Review - Nesmuk Soul Kochmesser 180 mm Mooreiche

Gabriel

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Nesmuk Soul Kochmesser Mooreiche 180 mm


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Dank eines freundlichen Mitforumiten hat sich die (hier im Forum wohl) seltene Gelegenheit ergeben, ein Nesmuk zu testen. In vielen Foren, Blogs oder hiesigen Ladengeschäften in schicken Einkaufsstraßen werden die Nesmuks gerne als das Nonplusultra der europäischen Serienmesserkunst gelobt. Hier im Forum stehen Diskussionen über die Nesmuk meist unter dem Stigma des „überteuerten Livestyle-Produkt“ und ja, die Nesmuks sind teuer, aber ob noch mehr dahinter steckt und ob der Preis ggf. sogar gerechtfertigt ist, war ich gespannt herauszufinden. Das Messer, welches ich ca. 2 Wochen testen durfte war das Kochmesser der Nesmuk Soul Reihe mit einem Griff aus Mooreiche.


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Verarbeitung & Finish

Der erste Eindruck wird geprägt durch die aufwendige Verpackung. Das Messer selbst kommt eher schlicht daher. Einfache quersatinierte Klinge, geschwungener Griff aus Mooreiche mit einer Zwinge aus (vermutlich) Edelstahl. Auf den ersten Blick sauber gemacht. Die Linienführung ist eher Geschmackssache, man könnte es aber durchaus als elegante Erscheinung betrachten. Im Detail offenbaren sich ein paar Schwächen. Zum einen steht die Klinge etwas schräg im Griff. Zudem sind Klingenrücken und Kehl eher scharfkantig. Das Klingenfinish selbst ähnelt dem typischen „Schanz“-Finish. Ansonsten lass ich mal ein paar Bilder sprechen:


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Klingengeometrie und Food Release

Die Klingengeometrie des Nesmuks ist recht eigen. Die Klinge selbst wirkt recht dünn und hat eine interessante Geometriegestaltung. Auf der rechten Seite ist die 180 mm lange Klinge sehr flach geschliffen, auf der linken Seite ist sie du einen flach verlaufenden Hohlschliff geprägt. Es ergeben sich entsprechend interessante Messwerte (mach ich ja sonst nicht mehr aber hier musste der Messschieber nochmal ran :D …leider nur als Zahlen…):

Klingendicke (in mm; Kehl – Klingenmitte – 5 cm vor Spitze – 1 cm vor Spitze)
Wate (1 mm): 0,3 – 0,28 – 0,3 – 0,31
5 mm Klingenhöhe: 0,43 – 0,4 – 0,53 – 0,5
10 mm Klingenhöhe: 0,6 – 0,53 – 0,64 – 0,8
20 mm Klingenhöhe: 1,02 – 0,9 – 1,1 - /
Klingenrücken: 2,85 – 2,45 – 2,1 – 1,35

Besonders hervorstechend natürlich die Kombination aus einer gar nicht so extrem dünnenWate und doch sehr dünnen Werten darüber. Über die Intention dahinter kann ich natürlich nur spekulieren, ich vermute jedoch, dass es den Schnitt lenken und das Schnittgut von der linken Seite ablösen soll.


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Nun ja, was soll man sagen…. Es hat überhaupt nicht funktioniert. Ich kann ohne jede Übertreibung behaupten, dass ich noch nie ein Messer getestet habe, welches einen dermaßen schlechten – oder sollte ich eher sagen „überhaupt keinen“? – Food Release aufweist.
Im PA Review des kleinen Schanz Lucidus Santoku hatte ich bemängelt, dass beispielsweise Auberginen stark an der Klinge kleben. Das Nesmuk Soul ist jedoch in der Lage nicht nur Möhren nach dem Schnitt am Messer hochzuheben…
Sondern auch das Messer quasi an eine Melone zu kleben…
Und sogar eine viertel Honigmelone an der Klinge lange genug anheben um bequem noch ein Foto zu machen :D


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Ok, ich denke, es ist deutlich geworden, wo die vermutlich größte Schwäche des Nesmuks liegt. Dass die Schneidfähigkeit (im Sinne des nötigen Kraftaufwandes) darunter sehr stark leidet sollte deutlich sein. Der Effekt wird sich insbesondere bei mittelhartem bis festem und feuchtem Schnittgut aus. Ein wirklich leichter Schnitt stellt sich aber nur bei sehr flachem oder komplett unkritischem Schnittgut ein.


