Meine Gedanken und meine Lösung zu Schleifwinkelfehlern und deren Minimierung

Loup de mer

Mitglied
Beiträge
227
Ausschlaggebend, mich mit der Thematik so intensiv zu befassen, war letztendlich die Lektüre vieler Threads im Netz, vor allem hier im Messerforum.
Erschwerend kam hinzu, dass ich immer eine möglichst perfekte Lösung anstrebe ;).
Allerdings sind mir die für die Ideallösungen aufgerufenen Anschaffungspreise für ein Bogdan- oder Nowi-System viel zu hoch.
Über einen Eigenbau eines Bogdan habe ich zwar nachgedacht, den Gedanken dann aber wegen fehlender Maschinen verworfen.
Am Ende blieb für mich also nur noch, aus einfachen Zutaten eine gute Suppe zu kochen…

Hier dann also die mathematischen Grundlagen, die zur Berechnung und Minimierung der Winkelfehler herangezogen wurden:

Welche Fehler entstehen überhaupt und wodurch entstehen sie?

1. Winkelfehler durch zu kurzen Abstand zwischen Drehpunkt des Schleifarmes und Messerschneide

Erklärung dazu am besten anhand eines konkreten Beispiels:
Die Klinge meines längsten Küchenmessers hat eine Länge von 260mm (gerade Linie von der Spitze zum Schneidenende) und ich möchte einen Soll-Schleifwinkel von α = 15° anbringen.

Wenn die Klinge mittig gespannt wird, reicht zur Fehlerberechnung die Betrachtung von nur einer Seite da auf der anderen Seite der Fehler in gleicher Größe auftritt. In meinem Beispiel konzentrieren wir uns auf die Klingenspitze.
Da ich keinen Apex, Ruixin o.ä. besitze, habe ich bei diesen Geräten den kürzesten Abstand zwischen Drehpunkt des Schleifarms und Messerschneide auf 150mm geschätzt (waagerechte rote Linie im Bild1).
Zur Berechnung des Winkelfehlers brauchen wir nun erst einmal die Länge der anderen roten Linie (vom Drehpunkt des Schleifarms bis zur Messerspitze).
Dazu reicht der Satz des Pythagoras -> Diese Länge beträgt also ~199mm [Wurzel aus (150² + 130²)].

Die weitere Berechnung habe ich im folgenden Bild veranschaulicht (siehe roter Kasten):
Schleifwinkel1.jpg


Daraus ergibt sich also ein Schleifwinkelfehler von 3,58° (Soll=15° / Ist=11,42°) und mein Messer hätte an der Klingenspitze und am Klingenende einen Schneidenwinkel von nur ~23° (statt 30°).
Und das ist eine für mich zu hohe Abweichung und damit nicht akzeptabel!


Schauen wir uns das ganze nun bei meinem Eigenbau an.

Dort kann ich den Abstand zwischen Drehpunkt des Schleifarms und Messerschneide bis 480mm erhöhen (und bin nicht an die ca. 150mm der Gebr. Ruixin gebunden). Rechnen wir also mal mit diesen 480mm:
Skizziert habe ich das in Bild2 mit den blauen Linien. Erst einmal brauchen wir wieder die blaue Diagonale, und nach Pythagoras ergibt sich eine Länge von 497mm [Wurzel aus (480² + 130²)]

Die weitere Berechnung habe ich im folgenden Bild veranschaulicht (siehe blauer Kasten):
Schleifwinkel2.jpg


Daraus ergibt sich also ein Schleifwinkelfehler von 0,49° (Soll=15° / Ist=14,51°) und mein Messer hätte an der Klingenspitze und am Klingenende einen Schneidenwinkel von nur ~29° (statt 30°).
Und das ist (zwar nicht perfekt, aber) für mich durchaus zufriedenstellend!
(Hier wäre zum Vergleich mal eine Betrachtung der Winkelfehler bei z.B. Nowi-Systemen durch das Gelenkspiel interessant – aber dazu kann ich leider nichts sagen)


