Santoku - Was sind denn die drei Tugenden?

Besserbissen

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Es wird immer gesagt, das Santoku sei das Messer der "drei Tugenden": 三徳包丁
Die Übersetzung der Zeichen kann man sich ja auch ohne Japanisch-Kenntnisse zusammenreimen, was aber sind die drei Tugenden?

Hier kommt immer die Antwort: Fleisch, Fisch und Gemüse.

Ist das wirklich so? Wieso sollen Lebensmittel Tugenden sein? Bei den 7 Tugenden der Samurai sind Fleisch, Fisch und Gemüse jedenfalls nicht zu finden.
 
Hi Besserbissen

Meinst Du diese Frage wirklich ernst? Dann will ich sie ernst beantworten. Ein Santoku hat mit Samurai nichts zu tun! Weder historisch, noch von den Tugenden her.

Der Ursprung der Santoku-Form ist recht modern, liegt nicht viel länger als 100 bis 12o Jahre zurück. Es stammt also aus einer Zeit, in der die Samurai als Machtfaktor längst begraben und vergessen waren. Denn dieser untergeordnete Kriegerstand einer vorindustriellen feudalen Gesellschaftsordnung hatte seine letzten Zuckungen während der sog. Meji-Restauration Mitte des 19. JH, als sogar der Stand der Samurai offiziell aufgelöst wurde.

Laut Wikipedia begann der eigentliche Siegeszug des Santokus erst „seit dem Wirtschaftswunder nach Ende des Zweiten Weltkriegs gehört neben Fisch und Gemüse auch Fleisch zu den häufig verwendeten Nahrungsmitteln. So wurde die Klingenform eines westlichen Fleischmessers mit der eines traditionellen Hōchō kombiniert.“

Also: Das Santoku hat mit den Samurai in etwa so viel zu schaffen wie mein Spickmesser mit einem mittelalterlichen Ritter-Ethos.

Grüße,
Stefan
 
Meinst Du diese Frage wirklich ernst? Dann will ich sie ernst beantworten. Ein Santoku hat mit Samurai nichts zu tun! Weder historisch, noch von den Tugenden her.
Das habe ich auch nicht behauptet. Aber ich meine die Frage schon ernst:

Ein Santoku ist das Messer der "drei Tugenden". Plappern alle nur nach, dass es sich dabei um "Fleisch, Fisch und Gemüse" handelt? Mir scheint die Erklärung, es handle sich bei den Lebensmitteln, die mit dem Messer (angeblich) gut zubereitet werden können um 3 Tugenden, eher zweifelhaft.

Zumal es für (Rind-)Fleisch in Japan dem Namen nach einen anderen Experten gibt: ein Gyuto, wobei die Bezeichnung sicherlich nicht zufällig an Wagyu erinnert.
 
Die drei Tugenden sollen wohl die Eigenschaften des Santoku sein, mit allen dreien gleichermaßen gut umgehen zu können. Soweit mein Senf; k.A. wie sich's in echt verhält;)
Ich für mein Teil benutze in meiner Küche praktisch nur 3 Messer - Brotmesser, 8-cm-Gemüsemesser und ein 13-cm-Santoku. Langt zu 90%. Aus purer Lust vielleicht auch mal ein Barkie, Laguiole oder sonstwas zum Schnippeln. Heute z. B. mit den Woodland Special das Gemüse kleingemacht.
 
Sorry aber ich hab gerade einen kleinen ( sorry ich weiß es gibt auch große ) Japaner im Kopf , der vor einem
300 Kg Thunfisch mit seinem Santoku steht...etwas bedröppeltes Gesicht.
Ich finde es schön alte Tradition , Kultur immer wieder einzubringen..denn mehr ist es nicht
 
Übersetzungen aus Sprachen eines anderen Kulturkreis sind so eine Sache, ganz besonders wenn diese Epochen übergreifend erfolgen.

Dennoch, Tugend kommt von Tauglichkeit, allerdings spricht heutzutage niemand ernsthaft von einer Tugend, wenn ein Messer für einen bestimmten Anwendungsbereich taugt.

Die traditionellen japanischen Klingen sind ja eher berühmt für ihren eingeschränkten Einsatzbereich - für jede Hauptanwendung eine eigene Klinge.

Insofern würde ich ein Santoku als Allrounder gelten lassen - in einer üblichen privaten Küchen, wo ganze Thunas und Rinderhälften eher unüblich sind. Mein Herder K5 würde ich schon als deutsches Santoku sehen, obschon als Kochmesser deklariert.

grüsse, pebe


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Zuletzt bearbeitet:
Das habe ich auch nicht behauptet. Aber ich meine die Frage schon ernst:

Ein Santoku ist das Messer der "drei Tugenden". Plappern alle nur nach, dass es sich dabei um "Fleisch, Fisch und Gemüse" handelt? Mir scheint die Erklärung, es handle sich bei den Lebensmitteln, die mit dem Messer (angeblich) gut zubereitet werden können um 3 Tugenden, eher zweifelhaft.

