Schleifanleitung gesucht

MPS

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Hallo,

zwei Fragen habe ich:

1. Kann mir jemand sagen, wo ich eine gute Anleitung zum Thema Schleifen finden kann, vor allem bezogen auf Winkel und auf eine Definition von Schärfegraden (z. B. Küchenmesser sind mit einem Schleifwinken von x° bestens bedient; ein Rasiermesser soll lieber x° aufweisen; eine Axt x°; mit x° kann man Haare und sogar Gedanken spalten)?

2. Wer hat Information darüber, wie hart Messerstahl ist im Vergleich zu einem Diamanten, der auf einer bestimmten Skala (Name ist mir entfallen) als eine 10 gilt? Als ich vor Jahrzehnten mich mit Geologie befasste, hieß es, auf jener Skala habe Glas eine 6, und Stahl ebenfalls. Stimmt das in etwa?

Viele Grüße und Danke im Voraus
MPS
 
Zum Einlesen ist Leo's Seite sehr gut geeignet, da sind auch ein paar Bereiche für Schneidenwinkel bei bestimmten Anwendungen gegeben. Generelle Winkelangaben kann man wohl schlecht machen, es ist halt immer ein Kompromiss zwischen Schnitthaltigkeit und Schärfe. Haarespalten dürfte allerdings relativ wenig mit dem Schneidenwinkel zu tun haben, alles was an der Schneide dünn genug ist kann prinzipiell rasieren.

Zu 2. Nach kurzem einlesen in Wikipedia dürfte die gemeinte Härteskale wohl Mohs sein, die allerdings nur bei Mineralen verwendet wird. Außerdem gibt es keine "einheitliche Härte" bei Messerstahl, da können schon ziemliche Unterschiede herrschen. Ein relativ hoch gehärteter Messerstahl kann jedoch Glas ritzen, sollte also eigentlich über 6 liegen.
 
Vielen Dank für die Hinweise. Inzwischen habe ich gesehen, dass bei Messerstahl die Rockwell-Härten zwischen ca. 55 und 66 liegen, aber dummerweise habe ich noch nicht in Erfahrung bringen können, was dann die theoretische Obergrenze auf der Rockwell-Skala ist. Wie hart ein sehr guter japanischer Messerstahl ist im Vergleich zum härtesten messbaren Objekt überhaupt -- vielleicht gibt es auch darüber bei Wikipedia etwas. Ich schaue nach.
Gruß
MPS
 
Theoretisch ist 100HRC die maximale Härte die man bei dem HRC-Verfahren errechnen könnte (keine Eindringung in den Prüfkörper).
Allerdings muss der zulässige Messbereich natürlich deutlich kleiner sein. Ich weiß nicht ob es eine generelle Obergrenze ist, aber bei dem Testgerät an der Uni muss der Wert für HRC unter 70HRC liegen, sonst ist die Messung nicht zulässig.
Die Skala ist übrigens linear zur Eindringtiefe, nicht zur Härte.
Der Unterschied zwischen 70HRC und 66HRC ergeben 8µm Unterschied bei der Eindringtiefe.
 
Hi,

schau mal bei Wiki und geb da die Härte an. Dann hast du einmal eine Tabelle, bei welcher Mohshärte und Vickershärte eingetragen sind. Weiter unten siehst du dann eine Tabelle für die Umrechnung von Vickershärte in Rockwell. Das ist zwar alles etwas vereinfacht, aber als Richtwert kannst du mal annehmen:
Sehr harter Stahl (ZDP-189): 66HRC entspricht 880HV und das ist ca. 10% der Härte von einem Diamanten.


Hoffe ich konnte dir weiterhelfen


Gruß
 
Härte

Sehr harter Stahl (ZDP-189): 66HRC entspricht 880HV und das ist ca. 10% der Härte von einem Diamanten.
Wozu die Umrechnung in HV? Ein Diamant hat ziemlich genau 100HRC (Diamant dringt nicht in Diamant ein).

Hat also ein Stahl mit 66HRC auch 66% der Härte eines Diamanten? Nein!
Sind es die von dir genannten 10%? Nein!

Die Prozentangabe ist irreführend, da weder HV noch HRC linear zur Härte sind. HV ist linear zur Oberfläche des Eindrucks, den der Prüfkörper hinterlässt, HRC ist linear zur Eindringtiefe.
 
