ideale Härtetemp C60?

Wie kann ich mir das praktisch vorstellen, zwischen Schneide und Klingenrücken, unterschiedliche Anlasstemperaturen zu realisieren ?
Gruss Felix

Na die Klinge ins Wasser stellen und den Bereich den man Anlassen will mit dem Brenner bearbeiten.

denkst du, dass das Doppelhärten auch bei anderen Stählen, wie z.B. 1.2210 oder weißem Papierstahl, zu diesen vorteilhaften Eigenschaften führen kann?

Ja natürlich! Kollege Verhoeven beschreibt das ja recht gut in Kapitel 8 seiner Schrift.
 
Es ist natürlich so, dass wie schon angesprochen das Risiko von Verzug erheblich gesteigert wird.
Ich hatte denke ich mal echt Glück als ich bei einer ganzen Serie von Messern eine weiche Stelle an der schneide festgestellt habe. Da war ich natürlich gezwungen gleich nochmals zu härten. Eine der Klingen ein Leistungsdamast mit Feile und Säge war schon dünn geschliffen und ich hatte keine andere Wahl als nochmals damit in den Ofen. Kam bockhart raus und trotz des nur 1/10mm dicken Ausschliffs ist es kerzengerade geblieben.
Das Risiko das ich es hätte wegschmeißen müssen hab ich damals mit 50/50 eingeschätzt.
 
Zu Beitrag 17:
Doppelhärten heißt nicht, das voll gehärtete Werkstück in den heißen Ofen stecken.
Was man aber machen kann und soll, ist dem eigentlichen Härten ein scharfes Normalisieren-oder noch wirksamer Härten- voranzustellen und anschließend in den kalten Ofen einlegen und mit dem Ofen hochfahren.

Die Wirkung dieses Verfahrens beruht auf der extrem feinen Ausscheidung von Karbiden beim Aufheizen, das ja zugleich erst mal ein Anlassen ist und einer Kornfeinung durch das mehrfache Umkörnen.
Dieses Verfahren ist grundsätzlich bei allen Stählen möglich, die durch Verspannung des Gefüges durch den "eingefrorenen" Kohlenstoff härten.
Bei leicht übereutektoidischen Stählen, bei denen beim Härten nicht alle Karbide gelöst werden, ist es besonders empfehlenswert.

Man kann solche Verfahrensschritte ohne großen Aufwand in die Schmiedebehandlung einbauen.
Ich schrecke beispielsweise meine Klingen nach dem letzten Schmiedevorgang aus einer Temperatur ab, die eher etwas über der normalen Härtetemperatur liegt, um möglichst viele Karbide in Lösung zu bringen. Die dabei erreichte Härte liegt dabei eher unter den Normalwerten, weil mehr Restaustenit entsteht
Das anhaftende Öl wird dann über dem Feuer abgebrannt, was einem Anlassen entspricht und aus diesem nicht mehr so ganz empfindlichen Zustand wird auf Weichglühtemperatur erwärmt und in Asche abgelegt.
Nach dem Fertigschleifen kann dann gehärtet werden-gegebenenfalls nach einem weiteren Weichglühen.

Das ist nicht zwingend erforderlich, empfiehlt sich aber, wenn man sehr heiß geschliffen hat und dadurch wieder Spannungen erzeugt hat.

Wunder sollte man sich vom Doppelhärten nicht versprechen.

Die Amerikaner schwärmten vor 10-20 Jahren von der überlegenen Technik des "triple hardening", also eines dreifachen Härtens.
Es wurde da von ganz erstaunlichen Leistungsgewinnen berichtet- und ich glaube auch, daß das korrekt beobachtet war.

Die Leistungsgewinne beruhten allerdings nicht darauf, daß neue Leistungsreserven ausgeschöpft wurden, sondern darauf, daß durch dieses Verfahren grobe Fehler der vorherigen Behandlung in Form von Grobkörnigkeit ausgemerzt wurden.

Zu Deutsch: Durch Doppelhärtung, scharfes Normalisieren oder wie immer man das nennen will, lassen sich Fehler korrigieren und läßt sich bei optimalem Vorgehen noch ein Quentchen mehr an Leistung herauskitzeln. Hat man beim Schmieden alles richtig gemacht, also ein feines Korn eingestellt, wird man kaum einen Unterschied zwischen einfacher und Doppelhärtung feststellen.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
@ Uli & Roman:
Sehe ich das jetzt richtig, dass Ihr zwei verschiedene Temperatur"führungen" einsetzt ? Die gefügetechnischen Vorgänge sind klar und deutlich beschrieben, nur bei den Temperaturen ist mir da ein irritierender, kleiner Unterschied aufgefallen.

