Pulvermetallurgische Stähle

HeinerK

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Hier fällt öfter mal das Wort "Pulvermetallurgische Stähle".

Was ist daran eigentlich das besonderen? Und vor allem, was ist daran "Pulver"?

Danke
Heiner
 
Bei der Herstellung von pulvermetallurgischem Stahl passiert vereinfacht folgendes:

Der Stahl wird geschmolzen. Anschließend wird er mit hohem Druck durch eine feine Düse "gedrückt". Der "Stahlnebel" wird abgekühlt und setzt sich als "Pulver" auf dem Boden des Behälters ab. Dieses Pulver wird anschließend unter Druck und Hitze "verklebt". Heraus kommt ein Stahl mit einem homogenen und feinen Gefüge.
So beschreibt es z.B. Crucible auf dieser Seite: Conventional Steelmaking vs.Particle Metallurgy Processing
 
@ Andreas, zu der Erklärung:
kurz, einfach, schnell!
Finde ich prima. Danke!:super:
Wenn das so stimmt.
 
Zuletzt bearbeitet:
abgesehen davon das beides unter druck und mit hitze ablaeuft, nicht viel. HIP bringt wohl wesentlich feinere korngroessen und lunkerfreie werkstofffe zustande, da das material von allen seiten belastet wird.
 