Klingenprofil

Das Klingenprofil ist ziemlich bauchig und somit klar eher auf Wiegeschnitt und Co. ausgelegt. Zugschnitt und Choppen liegt dem Nesmuk nicht wirklich, Druckschnitt geht. Um ordentlich im Wiegeschnitt arbeiten zu können, fehlt es dem Nesmuk etwas an Klingenlänge. Bei kleinerem Schnittgut funktioniert es gut. Die Klingenrückenstärke könnte nach vorne hin etwas weiter abnehmen für meinen Geschmack werden für das Einschneiden von Zwiebeln. Der Klingenrücken weist ebenfalls eine gewisse Krümmung auf. Um Schnittgut übers Brett zu schieben ist das nicht ideal.


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Der Griff

Der Griff ist eigentlich schön anzusehen, es handelt sich wirklich um ein schönes Stück Mooreiche. Die Verarbeitung ist gut. Die Handlage ist natürlich Geschmackssache, zu meiner Handhaltung passt sie allerdings nicht. Im Pinchgrip machen sich dabei die scharfen Kanten am Kehl unangenehm bemerkbar.

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Der Stahl

Die Klinge besteht aus „rostbeständigem Hochleistungsstahl mit Niobanteil“ (Quelle: nesmuk.de). Nach einer Diskussion hier im Forum könnte es sich ggf. um SB1 Niolox oder einen ähnlichen Stahl handeln (Angabe natürlich ohne Gewähr). Wer den Stahl kennt, weiß, dass dieser einen guten Kompromiss aus Robustheit, Standzeit und noch ganz guter Schärfbarkeit bietet. Dabei zeichnet er sich durch eine hohe Rostfreiheit aus. Ich habe den Stahl an meinen Schanz Küchen- und Outdoormessern schätzen gelernt. Das Nesmuk enttäuscht in dieser Hinsicht nicht und bietet somit einen gute Basis. Das Messer kam ordentlich geschärft (wurde vom Besitzer abgezogen)


Fazit
Auf die Zeit mit dem Nesmuk war ich sehr gespannt. Es ist ein Messer, was mich zunächst überrascht hat aufgrund der dünnen Geometrie, mich aber letztlich doch nicht überzeugen konnte insbesondere aufgrund des mangelnden Food Release und der für mich unpassenden Klingenprofil-Längen-Kombination. Den Preis habe ich versucht so gut es geht auszublenden, aber letztlich muss man natürlich schon betrachten, was man für sein Geld bekommt und ich bin offen gesagt der Meinung, dass man für deutlich weniger Geld deutlich bessere Messer bekommt… zwar nicht unbedingt mit viel besseren (rostträgen) Klingenstählen und Griffmaterialien, aber dafür mit besserer Geometrie mit insbesondere besserem Food Release und praktischerem Klingen- und Griffprofil.
Zum Abschluss: vielen Dank fürs Testen dürfen!

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Gruß, Gabriel
 
Zuletzt bearbeitet:
So... hier noch etwas Bildmaterial...

Im Einsatz:

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Finishvergleich Nesmuk - Suisin IH:

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Finishvergleich Nesmuk - Schanz Lucidus:

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Griffvergleiche (Nesmuk - Custom Masamoto HC - Suisin IH):

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Profil-/ Größenvergleich (Nesmuk - Masamoto HC 210 Gyuto):

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Geometrievergleich (Nesmuk - Suisin IH 240 Gyuto):

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Gruß, Gabriel
 
Hallo

und Danke für den Bericht !
Als User von Schanz und Suisin IHO bin ich erleichtert...die richtige Wahl getroffen zu haben.Gerade da ich gerne im Pinch Grip arbeite.
Da ist für mich das FF doch ...naja nicht ganz optimal...-was bei dem Preis...dann schon eine dicke Rolle spielt es nicht zu kaufen.