2. Winkelfehler durch die Form der Schneide

Im ersten Punkt haben wir ein Messer mit gerader Schneide betrachtet und dabei sozusagen das „Worst-Case-Szenario“ berechnet.
Tatsächlich sind unsere Messerschneiden aber meist konvex abgerundet, d.h. der Winkelfehler an Klingenspitze und -ende wird noch kleiner als oben berechnet – ich denke, das leuchtet ein!?
Dazu möchte ich gern den Einfluss der Schneidenform hinsichtlich ihrer Radien betrachten.
Dazu erst einmal eine Skizze der verschiedenen „Schleifradien“ meines Eigenbaus:
Schleifradien.jpg


Vor dem Schleifen lege ich jetzt mein Messer auf diese Schablone und versuche, die Kreislinie zu finden, die am ehesten dem Schneidenverlauf meines Messers entspricht.
An dieser Position befestige ich dann erst meinen Drehpunkt für den Schleifarm und spanne dann die Klinge so ein, dass sie möglichst nah an der gewählten Kreislinie verläuft.
Je geringer die Abweichung des Schneidenverlaufs von der Kreislinie, desto geringer der Winkelfehler!
Bei Deckungsgleichheit von Messerschneide und Kreislinie gibt es keinen (in Worten: Null) Schleifwinkelfehler.

3. Fazit

Durch die Möglichkeit der Längenänderung (und dadurch auch der Radienänderung) des Schleifarmes wird die
- Anpassbarkeit an die Klingenformen verbessert und damit die
- Minimierung von Schleifwinkelfehlern deutlich erhöht.

Soweit erst mal die Theorie in diesem Post... Ich will erst mal sehen, ob alle Bilder ordentlich eingefügt werden... dann geht es mit meinem Eigenbau weiter... so long
 
Du gehst von einem Winkelfehler bei geradem Klingenverlauf aus?

grüsse, pebe
 
So, da das Einstellen der fremdgehosteten Fotos gut geklappt hat, kann es mit meinem Eigenbau weitergehen:

Einen Wicked-Edge, Apex Edge-Pro bzw. deren Klone habe und hatte ich nie weil mir der Abstand zwischen Drehpunkt und Messerschneide immer schon zu kurz und die Geräte an sich ziemlich wackelig erschienen sind.
Also war Eigenbau angesagt, und zwar aus allem was das "Materiallager" so hergibt. (Und als gelernter DDR-Bürger gibt es das her ;))
Lange Rede kurzer Sinn: das meiste hatte ich noch liegen - die zugekauften Teile sind markiert:
Hier die meist selbsterklärenden Fotos mit ein paar zusätzlichen Kommentaren:
Gesamtansicht mit einem alten Küchenmesser:
1-lang-gesamt.jpg


Hier noch mal die Gesamtansicht mit Einstellung auf kurzen Schleifradius:
2-kurz-gesamt.jpg


Das ganze noch von der anderen Seite:
3-gesamt-von-rechts.jpg


Und hier von oben:
4-von-oben.jpg


Und hier von unten:
5-von-unten.jpg


Einspannung der Klinge:
6-Spanner.jpg


Der "Dreh- und Angelpunkt":
7-Gleitlager.jpg


Mechanismus zum Einstellen verschiedener Schleifwinkel und -radien (abgestuft alle 50mm):
8-Winkelverstellung.jpg


Und dat janze noch ma von dichten, wa:
9-Detail-Winkelverstellung.jpg


Soweit erst einmal dazu. Ich hoffe, die Bilder sind aussagekräftig genug. Wenn nicht, bitte fragen!
Das Grundgerüst ist ein Kastenprofil 50x50x5, das ich noch liegen hatte. An "Maschinen" hatte ich lediglich eine Ständerbohrmaschine zur Verfügung - insofern fielen Drehen, Fräsen, 3D-Druck etc. für mich flach. Alle notwendigen Handwerkzeuge hatte ich natürlich.

