So, dann will ich mal hier anschließen, anstelle für quasi "dasselbe" Messer noch mal ein eigenes Thema aufzumachen...
Wie man
hier ja nachlesen kann, war ich auf der Suche nach einem kompakten und pflegeleichten Messer für den Gastro-Einsatz als Barkeeper. Da der Platz hinter einer Bar in der Regel meistens eher beschränkt ist, sollte die Klinge des Messers nicht länger als 18cm sein und trotzdem genug Höhe bieten, so das man mit der vollen Klinge im Pinch-Grip über dem Brett arbeiten kann und dieses nicht -wie es bei der Nutzung eines Kneipchen der Fall wäre- bis zur Kante der Arbeitsfläche vorziehen muß, was ja die Gefahr erhöht das Teile des Schnittgutes einen schnellen Abflug nach unten machen und es den Kollegen erschwert, an einem vorbeizukommen...
Die Wahl viel dann letztendlich aufs Sabatier, da rein auf dem Papier eine ganze Menge an Argumenten für das Messer sprachen...
- der im Vergleich zu den anderen Kandidaten geringe Preis
- die mitgelieferte Ledersaya, womit das Messer leichter sicher zu verstauen ist
- das pflegeleichte Paket aus rostträgem Schwedenstahl und G10 Griffmaterial
- die laut günef von Werk schon gute Geometrie
Soviel zur Theorie, kommen wir zum spannenden Teil...nämlich der Realität... Produkdaten spare ich mir bis auf das Gewicht, da günef die im Eingangsbeitrag ja schon so wunderbar aufgelistet hat... Auch werde ich mich von der ansonsten genutzten Review-Struktur lösen, da vieles im Bezug auf das Messer ja schon in den Berichten von günef und Gabriel erwähnt wurde und es wenig Sinn macht, daß quasi einfach nur noch mal anders formuliert zu wiederholen.
Versand&Verpackung:
Bestellt wurde das Messer Ende letzter Woche, für einen mit Versand finalen Preis von 144€. Bezahlt habe ich mit Paypal, wofür ich den Jungs von K-Sabatier eine kurze englische Mail geschickt habe, die in kürzester Zeit beantwortet wurde. Eingetroffen ist das Messer dann gestern Mittag, die Zustellung passierte mit DHL Express...
Die Verpackung war minimalistisch, aber ausreichend. Das Messer selber steckte in einem Plastikschlauch, das Paket großzügig mit Schaum-Flakes gefüllt..aber seht selbst:
Laut Küchenwaage kommt das Messer ohne Saya auf 150gr, mit Saya sind es 179...
Verarbeitung:
Würde ich als gut, aber unauffällig beschreiben. Das G10 Material in seiner ich nenne es mal "schwarzbraun-nussigen" Farbgebung, hat so bisserl den Flair von Omas Möbeln, ist aber sauber verarbeitet. Keine Spalten, wie man sie beispielsweise von Herder kennt, und ich kann haptisch jetzt keine Unebenheiten beim Übergang von Griffschalen zum Erl oder bei den Nieten ertasten. Da G10 kein "arbeitendes" Material wie Holz ist, muß man sich wohl auch keine Sorgen machen, daß diese sich noch einstellen. Ein Drama wie bei der Ebenholz-Version von günef steht mir also nicht bevor...
Die Klinge ist frei von Kratzern, der Rücken ist zwar nicht gerundet, aber wirkt nicht scharfkantig. Ich werde ihn im Gegensatz zu meinen Japanern auch so belassen, da man so mit ihm beispielsweise super Ingwer schälen kann. Das mache ich normalerweise ansonsten mit einem Löffel (man verschwendet einfach weniger im Ingwer, als wenn man einen Sparschäler oder Kneipchen nutzt), aber wieso nicht eben einfach das Messer nutzen, wenn man den geschälten Ingwer danach eh für nen Drink kleinschneidet? Wer jetzt eher ein Freund von bewegten Bildern ist, sieht dann in der Praxis so aus:
*KLICK*
An der Verarbeitung der Ledersaya gibt es auch nicht zu bemängeln, nur ist sie ähnlich wie der Griff farblich eher unauffällig. Die Klinge sitzt bombenfest in der Saya. Solange die nicht mit der Zeit übermäßig ausleiert, muß man sich also keine Sorgen um ein ungewollt herausgleitendes Messer machen. Ich hab eben mal versucht die oben an der Spitze festzuhalten und zu schütteln...Resultat: das Messer rutscht nur sehr langsam und widerwillig raus. Das verdient eigentlich fast schon ein Fleißsternchen, die Holz-Saya an meinem JCK Suji zum Vergleich ist z.B. eine generische und deutlich sichtbar nicht für eine dünne Klinge konzipiert...