Ich hab bei meinem Händler vor Ort mal Probe schneiden dürfen...und hatte damals schon Suisin für die bessere Wahl gehalten.
Der verwendte Niolox..-.soll dem SB1 entsprechen ( Nimmt Pohl Force ja auch)...also schon ein Top Stahl...wenn Du sagst ...gute Schärfe
weiss ich nicht wie schlimm es dann noch werden kann...denn mein ausgedünntes Schanz macht locker den Hanging Hair Test...da galub ich mal nicht das es da noch viel Luft nach oben gibt...

Danke nochmal

knifeaddict
 
Servus,

sehr guter Bericht, Gabriel! :super:

Wenn jemand nach dünnen Klingen giert und die Art des Schliffes und die Oberflächenbeschaffenheit der Flanken ausser acht lässt, kann herb enttäuscht werden, wie man aus deinem Bericht schön entnehmen kann.

Das sich FR auch so negativ auswirken kann, sehe ich in dieser Form das erste Mal, wird aber bei Kenntnis der Zusammenhänge durchaus plausibel.

Mir persönlich wäre ein Nesmuk in seinem Design ein zu exotischer Entwurf, der so gar nicht meinen Geschmack trifft und das sehr bauchige Profil in Kombination mit der kurzen Klinge muss man wirklich mögen. Mein Frau z.B. liebt das 185er Schanz Gyuto mit dem ausgeprägten Bauch weil sie keine großen und schweren Messer mag, aber alles am liebsten kurz und klein wiegt! :D

Und wieder ist eine Lücke geschlossen und man findet in der Küchenmesserabteilung ein nicht unumstrittenes Messer mehr! Vielen Dank dafür!

Gruß, güNef
 
Interessanter Bericht.

Wenn ich selbst bei Messern für die Küche auch irgendwas zwischen leidenschaftslos und pragmatisch bin - und schon deshalb niemals den hohen Preis für ein Nesmuk bezahlen würde -
so scheint dieser Test doch zu bestätigen, was hier schon mehrfach vermutet wurde :

das einzige was die Nesmuk Leute besser können als andere, ist gutes Marketing ....
 
Danke für den Test, die Bilder und die vergleichenden Aussagen! :super:

Klingengeometrie und Food Release

Die Klingengeometrie des Nesmuks ist recht eigen. Die Klinge selbst wirkt recht dünn und hat eine interessante Geometriegestaltung. Auf der rechten Seite ist die 180 mm lange Klinge sehr flach geschliffen, auf der linken Seite ist sie du einen flach verlaufenden Hohlschliff geprägt.

Eine Rückfrage zum Melonensaugglockeneffekt: nach dem Schattenwurf zu urteilen, war es die rechte Seite, an der die Melone gehoben werden konnte. Zuerst dachte ich der Hohlschliff links hätte ggf. ein Vakuum erzeugt, aber es war die flache rechte Seite, richtig?
 
Moin,

@Gabriel
Vielen Dank für Dein Review:super: Da ich mit bauchigen Profilen wenig anfangen kann war ein Nesmuk ohnehin nie Thema für mich, aber ich war natürlich neugierig wo diese kontrovers diskutierten Messer im Küchenmesseruniversum einzuordnen sind. Mit ähnlichem Design gibt es neuerdings Blades of the Gods zu kaufen, die wohl auf die gleiche Zielgruppe schielen.

Das sich FR auch so negativ auswirken kann, sehe ich in dieser Form das erste Mal, wird aber bei Kenntnis der Zusammenhänge durchaus plausibel.

Ähnliche Effekte lassen sich auch beim Ashi Nakiri erzeugen wenn man dicke Möhren in 5-6cm lange Stücke trennt, diese etwas quaderförmig zuschneidet und dann in Längsrichtung, mittels Druckschnitt, in 1-2mm dicke Scheiben schneidet (für feine Stifte). Je nach Frische und Konsistenz der Möhre können sich diese großflächigen Scheiben so stark an die rechte Flanke saugen, daß man beim 2. oder 3. Schnitt denkt man würde versuchen mit dem Messerrücken zu schneiden weil sich die Scheiben partout nicht hochschieben lassen wollen. Ich wusste im ersten Moment überhaupt nicht was da los war.

