Problem mit Identifizierung

Pasci

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Hallo zusammen,

Ich lese schon eine weile im Hintergrund mit und hab schon einige gute Infos gefunden hier im Forum. Ich besitze mehrere Victorinox-Messer welche mich, zumindest eines von ihnen, täglich begleitet. Ok ein Wenger ist auch noch dabei....

Seit längerem hab ich ein problem mit einem alten Soldatenmesser der CH-Armee. Was ich bis jetzt rausgefunden hab ist dass es ab 1908 an die Wehrmänner abgegeben wurde. Das genaue Jahr ist unbekannt da es nicht gestempelt ist. Der Hersteller ist ebenfalls unbekannt, auf der Klinge ist bloss ein " E " eingeschlagen, sonst nichts.
Wär schön wenn hier jemand etwas über diese kuriosität wüsste...

Gruss Pasci
 
Hallo Beru das vermute ich auch, aber alle die ich bis jetzt gesehen hab
ist Elsener ausgeschrieben darum verwundert es mich ein wenig dass bei meinem nur das "E" ist...
gruss Pasci
 
sowas hier:

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Hallo zusammen
bin nicht der Oberexperte für Soldatenmesser, aber nach meinem Wissen,
bedeutet E auf der Klinge "Ersatz". das heisst, die Klinge wurde im Dienst durch den Truppeneigenen Messerschmied ersetzt. Diejenigen Messer besitzen auch alle einen zweiten Abnahmestempel auf der Griffschale. Immer wenn ein Messer in Reperatur war, wurde ein Abnahmestempel geschlagen.
gruss chregu

Ps. Auch ich habe teilweise Probleme mit der Identifizierung von schweizer Messerschmieden, würde mich über einen Wissenesaustausch freuen, und mich auch aktiv beteiligen.
 
Dieser Ansatz tönt vernünftig. Es gibt allerdings noch die Stempel M, W, B, R und wahrscheinlich noch mehr. Für mich wäre auch der Anfangsbuchstaben des Messerschmieds einleuchtend, E für Elsener, M für Moser, B für Bühler oder Bleuler, W für Wenger, R für Riethmüller.
Ich glaube dass vor 1921 alles unübersichtlich war auch mit den diversen Herstellern aus Solingen. Auch besitzen einige Militärmesser gar keine Stempel, gewisse den alten und neuen Kontrollstempel, gewisse zwei "Reparaturstempel" und andere wieder Spezialstempel (siehe unten). Daneben gibt es spätere Militärmesser ohne Jahreszahl jedoch mit Kontrollstempel.

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hallo Ulli
deine beiden Stempel sind aber interessant! Habe beide noch nie gesehen!
Die zweite Abbildung zeigt aber kein Soldatenmesser, oder?
Ich kenne vier verschiedene Kontrollstempel (Kreuz,Kreuz in Kreis, Kreuz W-K in Kreis, K+)
Wann diese Stempel genau eingeführt wurden ist mir nicht bekannt.
Ich besitze ein 1886 Model von Western&Co mit Kreuzstempel.
Der Erste mir bekannte Normentext stammt von 1901:
"Die Messerklinge soll sich, ohne krumm zu werden oder zu brechen,1 1/2mm durchbiegen lassen und bei Hieben in Zinkblech von 0,5mm Dicke weder stumpf noch schartig werden."
Der W-K Stempel wurde irgendwann kurz vor 1920 eingeführt,
der K+ 1978.
Der Stempel Kreuz in Kreis, könnte ein Reparaturstempel sein?
Mit den Jahrzahlen verhält es sich etwa so: erste Jahrzahl 1921
Hersteller gibt es deren viele ca.25: aber vorsicht, es wurde munter drauflos gefälscht das geht aus einem Schreiben hervor, dass Carl Elsener am 14.März 1916 an die Kriegstechnische Abteilung des Eidgenössischen Militärdepartements schrieb.
Es kam nämlich vor, dass billige privat erworbene ungestempelte Messer im Dienst repariert wurden, und dann einen Reparaturstempel bekamen.
So, die Diskusioen kann weiter gehen. smile
schönen Abend
 
Hallo Chregu

Das zweite Messer zeigt ein Elektrikermesser welches angeblich speziellen Truppengattungen des Militärs ausgehändigt wurde. Anstelle des Dosenöffners besitzt es eine spezielle gekrümmte Klinge zum abisolieren (siehe unten Bild 1). Anstelle der Jahreszahl ist ein R gestempelt (Bild 3). Es gibt diese Messer mindestens auch von Moser, Signau mit Jahreszahl/Stempel und eben von Victorinox.

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Der einfache Kreuzstempel existiert seit 1890, derjenige mit dem Kreis drumrum und später mit WK wo die Kreuzkanten den Kreis berühren ab 1915. Der doppelt geschlagene Stempel mit dem kleineren Kreuz im Kreis (Bild 4) könnte ein Reparaturstempel sein. Diese Infos stammen von Horst Brunner aus einem Bericht im MesserMagazin.

Ich kenne den Reparaturstempel nur doppelt aufgetragen und alte Stempel sind da drunter nicht mehr sichtbar. Dies würde meiner Meinung nach darauf hindeuten, dass dieser Stempel nur angefertigt wurde wenn man die Griffschalen wechselte. Da das Material Fiber bei den Nieten einreissen oder sonstwie rasch Defekte aufweisen kann, macht dies Sinn.