Noch etwas zu den Vorteilen gegenüber der o.a. Marken und ihrer Klone:
Wenn ich den Klingenhalter abschraube (2 x M6 Schraube), habe ich eine plane Spannebene, auf der ich leicht z.B. Hobelklingen und Stecheisen schärfen kann. Dazu habe ich mir noch fix einen Klemmhalter gebaut (siehe folgende Fotos):
Hobelklinge:
Spannen-Hobelklinge.jpg


Stecheisen:
Spannen-Stecheisen.jpg


Gestern ist meine neue Schleifvorrichtung nun endlich fertig geworden und natürlich habe ich gleich mal probiert:
An der Hobelklinge habe ich schon nach kurzer Zeit gesehen, dass die erst mal auf den Bankstein muss :D:
12-Hobelklinge.jpg


Und am Stecheisen dann mal mit Edding geschwärzt:
13-Stecheisen.jpg


erste Erfolge:
14-Stecheisen.jpg


und plane Fase:
15-Stecheisen.jpg


Tja, nun werde ich mir für´s Grobe noch ein paar billige Diamantsteine bestellen und auch noch ein paar Shaptons zum finishen bzw. touch-uppen ;).

Ich hoffe, mein Beitrag hat allen anwesenden Scharfmachern und Schleifern gefallen - über Kommentare, Tipps und Hinweise würde ich mich freuen...
Thomas ✋:)
 
Du gehst von einem Winkelfehler bei geradem Klingenverlauf aus?
Ja! Stelle dir ein 100m langes Satteldach vor, auf dessen First du an einer Giebelseite sitzt.
Das Satteldach hat eine Dachneigung von 30°. Aber nur, wenn du rechtwinklig vom First zur Traufe misst.
Wenn du zur Traufe in 100m Entfernung misst, ist der Winkel viiieeelll kleiner.
 
Egal wie lang das Dach ist, die 30° ändern sich nicht durch Messungen. Sorry, da ist der Wurm drin.
Wenn das Dach eine Fase der Schneide bildet wird das vielleicht deutlicher. Dann ändert sich zwar der Winkel von der Führungsstange zur Regenrinne, aber nicht aber die Neigung des Daches. Dieses Mißverständnis geht schon lange unter Schleifnerds um. Bei einer geraden Schneide hat der EP keinen Winkelfehler.

LG
 
Egal wie lang das Dach ist, die 30° ändern sich nicht durch Messungen. Sorry, da ist der Wurm drin.
Ich bitte um eine nachvollziehbare Begründung!
Wenn das Dach eine Fase der Schneide bildet wird das vielleicht deutlicher.
Ich hatte das Beispiel mit dem Dach extra und mit Bedacht gewählt um es für die Fase deutlicher zu machen ;).
Dann ändert sich zwar der Winkel von der Führungsstange zur Regenrinne, aber nicht aber die Neigung des Daches.
Wenn sich der Winkel der Führungsstange ändert, dann ändert sich auch die Neigung des Daches (hier der Fase), denn die Führungsstange (mit daran befestigtem Schleifmittel) stellt den Winkel ja erst her.
Ich schlage vor, du denkst noch mal drauf rum ;)
 
Dann habe ich dein Beispiel mit dem Dach nicht verstanden, egal.
@klausdm hat ein Video verlinkt. Wenn ich mich recht erinnere erklärt das des Rätsels Lösung. Danke, hatte noch nach dem Video gesucht.
 
Nein, das ist inzwischen abschließend geklärt. Auf dem geraden Abschnitt ändert sich der Winkel nicht.

Die einfache Anwendung der Geometriesätze hilft hier nicht weiter, auch wenn das in einigen älteren Quellen so umher geistert.
Das Video erklärt das eigentlich ganz gut. Lässt sich dann in der Praxis mit einem langen geraden Messer überprüfen.

Bei mir funktioniert‘s jedenfalls.

grüsse, pebe
 
@pebe , @natto und @klausdm - ihr habt recht (mea maxima culpa :staun:) und ich wieder was dazu gelernt (hurra 😍)!!!

In dem von Klaus verlinkten Videos hat mich der Test mit den exakt in einer Ebene gespannten Schnüren überzeugt.
Der eigentliche (ich nenne ihn mal) Arbeitswinkel ist außen flacher als in der Mitte, aber der resultierende Schleifwinkel an der Klinge ist immer der gleiche :jammer:.
Auch wenn man sich den Schleifaufbau mal in Längsrichtung zur Klinge aufmalt, wird das sofort klar.
Sorry für meine Besserwisserei.
 