Um das Besondere der PM-Stähle zu verstehen, muß man sich folgende Problematik klarmachen:
Bei dem normalen schmelzmetallurgischen Vorgehen sind den Legierungsmöglichkeiten bestimmte Grenzen gesetzt: Ab einer bestimmten Menge der Legierungselemente entstehen schon in der Schmelze Karbide. Diese sind ohne erneutes Aufschmelzen in ihrer Größe durch Lösung in der Grundmasse nicht zu beeinflussen. Man kann sie also nur in gewissem Grad beim Schmieden zertrümmern, wobei aber hinter den Karbidteilen kleine Vakuumschwänzchen zurückbleiben. Die zertrümmerten Karbidteile werden in der Schmiede- meist Walzrichtung -mitgenommen und führen zur sogenannten Anisotropie des Werkstoffs. Das bedeutet, daß der Werkstoff in der Walzrichtung etwa die doppelte Festigkeit hat, wie in der Querrichtung. Als unangenehme Eigenschaft kommt noch dazu, daß auch der Verzug in Längs-und Querrichtung unterschiedlich ist, was für die präzise Werkzeugfertigung ja auch ein erheblicher Nachteil ist. Unter diesen Problemen leiden alle Ledeburitstähle-je größer der Anteil der Primärkarbide ist, desto größer sind auch die Probleme.
Um mit diesen Schwierigkeiten fertig zu werden, hat man bei den 12-prozentigen Chromschnittstählen und den Schnellarbeitsstählen aufwendige Schmiedemethoden, bei denen sich Strecken und Stauchen abwechselten, eingesetzt und hat so die Regulitqualitäten erzeugt, bei denen die Karbide gleichmäßiger verteilt waren.
Das Problem zu großer Karbide- selbst nach dem Walzen und Schmieden liegen bei den Ledeburitstählen noch Karbide von 50 my und größer vor-
hat man so nicht in den Griff bekommen. Eine weitere unerfreuliche Erscheinung bei hoch legierten Stählen sind Seigerungen, also das Auftreten von unterschiedlichen Legierungskonzentrationen im Stahl.
Das kann zur bekannten Apfelsinenhaut beim 440 B, zu geradezu damastähnlichen Mustern - von mir beim 1.4528 beobachtet-bis hin zum häßlichen Grind führen, bei dem Teile der Oberfläche wegen der in übertriebener Menge ausgeschiedenen Karbide nicht mehr polierbar sind und stumpf und erkennbar grobkörnig bleiben.
Diese Schwierigkeiten hat man durch das PM-Verfahren gut in den Griff bekommen: Wie Andreas schon kurz und klar dargelegt hat, wird dabei ein hochlegierter Stahl erschmolzen und verdüst. Entscheidend dabei ist, daß das Verdüsen in einem Raum erfolgt, der mit inertem Gas- meist
Argon - gefüllt ist. Durch das Verdüsen entstehen kleine Kügelchen, die auf Grund ihrer geringen Massen schnell erstarren. Verdüst man aus einer Temperatur, bei der sich noch keine Primärkarbide bilden, erzielt man bei dem geradezu blitzartigen Erstarren ein Gefüge mit feinem Matrixkorn und kleinen Karbiden. Die so entstandenen Kügelchen werden in einen Blechzylinder eingefüllt, der luftleer gepumpt und zugeschweißt wird. Die Kügelchen selbst haben auch so gut wie keine Oxydhaut, da sie ja in eine sauerstofflose Umgebung gespritzt wurden.
Sie lassen sich deshalb unter Druck und Hitze fehlerfrei verschweißen, so daß ein sehr homogener Werkstoff entsteht. Die im Moment erreichbare Karbidkorngröße liegt bei 2-3 my, wobei ich sicher bin, daß sich das noch deutlich steigern-vermindern- ließe.
Soweit ich weiß, kamen die ersten PM-Stähle in Deutschland Anfang der Achziger Jahre in den Handel. Seilstorfer in der Nähe von München erzeugte eine Qualität D4 pulvermetallurgisch-einen Stahl ähnlich D 2 mit 12 % Chrom und mit erhöhtem Vanadium- und C- Gehalt. Zapp brachte dann bald darauf die PM Stähle von Crucible Mills auf den Markt.
Ich war anfangs von diesen Stählen absolut angetan und halte sie auch nach wie vor für einen großen Fortschritt. Mein Interesse hat sich aber mehr und mehr in Richtung feinster Schneiden entwickelt und da stehen diese Stähle nach wie vor hinter den guten Werkzeugstählen für Kaltarbeit oder Leistungsdamaststählen zurück. Im Bereich der eutektoidischen oder übereutektoidischen Stähle kann man die Korngröße sehr fein einstellen und so bei guter Zähigkeit feinste Schneiden erzielen. Die Stabilität feinster Schneiden ist bei den PM-Stählen nicht nur durch die immer noch zu großen Karbide, sondern auch durch deren zu großen Anteil am Gesamtvolumen beeinträchtigt.
Roman spricht in diesem Zusammenhang von zu viel Zähnen bei zuwenig Zahnfleisch. Man kann sich das Ganze auch wie eine Schleifscheibe mit zuviel Schleifkorn bei zuwenig Grundmasse vorstellen.
Da fällt mir gerade ein, daß wir genau dieses Problem einmal diskutiert haben, als Roman die ersten Gefügebilder mit der Faltanleitung vorgestellt hat, mit der man den Schneidenwinkel simulieren kann. Ich hatte damals ganz roh vorgeschlagen, daß die "Primärkarbidfans" sich ein Modell aus Zement (Matrix) und Kieselsteinen (Karbide) machen sollten und dann versuchen sollten, den gewünschten Winkel anzuschleifen. Herbert hat das versöhnlicher gestaltet und vorgeschlagen, das Modell aus Schokolade mit entsprechend großen Nüßchen zu machen. Beides trifft den Kern und ist ganz anschaulich.
MfG U. Gerfin
 
Hat das etwas mit "Sintern" zu tun?
Ist hauptsaechlich eine Frage ob du Ingenieur oder Wissenschaftler bist.
Im Prinzip sind die physikalischen Vorgaenge des Sinterns und des HIPens die gleichen. Beide nutzen die hohe Oberflaechen Energie der kleinen Kuegelchen aus um ein verschmelzen weit unter dem Material Schmelzpunkt zu erreichen, was wiederum den Materialtransport gering haelt und in diesem Fall auch die Karbid Formierung und Aggregation klein haelt. Als Physiker muss ich mich also fragen warum ein weiterer Ausdruck um den gleichen Vorgang zu beschreiben.
Technisch hingegen sind die Bedingungen von Sintern und HIPen (Hot Isostatic Press) unterschiedlich genug um zwei Bezeichnungen zu rechtfertigen (Sintern: gewoehlich hoere Temperatur, HIPen: mehr Druck) und wie teachdair schon geschrieben hat ist das Endergebnis auch unterschiedlich, insbesondere in der Dichte. HIPen kann enorm hohe Dichten erreichen in der Gegend von 99.9% wenn sie (PM Stahlhersteller) inzwischen nicht schon eine weitere neun drangehaengt haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
hm, das Prinzip ist mir schon klar, aber eine Frage hab ich da noch, was ist das fürn zeugs, woraus die Düse ist? Muss ja irgendeine superkeramik oder eine Superlegiereung (Wolfram???) sein, dass das flüssigen Stahl aushällt.