Ich sehe bei alten Militärmessern immer wieder die eingeritzten Buchstaben AD. Keine Ahnung was das bedeutet, eventuell "Ausser Dienst" (Bild 5). Oder es gibt den Kreuzstempel mit KM darunter wahrscheinlich für Kriegsmaterial, hier bei einem Modell 1908 von Feist, Solingen.

Ich denke dass bereits viel nachgeforscht wurde und diese Fakten bekannt sind. Darum herum gibt es viel Platz für Spekulationen und Mutmassungen welche wahrscheinlich kaum mehr belegt werden können.
 
Hallo ulli
Ich glaube auch, dass schon viel nachgeforscht wurde, auch dass es viele Fakten gibt mag sein. Aber wo sind sie veröffentlicht?
Lässt du uns an deinem Wissen teilhaben?
Ich wüsste gerne mehr über die verschiedenen Hersteller und dennoch besitze ich Messer ohne Hersteller und Jahrgang.
Wie kommt es dass ich in jungen Jahren ein Soldatenmesser 08 hatte, mit der Marke der Waffenfabrik Neuhausen ohne Jg.
Wer kennt Namen von den Hertsellern und hergestellte Stückzahlen?
gruss chregu
 
Hallo
Also ich weiss nicht ob ich da mehr weiss als ihr.
Im Jahr 1889 entstand das damals neue Gewehr Mod. 89. Zu diesem Modell brauchte es einen Schraubenzieher. Da man die Patronentasche nicht mit einem Schraubenzieher überfüllen wollte, testete man im Sommer 1890 2 Taschenmessermodelle, eines mit 3 und eines mit 4 Klingen. Zuerst wollte man eine Reibahle, entschloss sich schlussendlich für das 4-klingige Modell mit Konservenöffner (Bundesratsbeschluss vom 6. Dez. 1890). Die Testmodelle stammten von Wester & Co in Solingen. Zu dieser Firma können die D-User hier wohl mehr sagen.
Bei der Einführung rechnete man mit 200`000 Bezugsberechtigten da an alle Soldaten und Rekruten das Messer abgegeben werden konnte, jedoch nur an die Rekruten gratis. Die Nachfrage wurde als hoch eingeschätzt, jedoch zu Beginn wolltem an nur ein Drittel beschaffen, weshalb man auf die Zahl 94078 kam (Auszug 126`444/3 + Landwehr 80`596/3). Die erste Anschaffung wurde auf 100`000 Messer festgelegt. Man wollte jedoch die inländische Industrie beteiligen die bis anhin jedoch nicht auf Grossfabrikation ausgerichtet war. Deswegen publizierte man den Auftrag, jedoch nur an Firmen, welche mind. 1000 Stück herstellen und liefern konnten. Für 1891 war die Abgabe auf wenige Bataillone zu beschränken, an alle Rekruten (ca. 25`000 pro Jahr) ab 1892. Da Wester & Co die getesteten Modell geliefert hat, war man verpflichtet bei ihm zu bestellen weshalb man 15`000 Stück in Auftrag gab. Man wollte keine Konkurrenz aus dem Ausland weshalb man sich auf einen Lieferanten beschränkte.
Ca. 25 Messerschmiede der Schweiz schlossen sich 1891 zum Schweizerischen Messerschmiede Verband zusammen und durften ab Oktober 1891 die Armee mit Messern ausrüsten. Offenbar hielt man sich nicht daran nur einen Konkorrenten aus dem Ausland zu zu lassen. Die Konkurrenz aus Solingen, neben Wester noch Peres und Feist, drückten die Preise da sie in grösserer Stückzahl produzieren konnten. Der Anschaffungspreis des ersten Modells von Wester & Co betrug SFr 1.70 damals. Viele Schweizer Messerschmiede zogen sich deshalb zurück, einzig Elsener blieb angeblich.

Schätzungsweise wurden bis 1901 (neues Modell) ca. 350`000 Taschenmesser benötigt und produziert (25`000 pro Jahr für die Rekruten plus 100`000 für die Soldaten und Offiziere die die Messer bezahlen mussten und deren Anschaffung freiwillig war). Zu Beginn machte sicher Wester & Co einen Grossteil aus. Anschliessend kamen D. Peres, Elsener, Forges L&C, Coutellerie Suisse, Stadler, Pfenninger und diverse Kleinfabrikanten dazu. Bis 1901 hatte sich Wester & Co zurück gezogen. Dem Wert und Nachfrage der Soldatenmesser 1890 zu Folge glaube ich dass neben Wester & Co besonders die Messer von Elsener, Forges und Perez verbreitet sind. Pfenninger und Stalder halte ich für sehr rar genauso wie die von den Kleinfabrikanten oder von denjenigen, die sich bald nach Verbandsgründung wieder zurück zogen. Übrigens soll es nur ca. ein Dutzend Sammler geben welche alle Modelle und Varianten des Soldatenmessers besitzen von damals bis heute, ohne die Modelle der Kleinfabrikanten.

Es gibt ca. 3 Seiten Vorschriften zu dem Soldatenmesser 1890. Diese Modelle unterschieden sich dennoch in Material und Gewicht.

Meine Informationen stammen übrigens aus einer Dokumentation zum 100-jährigen Jubiläum des Verbandes Schweizerischer Messerschmiedemeister.

Übrigens Chregu: haben wir uns nicht einmal in Aarburg an einem Brocante getroffen?
Gruss
 
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