Gruß
Thomas
 
Moin,

Danke euch :)

Eine Rückfrage zum Melonensaugglockeneffekt: nach dem Schattenwurf zu urteilen, war es die rechte Seite, an der die Melone gehoben werden konnte. Zuerst dachte ich der Hohlschliff links hätte ggf. ein Vakuum erzeugt, aber es war die flache rechte Seite, richtig?

Stimmt, tatsächlich hat es allerdings an beiden Seiten geklebt (sh. Bild mit der Möhre).

@ Thomas: Tatsächlich hatte ich diesen Effekt bisher bei keinem anderen Messer so stark... nicht bei Schanz Messern, nicht bei Lasern von Suisin, Ashi und Kono etc. Es stimmt, der kleine Trick funktioniert auch mit anderen Messern. Er soll lediglich der Anschauung dienen (mit Auberginen kann man sowas auch gut machen) und zeigen, dass der "negative FR" beim Nesmuk sehr stark ausgeprägt ist :rolleyes: Möhren schneiden (bspw.) resultiert in erheblichem Kraftaufwand, der IMHO trotz der dünnen Klinge und guten Schärfe kein Stück unterhalb von Standard Solingern liegt... aber natürlich anders und unberechenbarer.

Durch Schneidtechnik kann man hier natürlich noch ein wenig reduzieren (Wiegeschnitt z.B.) aber zum einen kommen dann andere Faktoren hinzu (Klingenlänge und -profil z.B.) und zum anderen macht sich der Effekt doch immer noch störend bemerkbar.

Natürlich hat das Review keinerlei Aussagekraft über die anderen Nesmuk Reihen, die geometrisch und von der Klingenoberfläche komplett anders beschaffen sein könnten. Ich würde dies daher eher als intrinsische Eigenschaft des vorliegenden Messers sehen und das Messer nicht ausschließlich darauf reduzieren, auch wenn tatsächlich diese Eigenschaft für mich ein Grund wäre das Messer alleine deshalb schon nicht zu kaufen...


Gruß, Gabriel

OT: die "Blades of the Gods" (wer denkt sich eigentlich solche Namen aus...:argw:) würden mich auch mal interessieren. Der Schliff sieht sehr komisch aus, irgendwie fast wie bei einem Takeda, bloß das Ganze mit M390... :confused: na viel Spaß beim Schärfen....
 
Scheint ja als ob die Zweifel berechtigt waren. Es stellt sich die Frage ob die eine Flanke komplett Flach gehalten ist aus ökonomischen bzw. Fertigungsgründen. Hätte man die Seite noch leicht ballig geschliffen sähe das ganze vermutlich schon wieder ganz anders aus.

Mit ähnlichem Design gibt es neuerdings Blades of the Gods zu kaufen, die wohl auf die gleiche Zielgruppe schielen.

Als ich die Fotos gesehen habe, dachte ich noch "sieht doch eigentlich ganz gut aus und kommt immerhin mit ner Tasche dabei". Dann habe ich nochmal genau auf den Preis geguckt (24cm Kochmesser) und mir ist die Spucke weggeblieben...
 
Sicher, dass das Messer nicht auf beiden Seiten leicht hohl geschliffen ist? Sieht nämlich so aus und erklärt auch die Geometriewerte.
Wieso sollte das Messer nur links einen Hohlschliff haben? Was könnte die Absicht sein?

Bei 18cm Klingenlänge braucht man natürlich einen stärkeren Bauch um überhaupt wiegen zu können. Geht Zugschnitt wirklich nicht. Meistens ist es ja so, dass der Schwung gegen Griff ein wenig abnimmt und deshalb trotz Bauch noch Zugschnitt möglich ist. Der Griff gefällt mir sehr gut. Zum Übergreifen ist das Messer nicht gemacht.

Spannend wäre, wenn die Wate mit diesem Profil ballig auf 0,15 mm ausgeschliffen wäre. So hat man wahrscheinlich bloß ein mittelmäßig schneidendes Messer mit schlechtem Foodrelease. Wie ist eigentlich die Klingenhöhe?
 
