Härten hochlegierter Werkstoffe in Gasöfen

Wenn meine Esse voll auf geheizt ist,dann sehe ich aus dem Brenner nur eine Violette Färbung,wenn das Sauerstoffmangel bedeutet,dann wehre das ja der richtige Weg.

Gruß Maik
 
Wenn meine Esse voll aufgeheizt ist, dann sehe ich aus dem Brenner nur eine violette Färbung. Wenn das Sauerstoffmangel bedeutet, dann wehre (wäre?) das ja der richtige Weg.....
Das würde ich nicht für einen Sauerstoffmangel halten, eher für eine gute Balance. Für mich ist auch immer ein Kriterium, ob eine mehr oder minder gefärbte Flamme aus dem Gasofen herausschlägt. Das nehme ich als Hinweis, dass der Luftsauerstoff außerhab des Ofens für eine Nachverbrennung sorgt, es liegt dann also eine reduzierende Atmosphäre im Ofen vor.

Achims Meinung wäre dazu wichtig zu hören, weil er viel mehr praktische Erfahrung mit Gasöfen hat als ich.

Gruß

sanjuro
 
Zum Streit über die Entkohlung oder Aufkohlung im Gasfeuer: Vielleicht redet Ihr aneinander vorbei.
Wenn bei der Verbrennung der Gase im Gasfeuer Wasserdampf oder freier Wasserstoff entsteht, führt dies zu erheblichen Schädigungen des Stahls, die allerdings bei richtiger weiterer Wärmebehandlung reversibel sind.
Wasserstoff ist ein sehr ungern gesehener Stahlschädling, der stark entkohlend wirkt und die gefürchteten Flocken-innere Risse im Stahl durch Wasserstoffblasen - auslösen kann.
Rapatz schildert dies auf s. 325 ff und 1003 f. sehr eingehend und gut belegt.
Er beschreibt auch, wie diese Schädigungen vermieden oder beseitigt werden können.
In den Stahlwerken ist man sicher so weit, die Gaszusammensetzung so zu steuern, daß die genannten Schäden vermieden werden.
Ob das für alle Hobby-Gasschmieden gilt, kann ich nicht sagen.
Mir sind Fälle bekannt, wo sehr erfahrene Messermacher durch langanhaltendes Weichglühen im Gasofen ihre Klingen so entkohlt haben, daß sie keine vernünftige Oberflächenhärte mehr annahmen und -da man nicht aufkohlen wollte- erheblich heruntergeschliffen werden mußten, um wieder eine brauchbare Schneide zu erzeugen.
Das sind -das muß ich in aller Deutlichkeit sagen- Erkenntnisse aus der Wissenschaft, die ich nicht auf den Einzelfall übertragen will.
Wer also erfolgreich mit Gasfeuern arbeitet, sollte sich das nicht vermiesen lassen.
Die Lektüre von Rapatz und danach Überlegungen, ob man schon alles richtig macht oder etwas verbessern könnte, ist gleichwohl sehr zu empfehlen.
MfG U. Gerfin
 
@Klaus1602
wie Achim schon sagte ist es relativ sinnfrei irgendwelche chemischen Reaktionen zu zitieren. ..... Auch die Synthesegasreaktion läuft natürlich ab, aber wie gesagt, wo liegt die Gleichgewichtskonstante, die ein Quotient aus den zwei Geschwindigkeitskonstanten, nämlich der hin und der Rück-Reaktion ist und eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion trifft.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass diese Konstanten alle noch temperaturabhängig sind und der ganze Formalismus des chemischen Gleichgewichts bei diesen Vorgängen eigendlich nicht anwendbar sind, da es sich hierbei um Nicht-Gleichgewicht-Vorgänge handelt.
@Achim natürlich hast Du in dem System glühenden Kohlenstoff, nämlich den im Stahl. Also die C +CO2 -> 2 CO Kiste läuft schon ab, aber genauso die Rückreaktion bei Anwesenheit von CO in der Flamme, wieder die Frage: wo liegt das Gleichgewicht. (und für die Spezialisten, wo liegt der Aktivitätskoeffizient von C im Stahl, den kann man nicht einfach auf 1 setzen, wie im Graphit)
...

Gruß

MythBuster

Wenn ich das so lese, würde ich mich nicht sehr wundern, wenn ihr am Ende noch bezweifelt, dass man Kohle überhaupt verbrennen kann.
Es trifft zwar zu, dass man es in der Realität selten mit Gleichgewichtszuständen zu tun hat. Im Fall der diskutierten Reaktionen mit ausschließlich gasförmigen Reaktionsprodukten in offenen Systemen liegt das Reaktionsgleichgewicht bei den Arbeitstemperaturen (>800°C) zwangsläufig auf der Seite der Produktseite. Rückreaktionen können ja nicht stattfinden, da die Produkte entweichen. Aber mancher zieht eine starke Behauptung dem Verständnis komplizierter Beweise vor.