Loki schreibt richtig, daß Prozentangaben für die Härte unsinnig sind. Bei der Mohs-Härteprüfung wird die Ritzhärte gemessen-welcher Stoff kann einen anderen noch ritzen. Das ist eine sehr grobe Abstufung. Für Stähle werden im wesentlichen drei Verfahren angewandt, die allesamt darauf beruhen, daß ein Prüfkörper in den zu messenden Gegenstand eingedrückt wird. Bei der Brinell-Prüfung ist das eine harte Kugel, bei der HRC-Prüfung ein Kegel und bei der Vickers-Prüfung eine Pyramide. Die Brinell-Prüfung ist nur für relativ weiche Stähle verwendbar, da eine Kugel schlecht in einen Prüfkörper eindringt. Die Rockwell-C Probe arbeitet , wie gesagt, mit einem Diamantkegel, der mit der Prüfvorkraft 98 N und mit der Gesamtprüfkraft 1471 N eingedrückt wird. Der Härtewert ergibt sich aus der Tiefe des Eindrucks im Prüfkörper. Es ist das am weitesten verbreitete Prüfverfahren, ist aber noch recht grobschlächtig. Dünne Schichten oder feine Strukturen lassen sich damit nicht untersuchen. Hier setzt das Vickers-Verfahren an, bei dem eine Diamantpyramide eingedrückt wird und die Härte wird aus dem Wert der Diagonalen des entstehenden Eindruckquadrats berechnet. Da dieses Verfahren mit geringeren Lasten arbeiten kann, kann es besser ausdifferenzieren.Bis etwa 50 HRC liegt der Vickers-Wert gleichlaufend beim etwa 10-fachen Betrag der HRC-Prüfung, dann differenzieren die Werte sich stärker aus. 800 HV entsprechen etwa 63,5 HRC, 68 HRC entsprechen etwa 940 HV. Bei sehr harten Stoffen wird die Differenz immer größer-80 HRC wären schon über 2000 HV-Diamant läge hier wieder bei 10.000 HV.
Für sehr harte Klingen ist die Messung in HV durchaus sinnvoll, weil sie Unterschiede offenbaren kann, die durch die HRC-Methode nicht mehr erkennbar wären.
Man sieht: es sind Recheneinheiten und man kann sie nicht als absolute Werte setzen.
Es war noch von "besonders harten japanischen Messern" die Rede. Was ist damit gemeint ?. Die Gesetze der Physik gelten auch in Japan und die Stähle werden dort nicht härter als anderswo. Richtig ist, daß in Japan Klingen oft weniger hoch angelassen werden, also mit höherer Härte als bei uns üblich eingesetzt werden, weil man dort von einem sachkundigen und vernünftigen Gebrauch ausgehen kann.
MfG U. Gerfin
 
Also da hab ich mich wohl falsch ausgedrückt. Es sollte als Richtwert dienen. Ich hab mal aufgelistet wie ich das gemeint habe.

- Die Angabe der "Diamanthärte" in HV hab ich gewählt weil sie schön in der Liste auf Wiki aufgelistet ist und irgendwo um 10000 HV liegt
- Die HRC Angabe wiederum lässt sich in HV darstellen/umrechnen. Deswegen Diamant 10060 HV und Stahl irgendwo unter 1000 (880HV ~ 66HRC) und das sind für mich als Anhaltswert ca. 10%.


Grüße Stefan
 
Also da hab ich mich wohl falsch ausgedrückt. Es sollte als Richtwert dienen. Ich hab mal aufgelistet wie ich das gemeint habe.
Das hatte ich beim ersten Mal schon so verstanden. Ist aber trotzdem falsch.

- Die Angabe der "Diamanthärte" in HV hab ich gewählt weil sie schön in der Liste auf Wiki aufgelistet ist und irgendwo um 10000 HV liegt
- Die HRC Angabe wiederum lässt sich in HV darstellen/umrechnen. Deswegen Diamant 10060 HV und Stahl irgendwo unter 1000 (880HV ~ 66HRC) und das sind für mich als Anhaltswert ca. 10%.
Auch als Anhaltswert sind die 10% Mist. Und wenn du nun die 10.000HV in ~100HRC umgerechnet hättest, hättest du dann 66% als Anhaltswert angegeben?
 
Vielen Dank für die vielen sachkundigen und detailreichen Antworten auf meine Fragen. Wenn ich die Angaben der Physiker bezüglich Klingenhärte bedenke, frage ich mich, was ein professioneller Koch oder der Mitarbeiter in der Dönerbude, der öffentlich und so kunstvoll sein langes Messer wetzt, dazu meinen würde. Vorausgesetzt, sie bekommen keine Sponsorengelder aus Solingen oder Tokio, würden sie uns Lieder über die Unterschiede der Produkte verschiedener Messerhersteller singen können? Steht der Preisunterschied zwischen dem Wahnsinnsteil im Schaufenster des Fachgeschäfts und dem 10-bis-20-Euro-Messer vermutlich chinesischer Herkunft bei Karstadt in irgendeinem nachvollziehbaren Verhältnis zur insoweit erkennbaren Realität?