Roman zuerst auf höchstmöglicher Temperatur mit kurzer Haltezeit am oberen Rand des Temperaturfensters, danach mit reduzierter Temperatur und extrem kurzer Haltezeit im unteren Bereich des Temperaturfensters - aber beides innerhalb.
Uli zuerst mit überhöhter Temperatur knapp ausserhalb des Fensters, danach mit empfohlener "Standardtemperatur" innerhalb des Fensters ?

edit - war zwischendurch kurz unterwegs:
Ich meine mich an den Begriff
"Ac1" - "Temperatur, bei der die Bildung des Austenits bei einem Wärmen beginnt" erinnern zu können, der von Uli regelmäßig erwähnt wurde, was auch mit Romans Beschreibungen zusammenpasst.

Kurz gefragt:
Zuerst hoch, dann niedriger oder zuerst wie empfophlen, dann nochmal auf "Standardtemperatur" erhitzen - oder ist es allein von der Art und Geschwindigkeit des Erhitzens (Esse oder E-Ofen) abhängig ?
Welche Reihenfolge sollte man einhalten ?

Gruß Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Na ja Andreas,

ist ein wenig spitzfindig aber ein echter Unterschied ist da nicht da.

An sich sind Ulrich und ich über die Vorgänge im Werkstoff immer einig. Der wesentliche Unterschied zwischen unseren Vorgehensweisen ist meist darin zu finden, dass ich eher auf genaueste Kontrolle meiner Parameter achte, also mit Stoppuhr und genauem Thermometer. Während Ulrich mehr das empirisch intuitive Vorgehen mit eben so großem Erfolg praktiziert.

Im Vergleich zu mir, hat Ulrich so viel mehr Erfahrung , insbesondere mit der WB mit einfachen Mitteln, dass er sich getrost leisten kann diese einfachen Mitteln auch sehr konsequent einzusetzen, ohne dass er befürchten muss dass da Mist raus kommt.

Anfänger rufe ich daher immer gerne zu:
Mit einfachen Mitteln zu arbeiten wie Ulrich, nicht als eine Notwendigkeit des schmalen Geldbeutels zu sehen.
Es ist viel mehr Ausdruck einer besonders hohen Kunst die Ulrich uns zeigt, die auf einer der Jahrzehnte langen Erfahrung im Umgang mit Werkstoffen beruht.

Unabhängig davon können bei unseren Angaben schon mal einige Abweichungen vorkommen den jeder hat auch andere Einrichtungen und Vorlieben. Aus meiner Sicht ergeben sich aber kaum nennenswerte Unterschiede im Ergebnis.

Ich habe im übrigen keine Vorgehensweise zur Doppelhärtung gegeben, sondern nur die gezeigte Quelle zitiert, um die Aufmerksamkeit auf dieses verbundene und interessante Thema zu lenken.
In der Realität mach ich meist Einfachhärtungen und das mit gutem Erfolg.
 
Es mag evtl. spitzfindig oder nach "zu genau durchgelesen" erscheinen, aber mir schien da wirklich ein Unterschied in der Durchführung, speziell bei den gewählten Temperaturen für das erste und das zweite Härten vorzuliegen - für mich war das rein von der Abfolge und letztlich von der Temperaturwahl nicht so ganz klar geworden ;)

Die einzige Erklärung, die ich mir selbst geben könnte, ist, dass die Esse den Stahl bekanntlich schneller erhitzt, als ein Elektroofen. Dadurch kommen minimal variierte, andere praktische Verfahrensweisen zustande.

Ich für mich kann mit beiden Methoden gut leben, sowohl mit der möglichst genauen Kontrolle der Arbeitswerte (soweit machbar), als auch mit der Methode nach Auge, Gefühl und Erfahrung - kommt ja auch darauf an, was für ein Werkstück man gerade wärmebehandelt.

Gruß Andreas
 
Wenn es eine Differenz zu den Angaben von Roman zu geben scheint, so liegt das daran, daß ich, wie er richtig schreibt, nach Möglichkeit mit einfachen Mitteln zum Ziel zu kommen suche-natürlich ohne Leistungseinbuße- und mich ein wenig gegen die Vorstellung wehre,nur mit perfekter Ausrüstung-möglichst highest tech- seien gute Ergebnisse zu erzielen. Meine Angaben sind daher in der Regel allgemeiner gehalten als seine und zielen mehr auf das Grundverständnis ab.

