern zum echten Arbeiten am Brett. Wenn man den Spitzenbereich noch dünner machen würde (was ich einen winzigen Moment angedacht habe, weil ich extreme Spitzen gewohnt bin) dann nimmt man dem Messer seine perfekte Homogenität und würde den Gesamtcharakter verschieben. Das wäre dann wie die Beine einer Ballerina am Oberkörper eines Bodybuilders auf Steroiden, das würde nicht passen, weil die Spitze im Wiegeschnitt die 364 Gramm stemmen und führen muss.
Wie das jeder für sich haben möchte steht ja frei und Fabian ist der passende Partner um machbare Wünsche umzusetzen. Aktuell ist er für mich der Macher mit der besten price range, bezogen auf das was man als Funktion, Finish und Service bekommen kann.
Gruß, güNef
nachdem ich die Arbeiten und die Fortschritte von Fabian Jäger jetzt schon länger aufmerksam beobachte habe ich vor geraumer Zeit Kontakt gesucht und ihm eine ellenlange Liste meiner teils exotischen Wünsche geschrieben. Davor hatte ich durch Forentreffen und ähnlich wie ich gepolte Messerfreunde die Gelegenheit, verschiedenste Messer die den jeweiligen Entwicklungsstand seiner Arbeiten gut abgebildet haben, auf Funktion und Fertigungsqualität zu testen. Es waren deren vier Messer, die mich zu der Überzeugung gebracht haben, ( Danke auch an Jörg ) das hier ein hungriger und talentierter Messermacher heranwächst, den ich mit meinen Ideen und Wünschen belasten kann, ohne vorschnell abgelehnt, oder durch einen hohen Kostenvoranschlag abgeschreckt zu werden.
Zielvorgabe:
°) Materialstärke mindestens 6mm
°) verschleißfester, zäher PM-Stahl für feine Schneiden
°) wuchtige Full Taper „Mehrzonengeometrie, konvex ohne Hook/HK
oder anderer Tricks zur FR-Steigerung
°) perfekter Schwerpunkt
°) Wunschprofil
°) sattes Gewicht
°) 250er Klingenlänge
Special Feature:
°) verschraubte Griffschalen um sie nach belieben gegen andere
austauschen zu können
°) Griffmaterial aus Vintage Micarta/Pertinax Two-Tone-Finish
Fabian hat diese Challenge angenommen und meine hohen Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern auch noch übertroffen. Die Wortkreation Full-Taper „Mehrzonenklinge“ finde ich der Geometrie angemessen und erklärt deren Eigenschaften eigentlich in einem Wort recht gut. Die Spitze ist durchaus fein für diesen „Pflug“ von Messer, für präzises Einschneiden und genaues präparieren. In dieser kurzen „Zone“ rund um die Spitze ist der Schliff Aufgrund von fehlenden Wandstärken natürlich praktisch flach geschliffen. Erst nach der Spitze, wird der Schliff zunehmend konvex ( ballig ) bleibt aber bis knapp über der Hälfte der Klingenlänge noch moderat wie ein klassisches allroundtaugliches Kochmesser um dann Richtung Griff immer mehr an Masse zuzulegen um eine ernsthaft-konvexe Kurve vom Rücken zur Schneide zu spannen, die im Schubschnitt eine haftungsarme Keilwirkung entfaltet, die jedes Schnittgut auseinander treibt. In dieser „Zone“ gibts kein feines, fast lautloses Zischen beim durchschneiden einer Möhre sondern ein sattes „Raaaatsch“
Die Bilder sind nach dem ersten Gebrauch entstanden, daher die Anlaufspuren...
Das Gewicht von 364 Gramm wuchtet sich durch alles durch, was unter die Schneide kommt. Das ergibt wieder eine neue Erfahrung durch ein davor nicht gekanntes Schnittgefühl, das sich deutlich von allen anderen meiner mit exotischen Geometrien ausgestatteten Messern unterscheidet. Es entfaltet seine Wucht im Schubschnitt wie ein Pflug auf dem Feld.
Ein paar Eckdaten:
Die Klinge kommt mit 6,12mm aus dem Griff und endet exakt an der Spitze mit 0,17mm. Über der winzigen Schneidfase messe ich im Mittel bis knapp vor der Spitze 0,20mm. Ein idealer Wert an der Grenze zur Nagelgängigkeit, was bei einem Gewicht von 364 Gramm beim Choppen für die nötige Stabilität sorgt. Noch dünner könnte in der Handhabung „komplex“ werden, aber so passt das dem Konzept entsprechend gerade recht. Nutzbare Schneidenlänge 252mm
Satt eingeschliffene/gefräste Hohlkehlen/Hook-Geometrien wirken auf viele Messerfreaks leider oft hässlich bis sogar abstossend und kommen daher für viele leider nicht in Frage. Für mich machen diese expliziten Klingen einen besonderen Reiz aus, dem ich mich nur schwer entziehen kann, dennoch wollte ich noch die letzte mögliche Geometrie, ohne optische „ Exotik“ an den Flanken, die zu einer relevanten Schnittgutfreisetzung in der Lage ist, die diese Begrifflichkeit auch verdient. Also nicht nur ein leichtes abstreifen und eine ein wenig reduzierte Haftreibung, sondern ein echtes abdrängen und dadurch freisetzen von der rechten Flanke. Durch eine echte konvexe Kurve reduzieren sich auch die Kontaktflächen zum Schnittgut, zwar nicht in der gleichen Dramatik einer HK mit Hook/Abscherkante, aber dennoch ausreichend genug um hier noch von einem tauglichen Foodrelase zu sprechen. Die Wirkung wird aber durch reale Verdrängung provoziert, die mehr Kraft beim Schneiden braucht, diese aber weitgehend von dem Messer selbst durch das satte Gewicht von 364 Gramm bereitgestellt wird, man muss es also nur richtig führen und "der Pflug" arbeitet sich durch alles an Schnittgut.