#Ob man billige Diamantsteine nimmt oder Sehr preiswerte schleifsteine dürfte egal sein. Am besten mal nach Poliersteinen im netz suchen, dann bekommt man die passenden steine, welche nur noch auf träger geklebt werden müssen. Eine VPE sind 12 stück, manche steine kosten mit MwST etwas über 2 euro das stück.
Von Boride gibt es eine große auswahl, die habe ich noch nicht getestet.
 
Ich bin selbst anfangs dem Mythos aufgesessen, dass bei einem Schleifsystem mit einem an einer Führungsstange geführten Schleifstein der Schleifwinkel kleiner wird, je weiter man von der Mitte nach rechts und links auf der Schneide wandert. Diese Annahme ist aber nachweislich falsch, weil sie davon ausgeht, dass der Schleifwinkel an einem vom Fixpunkt (Drehpunkt) der Führungsstange weiter entfernten Berührungspunkt zwischen Stein und Schneide kleiner ist als bei einem Berührungspunkt in der Nähe der Messerklemme.

Die Wahrheit ist aber, dass der geführte Schleifstein drehbar auf der Stange sitzt und sich immer tangential zur Schleiffase ausrichtet. Dies führt dazu, dass eine schnurgerade Schneide immer unter demselben Winkel geschliffen wird. Soweit ich weiß, ist es sogar nicht einmal notwendig, die Klinge eine gerade Schneide exakt zu irgendetwas beim Klemmen auszurichten, um einen konstanten Schleifwinkel über die gesamte Länge zu bekommen. Das Ausrichten der Klinge senkrecht zur Führungsstange (in "Nullstellung") ist nur hilfreich, weil sich dann im voraus der Schleifwinkel bei einer bestimmten Höheneinstellung des Stangenpixpunktes exakt berechnen lässt.

Letztendlich bleibt ein Effekt der Winkelveränderung bei einer gebogenen Schneide.
Meiner Meinung nach müsste sich dieser Effekt minimieren lassen, wenn man den gebogenen Teil der Schneide durch einen Kreisbogen annähert und dann beim Schleifsystem die senkrechte Stange so plaziert, dass sich der Führungsstangenfixpunkt über dem Mittelpunkt des Schneiden-Kreisbogens befindet. Ich stelle mir dabei vor, dass ich ein rundes Brotschneidemaschinenmesser schleifen würde, durch dessen Bohrung die senkrechte Führungsstange geht. Deswegen finde ich das von Loup vorgestellte Schleifsystem gut, weil dort verschiedene Abstände zwischen Klemme und senkrechter Stange wählbar sind.

Sind meine Annahmen soweit korrekt, was meint ihr? (Ich habe es selbst noch nicht exakt mathematisch analysiert.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Anmerkungen zum Systemschleifen EP

Beim Schärfen unterscheide ich stark zwischen Kochmessern und Klappmessern. Taktische Klapper sind meist 4mm+ stark und habe oft eine verstärkte Spitze, die deutlich dicker hinter der Wate ist als der Rest der Klinge.

Eine fette Wate hat generell bei gleichem Schneidwinkel eine breitere Fase als ein sehr schmal auslaufendes Kochmesser, dessen Fase im Vergleich ein Hauch von Nix ist. Insofern fällt dann die Winkelabweichung beim Klapper nochmal optisch stärker ins Gewicht.

Mit Winkelkorrektur kann ich einem solchen Brecheisen zwar einen durchgängig einheitlichen Schleifwinkel verpassen, aber die Fase wird an der dickeren Wate dennoch optisch breiter. Optisch einheitlich wird das nur, wenn ich zur Spitze den Winkel vergrößere.

Dies übergangslos hinzubekommen ist bei einer breiten Fase nicht so einfach, wie es sich im ersten Moment anhört. Und zumindest an hochwertigen Customs ist es mir persönlich nicht egal, wenn das nicht ziemlich perfekt gelingt.

Zur Klemmvorrichtung wäre zu bemerken, dass wenn das Messer nicht exakt mittig fixiert ist, ergibt sich eine Winkelabweichung je Seite, diese wiederum ist spätestens bei den fetten Waten schon optisch wahrnehmbar.