Zumal es für (Rind-)Fleisch in Japan dem Namen nach einen anderen Experten gibt: ein Gyuto, wobei die Bezeichnung sicherlich nicht zufällig an Wagyu erinnert.
Ich denke man muss generell bedenken, dass die japanische Kultur gerne für Vermarktungszwecke exotisiert und mystifiziert wird. Da das Santoku (laut Wikipedia) tatsächlich eine recht moderne Erscheinung (ca 1940er) ist, könnte es sein, dass der Begriff der drei Tugenden rein für den westlichen Markt entstanden ist.

Fakt ist (zumindest nach Google translate):

三徳 = Santoku

三 = drei

徳 = Tugend


Was diese drei Tugenden sein sollen ist dabei unklar. Die englische Wikipedia spricht zum Beispiel von „cutting, slicing, and chopping“ wobei hier als Quelle auch wieder nur ein westlicher Messerhersteller angegeben ist. Es ist am Ende wahrscheinlich auch egal, weil es sich nicht um einen aus Tradition entwickelten Begriff handelt.
 
Es ist doch offensichtlich, dass das Santoku als japanisches Allroundmesser deklariert wird, das eben nicht ein optimiertes Fleisch oder Fisch oder Gemüsemesser ist.

Sondern folglich die Tugend oder Tauglichkeit besitzt diese 3 verschiedenen Lebensmittel grundsätzlich verarbeiten zu können. Wenn Brot, Hartkäse und Gummibärchen als Überbegriff genannt wären, wäre es halt einigermaßen falsch.

Yup. Es es ist üblich, dass hier Forum dann gleich welche um die Ecke kommen, die ohne ihre 12 einseitig geschliffenen Japaner keine Spaghetti kochen können und ebenso diejenigen, die mit ihrem Opinel Nahkampf, Outdoor und sämtliche Küchenarbeiten verrichten.

Hab‘ ich jemanden vergessen?

grüsse, pebe
 
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In einigen Regionen sind Sprachen blumig. Dazu gehören unter anderem China, Japan, Korea sowie einige arabische Sprachen. Ich erinnere mich noch gut an die allgemeine Häme in den Medien als Saddam Hussein 1990 von der Mutter aller Kriege (Schlachten) sprach. Natürlich war Herrn Hussein klar, dass Krieg nichts mit Mutter zu tun hat. Er wollte damit lediglich ausdrücken, dass es sich um einen wichtigen, gewaltigen, fürchterlichen Krieg handelt und hat sich der in seinem Lande üblichen Sprache bedient. Die Häme war überflüssig und zeugte vom Unverständnis dieser Medien. Die Bedeutung einer blumigen Sprache erschließt sich dem westlich geprägten Menschen nicht immer so leicht wie beim "Mutter aller Kriege". Ich kann auch nichts zum Santoku und den 3 Tugenden beitragen. Da sollte man sich mal, falls in dieser Angelegenheit wirklich Aufklärungsbedarf besteht, mit einem Japaner sinologischer Ausbildung zusammen setzen. Der wird vermutlich Licht in das Dunkel bringen können.
 
Aller guten Dinge sind drei

Dann fasse ich mal die bisherigen Kommentare zusammen:

Ein Santoku ist das Messer der 3...

...Zutaten: Fleisch, Fisch und Gemüse
...Schneidtechniken: cutting, slicing, and chopping
...Messertypen: Yanagiba, Deba und Usuba

Man könnte auch sagen, es kann alles ein bisschen aber nichts richtig gut.
 
So ist das mit Kompromissen... eigentlich verlieren alle, in dem Fall eben an speziellen Eigenschaften. Klar kann es nichts "perfekt". Aber alles eben ganz gut. Und das reicht ja dem der es benutzen soll, der normale Haushalt der sich darum nicht weiter kümmert, sondern eben DAS EINE braucht... Mit dem Standard deutschen Kochmesser ist es doch nicht anders. Es wird für alles hergenommen und macht was es soll. Nichts davon perfekt, aber gut. Nur wird ihm eben keine Tugend zugesagt sondern es ist ein "Küchenmesser". Also für alles zu haben was in der Küche anfällt.