Wer also auf der Suche nach einem Messer ist, daß einem förmlich ins Auge springt, ist beim Sabatier-K 200 wahrscheinlich nicht an der richtigen Adresse. Da für mich dieses Messer aber ein reines Arbeitswerkzeug ist, stört mich die biedere Farbwahl von Griff und Saya aber gar nicht. Sie ist fast sogar schon eher willkommen: Im Falle eines Einbruchs kann ich mir nur schwer vorstellen, daß das Messer Beine bekommt...
Geometrie, Schliff und Performance
Da Serienstreuung ja immer so ein Thema ist, habe ich mich mal bemüht einen halbwegs aussagekräftigen Schnappschuß des Kehls mit einem Smartphone zu machen. Rein subjektiv würde ich sagen, mein Messer weicht nicht nennenswert von günefs Exemplar ab.
Ein Klingenschliff war vorhanden, sauber entgraten können die Jungs aus Frankreich aber wohl nicht. Es war ein spürbarer Grat an der Schneide, den ich dann gestern erst einmal mit dem Filzwürfel von CKTG und einem Chromoxid-Leder entfernt habe. Die Schärfe der Schneide ist gefühlt nicht auf dem Niveau, was ich z.B. von Ashi Hamono kenne, aber für den normalen Hausgebrauch oder auch meinen Bareinsatz völlig ausreichend. Ich vermute aber mal ganz stark, daß mit einem sauberen Anschliff mehr drin ist... Das dünne Papier eines der heutigen Tageszeitung beiliegenden Supermarkt-Werbeprospekts schneidet es aber, für die üblichen Härtetests wie z.B. Tomaten, fehlen mir aktuell eben jene...
Über die Schneidperformance kann ich noch nicht soviel sagen, da daß Messer ja erst seit gestern hier ist. Hinter einem Herder muß es sich aber nicht verstecken, bei der eben zu Testzwecken geschnittenen halben Limette und das Stück Ingwer, hat sich das Sabatier nicht merklich besser oder schlechter geschlagen, als die von mir auf der Arbeit bisher ansonsten dafür genutzten Ashi Petty-Messer oder mein 21er Kohetsu. Die obligatorische Testmöhre ging auch ohne Knacken, wobei es wie bei der Geometrie nicht anders zu erwarten nicht gerade in der Kategorie Schnittgutfreisetzung/Schnittguthaftung brilliert. Das Messer meiner Wahl zum (feinen) stiften eines Sacks Kartoffeln wird es also mit Sicherheit nicht werden, daß dürfte nicht ohne massives "Anbappen" von statten gehen.
Profil und Schnitttechniken
Das Profil ist weniger bauchig als befürchtet, die Klinge hat sogar eine lang gezogene flache Passage (das was die Amis "sweet spot" nennen), mit der man wahrscheinlich recht ordentlich im Druckschnitt arbeiten kann. Wiegeschnitt kann es trotz seiner kurzen Länge sehr gut. Bei Freunden des "mit der Spitze auf dem Brett"-Zugschnitts dürfte hingegen keine große Freude bei dem Messer aufkommen. Dafür ist der letzte Zentimeter vor der Spitze zu bauchig, als das man das Messer ohne starkes hochreißen des Arms gescheit führen könnte.
Das Messer ist durch die dünne Klinge mit angedeuteter Fehlschärfe, den Vollerl und die G10-Schalen sehr grifflastig. Ist mir jetzt auch im Pinch-Grip bei den ersten kurzen Einsätzen nicht negativ aufgefallen, für Leute die auf sehr klingenlastige Messer stehen oder den Schwerpunkt gerne grob auf Höhe des Pinch-Grips haben, ist das 180er Sabatier wahrscheinlich nicht das richtige Messer.
Die Zeichnungen sind diesmal weniger hübsch als sonst, ich hab aber mal versucht das Profil des Sabatiers im Vergleich mit einem 21er Gyuto (mein Kohetsu) und einem Herder K5 abzubilden. Auf den Vergleich K5 vs Sabatier gehe ich später noch weiter drauf ein...