Der Hauptvorteil der Klemme ist erstens, selbst ein Newbie braucht wenig motorische Übung, um über das fixierte Messer zu schrubben. Und. Mit einer Drehvorrichtung kann das Messer auf beiden Seiten mit der Führhand bearbeitet werden.

Normale Kochmesser liegen sauber auf einem Auflagetisch auf. Mit den passenden Magneten lässt sich gänzlich ohne zusätzlich Haltekraft oder aber zumindest mit sehr wenig schleifen. Wird das Messer gedreht, wechsle ich die Führhand nicht, sondern stütze das Messer zur Orientierung mit der andern Hand leicht an Spitze.

Mein Bogdan EP hat zwei Tische für beide Hände, die ich aber nie benutze, weil es so wie beschrieben sehr gut klappt.

Es braucht halt ein paar Messer, bis sich die Hände mit der notwendigen Motorik angefreundet haben und ein Schleifen ohne Verkrampfung möglich ist.

grüsse, pebe
 
Soweit ich weiß, ist es sogar nicht einmal notwendig, die Klinge exakt zu irgendetwas beim Klemmen auszurichten. Das Ausrichten der Klinge senkrecht zur Führungsstange (in "Nullstellung") ist nur hilfreich, weil sich dann im voraus der Schleifwinkel bei einer bestimmten Höheneinstellung des Stangenpixpunktes exakt berechnen lässt.
Das kann man testen indem man die Schneide so weit wie möglich aus der Richtung dreht. Näher am Gelenk des EP wird der Winkel stumpfer. Wo die Schneide mit der Stange einen rechten Winkel bildet lässt sich der Winkel einfach berechnen.

Man könnte versuchen das zu nutzen um die Breite der Fase bei dicken Spitzen zu korrigieren. So hatte ich die Geschichte noch gar nicht betrachtet.
 
Moin @ all

Da ich gestern mit meiner Theorie zu „Winkelfehler an einer geraden Messerschneide“ so schön mit Enthusiasmus und viel Anlauf einen Flachköpper in den Matsch hingelegt habe, hieß es dann für mich also: aufstehen, Nase putzen, Krönchen richten, weitermachen…

Ich hatte, ehrlich gesagt, noch nie etwas davon gehört oder gelesen, dass der Schleifwinkel sich auch bei seitlicher Auslenkung des Schleifarms nicht ändert. Und mein Gehirn brauchte tatsächlich etwas, um das zu begreifen – Danke nochmal an die hiesigen Missionare, die mich erleuchteten ;).

Für Interessierte habe ich es hier nochmal in Bildern festgehalten, die den Zusammenhang recht gut erklären wie ich finde. Dazu habe ich eine 1000mm lange "Klinge" in mein System gespannt und mich mit meinem digitalen Winkelmesser und dem Fotoapparat bewaffnet...

Das erste Foto zeigt meinen "Versuchsaufbau" von oben. Die Schleifsteine habe ich mit Malertape abgeklebt (nicht dass hier noch einer Tränen in die Augen kriegt ;)).
Meine "Klinge" ist ein 1m langes Lineal (1000x30x5) und wurde mittig gespannt:
21-Versuchsaufbau.jpg


Anschließend habe ich mittig den "Schleifwinkel" auf 15° eingestellt:
22-Grundeinstellung.jpg


Als nächstes dann den Schleifarm maximal seitlich ausgelenkt und siehe da... der angezeigte Winkel des Schleifarmes verringert sich auf lediglich 11°.
Und das ist der von mir in #1 fälschlicherweise postulierte Schleifwinkelfehler :)jammer:)
23-falsche-Messung.jpg


Zur korrekten Schleifwinkelmessung muss der Winkelmesser nämlich immer radial zur Schneide gedreht werden:
Und wenn man das macht... siehe da... da haben wir unsere 15° wieder (y):
24-korrekte-Messung.jpg


Soweit ich weiß, ist es sogar nicht einmal notwendig, die Klinge exakt zu irgendetwas beim Klemmen auszurichten. Das Ausrichten der Klinge senkrecht zur Führungsstange (in "Nullstellung") ist nur hilfreich, weil sich dann im voraus der Schleifwinkel bei einer bestimmten Höheneinstellung des Stangenpixpunktes exakt berechnen lässt.
Jupp sehe ich auch so, prinzipiell ist nur der "Dreh- und Angelpunkt", also die Gleitlageraufnahme der Schleifstange maßgeblich - nur ein Punkt im Raum in bestimmter Position zur geometrischen Ebene der Schneide. Und die Schneide sollte man m.M.n. so anordnen, dass sie überall den gleichen Abstand zu diesem Punkt hat.