Haber und Bosch wollten im übrigen auch nicht glauben, wie rasant Wasserstoff Ihre Druckbehälter für die Ammoniaksynthese entkohlte. Jede Explosion machte es aber anschaulich.
 
@Makkimesser
Ich versteh nicht genau wo Dein Problem liegt. Ich kann hier nur einige Fakten anführen.
Industriell wird schon lange aufgekohlt und zwar mit Hilfe von Endogas (S.2), dies wird durch Verbrennen von Methan oder Propan hergestellt und enthält je nach Verbrennungsbedingungen bis zu 40% Wasserstoff und es gibt unter diesen Bedingungen keine Wasserstoffverspödung. Auch Verhoeven erwähnt das auf Seite 68. Verhoeven spricht hier auch davon, dass durch den Wasserstoff die Aufkohlung beschleunigt wird, glauben wir ihm das vorerst mal unbelegt.
Hier auf S.2 ist z.B. ein Beleg von meiner Behauptung, dass das Aufkohlungspotential vom Sauerstoffpartialdruck abhängt und das mit Endogas, was auch in der Gasesse bei reduzierender Flammenführung gebildet wird.
Hier auf s.219 werden einige Grundlagen behandelt.
Bei welcher Gleichung liegt bei Dir das Gleichgewicht auf der Produktseite? Gasförmige Produkte entweichen zwar, aber genauso werden sie kontinuierlich wieder nachgeliefert. Du übersiehst vielleicht auch, dass der durch 2CO -> C(Fe) +CO2 gebildete Kohlenstoff genauso aus dem Gleichgewicht entfernt wird, nämlich durch Diffusion ins Innere des Stahls.
Ja und Kohle kann man auch nicht Verbrennen wenn man ihr nach
C +O2-> CO2 keinen Sauerstoff gibt. Ja und auch die Rückreaktion gibt´s bei genügend hoher Energiezufuhr.
"Aber mancher zieht eine starke Behauptung dem Verständnis komplizierter Beweise vor." Zeig mir bitte Deine komplizierten Beweise und beleg diese auch, dann bin ich bereit Deinen Ton zu akzeptieren.


Gruß

MythBuster
 
Diese Diskussion ist doch etwas weit weg von der Praxis.
Was wäre zum Beispiel wenn der Schmied am Vorabend Kohlsuppe hatte und so noch weitere Gase dem Verbrennungsprozess zuführt?
Man müsste erst mal hergehen und die einzelnen Bereiche der Esse analysieren. Sicher werden einige Prozesse direkt in der Flamme anders ablaufen als in bereichen in denen nur noch Abgas fließt. Also gibt das alles eine sehr komplexe Geschichte und am Ende wird man wahrscheinlich darauf kommen, dass im Bereich wo das Schmiedegut liegt eine recht gut schützende Atmosphäre herrscht.
Man kann es sich natürlich auch wesentlich einfacher machen und einfach mal ausprobieren. Hier gibt es Leute die schon weit über das Ausprobieren hinaus ist und warum man denen nicht glauben sollte verstehe ich nicht ganz. Der Stahl hat hinterher kaum an Kohlenstoff verloren, egal was nebenher noch für chemische Prozesse gelaufen sind.
Man könnte jetzt auch hergehen und mal ein Kohlefeuer chemisch analysieren (viel Spaß). Je nach verwendeter Kohle, Temperatur und möglichen Verunreinigungen passieren da sicher ganz tolle Sachen und viele sind ganz sicher auch schädlich für den Stahl. Dennoch ist es möglich im Kohlefeuer ganz hervorragende Klingen zu schmieden.
Wenn man will kann man sicher auch mit einer Gasesse den Stahl kaputtkriegen, aber das ist um Längen schwerer als im Kohlefeuer. In der Gasesse kann man einen Stahl auch mal etwas länger liegen lassen. Gleiches sollte man im Schmiedefeuer lieber nicht machen, es sei denn man mag Wunderkerzen.
 
Und genau darum geht es mir,seit der Gasesse schweiße ich mit Temperaturen wo ich oft höhere beim ausschmieden habe und das der empfindlichere Feilenstahl keine Probleme mehr zeigt.
Aber ob Auf.-oder Abkohlen bei welcher Atmosphäre und Temperatur Haltedauer,würde mich doch interessieren:confused:

Gruß Maik
 
Entkohlen oder aufkohlen kann man sowohl in ner Gasesse als auch im Kohlefeuer. Alles eine Frage des Gleichgewichts. Eine Gasesse ist aber eutlich einfacher zu händeln.