Sicher, dass das Messer nicht auf beiden Seiten leicht hohl geschliffen ist? Sieht nämlich so aus und erklärt auch die Geometriewerte.
Wieso sollte das Messer nur links einen Hohlschliff haben? Was könnte die Absicht sein?

Zitat nesmuk.de (12.02.2016):

"Die Klinge der Nesmuk SOUL Kochmesser – einseitig hohlgeschliffen, 180 mm lang und 3 mm stark..."

Über die Absicht kann man nur spekulieren. Könnte seine Inspiration in den japanischen einseitig geschliffenen Messern haben oder analoge Absichten, nämlich das Erzeugen eines Luftpolsters zwischen Schnittgut und Klinge und somit ein guter FR... hat nicht so wirklich geklappt, vermutlich, da der Hohlschliff zu sanft ausgeführt ist.

Zugschnitt "geht" irgendwie natürlich schon, klappt aber IMHO mit jedem Santoku, Gyuto etc. vergleichbarer Größen mit weiter heruntergezogener Spitze deutlich besser.

Wie ist eigentlich die Klingenhöhe?

Klingenhöhe habe ich nicht vermessen. Ein paar technische Daten (Quelle: Messerspezialist):

Klingenlänge: 19 cm
Gesamtlänge: 33 cm
Klingenhöhe: 4,2 cm
Gewicht: 110 Gramm

einseitiger Hohlschliff
Klingenmaterial: Niob-Hochleistungsstahl
Härte: 61 HRC


...Es stellt sich die Frage ob die eine Flanke komplett Flach gehalten ist aus ökonomischen bzw. Fertigungsgründen. Hätte man die Seite noch leicht ballig geschliffen sähe das ganze vermutlich schon wieder ganz anders aus.

Stimmt.


Gruß, Gabriel
 
"nämlich das Erzeugen eines Luftpolsters zwischen Schnittgut und Klinge und somit ein guter FR... hat nicht so wirklich geklappt, vermutlich, da der Hohlschliff zu sanft ausgeführt ist." Das könnte die Erklärung sein. Theoretisch hätte das Messer dann bloß an zwei Stellen Kontakt mit dem Schnittgut - also wenn Schnittgut total starr wäre- ist es aber nicht und deshalb entwickelt es eher einen Ansaugeffekt. Die Klinge ist weniger hoch als gedacht. 110 g sind wirklich leicht. Ist es nun 18 oder 19cm lang? Irgendwie halbgar das Messer.
 
Hallo zusammen,

vielen Dank Gabriel für den tollen Bericht und dass du dich bereit erklärt hast mein Nesmuk zu testen!! :super:

Werde später in einer ruhig Minute auch noch ein paar Worte zu dem Messer verlieren, wobei ich jetzt schon sagen kann, dass ich Gabriel in den wesentlichen Aussagen nicht widersprechen werde ;)

Tiffel, kann dann auch noch mal ein paar Werte hinterherschieben.

Bis dahin
fabstar
 
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Vielen Dank, Gabriel, für die gewohnt informative Besprechung.

Die beiden Schwachstellen des Messers, nämlich die einseitige schwache Hohlschliff, der nicht macht, was er soll (beim food release helfen), und die bauchige und gleichzeitig kurze Klinge, sind m.E. dem besonderen Marketing-Ansatz des Herstellers geschuldet.

Meine Erfahrungen mit hohlgeschliffenen und gleichzeitig relativ hohen Klingen ist ungefähr die von Tiffel beschiebene. Das Schnittgut "folgt" dem Hohlschliff, die Oberfläche saugt sich fest. Ich habe ein beidseitig hohlgeschliffenes Jagdmesser, das dünn ausgeschliffen ist und rein optisch küchentauglich scheint, dann auch leicht schneidet, aber das Geschnittene nur schwer freigibt. Als Küchenmeser eignet es daher nicht. Ein Hohlschliff ist eben keine Hohlkehle. Wenn dann noch eine polierte oder semi-polierte Oberffläche hinzukommt, hat man den von Gabriel beschriebenen Effekt.

