Gabriel
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Nesmuk Soul Kochmesser Mooreiche 180 mm
Dank eines freundlichen Mitforumiten hat sich die (hier im Forum wohl) seltene Gelegenheit ergeben, ein Nesmuk zu testen. In vielen Foren, Blogs oder hiesigen Ladengeschäften in schicken Einkaufsstraßen werden die Nesmuks gerne als das Nonplusultra der europäischen Serienmesserkunst gelobt. Hier im Forum stehen Diskussionen über die Nesmuk meist unter dem Stigma des „überteuerten Livestyle-Produkt“ und ja, die Nesmuks sind teuer, aber ob noch mehr dahinter steckt und ob der Preis ggf. sogar gerechtfertigt ist, war ich gespannt herauszufinden. Das Messer, welches ich ca. 2 Wochen testen durfte war das Kochmesser der Nesmuk Soul Reihe mit einem Griff aus Mooreiche.
Verarbeitung & Finish
Der erste Eindruck wird geprägt durch die aufwendige Verpackung. Das Messer selbst kommt eher schlicht daher. Einfache quersatinierte Klinge, geschwungener Griff aus Mooreiche mit einer Zwinge aus (vermutlich) Edelstahl. Auf den ersten Blick sauber gemacht. Die Linienführung ist eher Geschmackssache, man könnte es aber durchaus als elegante Erscheinung betrachten. Im Detail offenbaren sich ein paar Schwächen. Zum einen steht die Klinge etwas schräg im Griff. Zudem sind Klingenrücken und Kehl eher scharfkantig. Das Klingenfinish selbst ähnelt dem typischen „Schanz“-Finish. Ansonsten lass ich mal ein paar Bilder sprechen:
Klingengeometrie und Food Release
Die Klingengeometrie des Nesmuks ist recht eigen. Die Klinge selbst wirkt recht dünn und hat eine interessante Geometriegestaltung. Auf der rechten Seite ist die 180 mm lange Klinge sehr flach geschliffen, auf der linken Seite ist sie du einen flach verlaufenden Hohlschliff geprägt. Es ergeben sich entsprechend interessante Messwerte (mach ich ja sonst nicht mehr aber hier musste der Messschieber nochmal ran …leider nur als Zahlen…):
Klingendicke (in mm; Kehl – Klingenmitte – 5 cm vor Spitze – 1 cm vor Spitze)
Wate (1 mm): 0,3 – 0,28 – 0,3 – 0,31
5 mm Klingenhöhe: 0,43 – 0,4 – 0,53 – 0,5
10 mm Klingenhöhe: 0,6 – 0,53 – 0,64 – 0,8
20 mm Klingenhöhe: 1,02 – 0,9 – 1,1 - /
Klingenrücken: 2,85 – 2,45 – 2,1 – 1,35
Besonders hervorstechend natürlich die Kombination aus einer gar nicht so extrem dünnenWate und doch sehr dünnen Werten darüber. Über die Intention dahinter kann ich natürlich nur spekulieren, ich vermute jedoch, dass es den Schnitt lenken und das Schnittgut von der linken Seite ablösen soll.
Nun ja, was soll man sagen…. Es hat überhaupt nicht funktioniert. Ich kann ohne jede Übertreibung behaupten, dass ich noch nie ein Messer getestet habe, welches einen dermaßen schlechten – oder sollte ich eher sagen „überhaupt keinen“? – Food Release aufweist.
Im PA Review des kleinen Schanz Lucidus Santoku hatte ich bemängelt, dass beispielsweise Auberginen stark an der Klinge kleben. Das Nesmuk Soul ist jedoch in der Lage nicht nur Möhren nach dem Schnitt am Messer hochzuheben…
Sondern auch das Messer quasi an eine Melone zu kleben…
Und sogar eine viertel Honigmelone an der Klinge lange genug anheben um bequem noch ein Foto zu machen
Ok, ich denke, es ist deutlich geworden, wo die vermutlich größte Schwäche des Nesmuks liegt. Dass die Schneidfähigkeit (im Sinne des nötigen Kraftaufwandes) darunter sehr stark leidet sollte deutlich sein. Der Effekt wird sich insbesondere bei mittelhartem bis festem und feuchtem Schnittgut aus. Ein wirklich leichter Schnitt stellt sich aber nur bei sehr flachem oder komplett unkritischem Schnittgut ein.
Klingenprofil
Das Klingenprofil ist ziemlich bauchig und somit klar eher auf Wiegeschnitt und Co. ausgelegt. Zugschnitt und Choppen liegt dem Nesmuk nicht wirklich, Druckschnitt geht. Um ordentlich im Wiegeschnitt arbeiten zu können, fehlt es dem Nesmuk etwas an Klingenlänge. Bei kleinerem Schnittgut funktioniert es gut. Die Klingenrückenstärke könnte nach vorne hin etwas weiter abnehmen für meinen Geschmack werden für das Einschneiden von Zwiebeln. Der Klingenrücken weist ebenfalls eine gewisse Krümmung auf. Um Schnittgut übers Brett zu schieben ist das nicht ideal.