Beste Grüße
MPS
 
...uns Lieder über die Unterschiede der Produkte verschiedener Messerhersteller singen können? Steht der Preisunterschied zwischen dem Wahnsinnsteil im Schaufenster des Fachgeschäfts und dem 10-bis-20-Euro-Messer vermutlich chinesischer Herkunft bei Karstadt in irgendeinem nachvollziehbaren Verhältnis zur insoweit erkennbaren Realität?

Beste Grüße
MPS

es gibt einen bugatti mit 1001 ps für 1.000.000 euro zu kaufen.
es gibt einen lada kalina mit 80 ps für 8000 euro zu kaufen.

ein nachvollziebares verhältnis ist nicht notwendig.
eine erkennbare realität gibt es.
beim lada kostet 1 ps nur 100 euro.

ich würde aber sofort den bugatti nehmen.

wenn ich die masse an geld hätte, wie die käuferschicht für die der bugatti gebaut wird
 
Für akiem:
Danke für Deine Meinung. Der Bugatti hat mehr PS, ist ein klein wenig schneller, leistet objektiv mehr, zumindest in dieser einen Hinsicht. Was ich mich frage, ist, ob ein gutes und teures Küchenmesser so viel mehr "PS" zu bieten hat, dass ein professioneller Koch, der tagtäglich seine Zwiebeln und Tomaten und Fleisch damit zu schneiden hat, den Unterschied zu einem Messer mittlerer oder niederer Preisklasse sehr deutlich spüren würde. Vielleicht erfahren wir das erst wenn ein Koch sich hier einschaltet. Ich habe jedenfalls viele Messer unterschiedlichster Preisklassen in meiner Küche, und es gibt welche dabei die sehr wenig gekostet haben und dennoch sehr lange sehr scharf bleiben. Karstadt hat eine preiswerte Serie (nein, ich arbeite nicht bei Karstadt), und gelegentlich kann man im Angebot ortsübliche Gemüsemesser für 1,- Euro kaufen. Ich schärfe sie gut nach und staune über deren Langlebigkeit. Meine Tochter nimmt eins mit, wenn sie am Wochenende in einem Café arbeitet und dort den ganzen Tag Sandwiches vorzubereiten hat, und sie erzählt mir, dass auch am Ende des Tages die Tomaten gut damit zu schneiden waren, und das ohne Wetzstahl. Gibt es Berichte von Köchen o.ä., die Derartiges einigermaßen objektivieren könnten??