Meinen Beitrag zum "Doppelhärten" muß man zusammen mit dem Beitrag 11 lesen, wo ich versuche, die "ideale Härtetemperatur" zu einem Rahmen zu erweitern.
Der richtige Rahmen liegt danach bei untereutektoidischen und eutektoidischen Stählen 20-50 Grad über der Linie G O S.
Beim Eutektikum liegt die Umwandlungstemperatur des Perlits bei exakt 723 Grad. Bei Stählen mit weniger C liegt außer dem Perlit (Gemisch aus Ferrit und Zementit) noch reiner Ferrit vor, der erst bei höheren Temperaturen in Austenit umwandelt. Diese Stähle müssen daher von höherer Temperatur gehärtet werden, weil sonst wegen des nicht umgewandelten Ferrits eine unbefriedigende Härte resultieren würde.
Bei übereutektoidischen Stählen bleibt man bei dem Rahmen, der für eutektoidische eigentlich richtig wäre, weil sonst wegen des vermehrten Restaustenits die Härte eben nicht mehr steigt, sondern abnimmt.

Das bedeutet allerdings, daß man auf die Auflösung der Karbide, die beim Eutektikum noch nicht gelöst sind, verzichtet. Hat man beim Schmieden alles richtig gemacht, liegt also sowohl ein feines Gefüge der Matrix wie auch der Karbide vor, kann man ohne weiteres aus dem Schmiedezustand härten.
Viele werden schon Havard Bergland beim Schmieden und Härten beobachtet haben und festgestellt haben, daß er nach dem letzten Schmiedevorgang des "finsmiing" sofort auf Härtetemperatur geht und dann abschreckt- und das mit bestem Erfolg.
Sicherer erreicht man ein feines Gefüge aber durch zusätzliches Normalisieren oder Doppelhärten.

Um meine Vorgehensweise ganz klar zu machen: Ich unterscheide zwischen untereutektoidischen und übereutektoidischen Stählen.
Bei den ersteren macht es keinen Sinn, den Temperaturrahmen nach oben zu überschreiten, weil schon im unteren Temperaturbereich des Rahmens die Karbide gelöst sind.

Bei den höher kohlenstoffhaltigen Stählen kann man den Rahmen deutlich überschreiten, weil ein Kornwachstum nicht zu befürchten ist, solange noch ungelöste Karbide da sind.
Man könnte also bei solchen Stählen zur weitgehenden oder auch gerade vollständigen Karbidlösung den Rahmen deutlich überschreiten.

Als Beispiel: Bei 1,4 % C liegt die Temperatur der vollständigen Karbidlösung bei etwa 950 Grad. Zur Vorsicht sollte man bei der ersten Härtung oder dem Normalisieren unter dieser Temperatur bleiben. 900 Grad wären aber ohne weiteres vertretbar.
Die eigentliche Härtung würde man dann aus einer Temperatur innerhalb des "richtigen" Rahmens vornehmen, also zwischen 740-770 Grad und zwar besser vom unteren Rand.

Noch ein Wort zur Warnung: Die Angaben in den wissenschaftlichen Werken, den Datenblättern oder im Stahlschlüssel sind richtig.
Sie sind aber nicht im Sinne einer absoluten Wahrheit und Ausschließlichkeit zu verstehen. Heißt es etwa: Härtung von780-810 Grad, so bedeutet das nicht, daß 770 oder 825 Grad schon falsch sind. Gerade die Möglichkeit, hier ein bißchen zu tricksen- sei es mit langsamer Erwärmung auf den untersten Rand sinnvoller Härtetemperatur oder durch schnelles Erwärmen auf eine Temperatur schon außerhalb des Rahmens- macht das Härten ja so interessant und spannend.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Vielen Dank nochmal das ihr euch dir mühe Macht das immer so ausführlich zu beschreiben das bringt einen echt weiter wenn man gewillt ist sich tiefer in die Materie einzuarbeiten:super::super:

Heute habe ich die besagte Klinge sozusagen unfreiwillig doppelt gehärtet (stimmt so nicht, eigentlich:hmpf:), da mal wieder die Werkstatt einem Hindernissparcour gleicht, hab ichs einfach nicht schnell genung vom Ofen zum Ölbad geschafft.
Ergebniss teilweise hart teilweise nicht, also hab ich das Öl zum Ofen gebracht und das Prozedre nach kurzem scharfem Normalisieren, am unterem Temperaturfenster des Härtefensters wiederhohlt.

