Hallo,
wie in einem anderen Thread angekündigt, habe ich in den vergangenen Tagen mein Kamo nochmal genau „unter die Lupe genommen“. Es ging darum, genauere Erkenntnisse zum Thema FR sowie Schnitthaltigkeit der Klinge zu gewinnen. In diesen beiden Disziplinen war ich zuletzt etwas unzufrieden mit dem Kamo bzw. wurden meine Erwartungen nicht erfüllt. Um meine allgemeinen Eindrücke zu überprüfen wurde am letzten WE der Biofresh-Kühlschrank mit Gemüse gefüllt, welches im Laufe der Woche dem Kamo zum Opfer fallen sollte. Es handelte sich dabei um eine Gesamtmenge, welche gast wahrscheinlich innerhalb von wenigen Minuten (Sekunden?) verarbeiten würde...
Ich muss an dieser Stelle bereits vorausschicken, dass sich das Kamo in Sachen FR besser geschlagen hat als erwartet und als von mir an anderer Stelle behauptet. Hier muss ich auf jeden Fall ein wenig zurückrudern.
Zunächst wurde das Gyuto auf dem BBB und dem Pastenleder geschärft. Die Schneide biss sich anschließend in Fingernagel und Haupthaar, rasierte den Unterarm und ging sauber durch Zeitungspapier. Mit leichter Vorwärtsbewegung fiel die Klinge durch ihr Eigengewicht locker durch die Tomate. Für meine Verhältnisse schien mir das Messer scharf zu sein. Ein Grat war nicht fühlbar und von der Watte, mit der ich über die Schneide strich, blieb nichts sichtbar hängen. Soweit also die Voraussetzungen vor dem Geschnibbel.
Übrigens ist die Schneide sehr leicht nagelgängig und die Klinge insgesamt kaum reaktiv – also der blanke Teil nur ganz minimal angelaufen bisher. Verfärbungen oder Geschmacksbeeinträchtigungen an Schnittgut konnte ich nicht feststellen in den vergangenen Wochen.
Wem die Aufzählungen des geschnittenen Gemüses zu langweilig sind – bitte einfach zum Fazit weiter springen.
1. Tag: Für ein Pfannengericht mit Schafskäse und Schnittlauch wurden 4 Kartoffeln, 3 Möhren, 2 kleine Birnen und 2 kleine Zwiebeln in ca. 2x2x1 cm große Würfel geschnitten. Alles Schnittgut wanderte die Klinge hinauf und fiel oben angekommen zum größten Teil schließlich ab. Die an der Klinge verbliebenen Würfel ließen sich teilweise abschütteln, der Rest dann locker abstreifen; es hatte sich also nichts fest angesaugt. Für mich war das Ergebnis insofern zufriedenstellend – aber ist das FR? Das Kamo schneidet übrigens ganz hervorragend.
2. Tag: Für Ofengemüse mit Hähnchenschenkeln wurden 5 Kartoffeln, 1 Möhre, 1 Rote Bete, 1 Zwiebel und 1 Pastinake klein gewürfelt. Wie zuvor wandert alles Schnittgut die Klinge hinauf und lässt sich leicht abstreifen. Zum Vergleich: vom Takamura R2 löst sich das Schnittgut etwas besser ab als vom Kamo, vom Ashi-Gyuto etwas schlechter.
3. Tag: Für ein Moussaka wurden Kartoffeln in sehr dünne Scheiben geschnitten, die sich flach an die Klinge anlegten, sich aber auch wieder leicht abstreifen ließen. Ebenso Knoblauch, 2 kleine Zwiebeln und etwas dickere Zucchinischeiben. Beim Schneiden von noch etwas dickeren Auberginenscheiben war zum ersten Mal ein wirklicher FR sichtbar. Beim Abtrennen der Scheiben entstand oben ein deutlicher Spalt, die Scheibe wurde also nach außen leicht weggedrückt, haftete jedoch an der unteren Klingenhälfte wieder leicht an. Zum Vergleich: die Zucchini haftete am Ashi etwas fester an als am Kamo.