Warum macht man das denn? Hier kann man nur spekulieren. Erst einmal schneidet es natürlich leicht und das ist klar ein Vorteil. Leider wird der Vorteil durch das von Gabriel beschriebene "Anpappen" wieder zunichte gemacht, wenn man die Sache unter dem Gesichtspunkt der Effizienz betrachtet. Effizienz ist in der Privatküche aber nicht unbedingt ein zentrales Kriterium. Außerdem liefert der einseitige Hohlschliff ein Verkaufsargument u.a. zu Rechtfertigung des Preises: "Schauen Sie mal, wie aufwendig die Klinge geschliffen ist, die eine Seite plan, die andere hohl. Das hat kein anderes Messer." Was auch auch nicht ganz falsch ist. Die passende Frage des Kunden wäre dann natürlich, warum das nicht weiter verbreitet ist...

Die zweite Marketing-Entscheidung betrifft die Klingenlänge im Verhältnis zum Schneidenform. Selbst hier im einem Fachforum arbeiten viele lieber mit Klingen zwischen 18-21 cm (ihr habt zu kleine Bretter;)) als mit 27ern oder 30ern. In einer durchgegenderten Gesellschaft ist es schwer, ein echtes Messer an den Mann zu bringen (Stichwort "magersüchtige Santukos" :steirer:). Wenn man bei einer zivilen Größe bleibt, schreckt man niemanden ab.

Für den Normalverbraucher muss dann noch eine bauchige Klinge dran, weil viele Lehrvideos von Köchen als Einstieg in die Schnitttechnik den Wiegeschnitt mit zwei Händen verkaufen (zweite Hand oben an die Klinge), siehe z.B. Jamie Oliver. Ein Messer für Normalverbraucher muss also vor allem Wiegeschnitt fähig sein, andere Schnitttechniken stehen hinten an. Zweihändiges Wiegen als Schlusstechnik funktioniert auch ganz gut, man kann Sachen relativ schnell ziemlich klein wiegen und hat keine Finger in Schneidennähe. Es ist also idiotensicher, dauert halt etwas länger, aber das ist in der privaten Küche ja egal. Auf die Weise kann man ausschließen, dass Leute, die zum ersten Mal ein scharfes Messer in der Hand haben, später eine Fingerkuppe im Essen finden. Würde man denen gleich ein 27er in die Hand drücken und zum Choppen raten, sähe das wohl anders aus...

Ein weiterer Marketingvorteil dabei ist die unverwechselbare Form, welche die Wiedererkennung der Marke erleichtert.

Alles in allem denke ich also, dass der von Gabriel fachmännisch beschriebenen Performance des Nesmuks eine bewusste Entscheidung des Herstellers zugrundeliegt. Das ist nicht passiert, sondern so gewollt. Ist nicht jedermanns Sache - meine leider auch nicht.

edit: @fabstar
Habe gerade erst gesehen, dass es dein Messer ist. Was ich zum Verhältnis zwischen Hersteller und Kunden geschreiben habe, war eine allgemeine Überlegung und nicht auf dich persönlich bezogen. Vor allem wollte ich nicht unterstellen, dass du Normalverbraucher und kein Fachmann bist. Mir ging es um eine Überlegung zur Marketingstrategie von Nesmuk und nicht um deine persönliche Kaufentscheidung.

Ich hoffe, die Diskussion hier vermiest dir das Messer nicht. Wie gut man mit einem Messer zurecht kommt und ob es sich bewährt, ist ja auch immer eine Frage der persönlichen Vorlieben.
 
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(ihr habt zu kleine Bretter)
Ich gebe es zu, da ist was dran. Es hängt auch vom Platz in der Küche ab. Und wenn ich für mich koche, sind die Mengen echt überschaubar, da reicht ein "kleines" Messer allemal.

Der Wiegeschnitt wird allerdings bei Ottonormalverbraucher eher nicht angewandt. Man merkt das in der Messerberatung, wenn die meisten gar nicht wissen was das ist. Außerdem sind die Nesmuks viel, viel zu teuer für Ottonormalhannes.

Der Hohlschliff bei zweilagigen Japanern hat meines Wissens als Grund nicht die Schnittgutfreisetzung, sondern die dünnere Schneide. Außerdem zieht dadurch das Messer geringfügig ins Schnittgut, was z.B. beim Sashimi erwünscht ist.
 