könnt ihr mir dann noch sagen, wie große diese Düse(n) ist/sind?
 
beim strangguss von stahl sind die düsen aus kupfer :)
wird da wohl nicht viel anders sein. die düse selber muss nur kühl gehalten werden, sonst hält das auf die dauer warscheinlich nichtmal keramik aus..
 
Bei der Herstellung von pulvermetallurgischem Stahl passiert vereinfacht folgendes:

Der Stahl wird geschmolzen. Anschließend wird er mit hohem Druck durch eine feine Düse "gedrückt".

Das meine ich, Strangguß ist ja schonwieder anders, ich glaube nicht, dass Kupferdüsen flüssigen Stahl bei hohem Druck aushalten. Dann müsste man sie schon mit flüssigem stickstoff kühlen:irre: und dann wird der Stahl schon in der Düse hart.

Naja egal.
 
was sind die anforderungen:

temperaturbeständigkeit bei flüssigem stahl -> 1500+
festigkeit bei selbigen temperaturen
gewisse abriebsfestigkeit

das läuft auf keramik heraus.. da aber keramik ein sehr schlechter wärmeleiter ist, bauen sich da irre spannungen auf

die alternative:
gut leitfähiger werkstoff mit aktivkühlung. -> strangguss

bei dieser anwendung habe ich den flüssigen stahl auch in kontakt mit dem kupfer, welches jedoch durchgehend gekühlt wird. die fließgeschwindigkeit ist hier deutlich niedriger wodurch die wärmeeinbringung auch höher ist.

da ich in der schmelze die ich verstäube keine festkörper habe, habe ich eigentlich auch keinen abrasiven verschleiß, sondern eher eine art diffusionsproblem. d.h. kupfer-atome gehen in die schmelze über..

ich geh aber mal im netz auf die suche ;)
 
Das würd mich wirklich brennend interessieren.
Ich tipp einfach mal auf ne Wolframlegierung oder eine dünne Keramik mit Metallteilchen (vieleicht 10 Atome groß oder so) wobei man aber beachten muss, dass da ja ein hoher Druck drauf ist, also muss die Düse ja entspürechend dick sein.
Wird das Kupfer beim Strangguß wegen der Wärmeleitfähigkeit benutzt?
 
Ich weiß das dieses Thema schon recht alt ist, würde aber trotzdem gerne dazu eine Frage stellen.
Diese pulvermetallurgisch erzeugten Stähle klingen eigentlich wie das perfekte Material.
Keine Lunker, keine Seigerungen in der Mitte des Blocks.
das klingt ja alles schon fast zu gut um wahr zu sein.

Jetzt hat aber einer meiner Vorposter geschrieben, dass der Carbid Anteil sehr hoch ist.
Mehr Zähne als Zahnfliesch.
Aber das wäre doch gerade schlecht, da bei einem Edelstahl die Carbide ja gar nicht gewollt sind.
Also was verstehe ich nicht?

Klärt ihr mich bitte auf?
 
Du hast einen thread aufgeweckt, der so alt ist wie mein Sohn:)
In 16Jahren gab es Entwicklungen, diese Stähle sind keine Exoten mehr und mit durchaus feinem Gefüge zu bekommen…
 
Denke, Du siehst das alles gerade durch Deine Austenitische-Stähle-Brille ;)
...also Stähle, die nicht härtbar sind und in der Regel nix für Werkzeuge, die hart und verschleißfest sein müssen.

Wir sind hier aber schwerpunktmäßig bei Werkzeugstahl - und da wollen wir Härte und auch Seigerungen in Form von Karbiden und Nitriden, die den Verschleiß des Werkzeugs noch weiter reduzieren - sofern die Menge, Größe und Verteilung passen.
 
Ah okay. . .
Ich verstehe.
Für einen rostfreien Edelstahl bringen diese Pulver Metallurgischen Stähle also gar nix.
 
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