Der Griff
Der Griff ist eigentlich schön anzusehen, es handelt sich wirklich um ein schönes Stück Mooreiche. Die Verarbeitung ist gut. Die Handlage ist natürlich Geschmackssache, zu meiner Handhaltung passt sie allerdings nicht. Im Pinchgrip machen sich dabei die scharfen Kanten am Kehl unangenehm bemerkbar.
Der Stahl
Die Klinge besteht aus „rostbeständigem Hochleistungsstahl mit Niobanteil“ (Quelle: nesmuk.de). Nach einer Diskussion hier im Forum könnte es sich ggf. um SB1 Niolox oder einen ähnlichen Stahl handeln (Angabe natürlich ohne Gewähr). Wer den Stahl kennt, weiß, dass dieser einen guten Kompromiss aus Robustheit, Standzeit und noch ganz guter Schärfbarkeit bietet. Dabei zeichnet er sich durch eine hohe Rostfreiheit aus. Ich habe den Stahl an meinen Schanz Küchen- und Outdoormessern schätzen gelernt. Das Nesmuk enttäuscht in dieser Hinsicht nicht und bietet somit einen gute Basis. Das Messer kam ordentlich geschärft (wurde vom Besitzer abgezogen)
Fazit
Auf die Zeit mit dem Nesmuk war ich sehr gespannt. Es ist ein Messer, was mich zunächst überrascht hat aufgrund der dünnen Geometrie, mich aber letztlich doch nicht überzeugen konnte insbesondere aufgrund des mangelnden Food Release und der für mich unpassenden Klingenprofil-Längen-Kombination. Den Preis habe ich versucht so gut es geht auszublenden, aber letztlich muss man natürlich schon betrachten, was man für sein Geld bekommt und ich bin offen gesagt der Meinung, dass man für deutlich weniger Geld deutlich bessere Messer bekommt… zwar nicht unbedingt mit viel besseren (rostträgen) Klingenstählen und Griffmaterialien, aber dafür mit besserer Geometrie mit insbesondere besserem Food Release und praktischerem Klingen- und Griffprofil.
Zum Abschluss: vielen Dank fürs Testen dürfen!
Gruß, Gabriel
Dank eines freundlichen Mitforumiten hat sich die (hier im Forum wohl) seltene Gelegenheit ergeben, ein Nesmuk zu testen. In vielen Foren, Blogs oder hiesigen Ladengeschäften in schicken Einkaufsstraßen werden die Nesmuks gerne als das Nonplusultra der europäischen Serienmesserkunst gelobt. Hier im Forum stehen Diskussionen über die Nesmuk meist unter dem Stigma des „überteuerten Livestyle-Produkt“ und ja, die Nesmuks sind teuer, aber ob noch mehr dahinter steckt und ob der Preis ggf. sogar gerechtfertigt ist, war ich gespannt herauszufinden. Das Messer, welches ich ca. 2 Wochen testen durfte war das Kochmesser der Nesmuk Soul Reihe mit einem Griff aus Mooreiche.
Verarbeitung & Finish
Der erste Eindruck wird geprägt durch die aufwendige Verpackung. Das Messer selbst kommt eher schlicht daher. Einfache quersatinierte Klinge, geschwungener Griff aus Mooreiche mit einer Zwinge aus (vermutlich) Edelstahl. Auf den ersten Blick sauber gemacht. Die Linienführung ist eher Geschmackssache, man könnte es aber durchaus als elegante Erscheinung betrachten. Im Detail offenbaren sich ein paar Schwächen. Zum einen steht die Klinge etwas schräg im Griff. Zudem sind Klingenrücken und Kehl eher scharfkantig. Das Klingenfinish selbst ähnelt dem typischen „Schanz“-Finish. Ansonsten lass ich mal ein paar Bilder sprechen:
Klingengeometrie und Food Release
Die Klingengeometrie des Nesmuks ist recht eigen. Die Klinge selbst wirkt recht dünn und hat eine interessante Geometriegestaltung. Auf der rechten Seite ist die 180 mm lange Klinge sehr flach geschliffen, auf der linken Seite ist sie du einen flach verlaufenden Hohlschliff geprägt. Es ergeben sich entsprechend interessante Messwerte (mach ich ja sonst nicht mehr aber hier musste der Messschieber nochmal ran …leider nur als Zahlen…):
Klingendicke (in mm; Kehl – Klingenmitte – 5 cm vor Spitze – 1 cm vor Spitze)
Wate (1 mm): 0,3 – 0,28 – 0,3 – 0,31
5 mm Klingenhöhe: 0,43 – 0,4 – 0,53 – 0,5
10 mm Klingenhöhe: 0,6 – 0,53 – 0,64 – 0,8
20 mm Klingenhöhe: 1,02 – 0,9 – 1,1 - /
Klingenrücken: 2,85 – 2,45 – 2,1 – 1,35
Besonders hervorstechend natürlich die Kombination aus einer gar nicht so extrem dünnenWate und doch sehr dünnen Werten darüber. Über die Intention dahinter kann ich natürlich nur spekulieren, ich vermute jedoch, dass es den Schnitt lenken und das Schnittgut von der linken Seite ablösen soll.