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Auf dem 10ten Bild sieht es so aus als ob die Klinge krumm ist oder täuscht das ?
 
So...

nun hab ich ein wenig mehr Zeit, Gabriels super Bericht mit meinen Eindrücken zu ergänzen:

@tiffel: habe gemessen. Die Klingenhöhe beträgt zum Griff hin etwa 4,2 cm. An der Krümmung zur Spitze hin sind es noch 3 cm

@ Atlantik: Als ich mich für das Messer entschieden habe, möchte ich mich schon als Ottonormalverbraucher bezeichnen. Mittlerweile denke ich schon, dass ich in den letzten zwei Monaten durch Euch ganz viel dazugelernt habe. Insofern passt deine Aussage schon auch ein wenig auf mich. Vermiest hat mir der Review das Messer keinesfalls und es sollte ja auch das Ziel sein, eine ehrliche Einschätzung zu erhalten.

Zu meinen Eindrücken:

Zunächst finde ich nach wie vor, dass das Nesmuk in keinem Fall ein schlechtes Messer ist. Ich kann es mit meinem WMF vergleichen und es ist schon wesentlich dünner und auch schärfer als dieses. Zwar habe ich (noch) keinen Vergleich mit anderen Messern in einer Preisliga > 200€, aber nach allem, was ich hier gelernt habe dürfte von der reinen Performance und dem verwendeten Material her der faire Preis so zwischen 150€ und 200 € liegen. Wenn man jedoch als Maßstab die 390 €, die das Messer kostet, heranzieht und mit Messern dieser Preisliga vergleicht, dann hinkt das Nesmuk in vielen Bereichen sicherlich hinterher.

Die Schwächen hat Gabriel klar herausgestellt. Insbesondere stört mich der praktisch nicht vorhandene FR. Gerade bei höherem Schnittgut und leicht haftendem wirkt sich die Klinge derart negativ aus, dass es trotz der wie ich finde scharfen Klinge nur mit hohem Krafteinsatz durch das Schnittgut geht. Das fängt im übrigen schon bei großen Zwiebeln an. Auch bei Lauch z.B. fängt es ab der Mitte des Schneidens an zu stocken. Nervt ein wenig, aber zum Glück jagd mich ja keiner beim gemütlichen Schnibbeln ;-). Anderes Schnittgut, wie z.B. Paprika funktioniert dagegen hervorragend.

Was das Finish angeht, hab ich ehrlich gesagt immernoch nicht gesehen, dass da was großartig schief ist, aber das lass ich mal so stehen.

Optisch gefällt mir das Messer noch immer ausgesprochen gut. Aber auch das ist schließlich Geschmacksache.

Wie beurteile ich also "mein" Nesmuk?

Ehrlich gesagt bereue ich den Kauf noch immer nicht. Mir war von vornherein bewusst, dass man für gleiches Geld sicherlich besseres bekommen kann. Jedoch ist das Nesmuk zu allem, was ich vorher besessen habe, eine deutliche Steigerung. Außerdem hat mir das Messer optisch derart gut gefallen, dass ich einfach diesen "haben will" Effekt erlegen war... Ihr kennt das sicherlich.

Wem ich das Messer nicht empfehlen würde ist demjenigen, der jeden Tag für 4-6 Personen kochen muss. Da würde mich der FR einfach nur nerven. Zum gelegentlichen Kochen für sich und Freunde in geselliger Runde dagegen finde ich es schon was feines. Ist ja auch was fürs Auge und somit ein wenig ein Prestigeobjekt. Ihr Messerverrückten (das meine ich positiv) werdet aber aufgrund der genannten Punkte keine Freude haben, da der Vergleich mit Euren anderen tollen Messern in der Regel negativ ausfallen wird.