@pebe -> deinem obigen Post stimme ich vollkommen zu. Die Klemmvorrichtung ist für mich auch Neuland, hauptsächlich gekauft weil drehbar und beide Hände frei...
Was ich aber schon feststellen musste, ist, dass Messer mit schmaler Klinge (z.B. Filetiermesser) sich nicht ordentlich spannen lassen. Jedoch (merke auf) schraube ich dann einfach meine Klemmvorrichtung ab und richte mir direkt auf meinem Kastenprofil einen EP-Auflagetisch ein. Schnell ein passendes Führungsblech angefertigt, ein paar Magnete ran und fertich ;)
Wird das Messer gedreht, wechsle ich die Führhand nicht, sondern stütze das Messer zur Orientierung mit der andern Hand leicht an Spitze.
Sehr guter Tipp - Danke. Und bei meinem "Riesenschleifer" kann ich als Rechtshänder wenn der Messergriff auch gerade rechts ist, mit dem linken Arm unter dem Schleifarm durchgreifen und den Messergriff mit links halten. Die Erfahrung wird´s zeigen.
 
Ich bin selbst anfangs dem Mythos aufgesessen, dass bei einem Schleifsystem mit einem an einer Führungsstange geführten Schleifstein der Schleifwinkel kleiner wird, je weiter man von der Mitte nach rechts und links auf der Schneide wandert. Diese Annahme ist aber nachweislich falsch, weil sie davon ausgeht, dass der Schleifwinkel an einem vom Fixpunkt (Drehpunkt) der Führungsstange weiter entfernten Berührungspunkt zwischen Stein und Schneide kleiner ist als bei einem Berührungspunkt in der Nähe der Messerklemme.

Die Wahrheit ist aber, dass der geführte Schleifstein drehbar auf der Stange sitzt und sich immer tangential zur Schleiffase ausrichtet. Dies führt dazu, dass eine schnurgerade Schneide immer unter demselben Winkel geschliffen wird. Soweit ich weiß, ist es sogar nicht einmal notwendig, die Klinge exakt zu irgendetwas beim Klemmen auszurichten. Das Ausrichten der Klinge senkrecht zur Führungsstange (in "Nullstellung") ist nur hilfreich, weil sich dann im voraus der Schleifwinkel bei einer bestimmten Höheneinstellung des Stangenpixpunktes exakt berechnen lässt.

Letztendlich bleibt ein Effekt der Winkelveränderung bei einer gebogenen Schneide.
Meiner Meinung nach müsste sich dieser Effekt minimieren lassen, wenn man den gebogenen Teil der Schneide durch einen Kreisbogen annähert und dann beim Schleifsystem die senkrechte Stange so plaziert, dass sich der Führungsstangenfixpunkt über dem Mittelpunkt des Schneiden-Kreisbogens befindet. Ich stelle mir dabei vor, dass ich ein rundes Brotschneidemaschinenmesser schleifen würde, durch dessen Bohrung die senkrechte Führungsstange geht. Deswegen finde ich das von Loup vorgestellte Schleifsystem gut, weil dort verschiedene Abstände zwischen Klemme und senkrechter Stange wählbar sind.

Sind meine Annahmen soweit korrekt, was meint ihr? (Ich habe es selbst noch nicht exakt mathematisch analysiert.)
Wenn man wissen möchte, wie groß die zu erwartenden Winkelabweichungen in den gebogenen Bereichen der Schneide sind kann man das mit 3D CAD-Modellen ermitteln.
Das ist meiner Meinung nach deutlich einfacher und nachvollziehbarer als wenn man das mit Mathematik und Geometrie versuchen würde.