Vergleich 180mm Sabatier-K 200 vs Herder K5 rostfrei/POM
Ich kann das Messer natürlich auf Wunsch auch gerne mit anderen Messern vergleichen, den Vergleich K5 vs Sabatier empfand ich aber am sinnvollsten. Beide Messer spielen preislich in einer halbwegs ähnlichen Liga (wenn man die Saya gedanklich rausrechnet), beide stammen aus Europa und sind von alteingesessenen Betrieben, die gewissermaßen mit den jeweiligen Messern/Messer-Serien Neuland betreten haben (im Vergleich zum sonstigen Sortiment). Beide Messer sind für Serien-Europäer recht dünn ausgeschliffen und verwenden einen Härtegrad beim Stahl, der ansonsten eher ungewöhnlich ist, wenn man sich anschaut auf welche HRC-Werte französische Sabatier-Messer oder die meisten Solinger (inkl. die sonstigen Herder-Serien) sonst so kommen.
Fangen wir beim Griff, da dieser bei beiden Messern quasi den Knackpunkt darstellt. Bei Herder hat man bei der K5 Serie zwei Probleme: zum einen die üblichen Verarbeitungssorgen, wobei die bei den POM-Griffen wohl nicht ganz so schlimm sind, wie bei den Holzvarianten (bei meinem Griff gibt es aber trotzdem einen sichtbaren Spalt an der Stelle, wo der Griff den Kehl runterwandert). Zum anderen ist die Kante vorne recht hart, weswegen der Griff mMn eindeutig auf eine Kundschaft abzielt, die das Messer wie einen Hammer greift und nicht primär im Pinch-Grip unterwegs ist. Natürlich könnte man da mit Schleifpapier nachhelfen, aber es geht hier ja um den Vergleich des Fabrikzustands...
Beim Sabatier ist beim Griff das Manko nicht die Verarbeitung sondern seine Größe, bzw. das sehr geringe Volumen des Griffes. Das dürfte bei den Vergleichsbildern mehr als deutlich werden. Besonders wenn man bedenkt, dass die Griffe der K-Serie nicht gerade dafür bekannt sind, extrem voluminös auszufallen. Wenn ich das Sabatier neben einem ähnlich großen Zwillingsmesser ablichten würde, wäre der Kontrast noch krasser. Das ist auch aus meiner Sicht das primäre oder einzige Manko des Messers, weil es so wirklich nur eingeschränkt zu empfehlen ist, solange der Messersuchende nicht kleine Hände hat und eine Vorliebe für schmale Griffe an den Tag legt. Menschen mit großen Händen würde ich das Messer nicht empfehlen. Da würde ich entweder das K5 vorschlagen, oder falls die Person viel im Pinch-Grip arbeitet, gleich ein ganz anderes Messer...wie in der Preisklasse z.B. ein Grand-Chef mit westlichem Griff oder in der Preisklasse darüber ein Schanz, wenn kein Wa-Griff gewünscht ist.
Bei der Verarbeitung der Klinge sind die Messer mMn auf ähnlichem Niveau. Mein K5 hatte vor dem Besuch bei Herrn Schanz auch keinen gerundeten Rücken und die Klinge ist auch für ein "europäisches Messer" gut dünn, wobei mir das Sabatier am Kehl sichtbar dünner vorkommt... Interessant dürfte die Frage sein, wie es an Meßpunkten jenseits des Kehls aussieht, das ist ja eher der Bereich des Messers, was am seltensten eingesetzt wird, solange man nicht hackt/chopt...
Schnittgutablösung ist vom ersten Eindruck her ähnlich bescheiden (weil es eben beides quasi Euro-Laser sind). Der Werksschliff beim Herder war besser, da die wenigstens nicht den Grat übersehen haben...
Das K5 hat ja eher eine Santoku-Klinge, das Sabatier erinnert mich etwas an eine Kreuzung aus dem normalen Sabatier Profil und einem Bob Kramer Kochmesser. Oder eben das was man bekommt, wenn man einem klassischen Sabatier mehr Höhe am Kehl spendiert und den Rücken dann deutlich Richtung Spitze runterzieht.
Damit ist eigentlich auch recht klar, wer wo die Nase vorne hat... Das K5 dürfte beim Zugschnitt vorne sein, da die Spitze tiefer sitzt und weniger bauchig ausläuft. Das Sabatier müßte im Wiegeschnitt dominieren und beim Druckschnitt gibt es wahrscheinlich ein Patt, bzw. der jeweilige Sieger ist nur Nuancen und nicht klar deutlich besser. Wobei das jetzt eine relativ theoretische Aussage ist, da ich mit dem Sabatier bisher noch nicht viel geschnitten habe und vor allem keinen direkten Vergleichstest gemacht habe. Ich gehe aber nicht davon aus, daß sich da in der Praxis deutlich anderer Ergebnisse einstellen...
