Puh, mein erster kleiner Beitrag hier bei euch. Hab gerade mal fast alles hier zu dem Beitrag gelesen und wisst ihr was? Ich glaube es gibt hier eine ganz tolle Community mit jeder Menge Ahnung.
Erst einmal möchte ich knifeaddict von Seite eins zustimmen denn Messer schleifen ist wirklich ganz viel Übung und "Muscle Memory".
Ich weis noch wie ich früher als kleiner Junge mein erstes BW Taschenmesser (es war ein Replika, die werden nicht wirklich scharf, anders als die originalen) hatte und da dran am rummschleifen war.
Mein Opa hat mir das Messerschleifen eigentlich gezeigt der beruflich erst Schneidermeister mit einem eigenen Geschäft war, und später als Schäfermeister mit meinem Vater eine Schäferei großgezogen hat.
Um die Schafe geht es jetzt auch eigentlich, denn da hab ich auch eben dann meine Messerschleiftechnik gelernt, und zwar bei der Klauenpflege. Vielleicht hat der eine oder andere schon mal gesehen wie ein Schäfer ein Schaf vor sich sitzen hat und dem eben seine Klauen (das Hufhorn) behandelt und mit einem Messer kürzt. Bei eine Herde mit 500 Mutterschafen ist es jetzt aber so das man nicht morgens sein Messer schleift und dann einem Tier die Klauen schneidet und fertig... sondern man behandelt oft 10, 20 oder mehr Tieren die Klauen, was bei 4 Füßen schon 40 bzw 80 Baustellen schafft. Und die Klauen sind auch nicht sauber sondern da hängt alles dran wodurch das Tier gelaufen ist, Dreck, Steinchen usw... alles was scharfe Schneiden nicht mögen. Und trotzdem brauchen wir die scharfen Schneiden um sich selber und das Tier nicht zu verletzen, denn die Gefahr beginnt meist erst bei der "Murkserei".
Der Stahl dabei ist ein normaler rostender Kohlenstoffstahl mit round about 0,8% Kohlenstoff, ähnlich wie bei Küchenmessern z.B. aus Damast.
Meiner Auffassung nach ist die Stahllegierung das erste Merkmal um das sich schon vieles dreht.
Ein niedrig legierter Kohlenstoffstahl wie oben beschrieben, hat bei richtiger Härtung ein sehr feines Korn (oder hier besser Gefüge um das nicht mit dem Schleifkorn zu verwechseln) was dann auch zu einer sehr feinen Schneide führt die auch wieder die Anwendung von sehr feinen Schleifsteinen sinnvoll macht.
Nehmen wir dagegen einen hochlegierten Stahl zum Beispiel einen 1.4112, dann wird dieser aufgrund seiner Legierung und dem damit etwas grobkörnigeren Gefüge sich zwar freilich auch mit einem feinen Stein schärfen lassen, und nachher auch schön poliert glänzen, aber nie eine so feine Schneide bekommen. Man kann sich das in etwa wie eine ganz feine Säge vorstellen.
Macht es daher Sinn so einen hochlegierten Stahl vielleicht nicht mit einer allzu feinen Körnung zu schleifen, es bei sagen wir 1200 schon gut sein zu lassen und die feinen Schleifriefen einfach mit der legierungsgebundenen "Säge" zum Zugschnitt zu nutzen??
Irgendwo gab es doch mal so ein Zitat; jedes Messer hat seinen eigenen Schleifstein.
-Bei den Steinen muss auch noch gesagt werden soweit ich die künstlichen im Blick habe, es gibt unterschiedliche Schleifmaterialien wie zum Beispiel Selizium, Korund, Aluminium Oxid usw, alles in unterschiedlich harten oder Zähen Bindungen verfügbar z.B. Harz oder diverse Keramik Bindungen. Das Gebiet ist riesig....
Bei den Natursteinen wird es nicht viel anders aussehen.
Die Messer die einfach nicht scharf werden... haben den Kohlenstoffgehalt zu niedrig? Oder sind nicht hart genug? Das Phänomen kenne ich auch...
Gedanken dazu:
-niedriger Kohlenstoffgehalt wird nicht richtig hart, trotzdem bei noch 0,45% niedrig legiert können bei richtiger Härtung noch rund 58 HRc erreicht werden, was zum scharf machen reichen sollte.
(Hatte mal einen Böker Saufänger mit 45 HRc unter der Uhr, wurde nicht scharf, musste auch nicht scharf werden ; )
Das es Messer gibt die Klingen haben mit weniger als 0,45 Prozent... kann ich mir im allgemein Gebrauch kaum vorstellen... nur als Unfall... lasse mich da aber gerne belehren.
-Also eher die Wärmebehandlung... Wenn der Stahl genug Kohlenstoff beinhaltet, aber nicht richtig gehärtet ist, setzt das Material dem Schleifstein beim Schleifen zu wenig Wiederstand entgegen und die Schneide die sich eigentlich bilden soll drückt sich entweder weg (Schleifgrat) oder wird im Mikrobereich mit abgetragen. Theoretisch, mit ganz viel liebe und Zeit und sehr sehr feinen Steinen mit sehr harter Bindung müsste es selbst da möglich sein eine gewisse Schärfe zu erreichen... kann da aber nicht mit Erfolgen prunken, die Freude wäre wohl auch von nur kurzer Dauer.
Beispiel: Bei Messern aus 4112 poliere ich vor dem Härten schon mit 320er Körnung einigermaßen vor. Sind dann die Messer gehärtet und ich poliere erneut mit der 320er Körnung, gibt es ein ganz anderes Bild, eben wegen dem oben genannten Wiederstand der dem Schleifstein gegenüber steht.
Die Wahl des Steines würde ich daher an folgenden Parametern festmachen (vielleicht fehlen noch welche, gerne ergänzen):
- Stahllegierung (rostfrei/ nicht rostfrei um es einfacher zu machen)
-Schleifwinkel oder Anwendung (ein großer Schleifwinkel baucht wohl eine niedrigere Oberflächengüte/ ein feiner dag. schon)
- Härte des Messers (bei einer etwas niedrigeren Härte vlt. schon früher mit dem feineren Stein anfangen)
-Anwendung im Sinne von Schneidrichtung (Druckschnitt eher fein/ Zugschnitt eher etwas weniger fein)
Um Final einen Stein für Semi geübte Schleifer und Klingennutzer zu empfehlen damit auch schnell vernünftige Ergebnisse erzielt werden können....
Kunststein, Silizium Carbid, keramisch harte Bindung mit tausender Körnung und Ballistol als Schleiföl... das reicht erstmal für eine brauchbare Schärfe für viele Applikationen und sollte schnell zu Ergebnissen führen. Bietet dann auch eine gute Basis um "noch" feiner werden, "lassen wir die Kirche mal im Dorf" was Körnungen betrifft...
Lieber Gruß,
M. Zöllner