Nun ja, was soll man sagen…. Es hat überhaupt nicht funktioniert. Ich kann ohne jede Übertreibung behaupten, dass ich noch nie ein Messer getestet habe, welches einen dermaßen schlechten – oder sollte ich eher sagen „überhaupt keinen“? – Food Release aufweist.
Im PA Review des kleinen Schanz Lucidus Santoku hatte ich bemängelt, dass beispielsweise Auberginen stark an der Klinge kleben. Das Nesmuk Soul ist jedoch in der Lage nicht nur Möhren nach dem Schnitt am Messer hochzuheben…
Sondern auch das Messer quasi an eine Melone zu kleben…
Und sogar eine viertel Honigmelone an der Klinge lange genug anheben um bequem noch ein Foto zu machen
Ok, ich denke, es ist deutlich geworden, wo die vermutlich größte Schwäche des Nesmuks liegt. Dass die Schneidfähigkeit (im Sinne des nötigen Kraftaufwandes) darunter sehr stark leidet sollte deutlich sein. Der Effekt wird sich insbesondere bei mittelhartem bis festem und feuchtem Schnittgut aus. Ein wirklich leichter Schnitt stellt sich aber nur bei sehr flachem oder komplett unkritischem Schnittgut ein.
Klingenprofil
Das Klingenprofil ist ziemlich bauchig und somit klar eher auf Wiegeschnitt und Co. ausgelegt. Zugschnitt und Choppen liegt dem Nesmuk nicht wirklich, Druckschnitt geht. Um ordentlich im Wiegeschnitt arbeiten zu können, fehlt es dem Nesmuk etwas an Klingenlänge. Bei kleinerem Schnittgut funktioniert es gut. Die Klingenrückenstärke könnte nach vorne hin etwas weiter abnehmen für meinen Geschmack werden für das Einschneiden von Zwiebeln. Der Klingenrücken weist ebenfalls eine gewisse Krümmung auf. Um Schnittgut übers Brett zu schieben ist das nicht ideal.
Der Griff
Der Griff ist eigentlich schön anzusehen, es handelt sich wirklich um ein schönes Stück Mooreiche. Die Verarbeitung ist gut. Die Handlage ist natürlich Geschmackssache, zu meiner Handhaltung passt sie allerdings nicht. Im Pinchgrip machen sich dabei die scharfen Kanten am Kehl unangenehm bemerkbar.
Der Stahl
Die Klinge besteht aus „rostbeständigem Hochleistungsstahl mit Niobanteil“ (Quelle: nesmuk.de). Nach einer Diskussion hier im Forum könnte es sich ggf. um SB1 Niolox oder einen ähnlichen Stahl handeln (Angabe natürlich ohne Gewähr). Wer den Stahl kennt, weiß, dass dieser einen guten Kompromiss aus Robustheit, Standzeit und noch ganz guter Schärfbarkeit bietet. Dabei zeichnet er sich durch eine hohe Rostfreiheit aus. Ich habe den Stahl an meinen Schanz Küchen- und Outdoormessern schätzen gelernt. Das Nesmuk enttäuscht in dieser Hinsicht nicht und bietet somit einen gute Basis. Das Messer kam ordentlich geschärft (wurde vom Besitzer abgezogen)
Fazit
Auf die Zeit mit dem Nesmuk war ich sehr gespannt. Es ist ein Messer, was mich zunächst überrascht hat aufgrund der dünnen Geometrie, mich aber letztlich doch nicht überzeugen konnte insbesondere aufgrund des mangelnden Food Release und der für mich unpassenden Klingenprofil-Längen-Kombination. Den Preis habe ich versucht so gut es geht auszublenden, aber letztlich muss man natürlich schon betrachten, was man für sein Geld bekommt und ich bin offen gesagt der Meinung, dass man für deutlich weniger Geld deutlich bessere Messer bekommt… zwar nicht unbedingt mit viel besseren (rostträgen) Klingenstählen und Griffmaterialien, aber dafür mit besserer Geometrie mit insbesondere besserem Food Release und praktischerem Klingen- und Griffprofil.
Zum Abschluss: vielen Dank fürs Testen dürfen!
Gruß, Gabriel
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