Bei einer Gasesse muss man sich allerdings sehr wohl an den Wasserstoff denken.

Zum Beispiel reichte selbst bei Großserienwarmumformlinien schon <10min Haltezeit bei ~930°C aus, um zu Problemen zu führen (wasserstoffinduzierte verzögerte Rissbildung). Wasserstoffarmglühen bei gut 200°C für mindestens 30min - besser über ne Stunde - hilft hier deutlich. Evtl. kann das mit der normalem Wärmebehandlung (z.B. Anlassen) erledigt werden.
 
Glaub es oder nicht. Wasserstoff diffundiert unter (un)günstigen Umständen sogar ein, wenn es nur handwarm ist.
"Glühen" im Sinne von sichtbarer Wärmestrahlung tut beim Wasserstoffarmglühen natürlich nichts, es heißt nun mal Wasserstoffarmglühen.

Es gab auch schon Versuche mit Blechen (Rm ~1000MPa), die bewusst mit Wasserstoff beladenen wurden um die Gefahr von delayed fractures beim Elo-Verzinken zu untersuchen. Da hatte sogar die Temperatur beim Härten der KTL (175°C für 20min) das Problem behoben.

Ich rede von Blechen, bei dicken Bauteilen o.ä. reicht das natürlich nicht aus.

EDIT: Selbst Wikipedia kennt es auch mit -glühen und schlägt 200°C-300°C vor. Du darfst auch gerne googeln oder in ein richtiges Buch schauen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich wollte mich in diese Diskussion nicht zu weit hineinziehen lassen, um nicht den Eindruck zu erwecken, pro domo reden zu wollen. Daß ich das Kohlefeuer aus vielen Gründen vorziehe, ist ja wohl bekannt.
Ich will aber niemand sein Gasfeuer schlecht reden- warum auch, wenn damit jemand erfolgreich arbeitet.
Was mich an der teilweise doch recht emotional geführten Diskussion aber wundert- der Hinweis, daß bei Rapatz sehr klare und deutliche Hinweise zu der angesprochenen Frage zu finden sind, mit weiteren Quellenangaben zu wissenschaftlicher Vertiefung- findet offensichtlich keine Beachtung.
Dort ist eigentlich alles Notwendige gesagt, und ca. 10 Seiten sollte man doch lesen können.
Da ich weiß, daß etliche sich das Standardwerk der Stahlkunde angeschafft haben, wundert mich das besonders.
MfG U. Gerfin
 
@Makkimesser
Ich versteh nicht genau wo Dein Problem liegt. Ich kann hier nur einige Fakten anführen.
.....
Endogas (S.2), dies wird durch Verbrennen von Methan oder Propan hergestellt und enthält je nach Verbrennungsbedingungen bis zu 40% Wasserstoff und es gibt unter diesen Bedingungen keine Wasserstoffverspödung. Auch Verhoeven erwähnt das auf Seite 68. Verhoeven spricht hier auch davon, dass durch den Wasserstoff die Aufkohlung beschleunigt wird, glauben wir ihm das vorerst mal unbelegt.
Hier auf S.2 ist z.B. ein Beleg von meiner Behauptung, dass das Aufkohlungspotential vom Sauerstoffpartialdruck abhängt und das mit Endogas, was auch in der Gasesse bei reduzierender Flammenführung gebildet wird.
Hier auf s.219 werden einige Grundlagen behandelt.
Bei welcher Gleichung liegt bei Dir das Gleichgewicht auf der Produktseite? Gasförmige Produkte entweichen zwar, aber genauso werden sie kontinuierlich wieder nachgeliefert. Du übersiehst vielleicht auch, dass der durch 2CO -> C(Fe) +CO2 gebildete Kohlenstoff genauso aus dem Gleichgewicht entfernt wird, nämlich durch Diffusion ins Innere des Stahls.
Ja und Kohle kann man auch nicht Verbrennen wenn man ihr nach
C +O2-> CO2 keinen Sauerstoff gibt. Ja und auch die Rückreaktion gibt´s bei genügend hoher Energiezufuhr.
"Aber mancher zieht eine starke Behauptung dem Verständnis komplizierter Beweise vor." Zeig mir bitte Deine komplizierten Beweise und beleg diese auch, dann bin ich bereit Deinen Ton zu akzeptieren.