Gruß
MPS aus der zahmen Mitte
 
Es fing alles ganz harmlos mit zwei Fragen nach einer Schleifanleitung und nach relativen Härtegraden von Messerklingen im Vergleich zu Diamant an und nun nähern wir uns einem Glaubenskrieg um den wirklichen Wert teurer Messer.
Ich denke, dieses Thema kann man entschärfen, wenn man mal wirklich scharf hinschaut.
Man kann dann sehr schnell feststellen, daß es letztlich eine Frage des Anspruchs ist.
Unbestreitbar richtig ist es, daß man für wenig Geld gute Messer machen kann. Die Menschheit arbeitet seit mindestens 3000 Jahren mit Stahl und eine echte wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Material ist auch schon mehr als 100 Jahre alt. Im Laufe dieser Zeit haben sich bestimmte Kategorien von Stählen als für Schneidzwecke besonders geeignet herausgestellt. Wenn es um das bloße Schneiden ging, war die Entwicklung schon vor 100 Jahren weitgehend abgeschlossen. Die Rasiermesser unserer Großväter und Urgroßväter waren qualitativ eher besser, als die, die jetzt auf dem Markt sind.
Einen gewissen Einschnitt- und streng genommen einen Rückschritt- in der Entwicklung der Schneidkultur hat die Entwicklung rostbeständiger Stähle gebracht, die die Schneideigenschaften guter Werkzeugstähle nicht in allen Punkten erreichen. Man hat diese Probleme aber durchaus zufriedenstellend gelöst.
Der seit knapp 100 Jahren bekannte Stahl 1.4034 ist gut und billig und man kann aus ihm Messer machen, die allen Anforderungen in ordentlicher Weise gerecht werden. Die Verwendung anderer Stähle aus der Fraktion der "korrosionsbeständigen" hat nichts mit besseren Schneideigenschaften zu tun, sondern im Spülmaschinenzeitalter mit verbesserter Korrosionsbeständigkeit.
Wenn man wollte, könnte man aus diesem Stahl Kochmesser für unter 10 Euro machen, die besser schneiden würden, als es die meisten Menschen je erlebt haben oder erleben werden.
Da man bei der industriellen Fertigung aber mit den Kosten und der Tölpelhaftigkeit der Anwender rechnen muß, spart man in der Regel aufwendigere Fertigungsmethoden und geht bei der Härtung mehr in Richtung Bruchsicherheit als in Richtung Schneideigenschaften. Daher bleiben die industriellen Erzeugnisse oft hinter den Möglichkeiten zurück, die der verwendete Stahl eigentlich bieten würde.
Hat man höhere Ansprüche, so können die Eigenschaften Schneidhaltigkeit, Schärfbarkeit usw. aber durchaus gesteigert werden.
Ob man das will und wieviel Geld man für Mehrleistungen auf diesem oder jenem Gebiet ausgeben will, sollte jedem überlassen bleiben.
Im Rahmen eines Vortrags über die verschiedenen Kategorien der Damaszenerstähle habe ich sie zur Veranschaulichung mit Autos verglichen-vom Kleinwagen bis zum Ferrari. Alle fahren von A nach B, das Fahrvergnügen ist aber für den, der darauf anspricht durchaus unterschiedlich.
Die gute, dem Verwendungszweck angepasste Klinge unterscheidet sich von dem Durchschnittsprodukt durch bessere Schärfbarkeit im Sinne der Verbesserung der erreichbaren Schärfe, bessere Stabilität der feinen Schneidkante, höhere Standzeit bis zum Nachschärfen und ganz einfach durch die Freude, die sich beim Arbeiten mit einem wirklich guten Werkzeug ergibt.
Jean Tritz hat für Timm Mälzer ein Kochmesser gemacht und sie haben sich in einer von Mälzers Sendungen über das Vergnügen unterhalten, mit einem solchen Werkzeug zu arbeiten: Der Spaßfaktor ist einfach wesentlich höher.
Um ein anderes Beispiel zu gebrauchen: Warum sind hübsche Frauen und Mädchen so begehrt, wo es doch eine ganz normale durchschnittliche Person auch tun würde ?
Zu den Erfahrungen der Köche: Albino müßte hier was beisteuern können. Im übrigen bin ich bezüglich des Messerwissens unserer Köche eher skeptisch. Wenn man sieht, wie Sterneköche in den Kochsendungen mit ihren Messern umgehen, kann es einen schon grausen.
Zur zweiten Frage nach den Schneidenwinkeln:
Rasiermesser und Kochmesser für feine Schnitte (weiches Gemüse, Fisch, Fleisch) kleiner als 15 Grad.
Allroundeinsatz bei Werkzeugstählen zwischen 20 und 30 Grad, bei korrosionsbeständigen Stählen 30-40 Grad.
Äxte und ähnliches 30 Grad-es kommt hier weniger auf den Schneidenwinkel an, als vielmehr auf die Masse, die hinter ihm liegt und von der er gestützt wird. Ein Axtblatt, das selbst nur 3 mm dick wäre, wäre instabil, auch wenn die Schneide vorn mit 90 Grad angeschliffen wäre.
MfG U. Gerfin
 
Besten Dank an U. Gerfin für diese umfangreiche, sehr interessante und für mich hilfreiche Stellungnahme. Mir war nicht klar, dass man bei der Stahlverarbeitung die Schneidhaltigkeit oder Schärfbarkeit gezielt beeinflussen kann. Ich dachte, Stahl sei so und so hart, und da er sich mit allen möglichen Schleifsteinen schleifen lässt, sei die Schneide einer Klinge genauso langlebig wie es die Härteangabe nach Rockwell und Co. vermuten lässt. Spaßfaktor, Ästhetik, Begeisterungsfähigkeit des Besitzers etc. sind Kategorien, für die ich sehr viel übrig habe, nur -- und nun muss der Faust doch her -- sie sind der Furcht und der Hoffnung insofern gleichzusetzen, dass sie den Blick für die sog. Realität und Objektivität trüben können. Gebe ich für ein Messer viel Geld aus, werde ich vermutlich meinen, es sei in der Küche ein besserer Mitarbeiter in Punkto Schneidhaltigkeit bzw. Langlebigkeit der Schärfe als das sehr preiswerte Exemplar da drüben in der Ecke. Dem ist aber nicht unbedingt so. Jedenfalls verstehe ich U. Gerfin so. Genauso verhält es sich mit den Schleifsteinen aus Japan und Belgien gegenüber denen aus China. Schärfen tun alle, sehr gut sogar, aber die Fantasietätigkeit des Besitzers und Benutzers unterscheidet sich dabei sehr.

Gruß
MPS
 
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