Mich hatte auch mal interessiert, wie sich das so verhält mit den Winkelabweichungen.
Die Ergebnisse kann man bei Interesse hier nachlesen:
Winkelabweichung Schleifwinkel bei EdgePro Systeme und Schleifsystemen die auf dem gleichen Prinzip basieren

So ein 3D CAD-Model mit den Maßen des eignen Schleifsystem und des zu schleifen Messers ist relativ schnell erstellt.
Dann weiß man mehr. ;-)
Ob es einem auch weiterhilft, ist eine andere Frage und die muss jeder für sich selber beantworten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das kann man testen indem man die Schneide so weit wie möglich aus der Richtung dreht. Näher am Gelenk des EP wird der Winkel stumpfer. Wo die Schneide mit der Stange einen rechten Winkel bildet lässt sich der Winkel einfach berechnen.

Man könnte versuchen das zu nutzen um die Breite der Fase bei dicken Spitzen zu korrigieren. So hatte ich die Geschichte noch gar nicht betrachtet.
(Ich habe zur besseren Verständlichkeit meinen Beitrag weiter oben editiert.)
Du hast natürlich Recht, dass bei einer verdrehten Ausrichtung der Klinge in der Klemme der Schleifwinkel stumpfer wird. Ich meinte aber, dass trotzdem der Schleifwinkel über die gesamte gerade Klingenlänge zwar ein anderer ist, aber konstant bleibt. Malerkrepp

@Loup de mer: Sehr schön finde ich übrigens von Dir das Bild mit dem Neigungsmesser (Bevelbox), wo Du zeigst, dass der Neigungsmesser immer radial zur Schneide ausgerichtet sein muss, um den korrekten Schleifwinkel anzuzeigen. Dies beweist sehr schön, dass der Schleifwinkel bei diesem System für gerade Schneiden immer konstant ist. Übrigens habe ich das mit dem Malerkrepp anfangs überlesen und mir ehrlich Sorgen gemacht, dass Du Deinem schönen Stahlmaßstab eine frische Schneide verpasst hast :eek:

Verblüffend ist natürlich auch die Erkenntnis, dass der Schleifwinkel für gerade Messer mit einem kreisbogenförmigen Bereich zur Spitze hin am gesamten Messer konstant bleibt, wenn beim Einspannen in der Klemme der bogenförmige Schneidenbereich auf dem passenden Kreis um den Fixpunkt des Schleifsystems liegt. Dies geht dann halt nur, wenn der Abstand der Klemme zum Fixpunkt variabel ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du hast natürlich Recht, dass bei einer verdrehten Ausrichtung der Klinge in der Klemme der Schleifwinkel stumpfer wird. Ich meinte aber, dass trotzdem der Schleifwinkel über die gesamte gerade Klingenlänge zwar ein anderer ist, aber konstant bleibt. Übrigens habe ich das mit dem Malerkrep anfangs überlesen und mir ehrlich Sorgen gemacht, dass Du Deinem schönen Stahlmaßstab eine frische Schneide verpasst hast :eek:
Danke für die Korrektur. Zwischen einer graden Schneide und dem Gelenk liegt eine Fläche. Da bin ich dem EP-Fehler auf den Leim gegangen.

Aber mit dem Malerkrepp habe ich nichts zu tun.
 
Moin,

als weitere Anregung zum Nachdenken möchte ich einfach mal 2 geometrische Körper in den Raum "werfen".

1. für die gerade Klinge die Pyramide (Bildquelle: www.matheretter.de)
Pyramide.jpg

Hier wäre α der Schleifwinkel der Klinge wenn diese sich auf der Grundfläche an einer Mantelseite des Kegels befindet.

2. für die konvexe Klinge der Kegel (Bildquelle: www.matheretter.de)
Kegel.jpg

Hier wäre σ der Schleifwinkel der Klinge wenn diese sich mit der Grundfläche an der Mantelseite des Kegels deckt.