Für wen ist das Nesmuk also konzipiert. Ich sag mal so: Für die obere Mittelschicht (aufwärts) und Leuten, denen es egal ist, ob sie 100€ oder 400€ ausgeben. Leuten, die auch mal gerne zeigen wollen, was sie haben und gleichzeitig in den Glauben versetzt werden, das ist das Nonplusultra an Messerschmiedekunst. Sind wir mal ehrlich: Die meisten haben keine Ahnung von Messern (ich vor drei Monaten schließe mich da mit ein) und wenn sie das Nesmuk bei Bekannten sehen, dann beeindruckt das schon. So erging es zumindest mir, als ich das Messer auf einer Food-Messe in Frankfurt das erste Mal gesehen habe. Euch "Profis" wird das Messer nicht überzeugen. Mutti oder mittlerweile auch Vati (und von Messerforum noch nie etwas gehört hat), die/der täglich für die Familie kocht auch nicht. Die benutzen, wenn es hoch kommt die Solinger Standardware und das ist auch vollkommen ok so ;)

Fazit: Mein bei meinem nächsten Messer (und das kommt mit Sicherheit) werde ich doch deutlich mehr Augenmerk auf bestimmte Performanceeigenschaften legen. Daher bin ich auch so gespannt auf den PA von Jannis neuer Serie. Das 21er Gyuto mit Hohlkehle wäre da ganz nach meinem Geschmack :)

Hoffe ich konnte noch ein wenig zur Erleuchtung beitragen.

Gruß
fabstar
 
Moin,

danke fabstar für deine Ergänzungen!

Ehrlich gesagt bereue ich den Kauf noch immer nicht. Mir war von vornherein bewusst, dass man für gleiches Geld sicherlich besseres bekommen kann. Jedoch ist das Nesmuk zu allem, was ich vorher besessen habe, eine deutliche Steigerung. Außerdem hat mir das Messer optisch derart gut gefallen, dass ich einfach diesen "haben will" Effekt erlegen war... Ihr kennt das sicherlich.

Das war ja auch nicht Sinn der Sache, den "haben wollen"-Effekt kenn ich nur zu gut und dagegen ist nicht das geringste einzuwenden :super:


Gruß, Gabriel
 
" Ich sag mal so: Für die obere Mittelschicht (aufwärts) und Leuten, denen es egal ist, ob sie 100€ oder 400€ ausgeben. Leuten, die auch mal gerne zeigen wollen, was sie haben und gleichzeitig in den Glauben versetzt werden, das ist das Nonplusultra an Messerschmiedekunst."
Genauso sehe ich das auch. Als Atlantik seinen Post editiert hat, habe ich folgendes bei meinem letzten Post wieder gestrichen: "Das sind eher Messer für Lieschen von Müller, also Leute die zwar viel Geld aber wenig Ahnung haben. Leute, die etwas besonderes wollen, das besondere aber nur am Preis erkennen und dann mit "Ausstattungsmerkmalen" wie einseitiger Hohlschliff "überzeugt" werden wollen." Da du das jetzt aber selbst sagst, traue ich mich, das doch noch hinzuschreiben.

Mich wundert übrigens, dass niemand was über die tollen Griffe schreibt, die so aussehen als seien sie gegenüber den üblichen Japanern ein klarer Fortschritt. Im Pinchgrip zeigt sich das natürlich nicht. Das sind mal keine japanischen "Besenstile", sondern Griffe, die in alle Richtungen sehr komplex geformt sind. Das Design ist ganz klar die Stärke dieser Messer. Für dieses sichtbare Plus kann man offensichtlich auch den Preis erzielen, den sie kosten. Im Blind-Cuttingcontest, sozusagen "the knife of germany", wäre das Nesmuk soul wohl nicht weitergekommen.

Deshalb würde mich interessieren, wie das Messer sich schlägt, wenn die vorderen drei Milimeter ballig auf etwa 0,15 mm ausgedünnt würden. Mit durchschnittlich 0,3 hinter der Wate kann es einfach seine Anlagen nicht ausspielen. Das wäre wie wenn man einen 500 PS Motor in einen Wagen einbauen würde, dann die Geschwindigkeit aber auf 160 km/h drosselt. Schade um die verschenkte Performance. Wenn dich in ein paar Jahren mal der Ehrgeiz packt und du meinst da müsste noch was gehen, dann würde mich ein Update interessieren.

Hoffe ich konnte noch ein wenig zur Erleuchtung beitragen.
Konntest du - Danke.
 
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