Erstes Fazit:
Ich finde das Messer ist besser als sein Ruf, bzw. das was die Bilder auf der Sabatier-Seite vermuten lassen. Für den Preis bekommt man gerade auch dank der Saya sehr viel kleines Messer für sein Geld. Trotzdem dürfte es ein Nischenprodukt bleiben, aus folgenden Gründen:
- Ottonormal-Verbraucher mag es bequem einzukaufen, der Shop von Sabatier ist es nicht und deutsche Quellen gibt es für das Messer keine. Damit fallen viele deutsche Kunden schon mal weg, auch weil es eben in dem Preissegment genug Konkurrenz bei bequemer zu bedienenden Shops gibt und sei es "nur" Amazon.
- Die Problematik mit der Fabrikschärfe ist für uns Enthusiasten kein großes Drama, aber ehrlich gesagt bei dem Preis nur unwürdig und einem normalen Kunden nicht zu vermitteln. Wer von euch würde einem Nicht-Enthusiasten zu einem Messer raten, was entweder stumpf oder mit einem Monstergrat geliefert wird?
- Der Griff, bzw. das fehlende Volumen. Der fällt eben schon sehr schlank aus, was gerade Leuten mit großen Händen nicht gefallen wird.
Gerade die Sache mit dem Griff ist für mich das primäre Grund, wieso ich denke das es ein Nischenmesser bleiben wird. Denn sauber schleifen ist kein Hexenwerk und (Online)-Vertriebspartner zu finden dürfte auch nicht übermäßig problematisch sein für K-Sabatier sein, wenn sie denn wollten. Eine alternative Überarbeitung des Shops wäre nicht billig, hätte aber eben Auswirkungen auch auf den Absatz der anderen Modellreihen... Mit dem Griff steht und fällt aber der Komfort des Messers und schränkt die realistische Zielgruppe auf Menschen mit kleinen Händen ein. Was bei Männern in westlichen Ländern eher die Minderheit sein dürfte. Bei Frauen stellt sich die Frage, inwiefern die sich überhaupt in dem Preissegment groß bewegen (die meisten Messerenthusiasten mit Sammeltrieb sind ja eher männlich), bzw. ob in dem Preissegment nicht anderer Kriterien den Ausschlag geben, wie Optik, Markenname, Test-Ergebnisse a la Stiftung Warentest (mit einem Shun Mälzer als Testsieger), oder eben eine für das Messer direkt oder indirekt werbende TV-Persönlichkeit...
Und aus dem Grunde würde ich das Messer eben auch eher ungern hier in der Kaufberatung empfehlen, bzw. nicht ohne sehr deutlich auf die Griffgröße hinzuweisen... bei einem K5 hingegen wäre ich mir relativ sicher, daß ein Großteil der eine Beratung suchenden Nutzer (besonders bei frisch neu angemeldeten) mit dem Griff klarkommen dürfte. Und eine Rückgabe der Ware ist beim Kauf bei einem deutschen Händler eben auch noch weitaus einfacher, bzw. je nach Wohnort hat der Suchende auch eine halbwegs realistische Chance, ein Herder-Messer irgendwo in die Hand zu nehmen (egal ob er es dann auch da kauft, oder danach im Netz auf Schnäppchenjagd geht).
Für mich persönlich ist das Messer hingegen definitiv kein Fehlkauf, weil es für den gedachten Verwendungszweck eben sehr genau ins Anforderungsprofil reinpaßt. Und bei den geringen Einsatzzeiten, dürfte mich das mangelnde Griff-Volumen und die kurze Klinge einfach auch nicht merklich stören. Ob ich damit alleine ein komplettes Abendessen für die Familie oder gar die Vorbereitungen für Essen mit Freunden&Bekannten bestreiten möchte, wage ich zu bezweifeln. Weniger aufgrund des Griffvolumens, sondern eher weil mir da schon der eine oder andere Zentimeter an Klingenlänge fehlen würde.
Und dann will ich mal den Beitrag mit einem letzten Bild des Griffes abschließen, was gewissermaßen ein Rätsel ist, da ich das Vergleichsmesser erst einmal nicht verraten werde...Wer meine Messersamlung kennt, dürfte aber sehr leicht ahnen welches Messer ich daneben gelegt habe...