Gruß Fabian ✌️
 
So ist das mit Kompromissen... eigentlich verlieren alle, in dem Fall eben an speziellen Eigenschaften. Klar kann es nichts "perfekt". Aber alles eben ganz gut. Und das reicht ja dem der es benutzen soll, der normale Haushalt der sich darum nicht weiter kümmert, sondern eben DAS EINE braucht... Mit dem Standard deutschen Kochmesser ist es doch nicht anders. Es wird für alles hergenommen und macht was es soll. Nichts davon perfekt, aber gut. Nur wird ihm eben keine Tugend zugesagt sondern es ist ein "Küchenmesser". Also für alles zu haben was in der Küche anfällt.

Gruß Fabian ✌️
So sehe ich das auch.

In Japan ist das adaptierte Kochmesser/Gyuto einfach für andere Zwecke als den Allzweck vorgesehen, das Rind zerteilen. Dort ist das Santoku das Hausfrauen Messer, dies hat das Funayuki abgelöst dass früher das Allzweckmesser dort war.

Pastafariman ___-).
 
So ist das mit Kompromissen... eigentlich verlieren alle
Aber beim Santoku verliert doch eigentlich fast niemand. Ein (gutes) Santoku ist für allermeisten Aufgaben in einer privaten Küche sehr gut, wenn nicht sogar perfekt, geeignet. Ich verstehe z.B nie, warum Nakiris immer als spezialisierte Gemüsemesser verkauft werden. Versteht mich nicht falsch, ich finde Nakiris geil, würde aber trotzdem jedem nicht-Messernerd eher ein Santoku empfehlen, auch wenn er ausschließlich Gemüse zubereitet.
 
Hallo!
Ich fand die Fragestellung interessant.
Also habe ich bei Burrfection nachgefragt. Hier die Antwort:
In Kanji "Santoku" (三徳) does mean "Three Virtues", but there isn't a fixed or official definition of that. The name of this type of knife 三徳 comes from Meat, Fish and Vegetables, meaning that it's a versatile, all-purpose kitchen knife that can handle various tasks. Note that the number "3" is more like a magic number that represents the idea of "many", rather than the definite number "3".

Compared to a Gyuto, also a versatile all-purpose knife, a Santoku is shorter, so it's more suitable to be used in a home kitchen as opposed to a professional kitchen. The belly of a Santoku is more flat compared to a Gyuto, but a little more curvy than a Nakiri, making it a knife that's suitable for up-down chopping motion as well as push-pull slicing or cutting motion.

Auf Magie wäre ich nie gekommen.

Pietje
 
„Tugenden“ soll man sich behalten. Und wenn es nur 3 sind.
Die Historie der japanischen Messer sind meist/immer mit Magie (@Pietje ;) ) verknüpft. Je nachdem wen, wie und in welcher Region/Präfektur man fragt.

Hier meine Santoku "Magie" in Kurzform, wie mir es irgendwann erklärt wurde:
Hat sich in den 1940/50er Jahren so ergeben, da die Japaner*innen in den südlicheren Regionen mit der westlichen (US-) Kochkultur konfrontiert wurden.
Da waren die einseitgen Messer bei der Vor-/Zubereitung nicht gerade prädestiniert. Und die Westler mit einseitig geschliffenen nicht zurecht kamen.
Obwohl es wirtschaftlich bergauf ging in Japan, die Gehälter stiegen, sich viele trotzdem nichts leisten konnten, die Unternehmen nicht immer die Gehälter ausbezahlten, die Hausfrau aber Messer brauchte, kam die Idee des Santokus. Hausfrau brauchte nur ein Messer für 3 Anwendungen, die Westler kamen damit auch klar. Nachfrage stieg, die Schmieden hatten auch ihr Ein- und Auskommen, usw ........

Nachtrag: Ich muss es erwähnen und möchte keine zusätzl. Diskussion auslösen. Das würde bei der Vielzahl der japanischen Messervarianten die Büchse der Pandorra öffnen.
Ein "Funayuki" ist kein typisches Haushalts-Allzweckmesser im gesamten Japan (gewesen). Ähnlichkeiten zu einem Mioroshi Deba oder Deba sind vorhanden, obwohl es dünner und leichter ist. Die 3 Standard-Tugenden des japanischen Haushaltes bestanden eher aus Nakiri od. Usuba od. Usuba Kamagata, einem Deba od. Bunka. Die Liste der früheren haushaltüblichen Messer in den japanischen Küchen variierte jedoch je nach Region, den zubereiteten Lebensmitteln usw. usw.
 
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Dann bleibt ja nur noch die Frage welche 3 "Anwendungen" das sind?

Cutting, Slicing, Chopping
für Fleisch, Gemüse und Fisch
...
;)
 
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"3 Anwendnungen" > "westliche Kochkultur mit Fleisch, Gemüse, Fisch".
Ob Tugend oder Anwendungen, es gibt mE gibt keine feste/klare Definition.
Offiziell lassen sich "3 Tugenden" halt besser verkaufen als "3 Anwendungen".
 
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