Härte von Stahl bei Schmiedetemperatur

Novum64

Mitglied
Beiträge
267
Fragestellung eines nicht-Schmiedes:
Nachdem verschiedene Stähle bei Raumtemperatur verschiedene Härten aufweisen (vor allem ja nach dem Härten) stellt sich für mich nun die Frage wie das bei Schmiedetemperatur ist. Sind sie dann gleich gut verformbar? Kann man davon ausgehen, dass die verschiedenen Lagen eines 3-Lagen-Stahls gleichmäßig dünner werden, oder kann es passieren, dass eine Stahlart überproportional dünner wird? Ich habe mir das auch schon bei Damaststählen überlegt.

Gruß Novum64

Leider konnte ich in der Suchfunktion nichts finden
 
Nein, leider ist das nicht so dass alle Stahlsorten bei Schmiedetemperatur gleich gut verformbar sind. Deutliche Unterschiede gibts da allzumal. Reineisen kannst Du mit dem Daumen verformen:steirer: , je höher dann der Anteil an Kohlenstoff und Legierungselementen wird desto höherer Aufwand ist zur Verformung nötig, ganz deutlich bemerkt man das bei den Wolfram legierten Stählen wie 1.2550 oder 1.2552, da wird das Schmieden von Hand zur Qual, Probleme macht sowas natürlich dann u.U. beim Schmieden von mehrlagigen Klingen.
 
@ Novum64

nicht jeder Stahl ist bei der gleichen Temperatur genauso gut wie ein anderer verformbar, siehe z.B. C45 und 1.2552. Hier spielen in erster Linie die Legierungsbestandteile mit, wie auch die durch den Hammer eingebrachte Energie und die Masse desselben eine große Rolle. (vergl. Hundeshagen, Der Schmied am Amboß unter "Die Physikalischen Vorgänge beim Schmieden" (ob der Titel dieses Kapitels so stimmt, weiß ich nicht genau, aber zumindest so ähnlich))

Bei einer Drei-/ oder mehrlagigen Klinge kann es also durchaus sein, daß sich die äußeren Lagen mehr verformen als die Inneren. Ebenso spielt beim Damast der Abbrand eine entscheidende Rolle: die äußeren Lagen werden dadurch dünner, verschwinden tum Teil oder sogar ganz. Durch zu aggressive Schweißhilfsmittel kann dieser Vorgang negativ beschleunigt werden.
Auch ist auf die komplette Durchwärmung des Werkstückes zu achten, da sich sonst nur die äußeren Lagen verformen lassen und im Kern des Werkstückes unter Umständen sogar Materialschäden (z.B. das Aufreißen von bereits verschweißten Lagen) auftreten können. Genauso kann es beim Torsionsdamast bei nicht ausreichender Durchwärmung ebenfalls zu Fehlern oder Schäden führen.


Badger
 
Fragestellung eines nicht-Schmiedes:
Nachdem verschiedene Stähle bei Raumtemperatur verschiedene Härten aufweisen (vor allem ja nach dem Härten) stellt sich für mich nun die Frage wie das bei Schmiedetemperatur ist. Sind sie dann gleich gut verformbar?

Antwort eines Nichtschmiedes:
Du musst zwischen Härte (wie tief kann ein härterer Gegenstand lokal in das Werkstück eindringen) und Festigkeit/Verformbarkeit (wie viel Kraft/Energie muss ich aufbringen, um die Form des Werkstücks zu ändern) unterscheiden.
Vermutlich meinst Du letzteres.
Und das wurde ja von Schmieden schon beantwortet (ich war schon verblüfft, wie unterschiedlich dick die Lagen aus C45/Feile/C45 bei meinem Dreilagenpaket wurden...).
 
Legierungselemente wie Wolfram und Nickel erhöhen die Festigkeit in der Hitze ganz erheblich. Hoch wolframlegierte Stähle vertragen zudem wenig Hitze. Bei gleicher Temperatur kann die Verformungsarbeit auf das Mehrfache steigen. Wenn man dann wegen der Überhitzungsempfindlichkeit mit der Temperatur nicht so hoch gehen darf, kann sich die Arbeit erheblich erschweren. Der C- Gehalt selbst führt nicht zu einer Erhöhung der Festigkeit bei Schmiedetemperatur. Da mit höherem C-Gehalt der Schmelzpunkt sinkt, kann er sogar zu einer Erniedrigung der Festigkeit führen. Das kann man aber im allgemeinen eben wegen der Empfindlichkeit gegen zu hohe Schmiedetemperaturen nicht nutzen.
Kurz noch eine Stellungnahme zu einer Theorie, die hier aufgestellt wurde: Weichere Lagen im Damast werden beim schmieden natürlich nicht dünner. Das würde voraussetzen, daß sie verdichtet, also auch im spezifischen Gewicht erhöht würden. Was allerdings passieren kann, ist das stärkere Strecken der weichen Außenlagen beim Dreilagenstahl. Da muß man die Kanten wegen des stärkeren Fließens der Außenlagen oft Abschroten, um wieder auf die Kernlage aus Stahl zu kommen. Beim Damastpaket, das allseitig bearbeitet wird, kann dagegen keine Lage überproportional verdünnt werden.
MfG. U. Gerfin
 
Zuletzt bearbeitet:
Herzlichen Dank für die präzisen Antworten.
Ich bin wieder ein gutes Stück schlauer. Es müsste also möglich sein, den 3-Lagen-Stahl von Dick propotional dünner zu schmieden, wenn man mal von den Randbereichen absieht. Vielleicht probiere ich es einfach mal aus. Gasbrenner und Ambos vom Sensen dengeln sind ja vorhanden und das Material ist nicht zu teuer.

Gruß Novum64
 
Zurück