Der Schnitt durch die Tomate war noch unverändert sauber.
4. Tag: Für eine Gemüsepfanne Julienne wurden 8 kleine Kartoffeln, 3 kleine Zwiebeln, eine Möhre, je ein Stück Fenchel, Sellerie, Rote Bete und Kohlrabi in feinste Streifen geschnitten. Alles wandert wieder die Klinge rauf und lässt sich leicht abstreifen. Nur die Kohlrabistreifen hafteten etwas stärker an.
Dann wurden noch Gurke, Paprika und Tomaten für einen Salat geschnitten – alle Beobachtungen wie zuvor. Beim Schnitt durch die Tomaten ist ein kleiner Unterschied spürbar. Der Weg der Schneide bis zum Eindringen durch die Tomatenhaut ist ein bisschen länger als anfangs.
5. Tag: Für einen Eintopf wurden Zwiebel, Möhren, Sellerie, Kartoffeln und Knoblauch klein gewürfelt. Die Schnittgutfreisetzung erfolgte genau wie in den letzten Tagen zufriedenstellend.
Die vorderen 2/3 der Schneide gingen nicht mehr so sauber durch die Tomate; der Weg der Schneide hatte sich noch weiter verlängert. Das hintere Drittel der Klinge hatte ich insgesamt wohl viel weniger genutzt – hier war noch kein Schärfeverlust spürbar. Alles andere Gemüse ließ sich immer noch sehr gut schneiden.
Fazit:
Zum FR: Das Kamo ist in dieser Disziplin keinesfalls so schlecht wie der letzte Eindruck, der bei mir hängen geblieben war. Neulich hatten sich insbesondere dünne Kohlrabischeiben penetrant an der Klinge festgesaugt, z.T. auch anderes Gemüse. Meine jetzigen Beobachtungen stimmen damit jedoch nicht überein. Der FR ist beim Kamo auf jeden Fall noch etwas besser als beim Ashi oder auch Konosuke und für meine Ansprüche absolut ausreichend.
In dieser Woche hatte sich zu meiner Überraschung überhaupt kein Schnittgut fest angesaugt. Hier muss ich meine Aussage an anderer Stelle diesbezüglich zurücknehmen.
Allerdings zeigt das auch wieder, wie schwierig es ist, unumstößliche Aussagen zum FR einer Klinge zu machen. Zu viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Nicht einmal innerhalb einer Gemüsesorte kommt man zu einheitlichen Ergebnissen – Möhre ist nicht gleich Möhre.
Ein echter FR in dem Sinn, dass Schnittgut sich beim Schnitt von der Klingenflanke ablöst, ist beim Kamo jedoch nicht vorhanden. Insgesamt kann ich hier keinen signifikanten Unterschied zum FR meiner Laser ausmachen. Ein Hobbykoch sollte sich dadurch imho jedoch nicht von einem Kauf abhalten lassen.
Zur Schnitthaltigkeit: nach dem oben beschriebenen Geschnibbel auf Kunststoffbrettern geht die Schneide nicht mehr einfach durch die Tomate und rupft ganz leicht an einigen Stellen beim Schnitt durch Zeitungspapier. Armrasur klappt nur noch in eine Richtung. Ansonsten schneidet das Messer immer noch sehr gut.
Einige Bereiche der Schneide scheinen sich ein wenig umgelegt zu haben. Man sieht dort Lichtreflexe. Mit 10-fach-Lupe lässt sich jedoch sonst nicht viel erkennen. Beim entlangfahren mit Watte an der Schneide bleibt zwar nichts hängen, aber auf einer Seite der Schneide hört sich das etwas „kratziger“ an. Soweit meine Beobachtungen der letzten Woche.
Ich habe die Schneide jetzt noch nicht weiter behandelt, denke jedoch, dass sich die Ausgangsschärfe mit wenigen Zügen über das Pastenleder wieder herstellen lässt.
Ich plane nun eine Mikrofase anzuschleifen und dann zu beobachten, ob sich die Standzeit dadurch verbessern wird – was sehr wünschenswert wäre.
Gruß
Pflaster