Gruß

MythBuster


Lieber Mythbuster,

ich habe kein Problem. Das Problem ist, dass hier manche nicht richtig lesen können. Ich habe im Ursprungsbeitrag darauf hingewiesen, dass Wasserdampf (H20) sehr stark entkohlend wirkt. Von Wasserstoff (H2) war nie die Rede. Bei den Glühtemperaturen vor dem Härten wirkt der Wasserdampf als Oxidationsmittel auf den Stahl ein. Dies führt vorzugsweise zu Entkohlung, weniger zu Verzunderung. Die Quellen der industriellen Nutzung von Wasserdampf als Bestandteil eines Schutzgases zum Entkohlen muss ich aus der Datenbank ziehen. Nutzungsgebiet ist u.a. das Entkohlen von Elektroblech (low-carbon) und CrNi-Stählen mit ca. 0,4% C. Das Argument der starken Behauptung habe ich als Antwort auf die Ingnoranz von Fundamentalerkenntnissen (Boudouard-Gleichgewicht, Synthesegas Reaktion) gesetzt.
Weitere Kommentare werde ich nicht geben.
 
Hallo,

@Makkiemesser
o.k. ich denke unsere Standpunkte sind gar nicht so weit auseinander. Das Wasserdampf entkohlend wirkt steht außer Zweifel, aber eben nur bei zu geringen CO Konzentrationen. Die schieben das Gleichgewicht C + H2O -> CO+H2 dann eben wieder nach links. Besonders interessant finde ich, daß Du Cr/Ni Stähle erwähnst, da der Ni eine hohe Affinität zum Wasserstoff besitzt wird er bestimmt ungewöhnlich viel H2 aus dem Gleichgewicht entfernen.
Verzunderung und Entkohlung werden wohl auch nicht korrelieren.
Auch das Aufkohlen mit Endogas ist nicht ganz mit den Verhältnissen in der Gasesse vergleichbar, da hier das Gasgemisch katalytisch gespalten wird und hier reduzierende Verhältnisse herrschen, die in einer Gasesse nicht realisierbar sind.
Und zurück zum Thema: Es ist auch klar, daß ein etwas fetteres Gas/Luft Gemisch nicht schadet. In meiner Gasesse z.B. hab ich kein Problem bei 0.8 Bar (Propan, Düse 0.6mm) Feuerschweißtemperatur zu erreichen (alles eine Sache der Isolierung und IR-Reflektion), aber ich hab keine reduzierende Atmosphäre mehr und so geh ich eben auf 1.2 Bar und hab keine Probleme mit Verzunderung und Entkohlung (an Schliffbildern gesehen).

Gruß

MythBuster
 
Gasessen funktionieren super. Jeder sollte das mal Kohle und Gas probieren und dann einfach gucken was passt. Ich benutze beides, je nachdem was ich machen will. Für Messer aber die Gasesse.

Also, hier geht es doch immer noch ums Schmieden oder?
Beim Schmieden bildet sich außen so oder so eine nicht unerhebliche Zunderschicht die hinterher durch Schleifen entfernt wird.
Ob da außen noch irgendwelcher Wasserdampf, Wasserstoff oder sonstewas noch zum entkohlen neigt ist da wirklich egal.
Dabei findet ein Großteil der Verzunderung außerhalb des Feuers statt, also immer dann wenn man das Schmiedegut zum Amboss trägt, schmiedet usw..
Im Feuer (egal ob Gas oder Kohle) ist das Schmiedegut an sich besser aufgehoben als an der Luft.
Beim Härten schafft man eine möglichst Sauerstoffarme Atmosphäre um die Verzunderung so gut es geht zu vermeiden. Da kann man sowohl mit Gas wie auch im Kohlefeuer erreichen. Wobei eine Gasesse etwas leichter einzustellen ist, bei Kohle braucht es etwas mehr Erfahrung.

Bei der industriellen Stahlherstellung mag das alles ein wenig anders aussehen, da man möglichst verlustarm arbeiten und gleichbleibende Qualität in allen Teilen gewährleisten will, auch bei riesigen Stahlbrocken usw.. Da ist also alles ein wenig anders.
Beim Schmieden braucht man sich da glaube ich keinen Kopf zu machen.
Es ist eh fraglich ob Zunder noch entkohlen kann. Solche Haarspalterreien verwirren nur die Leute die mit dem Thema schmieden anfangen wollen.
Ich kann nur sagen, dass man getrost in der Gasesse schmieden und Härten kann. Die Qualität unzähliger in der Gasesse geschmiedeter Klingen spricht da wohl für sich.
 
......Es ist eh fraglich, ob Zunder noch entkohlen kann. Solche Haarspalter(r)eien verwirren nur die Leute, die mit dem Thema schmieden anfangen wollen....
Nein, da gibt es keine Fragen, keine Verwirrung und keine gespaltenen Haare. Weder Fe2O3 noch Fe3O4 (Hammerschlag, Zunder) enthalten Kohlenstoff.

Gruß

sanjuro
 
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