Das ist das, was meinem heutigen Erkenntnisstand entspricht - liege ich richtig?

schraube ich dann einfach meine Klemmvorrichtung ab und richte mir direkt auf meinem Kastenprofil einen EP-Auflagetisch ein. Schnell ein passendes Führungsblech angefertigt, ein paar Magnete ran und fertich
Jetzt gehe ich aber erst mal meinen hier beschriebenen EP-Auflagetisch bauen... Foto(s) folgen ✋
 
Moin,
wie versprochen hier nun meine Messerauflage nach Art des Edge-Pro - passend zu meiner Schleifvorrichtung:

Als Grundmaterial hatte ich noch eine 12mm Novotex-Hartgewebeplatte liegen, in die ich meine 4 Magnete mit je 10mm Durchmesser einkleben wollte.
Dazu wollte ich ursprünglich nur 4 Sacklöcher á Ø10mm von der Unterseite bohren, so dass von oben alles schick bleibt.
Allerdings stellte sich heraus, dass mein größter Holzboher nur Ø10mm hat und die Magnete doch 1...2/10tel größer waren.
Das hieß dann also doch durchbohren und etwas ausfeilen. Hier ein Foto von der Unterseite mit schon eingeklebten Magneten:
1-Aufnahme-von-unten.jpg

(Ja ich weiß, das Material war etwas faserig und knapp 58 Jahre alte Augen können mit dem Bohrer auch nicht mehr so genau zielen 🤓)

Für eine bessere Reinigung habe ich dann die Bohrlöcher von unten noch mit Panzertape abgeklebt:
2-Aufnahme-von-unten.jpg


Um die nun von oben sichtbaren Magnet-Bohrlöcher abzudecken und eine ordentliche Auflagefläche für die Klingen zu schaffen, habe ich ein 0,5mm Messingblech plan aufgeklebt. Siehe kommendes Bild:
3-Detailaufnahme-montiert.jpg

Den grauen, verschiebbaren Anschlag für die Klingenrücken habe ich aus einem Stück PVC gefertigt.
Die beiden Befestigungsschrauben stecken in genau den beiden Gewindlöchern, die sonst meine drehbare Klemmvorrichtung (s.o.) halten - also recht einfach und universell gehalten.
Vielleicht suche ich mir für die Längsverstellung des Schlittens noch zwei Rändelschrauben - mal sehen.

Und zum Schluss das ganze nochmal zusammengebaut von oben, zusammen mit dem Lieblings-"Küchenmesser" meiner Frau, einem sehr flexiblem Mora-Filetiermesser aus Sandvik-Stahl:
4-EP-Halter-gesamt.jpg

Man sieht ganz gut, dass die Magnete ihren Job machen (das Messer liegt nicht heimlich auf - ich schwöre)

Fazit für mich:
Nach meinem Denkfehler in #1 dieses Threads bin ich trotzdem mit dem Resultat meiner Bastelei sehr zufrieden.
- In der drehbaren Klemmvorrichtung kann ich alle Messer mit (quasi) normalen Klingenmaßen einfach spannen und schleifen
- bei großem Radius ist hier, gerade bei langen Messern, das Schliffbild (unter der Lupe betrachtet) überall eher radial anstatt bei kurzem Radius tangential an den Klingenenden und radial in der Klingenmitte (mal etwas überspitzt ausgedrückt)
- Auf dem eben hier gezeigten EP-Auflagetisch kann ich auch schmale Messer (wie obiges Filetiermesser) schleifen
- Auch das Schleifen von Hobelklingen und Stecheisen ist problemlos möglich (s.o.)
- Durch die Verstellung des Schleifradius kann ich besser auf die Form (Konvexität/Radien) der Schneiden eingehen
- Spaß gemacht hat das Basteln und das Befassen mit dem Thema sowieso :D.

Nächste Woche werde ich mir noch ein paar preiswerte Diamantsteine für die groben Vorarbeiten und ein paar Shaptons zum finishen bestellen, und dann meine praktischen Erfahrungen sammeln.
Die ersten Versuche an 2 Messern nur mit den chin. Diamantsteinen haben mich schon sehr zuversichtlich gestimmt.

So, ich bin erstmal durch - würde mich aber über eure Meinungen, Kommentare, Hinweise, Tipps... wie immer sehr freuen.
Schönen Sonntag euch
Thomas ✋:cool::
 
Zurück