Etwas OT, aber trotzdem sei mir die Frage erlaubt: Ist es denn im Umkehrschluss auch ein hartnäckiger Mythos, dass „weich weniger lang scharf“ bedeutet?
Und warum haben die viel gelobten Japaner oft >61 HCR? Nur Werbegag? Nur Härte als Selbstzweck?
Zugegeben, meine Aussage hätte noch ein Paar Worte der Erläuterung verdient...
Oft wird in Zusammenhang mit den nicht rostfreien japanischen Stählen (Shirogami / Aogami) die vergleichsweise hohe Härte angeführt und argumentiert, dass sie deshalb länger scharf bleiben als die rostfreien Alternativen. Ähnliches hört man auch beim Vergleich der rostfreien und rostenden Windmühlenmessern. Die Verschleißfestigkeit eines Messers hat aber viel mehr mit den harten Karbiden im Stahl zu tun als mit der Härte der Matrix. Ein VG10 bei 60 HRc hält zum Beispiel viel länger scharf als ein Shirogami mit 64 HRc.
Natürlich gilt weiterhin, dass Shirogami mit 64 HRc länger scharf bleibt, als würde man ihn nur auf 60 HRc härten.
Auch gilt, dass hochlegierte Stähle mit vielen Karbiden und hoher Matrixhärte (z.B. HAP40, ZDP189, etc mit 66 HRc) länger scharf bleiben als der VG10 bei 60 HRc, und so weiter...
Und warum haben die viel gelobten Japaner oft >61 HCR? Nur Werbegag? Nur Härte als Selbstzweck?
Tatsächlich spielt da auch Marketing mit rein. Und bei den Carbonstahlmessern hat es ja auch funktioniert

Ein Selbstzweck ist die Härte nicht. Sie muss zum Stahl und der Anwendung passen und ist immer ein Kompromiss zu notwendiger Robustheit. Der "einfache" Shirogami punktet, wenn man ein Messer in einem sehr spitzen Winkel anschleifen will. Z.B bei einem Yanagiba. Damit der Stahl den spitzen Winkel halten kann, braucht er einerseits die hohe Härte, sonst klappt die Schneide um und andererseits dürfen keine großen Karbide vorhanden sein die ausbrechen können.
Wenn man diese spitzen Winkel nicht braucht und auch mit der Schärfe nach dem Wetzen zufrieden ist, ist der rostende Stahl aus funktionaler Sicht schon in Frage zu stellen. So wie das Bukowski oben mit Verweis auf "rationale Argumente" auch anspricht.
Ästhetik und Emotion können natürlich weiterhin für rostend sprechen.
Gruß, Andreas