Im Vergleich zu „massereduzierten“ Geometrien mit HK, wo natürlich viel Material/Masse/Gewicht durch das wegschleifen/fräsen wegfällt und es dadurch noch zu einem moderaten Gewicht im Mittel von 250 Gramm, bei einer Klingenlänge von rund 250mm Länge kommt, bleibt bei einer fetten „Full-Taper-Mehrzonenklinge“ alles an Material erhalten und gerade dort wo bei HK nur mehr wenige 1/10 an Materialstärke verbleibt, ist bei einer konvexen Klinge der meiste Stahl gebunkert.
Das packt dann gleich nochmal 100 Gramm an Masse/Volumen an die Flanke, was eben zu diesem unvergleichlichem Schnittgefühl führt. Als Kochmesserfreak sollte man das schon mal erlebt haben, wenn sich so ein Teil durch einen großen Apfel schiebt. Die Unterschiede zu einer schneidefähigen HK-Klinge sind schon signifikant. Hier ist nicht das kontaktarme Gleiten wie ein Laser ohne Haftreibung das Vergnügen, sondern die brachiale Wucht eines konvex-gespannten Bogens von einer nagelgängigen Schneide bis fast zum Rücken hinauf.
FR im Vergleich zu perfekt gemachten Doppel-HK mit Hook, bzw tief gefräster Doppel-HK mit hart definierter Abscherkante:
Hier ist es klar, das selbst eine stark konvex geschliffene Geometrie mit blanken Flanken seinen Meister findet, ja finden muss. Geschälte, stärkehaltige Kartoffel kleben natürlich an den Flanken, hier haben zerklüftete Oberflächen mit gleicher Geometrie die Nase vorne, Flanken mit HK/Hook wie Uwe Mattern oder Ben Kamon sie fertigen sind hier mit Abstand FR-tauglicher, keine Frage. Blanke und undefinierte HK wie Robin Dalman sie einschleift, kleben genau so an der Kartoffelstärke, wie mein Pflug, die Unterschiede sind minimal. Das lehrt uns das HK nicht gleich HK ist und nicht jede HK immer besten FR garantiert. Wenn JJT ein Messer in den Dimensionen meines „Pfluges“ mit seinen geschmiedeten Flanken bereitstellt, dann spielen die geschmiedeten Täler und Berge der Flanken ihre Stärke aus und Kartoffelscheiben haften deutlich weniger an. Da Fabian aber zu schmieden beginnt, sehe ich in Zukunft noch ein geschmiedetes „Full-Tang-Mehrzonengyuto“ auf meiner Liste, um dessen Fertigung ich ersuchen werde.
Die "großen" Drei....
Schwerpunkt/Balancepunkt….
Eine Problemstellung ist immer der richtige Balancepunkt, der muss immer ein gutes Stück vor dem Griff liegen um richtig in das Schnittgut zu ziehen. Bei einem Steckerl noch keine Herausforderung, aber bei einem durchgehenden Erl braucht’s schon einen Taper und Bohrungen unter den recht schlanken Griffschalen um das Gewicht am Heck des Messers so weit zu reduzieren, das der Schwerpunkt meinen Vorstellungen entspricht.
Der Griff, das Feature….
Ich habe mich von der Griffform eines „Jiro“ inspirieren lassen, aber ohne dessen ungetaperten Erl. Fabian hat das übernommen und in für mich schön runder und kantenloser Formensprache umgesetzt. Ferner wollte ich mich bei den Griffschalen nicht auf ewig auf ein Material/Holz festlegen, wie das bei Kochmessern fast immer die Regel ist, ich wollte eben die Ausnahme haben und mit Hilfe von Fabian schaffen. Bei kleinen Fixed ist das ja schon längst üblicher Standard, bei erfolgreichen Serien die Griffschalen wechseln zu können. Siehe SK09 von Swen Kinast oder Daily Customs. Cuscadi, Kevin Wilkins oder die vielen SAK-Modder mal aussen vor. Ich wollte das auch bei einem großen Gyuto möglich machen. Ich möchte noch Schalen aus Ultem, Titan, Carbon oder Horn anfertigen lassen. So nebenbei bleibt mir hier auch die Möglichkeit erhalten, bei Bedarf mehr Volumen an den Griff zu bringen.
Den Torx-Pin hat Fabian übrigens auch beigelegt...
