Arno Eckhardt schrieb:
.....Fakt ist, dass die alten Materialien weitestgehend den in Japan verwendeten entsprechen. Es sind also (im Schneidenbereich) sehr reine Kohlenstoffstähle anzutreffen (P- und S- Gehalte von 0,003 % haben wir selbst an einer Spathaklinge gemessen).
Der Kohlenstoff ist leider nur sehr schlecht zerstörungsarm zu ermitteln.
Da die Stähle aber ansonsten ungefähr mit den japanischen vergleichbar sein dürften, gehe ich von "Gebrauchshärten" von "normalen" 58 bis 63 HRC aus.....Inzwischen gehe ich davon aus, das man bei historischen Stücken wie gesagt mit ganz normalen bis relativ hohen Gebrauchshärten zu rechnen hat und das die damaligen Schmiede in aller Regel sehr "taugliche" Sachen machen konnten.
Guten Abend!
Wenn Annahmen oder Hypothesen auf das Niveau von Fakten gehoben werden und als Grundlagen für vergleichende Betrachtungen herhalten müssen, macht mich das immer misstrauisch.
Geht es hier darum, die europäischen Schwerter aufzuwerten und ihnen das gleiche hohe technische Niveau der japanischen Schmiede quasi posthum zuzusprechen? Das ist doch gar nicht nötig, weil viele Schwerter sich doch unter den Bedingungen des hier üblichen Einsatzes bewährt haben, was für die Kunst der hiesigen Waffenschmiede spricht.
In Japan war ein anderes Vorgehen üblich, weil die Mentalität eine andere war. Die Schmiedetechnik zielte darauf ab, die Waffen unter den gegebenen Kampfbedingungen möglichst effizient und zuverlässig zu machen, und das ging (geht) nur, wenn man die Ausgangsmaterialien kannte bzw. stets aus gleichen Quellen und mit gleichem Verfahren herstellte. Es gab also eine Art Standardisierung bei dem Material der Top-Schmiede.
Das ist aber nicht bei allen japanischen Schmieden und schon gar nicht zu den Zeiten sehr hohen Bedarfs mit der gleichen Sorgfalt gemacht worden, weshalb es auch in Japan mäßige und schlechte Klingen gab. Wenn ein opportunistisch veranlagter Schmied einem SAMURAI eine schlechte Klinge mit in den Kampf gab, war ja auch die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er zu einer Reklamation nicht zurückkommen konnte...
Worin sich die Klingenkonstruktionen grundsätzlich unterschieden, ist der bewusst gewählte innere Aufbau. Während in Europa echter Damast schon früh als Verbesserung gegenüber einfachen (weichen) Eisenklingen oder spröden Mono-Stahlklingen eingesetzt wurde, hat man in Japan Elemente aus Raffinierstählen mit unterschiedlichen Eigenschaften verschweißt, um bestimmte Eigenschaften zu erzielen. Dabei war das Falten als Maßnahme im Sinne einer Homogenisierung zu verstehen und nicht mit der Zielsetzung, eine Damaststruktur zu erzeugen. Die Darstellung des HADA und des HAMON auf einer Klinge ist eine erst später entstandene ästhetisch-künstlerische Verfeinerung ohne waffentechnischen Aspekt.
Es gab unterschiedlich aufwändige Verbundverfahren, die aber in ihrer Zielsetzung darin vergleichbar waren, einen elastischen Klingenkörper zu produzieren, der aber im Bereich der Schneide sehr hart (bis über HRC 60) war.
Unter dem Strich finde ich, dass europäische und japanische Schmiede mit leicht unterschiedlichen Techniken ihre Ziele erreicht haben, die durch die jeweiligen Kampf- und Rüstungstechniken definiert wurden.
Direkt vergleichen oder gleichstellen kann man die Ergebnisse wohl nicht. Der Mythos der japanischen Klingen beruht eben auch darauf, dass man lange Zeit keine genauen Kenntnisse darüber hatte, was dann leicht zu phantastischen Übertreibungen führt.
Aber auch bei uns war konkretes Wissen über frühmittelalterliche Schwerter und ihren Einsatz nicht eben verbreitet. Zudem verfälschten die Kampftechniken aus der Zeit der Plattenrüstungen (als man sich mit relativ stumpfen Waffen so lange die Rüstungen verbeulte, bis die Bewegungsfähigkeit eines Kämpfers so eingeschränkt war, dass er wehrlos wurde) die Darstellung in späteren Jahrhunderten.
Gruß
sanjuro