Dabei ist mir folgendes aufgefallen da es sich um eine Polierte Klinge handelt und entsprechend gegen Verzundern geschützt war.
Die Klinge zeigte deutlich diese Struktur die Wootz im ungeglühtem Zustand hat, diese Mikadostäbchen sag ich mal, und zwar in den harten Bereichen
Ich gehe mal davon aus das dort unkontrolliertes Wachstum wegen zuviel Hitze vorlag.
Nach dem zweitem Härten wobei ich absichtlich ein paar Min mehr Haltezeit gab, da ja im unterem Temperaturbereicht. hat sich diese sichtbare Struktur in nichts aufgelöst und die Klinge war sehr hart.
2mal anlassen bei 170Grad je gut eine std. mit jeweiligem abkühlen in kaltem Wasser, scheint das richtige gewesen zu sein, die Klinge ist wirklich gut geworden, wie gut werd ich wissen wenn die neue Prüfspitze da ist.

Wie gesagt vielen Dank

Tschau Torsten
 
@Torsten Pohl: Bin sehr gespannt was dabei rauskommt. Halt uns bitte auf dem Laufenden.

Mir ist vor kurzem was ähnliches passiert. Ich hab das erstemal selbst gehärtete mit meinem neuen Muffelofen. Klingen langsam auf 780 Grad hochgeheizt, 2-3 min gehalten und dann im 60 Grad heißen Öl abeschreckt. Beim Anschließenden Glasritztest haben die Klingen alle versagt.

Also dachte ich (ohne über dieses Thema hier näher nachzudenken), härte einfach noch mal. Klingen wieder in den noch ca. 750 Grad warmen Offen eingelegt, diesmal auf 820 Grad geheizt, 5-6 min gehalten und dann im 140 Grad warmen Öl abgeschreckt (hatte die Frieuse schon zum Anlassen auf 180 Grad angeworfen und das Öl ist einfach nicht weiter abgekühlt :rolleyes:). Danach 2 Stunden bei 170 Grad angelassen.

Nun hatte ich bei den Rasiermessern das Gefühl, dass die Rasurergebnisse deutlich besser sind, als das bei meinen bisherigen Messern der Fall war. Allerdings können da auch andere Gesichtspunkte reinspielen (Schliff, Schärfen, etc.), weswegen ich nicht sicher bin, ob ich tatsächlich eine Gefügeverfeinerung erreicht habe.

Im Nachhinein ist mir dann klar geworden, warum das erste Härten nicht die gewünschte Härte gebracht hat. Ich hatte versucht mit der Angel zu ritzen, die ja von der Zange gehalten wurde und daher als letztes und langsamsten ins Ölbad kam :irre:

Nun frag ich mich, ob ich das Doppelhärten nicht generell so machen soll. Der Mehraufwand ist ja sehr überschaubar.

Die von Roman und U. Gerfin beschrieben Härtung (scharfes Normalisieren) liegt ja eigentlich weiter vorn in der zeitlichen Abfolge (also vor dem Weichglühen). Spielt das in Bezug auf die Ergebnisse ein Rolle?
 
Hallo, erstmal ist dieser Thread echt super. Man kann wirklich sehr viele

Bei diesem Teil muss ich aber nochmal nachharken:

Als Beispiel: Bei 1,4 % C liegt die Temperatur der vollständigen Karbidlösung bei etwa 950 Grad. Zur Vorsicht sollte man bei der ersten Härtung oder dem Normalisieren unter dieser Temperatur bleiben. 900 Grad wären aber ohne weiteres vertretbar.
Die eigentliche Härtung würde man dann aus einer Temperatur innerhalb des "richtigen" Rahmens vornehmen, also zwischen 740-770 Grad und zwar besser vom unteren Rand.

In letzter Zeit habe ich oft mit dem neuen c145 von Achim W. gearbeitet. Wenn ich den Stahl z.B. bei drei Lagen Klingen auf Schweißtemperatur gebracht habe, bin ich bis jetzt immer so vorgegangen:

Nach dem Schweißen bei verminderter Temperatur (ca. 800-850 Grad) und höherer Schlagfrequenz fertig geschmiedet. Dann bei ca. 770 Grad normalisiert, anschließend bei 780-790 Grad scharf normalisiert. Dabei hab ich versucht den Stahl immer möglichst kurz auf Temperatur zu halten. Zum Weichglühen hab ich ihn für 20-30 Min auf 750 Grad gebracht und dann langsam im Ofen abkühlenlassen. Gehärtet hab ich bei knapp 800 Grad und wieder mit möglichst kurzer Haltezeit...