Fabian ist da mein Mann und absolut kreativer Kopf. Er hat mir eine „Leiste“ angefertigt, wie bei einem guten Schuster meiner Wahl, der einmal Maß nimmt und dann daraus meine nächsten Schuhe macht. So hat Fabian eine „Modellleiste“ angefertigt, so das ich nicht jedesmal das Risiko eines Versandes nebst den Kosten auf mich nehmen muss, wenn ich neue Schalen möchte, sondern hat sich eine Lehre gefertigt, an der er die neuen Schalen formt und mir dann bereits fertig zuschickt, Ich montieren sie dann nur noch. Aktuell sind die Torxschrauben in einer Messinghülse, diese Hülsen könnten aber auch gegen welche aus Edelstahl oder farbig eloxierten Metallen ausgetauscht werden. Alles ist möglich.
Wenn das schon alles wäre….
Nein ist es nicht. Um die Stahlfrage sind wir lange herumgeschlichen. 14C28N, einer meiner liebsten rostträgen Stähle gibts in diesen Dimensionen aber nicht, CPM3V habe ich schon. Ich wollte mal was neues in fetter Dimension, wenn schon rostend dann bitte wenig reaktiv, zäh und verschleißfest soll der Stahl sein, geeignet für feinen Schneiden und so sind wir auf Vanadis 8 „super clean“ gekommen. Nicht wirklich rostträge, aber auch nicht extrem reaktiv, (die Klinge läuft aktuell nur an und stinkt nicht wie bei reinen C-Stählen), verschleissfest und vor allem zäh und in gewünschter Dimension erhältlich, aber nicht ganz billig und nicht ganz einfach zu verarbeiten. Der Schleifbandverbrauch ist da schon ordentlich hoch.
Fabian hat sich durch den exotischen Stahl gearbeitet und dabei irgendwann beschlossen, jedem der sich das finanziell ( Stahlpreis, Verbrauch an Schleifmittel und der erhöhte Zeitaufwand durch die erschwerte Bearbeitung ) antun möchte, eine Echtholz-Saya beizulegen, sozusagen als das „High-End“ Produkt seiner Stockremoval-Klingen. Ich habe beim auspacken nicht schlecht gestaunt, als ich diese Saya gesehen habe, ein passgenauer Traum mit vielen liebevollen Details, wie ein geprägtes Logo/Stahlsorte/Härte und ein hübscher Zierpin aus dem Griffmaterial als Sicherungsstift.
Aber dann…..
Wie viele wissen, übt sich Fabian seit kurzem in der Kunst des Messerschmiedens um sich in der Fertigung seiner Messer noch breiter aufzustellen. Ich habe ihm empfohlen seine Skills in Sachen Präzision zu verbessern, in der er zu Übungszwecken versucht Löffel zu Schmieden, was eine gewisses Feingefühl voraussetzt und vor allem ausbildet, so das der Stahl dorthin getrieben wird, wo er sein soll und nicht wo er hin will. Einen Edelstahl-Cocktail-Löffel aus seinen ersten Versuchen hat er mir als Goodie beigepackt. Ich konnte es nicht glauben, will ich doch schon lange einen geschmiedeten Löffel. Er hat in mir angelassen und ein wenig hitzecoloriert. Ich werde ihn zum abschmecken von Saucen und Suppen verwenden, auch wenn er dazu einen Tacken zu wenig Fassungsvermögen hat. Einen richtig großen werde ich bei Fabian in Auftrag geben, wenn er seine Skills auf eine Niveau gebracht hat, mit dem er selbst zufrieden ist.
Fit und Finish….
Das ist top, alles handwerklich auf höchstem Niveau, so wie ich das mag und von einem Custom auch erwarte.
Kritik und Verbesserungen…..
Hmm, fällt mir nicht viel ein. Für eine Stockremoval-Klingenfertigung in dieser Konstruktion/diesem Konzept ohne unregelmäßige Schmiedespuren an den Flanken generiert einzig die knackig konvexe Geometrie eine Schnittgutfreisetzung durch Masse, Wucht, Verdrängung und Kraft, ohne Unterstützung durch eine optimal zerklüftete Oberfläche der Flanken daher ist das Schnittgefühl auch dem entsprechen knackig und braucht Schub. Für chirurgisches Schneiden ist das nicht gebaut, sondern zum echten Arbeiten am Brett. Wenn man den Spitzenbereich noch dünner machen würde (was ich einen winzigen Moment angedacht habe, weil ich extreme Spitzen gewohnt bin) dann nimmt man dem Messer seine perfekte Homogenität und würde den Gesamtcharakter verschieben. Das wäre dann wie die Beine einer Ballerina am Oberkörper eines Bodybuilders auf Steroiden, das würde nicht passen, weil die Spitze im Wiegeschnitt die 364 Gramm stemmen und führen muss.
Wie das jeder für sich haben möchte steht ja frei und Fabian ist der passende Partner um machbare Wünsche umzusetzen. Aktuell ist er für mich der Macher mit der besten price range, bezogen auf das was man als Funktion, Finish und Service bekommen kann.
Gruß, güNef
Zuletzt bearbeitet: