Schleifen, Überhitzen, Härteverlust - ein "heisses" Thema

Ach ja und wer jetzt glaubt ich erfinde da Märchen....

In irgendeinem Forum hat sich mal jemand sehr belustigt darüber geäußert, dass isch in Buch geschrieben habe dass man beim ungekühlten Schleifen von Stahl davon ausgehen kann, Temperaturen bis zu 2000°C in den obersten Oberflächenschichten induziert.
Diese Person meinte warum verflüssigt sich denn dann die Klinge nicht bei mir beim Schleifen am Bandschleifer...
Nun sie tuts, nur halt in einem sehr kleinen Bereich den wir als Funkenregen kennen

...der guckt mal hier auf Seite 175 links oben ....weisst Du gucks Du:ahaa:
 

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Wirklich ein toller Thread .... Danke an all die Stahlspezialisten hier ;)

Uebrigens gab's vor einiger Zeit etliche Beitraege in den amerikanischen Foren, wo sich Leute darueber beschwerten, dass ihre fabrikneuen Messer die Schaerfe nicht hielten bzw. selbst bei sehr leichter Belastung Klingenausbrueche hatten. Besonders haeufig betroffen waren davon Spydercos aus S30V, ab und an auch welche aus ZDP-189. Interessanterweise gab es mit den Messern offenbar keine Probleme mehr, nachdem die Besitzer von Hand neue Schneidkanten angeschliffen hatten. Ich selbst hatte solche Probleme uebrigens auch mit zwei Messern. In den Foren wurde verschiedentlich vermutet, dass bei den Messern in der Produktion beim Schleifen die Schneidkante zu sehr erhitzt worden war.

Passt irgendwie, oder?

Hermann
 
hallo liebe forengemeinde,

ich bin recht neu hier, und meine leidenschaft beschränkt sich auf das
sammeln. von metallen und deren korrekter bearbeitung verstehe ich
ehrlich gesagt nichts. hätte dazu aber eine frage.

wenn ich meinen vorredner kurz zitieren darf "fabrikneuen Messer die Schaerfe nicht hielten" ...

neulich habe ich im fernsehen einen bericht über die herstellung von
messern gesehen.

die rohlinge wurden ausgestanzt, dann wurde gehärtet,
weitere arbeitsschritte waren planschleifen der klingen, hohlschliff der
klingen, zusammenbau des messers, und ganz zum schluss das
maschinelle schleifen.

wenn ich diesen thread bis hierher recht verstanden habe, könnte das
schleifen am ende, den härtegrad der klinge herabsetzen?

es tritt also ungefähr das ein, was mein vorredner in seinem posting so interessant beschrieb?

und falls das so ist, warum macht man den schliff nicht einfach vor dem härten?

für euch vermutlich dumme fragen, aber ich bin halt ein laie und weiss
es wirklich nicht.

lg jörg
 
Für das Schleifen der Klinge ist das schon der korrekte Weg es erst nach dem Härten vollständig zu tun.

Vorraussetzung ist hierbei das geeignete Schleifmittel bezogen auf die Legierung und reichlich Wasserkühlung.

Vor dem Härten zu schleifen hat für die Industrie erhebliche Nachteile bei den martensitischen Stählen.
Die Rohlinge werden meist im Gesenk geschmiedet hier braucht man natürlich einiges an Aufmaß schon alleine wegen der Schmiedehaut. Dann ist da noch der Verzug den kann man bei sattem Übermaß leicht im Schliff ausbügeln.
Und last not Least der Schliff selbst. Mit den heutigen Fertigungsmehthoden mehrachsiges CNC Schleifen braucht man auch ein gewisses Volumen das mindestens abgenommen werden muss, damit der Ausschuß gering bleibt.
Zu geringes Spanvolumen und wenig Druck führen hier ironischer Weise zu schlechten Maßen und ggf auch Schleifbrand. Zudem könnte man kein sauberes Finisch erzeugen, da die Festigkeit zu gering ist und die Oberfläche beim Schleifen schmiert. Beim Härten würde auch die Mühsam erzeugte Oberfläche selbst bei Vakkumhärten nochmals nachzubearbeiten müssen.

Dann gibts noch was, man unterscheidet zwischen Schleifen und Schärfen.
Wir haben hier ja haupsächlich über das Schärfen an schnellaufenden Maschinen im Heimbereich gesprochen.

Während beim Schleifen die grundlegende Form herausgearbeitet wird bezieht sich das Schärfen nur auf die Schneide.

Auch das wird selbstvertändlich bei modernen Betrieben mit einer Maschine gemacht. Ungehärtet geschärft hat eine ganze Reihe weiterer Nachteile.
Zum einen ist da mal das Händling einer scharf geschliffenen Klinge in der Produktion. Das ist natülich viel zu gefährlich.
Des weiteren wäre die Schärfe beim Händling in der Produktion sicher auch immer irgendwelchen Stößen ausgesetzt und man hätte schnell Scharten.
Beim Härten würde die Schneide grundlegend Überhitzen da die der Teil ist der am schnellsten aufwärmt und dann überzeitet. Und last not least aufgrund der geringen Festigkeit des Materials hätte man Schwierigkeiten eine eingermaßen gute Schneide überhaupt zu erzeugen.
 
..... Die Rerkordtemperatur bei diesem Vorgehen lag meiner Erinnerung nach bei 900 Grad. Dazu muß man sagen, daß es sich um die ersten my der Oberfläche handelt.....
........MfG U. Gerfin


Da ich es ab und zu brauche, ließ ich mich gestern zu einem Versuch hinreisen.
Da mir meine Messer und Klingen wie Herbert es schon schrieb zu teuer und zu schade sind, nahm ich ein Messerähnliches Stück C 70, 3mm stark, 130mm lang, bei 820°cel. gehärtet, 2x1h bei 200°cel angesassen, und brachte von Hand die Schneidfase an. Der Versuch ist schwer zu beschreiben, und zu parametrieren, ich will es trotzdem versuchen zu beschreiben.

Ich umhüllte eine 300er Flachfeile mit Schleifpapier der Körnungen120, 180, 240 und 400.
Mit jeder Körnung `feilte` ich in weit ausholenden Zügen, nicht hektisch, über die Kante. Nach jeweils vier Minuten wechselte ich auf die nächst feinere Körnung, und ließ dem Stahl zwischendurch eine knappe Minute zum Abkühlen. Nach 20 Minuten hatte ich am Messerrücken eine Temperatur von 68°cel. Eingespannt war die `Klinge` zwischen Holz.

Ich muß sagen, das mich die Höhe der Temperatur schon beeindruckt hat.
Direkt an der Schneidfase stelle ich mir demnach selbst beim Handschleifen bedeutend höhere Temperaturen von, und diese nicht nur im oberen Materialbereich, wie man bei der Aussage einige my vermuten könnte.
Ich rechne eher damit, daß die Herren, die gemessen haben nur für den oberen Bereich die 900° gemessen haben.
Das bedeuted aber keineswegs, daß man im 1/100 oder sogar 1/10 Bereich nicht auch schädliche Temperaturen erreicht.

Nurmalso

Stefan
 
Zuletzt bearbeitet:
Meinen Respekt zu eurem Fachwissen, ich lese jeden eurer Beiträge sehr aufmerksam, und besorge mir gegebenenfalls die Literatur dazu, um das zu vertiefen, und für mich zu erschliessen.
Das gilt auch für die länger zurückliegenden Beiträge in alten Threads, diese sind zumindest für mich nicht verloren, und schon gar ncht verschenkte Zeit.
Danke, daher für Beiträge/Threads dieser Art, das wollte ich einfach mal loswerden!!

Tschau Torsten
 
Vielleicht kennt jemand das Video, falls nicht:
Industrieschliff mit KUKA-Schleifautomaten

Passt wohl zum Thema, weil man sich den industriellen Schliff damit besser vorstellen kann.
Ist wohl leider nur ein kleiner Ausschnitt, stammt von einem KUKA-Werbevideo - wird nur ge-finished, Funken fliegen leider nicht. Kühlmittel spritzt auch nicht...

Gruß Andreas
 
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@pitter
Das kenne ich.........Ein Wochenende zusammen mit Roman und Du kannst Deine Einstellung zu Messerstählen, der WB und dem Schleifen/Schärfen komplett neu überdenken...............:super:
Und ich habe mit Roman nicht nur ein Wochenende verbracht....................:steirer:.

Was mich aber jetzt interessieren würde, ist folgendes. Da die Fakten auf der Hand liegen, würde ich gerne wissen, wie der einzelne Messermacher diese Erkenntnisse in die Praxis umsetzt?

Ich für meinen Teil schärfe Messer nur noch auf einer wassergekühlten Eigenbaumaschine ala Tormek. Fertig gehärtete Klingen werden auf einem langsamlaufenden Bandschleifer geschliffen und mit viel Wasser gekühlt (Wassereimer steht direkt an der Maschine). Es werden nur wasserfeste Schleifbänder verwendet.

Des weiteren ist der Bau eines Bandschleifers mit FU geplant. Alle Teile liegen schon bereit. Hier bin ich am überlegen, eine Wasserkühlung in den Bandschleifer zu integrieren.

Was mir noch Kopfzerbrechen bereitet ist, daß ich aus meinem Bekanntenkreis regelmäßig Küchenmesser zum schärfen bekomme. Hier sind alle Qualitätsstufen vorhanden (Müll bis Top).

Das schärfen mit der Maschine stellt kein Problem dar. Allerdings habe ich bisher die Schneide am Polierbock mit einer Polierscheibe aus Stoff und Polierpaste abgezogen.
Das vor allem, da ich meistens nicht nur ein Messer bekomme, sondern gleich mehrere und mir hier Handarbeit einfach zu unwirtschaftlich ist.

Hier bin ich auch am überlegen, einen Poliermotor zu bauen, der mit einem FU geregelt wird und so mit einer langsamen Geschwindigkeit die Schneide abgezogen werden kann.

Soviel zu meinen Überlegungen.
 
@Roman
@Rumag

vielen dank für eure ausführlichen erklärungen :super:
ich hab das naheliegende einfach nicht gesehen.
nun bin ich doch wieder ein stück schlauer :ahaa:

lg und ein erholsames wochenende,
jörg
 
Hallo Herbert und Kollegen.

In Deinem Artikel werden die HRC-Werte, erzeugt durch genaue Anlasstemperaturen, wiedergegeben.

Als Beispiel 55HRC.
Diese Werte wären nach dem "Warmschärfen" im Schneidenbereich messbar.
Wenn ich mir jetzt den verwendeten Stahl ansehe und kenne, kann man diese Härten bei vorhandenen feinen Geometrien(Masse) schon durch z.B Lufthärtung erzielen (den Gefügezustand ausser acht gelassen).

Gedankengang:
Theoretisch kann bei dem warmen Schärfprozess die Härte auf z.B. 15HRC gefallen sein (während der Hitzeeinwirkung), und in diesem Massebereich durch schnelles abkühlen (Luft,Wasser) die Härte daraufhin wieder auf beispielweise 55HRC ansteigen.

Das würde bedeuten, dass die Beispielwerte übertragen in die Realität noch gar nicht die wahre "Schei....e":)o) wiedergeben.
Die ganze vorangegangene WB wäre demnach total bedeutungslos.

Was meint Ihr?

Gruß, Peter
 
Hallo, Peter,
bei den Stählen, die lufthärtend sind, muß die Austenitisierungstemperatur mehr als 1000° betragen, und auch eine Weile gehalten werden, um richtige Härtung zu erzeugen, da diese Stähle schlechte Wärmeleiter sind (drum heizen sich sich ja besonders gern auf).
Bei den umwandlungsfreudigen Stählen haben wir es mit einem Wechselspiel aus Kornwachstum und unvollständigen Reaktionen zu tun.
Theoretisch ist es möglich, dass durch adiabatische Erwärmung feine Bereiche hoher Härte entstehen, aber die gehen auch immer wieder ab.

Deine Frage kann ich nicht mit Gewissheit beantworten.
 
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Dementsprechend hätten wir hochwertig gefertigte Messer, die nach kurzer Zeit die Schärfe wieder verloren haben.
Die kaltgeschärften bleiben um ein vielfaches Schnitthaltiger und damit auch langlebiger.

Gleiches Messer, riesige Qualitätsunterschiede.

Gruß, Peter
 
Noch eine kleine Ergänzung zu Peters und Herberts letzten Beiträgen. Es gibt ein wirklich gutes Lehrbuch über das Schleifen und Polieren. Verfasser und Titel sind mir im Moment nicht gegenwärtig, ich könnte es aber wieder heraussuchen. Da wird ein interessantes Phänomen geschildert, nämlich daß beim Polieren in der äußersten Schicht eine Kornverfeinerung und Härtesteigerung eintritt. Man kann sich das so etwa wie eine Art friction hardening im my-Bereich vorstellen.
Das klingt zunächst gar nicht schlecht, ist aber technisch nicht nutzbar. Unter der äußersten Schicht, die möglicherweise durch das Durchkneten auf Härtetemperatur und darüber erhitzt wurde und durch das Abfließen der Hitze nach innen schnell genug gekühlt wurde, um die Minihärteschicht zu erzeugen, läge zwangsläufig eine Schicht, die zwar hoch erhitzt worden wäre, aber eben nicht auf Härtetemperatur gekommen wäre und somit besonders weich wäre. Ein solcher- mE. durchaus möglicher- Mix im my-Bereich wäre der Schneidhaltigkeit ebenfalls äußerst abträglich.
MfG U. Gerfin
 
Das hört sich ja gut an, Ulrich, das wäre hochinteressant. Ich bereite dann schon mal das Fernleiheformular der Bücherei vor.....
 
Hallo Ulrich.

Ich habe in der Schmiede noch einen Schleifbock mit "Solinger Filz".
Eine extrem harte Filzscheibe, an der die Schärfen mit einer Schärfpaste abgezogen werden.
Dadurch soll gleichzeitig die Schärfe poliert werden.

Die Schärfe ist atemberaubend, die Hochglanzoptik fantastisch, die merkliche Herabsetzung der Schnitthaltigkeit leider auch.
Anwendungsfehler habe ich im Laufe der Jahre eliminiert.
Daher verstaubt der Bock auch.

Man sollte als letzen Arbeitsgang Stahlschmelztemperaturen vermeiden, wenn man langlebige Schärfen bis dato erzielen wollte.

Scharf wirds immer.
Schnitthaltigkeit ist auch ein Qualitätskriterium, welche man sich zum Schluss nicht noch versauen sollte.

Gruß, Peter
 
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Hallo Herbert,
Super Beitrag. Endlich mal wieder eine Diskussion mit Fachwissen.:super:
Wie tief in das Material wird denn der Härteverlust gehen? Das habe ich in dem Beitrag nicht gefunden, oder habe ich es übersehen.
Ich schleife meine Messer mit auf einer Scheibe aufgezogen Schleifpapier (wasserfest) vor, bis an der Schneide noch ca. 2/10 mm stehen bleiben. Die Kühlung mit Wasser alle paar Sekunden ist klar. Da gibt es auch keine Funken.
Ab dann nur noch per Bankstein (mit Wasser). Sollte es trotzdem zu Härteverlusten im Material kommen, sind die an der fertigen Schneide wieder weg?
Gruss
Roland
 
Herzlichen Dank für diese hochinteressante Abhandlung.
Ich bin echt erstaunt, dass diese Tatsachen bei der Industie wohl nicht bekannt sind. Erst kürzlich war im Fernsehen ein Beitrag der Firma mit den 2 Männchen als Logo - da sprühten die Funken beim schärfen nur so.
Aber trotzdem noch eine Frage: Schärfen mit Systemen á la Tormek scheint ja ungefährlich zu sein. Wie ist es dann mit der Lederabzeih-scheibe? Der Druck soll ja ohnehin nicht zu groß sein um ein verrunden der Schneide zu vermeiden, aber es ist immerhin ein trockenes Verfahren.
An den Admin:
Könnte man vielleicht eine Literaturliste (ähnlich wie die Bezugsquellen) anpinnen? Dann könnte jeder seine Bibliothek einfacher aufrüsten.
 
Hier noch zwei Bilder einer "Extremscharf-Geometrie":

Ich werde mal Herrn Wacker bitten, bei einem Rohling zum Schluss, beim laufendem Schärfprozess, die Kühlung wegzulassen.

Wird ein hervorragender Einweg-Wegwerf-Rasierer.:p
Gleiche Schärfe bei merklich bescheidenerer Schnitthaltigkeit.

Dadurch hat man bei der vielen "Fachtheorie und Glaubensbekenntnissen" mal was praktisches zum Testen in der Hand.

Gruß, Peter

dsc05968.jpg


Diese Aufnahme ist während dem Schleifen entstanden.
Ist noch nicht das Schärfen.

dsc06004.jpg
 
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@rolandge: sorry, habe Deine Frage überlesen. Also, die Tiefenwirkung habe ich nicht beschrieben, ist auch schwer zu erfassen. Hängt sehr von der Leitfähigkeit ab. Und davon, wie dick die Klinge unmittelbar hinter der Schneide ist. Eine quantitative Aussage ist schwer zu treffen. Dazu müsste man eigentlich einen "umgekehrten Jominy-Versuch" machen, also schnell die Stirnfläche aufheizen und sich ansehen, was passiert ist.

Ich denke aber, dass bei Deiner Vorgehensweise alle Schäfchen im Trockenen sind.....
Ich glaube nämlich, wenn man die Schneidfase anständig mit Bankstein und Wasser ansetzt, und vorher alles getan hat, damit sich nichts erwärmt, dann ist man gut dabei.

Trotzdem, ich setze alle meine Schneiden immer von Hand mit einem Sensenstein und viel Wasser, freihändig, das geht ganz gut.
Die meisten machen den Fehler, zu früh feine Schleifmittel zu nehmen. Ein Sensenstein ist da Klasse.
Ich habe zwei von der dunkelgrauen Sorte und einen etwas feineren grünen, der kommt immer wenn der Anschliff sitzt und vor dem Wasserstein japanisch.
Ganz zum Schluss Keramik, Alu-Oxid. Ist geil, poliert.
 
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