Wenn ich es also richtig verstanden habe, hat sich bei meinem Normalisieren und scharfen Normalisieren das Karbid noch nicht vollständig gelöst? Welche Auswirkungen hat das dann auf das Gefüge und die Härte? Wäre es effektiver den Stahl beim scharfen Normalisierren auf 900 Grad zu bringen? Mit möglichst kurzer Haltezeit? Ich hab bisher immer gedacht, dass ein erhitzen über die Härtetemperatur immer das Gefüge gröber macht???

Gruß Jannis
 
Hallo Jannis

Der Tenor meiner Ausführungen war, daß es die eine und ausschließliche Methode des Härtens nicht gibt, wohl aber einen sinnvollen Rahmen, innerhalb dessen man sich bewegen sollte.

Über das Ziel herrscht sicher Einigkeit: Die Erzielung eines möglichst feinen Gefüges.
Die Wege dahin können aber durchaus unterschiedlich sein.
Ich will ein paar mögliche situationen und die danach sinnvolle Vorgehensweise aufzeigen:

Bei kurzen Klingen, die jeweils über die gesamte Länge durchgeschmiedet werden können, kann man etwa so vorgehen:

Beim Schweißen-zum Damast oder bei der Dreilagentechnik- hat man die Temperaturgrenze für das Kornwachstum sicher überschritten.
Das Korn muß also wieder verfeinert werden.
Die Karbide waren allerdings bei der Schweißtemperatur vollständig gelöst.

Ging das Schweißen schnell und ist gleich im Anschluß durchgreifend verformt worden, so ist der erste Schritt zur Kornfeinung getan.
Ein Ausschmieden bei mäßiger Temperatur mit kräftiger, gleichmäßiger Verformung reicht dann zur Kornfeinung aus- vergl. die Vorgehensweise von Havard. Seine Klingen sind leistungsmäßig einwandfrei, was er ja auch regelmäßig demonstriert.

Bei längeren Klingen, die nicht über die ganze Länge in einer Hitze behandelt werden können, muß man dem Problem des möglichen Grobkorns mit zusätzlichen Mitteln begegnen.

Muß man befürchten, daß durch nicht ausreichende Verformung beim Schmieden mindestesn stellenweise Grobkorn vorhanden ist, ist Normalisieren oder Doppelhärten zu empfehlen.
Auch da gibt es aber wieder mehrere Problemstellungen und Lösungsansätze:

Bei langandauernder Überhitzung und schwacher Verformung ist nicht nur mit Grobkorn, sondern auch mit Korngrenzenzementit, also einem Ausscheiden der Karbide auf den Korngrenzen zu rechnen.
Muß man mit diesem sehr ungünstigen Gefügezustand rechnen, so wird Normalisieren wenig über der normalen Härtetemperatur nicht ausreichen,weil sich damit bei hochkohlenstoffhaltigen Stählen das Karbidnetzwerk nicht vollständig beseitigen läßt. Da ist als verschärfte Maßnahme ein Normalisieren/Härten von einer Temperatur der fast vollständigen Karbidlösung ratsam.

Kann man davonausgehen, beim Schmieden im wesentlichen alles richtig gemacht zu haben, genügt es zur Sicherheit-mehr zur Erzeugung eines homogenen als eines feinen Gefüges - von üblicher Temperatur zu normalisieren.

Die deutliche Überschreitung der Härtetemperatur zum Normalisieren und eine längere Haltezeit führt bei untereutektoidischen Stählen zum Kornwachstum.
Bei übereutektoidischen Stählen sollte man auch beim Normalisieren zügig vorgehen, oder gleich härten. Die Gefahr des Kornwachstums ist da aber geringer, weil die nicht gelösten Karbide als Wachstumsbremse dienen.

Gegen Deine Vorgehensweise ist also nichts einzuwenden, solange Du bei den letzten Schmiedevorgängen ausreichend verformst und nicht überhitzt.
Weichglühen bei 750 Grad erscheint mir allerdings nicht ganz einleuchtend, Pendeln um 720 Grad wäre da wirksamer.

Ein großer Freund ewiger Weichglühbehandlungen bin ich sowieso nicht. Sie bringen für die Qualität eigentlich nichts, dienen in erster Linie der leichteren Bearbeitbarkeit und bringen die gar nicht zu vernachlässigende Gefahr der Entkohlung mit sich.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
@ U. Gerfin

Vielen Dank, das war super informativ und ich als Nich-Metallurge hab alles verstanden:super: Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie viele versch. Aspekte man beim Schmieden und der Arbeit mit Metall beachten kann/sollte. Das hat mich auf jeden Fall weitergebracht...

Gruß Jannis
 
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